November 2014

Nach Art des Hauses

Vor weni­gen Tagen habe ich das vierte Set aus der Reihe „Les Cray­ons de la Mai­son Caran d’Ache“ vor­ge­stellt. Dabei sind mir ein paar Dinge aufgefallen:

  • Das Stern­chen in „Aus­ser­ge­wöhn­li­che Holz­ar­ten* für eine exklu­sive Kol­lek­tion“ im Falt­blatt ver­weist auf Pressholz.
  • Die Blei­stifte haben kein für mich wahr­nehm­ba­res Aroma.
  • Das Gewicht der Blei­stifte schwankt nicht in dem Maß, wie es die Dich­ten der auf­ge­führ­ten Höl­zer erwar­ten lassen.
  • Selbst mit der Lupe kann ich bei kei­nem der Blei­stifte die für einen aus Brett­chen herge­stellten Blei­stift typi­schen Trenn­li­nien erkennen.
  • Die Bezie­hung zwi­schen den im Falt­blatt genann­ten Edel­höl­zern und den Blei­stif­ten ist mir unklar.

Wäh­rend ich gedul­dig und zuver­sicht­lich auf eine Nach­richt von Caran d’Ache warte – ich hatte um einen Kom­men­tar zu mei­nen Beob­ach­tun­gen gebe­ten –, habe ich mich wei­ter mit den Stif­ten befasst. Heute früh war ich in mei­nem Labor, in dem ich zuwei­len auch kleine Mahl­zei­ten zube­reite, um das Exem­plar „Sil­ber­pap­pel“ aus dem zwei­ten Set einer ein­ge­hen­den hydro­ther­mi­schen Be­handlung zu unter­zie­hen1.

Nach Art des Hauses

Nach gut zehn Minu­ten auf gro­ßer Flamme habe ich den Blei­stift her­aus­ge­nom­men und im noch war­men bis hei­ßen Zustand leicht gekrümmt. Dabei ent­stand an der Spitze ein Spalt, von dem aus ich den Stift in zwei Hälf­ten zer­le­gen konnte. Ich fand es bemer­kens­wert, wie stark sich diese Hälf­ten bie­gen lie­ßen, ohne dass sie brachen.

Nach Art des Hauses

Ich konnte fest­stel­len, dass das Schaft­ma­te­rial schicht­för­mig auf­ge­baut ist. Beim Tren­nen der Schich­ten, deren Flä­chen silb­rig glänz­ten, fie­len mir zudem Fäden ähn­lich denen eines Kleb­stoffs auf.

Nach Art des Hauses

Beim Zer­klei­nern der einen Hälfte kochte die andere wei­ter vor sich hin. Als ich letz­tere aus dem Was­ser nahm, war sie al dente und sehr bieg­sam, und die etwa 0,6 bis 0,9 mm dicken Schich­ten lie­ßen sich nun noch leich­ter von­ein­an­der tren­nen. Nach dem Erkal­ten war das Mate­rial wie­der stei­fer. – Doch was soll diese Albernheit?

Nach Art des Hauses

Caran d’Ache spricht in den Falt­blät­tern der „Les Cray­ons de la Maison“-Sets von „ausserge­wöhnliche[n] Holz­ar­ten“ und nennt jeweils vier. Dar­aus haben ein paar Bekannte und ich geschlos­sen, die Blei­stifte wären aus den genann­ten Höl­zern gefer­tigt wor­den, und auch so man­cher Händ­ler scheint sich des­sen sicher zu sein:

  • „Die Blei­stifte sind aus fol­gen­den Höl­zern her­ge­stellt wor­den: Azobe aus Afrika […]“ (Büro­welt Schiff)
  • „Blei­stifte aus 4 aus­ser­ge­wöhn­li­chen Holz­ar­ten: Grau­pap­pel […]“ (Zum­stein)
  • „Nur aus­ge­wählte Holz­ar­ten mit FSC- und OLB-Zertifikat kom­men hier zum Ein­satz: Grau­pap­pel […]“ (Bethge Ham­burg)
  • „Set aus 4 Blei­stif­ten aus ver­schie­de­nen fei­nen Edel-Hölzern: Afri­ka­ni­sches Ayous […]“ (Tri­xie Gro­nau)
  • „Gefer­tigt wer­den die vier Blei­stifte aus Ame­ri­ka­ni­scher Wal­nuss, […]“ (Bethge Ham­burg)
  • „Les Cray­ons de la Mai­son Caran d’Ache is an exo­tic pen­cil set fea­turing four indi­vi­dual pen­cils craf­ted out of four rare spe­cies of wood […] The woods used in this set are Macas­sar Ebony […]“ (pencils.com)
  • „This fourth edi­tion con­ta­ins pen­cils made from the fol­lo­wing rare and pre­cious woods: Indian Pop­lar […]“ (pencils.com)
  • „This, the third set in the range, is a set of 4 pen­cils and includes one each of the fol­lo­wing woods: Grey Pop­lar […]“ (Cult­Pens)

Inzwi­schen zweifle ich jedoch daran, vor allem auf­grund des Hin­wei­ses auf Press­holz in den Falt­blät­tern des zwei­ten und vier­ten Sets. Doch wel­ches Mate­rial ist es dann? Im Falt­blatt des ers­ten Sets – und nur dort – steht:

Die Blei­stifte von Caran d’Ache ver­dan­ken ihre Beson­der­heit einer pas­sio­nier­ten Suche nach fei­nen Edel­höl­zern und sind das Ergeb­nis der Zusam­men­ar­beit zwi­schen der Gen­fer Manu­fak­tur und dem ita­lie­ni­schen Spe­zia­lis­ten für Holzbearbeitung.

(Dar­über, dass die­ser Satz spä­ter nicht mehr auf­taucht, will ich nicht spe­ku­lie­ren.) Ich bin schon damals in den Arti­kel­be­schrei­bun­gen eini­ger Anbie­ter auf den Namen ALPI gesto­ßen2, habe die­ses Detail aber erst jetzt ver­folgt. Ist ALPI die­ser Spe­zia­list? Zum ALPI-Pro­dukt ALPI­li­g­num heißt es:

ALPI­li­g­num is ALPI’s recon­sti­tu­ted wood […] A family of pro­ducts made from com­po­site wood. ALPI­li­g­num can repro­duce naturally-occurring spe­cies and main­tain their pat­ter­ning through chan­ges in colour and the crea­tion of ima­gi­na­tive designs. ALPI­li­g­num may be applied to any sur­face and can be manu­fac­tu­red to dif­fe­rent thic­k­nes­ses depen­ding upon inten­ded use.

Die Design-Vielfalt ist beein­dru­ckend: Wer auf die „Wood Coll­ec­tion“ und dort über „Did not find your wood?“ zur „Design Coll­ec­tion“ geht, fin­det bemer­kens­werte Mus­ter. Auch die Beschrei­bung von ALPI­kord klingt interessant:

ALPI­kord is a line of new gene­ra­tion pre-finished woods, crea­ted to enhance and bring out the natu­ral cha­rac­ter of wood by offe­ring natu­ral tex­tures and aes­the­tic impact to a pre­viously unpre­ce­den­ted degree.

Die ALPIkord-Broschüre führt übri­gens drei der vier Holz­be­zeich­nun­gen des ers­ten Sets auf. – Eben­falls auf­schluss­reich sind die Details zum Pro­duk­ti­ons­pro­zess bei ALPI.

Die Anga­ben von ALPI und die Schich­ten des gekoch­ten Stifts könn­ten dem Satz „Ausser­gewöhnliche Holz­ar­ten* für eine exklu­sive Kol­lek­tion“ und erst recht dem eng­li­schen „An exclu­sive coll­ec­tion made with essen­ces* of noble woods“ eine ganz andere Bedeu­tung geben. Hätte ich mich auch hier an die Regel gehal­ten, dass man auch auf das ach­ten soll, was nicht gesagt wird, wären mir die Unge­reimt­hei­ten schon frü­her aufgefallen. 

Wenn Caran d’Ache tat­säch­lich ALPI­li­g­num ver­wen­det hat, so haben die Stifte der „Les Cray­ons de la Maison“-Sets einen Schaft aus gefärb­ten und ver­leim­ten Schich­ten von Pap­pel oder Ayous3, und das würde mei­ner Ansicht nach weder zur Auf­ma­chung noch zum Preis des Pro­dukts passen.

  1. Le Bouil­lon de la Mai­son Lexi­ka­li­ker.
  2. Siehe z. B. Skripta Paris, Kad­mium und Embe­lez­zia.
  3. Auch als Abachi bekannt.

J.S. STAEDTLER 1919 (10)

„Der belieb­teste Zei­chen­stift in mitt­le­rer Preis­lage“ war laut dem Kata­log von J.S. STAEDTLER aus dem Jahr 1919 der „Vorwärts“-Zeichenstift.

J.S. STAEDTLER 1919 (10)

Den Namen des Blei­stifts finde ich groß­ar­tig, ebenso den Schrift­zug „Zei­chen­stift“ auf dem Schaft.

J.S. STAEDTLER 1919 (10)

Ob es mit die­sem Blei­stift vor­wärts ging? Ich habe keine Zweifel!

J.S. STAEDTLER 1919 (10)

Die hier ver­wen­de­ten Schrif­ten sind übri­gens die Beh­rens Anti­qua von Peter Beh­rens („Mit Stem­pel”, Text unter dem Blei­stift) und die Fette Bernhard-Antiqua von Lucian Bern­hard („Vor­wärts”).

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Les Crayons de la Maison Caran d’Ache Ed. № 4

Vor kur­zem kam das vierte Set der Reihe „Les Cray­ons de la Mai­son Caran d’Ache“1 auf den Markt und sofort in mei­nen Waren­korb2.

Les Crayons de la Maison Caran d'Ache Ed. № 4

(Bil­der zum Ver­grö­ßern anklicken)

Mein ers­ter Ein­druck war ein sehr guter. Der Klapp­kar­ton der ers­ten drei Sets wurde von einer sta­bi­le­ren und mich anspre­chen­den Schie­be­schach­tel abge­löst. Ihre Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät und die der vier Blei­stifte ist sehr gut; Fer­ti­gungs­män­gel wie beim ers­ten Set konnte ich nicht feststellen.

Les Crayons de la Maison Caran d'Ache Ed. № 4

Nach här­te­ren Minen im zwei­ten und drit­ten Set sind die im aktu­el­len wie­der wei­cher und denen im ers­ten Set sehr ähn­lich; sie ent­spre­chen etwa HB-B beim STAEDTLER Mars Lumo­graph3. Unklar ist für mich jedoch, warum sie sich über­haupt unter­schei­den. – Glei­t­ei­gen­schaf­ten und Radier­bar­keit spre­chen für eine kera­mi­sche Mine.

Les Crayons de la Maison Caran d'Ache Ed. № 4

Auch die­ses Set ent­hält ein drei­spra­chi­ges Falt­blatt. Unter „Aus­ser­ge­wöhn­li­che Holz­ar­ten* für eine exklu­sive Kol­lek­tion“ wer­den Afri­ka­ni­sches Ayous, Sil­ber­pap­pel, Red & Olive Zebrano und Indi­sche Pap­pel genannt; das Stern­chen ver­weist dabei auf „Press­holz“ am unte­ren Rand. In der fran­zö­si­schen und eng­li­schen Beschrei­bung heißt es „Des essen­ces* de bois d’exception pour une coll­ec­tion exclu­sive“ (*Bois recon­sti­tué) und „An exclu­sive coll­ec­tion made with essen­ces* of noble woods“ (*Recon­sti­tu­ted wood). Bei einem wei­te­ren Blick auf die Falt­blät­ter zu den ande­ren drei Sets ent­de­cke ich den Hin­weis auf Press­holz auch in dem zum zwei­ten. Doch warum Press­holz? Und was bedeu­tet „essen­ces“, zu fin­den in allen Faltblättern?

Les Crayons de la Maison Caran d'Ache Ed. № 4

Ich finde das rät­sel­haft. Würde da nicht eher „Her­ge­stellt aus …“ ste­hen, wenn diese Blei­stifte tat­säch­lich aus den genann­ten Höl­zern gefer­tigt wor­den wären?4 Wäh­rend Caran d’Ache beim 348 aus Buche und dem Blei­stift aus Lär­che das jewei­lige Holz ver­ar­bei­tet hat, kam bei den Blei­stif­ten der „Les Cray­ons de la Mai­son Caran d’Ache“-Sets offen­bar eine andere Tech­nik zum Ein­satz. Mein Leser Tom kom­men­tierte bereits am 31.7.14:

Am I right in thin­king the pen­cils are NOT made from the woods they are named after? They are I think made from refor­med and colou­red wood pow­der (FSC) that is inspi­red by cer­tain natu­ral woods in its pat­ter­ning and colouring …

Ich habe die­sen Gedan­ken zunächst abge­tan, kann ihn aber jetzt nach­voll­zie­hen, denn die Blei­stifte haben kein für mich wahr­nehm­ba­res Aroma und ihr Gewicht schwankt bei wei­tem nicht in dem Maß, wie es die Dich­ten der auf­ge­führ­ten Höl­zer erwar­ten las­sen. Es wäre zwei­fel­los eine große Leis­tung, mit gefärb­ten Holz­meh­len die Mase­rung edler Höl­zer nach­zu­emp­fin­den, doch sollte man das bei die­sen Sets wirk­lich gemacht haben, hätte ich eine ent­spre­chende Infor­ma­tion ehr­li­cher gefun­den als den für mich hier nichts­sa­gen­den Begriff „essence“ (aber immer­hin wurde auf Press­holz verwiesen).

Les Crayons de la Maison Caran d'Ache Ed. № 4

Die Stifte aller Sets finde ich sehr schön, doch die mei­ner Ansicht nach unklare Mate­ri­al­be­schrei­bung trübt meine Freude.

Nach­trag vom 11.11.14: Kurio­ser­weise habe ich noch etwas über­se­hen. Selbst mit der Lupe kann ich bei kei­nem der 16 Blei­stifte in den Sets die für einen aus Brett­chen her­ge­stell­ten Blei­stift typi­schen Trenn­li­nien erken­nen. Gerade bei den stär­ker gema­ser­ten Exem­pla­ren müss­ten die Hälf­ten durch eine Stö­rung des Mus­ters deut­lich erkenn­bar sein, doch das ist nicht der Fall.

Nach­trag vom 12.11.14: Wei­tere Beob­ach­tun­gen und Gedan­ken habe ich in die­sem Kom­men­tar untergebracht.

Nach­trag vom 15.11.14: Wei­ter geht es hier.

  1. Das erste gibt es hier zu sehen.
  2. Zeichen-Center Ebe­l­ing, knapp 21 Euro. – Aus der Serie „Les Cray­ons de la Mai­son“ gibt es jetzt auch eine Stift­ab­lage № 1.
  3. Die Minen im zwei­ten kom­men F-HB und die im drit­ten H-F sehr nahe.
  4. Rät­sel­haft finde ich übri­gens auch, dass mir die­ser Gedanke nicht schon beim ers­ten, spä­tes­tens jedoch beim zwei­ten Set gekom­men ist.

Der Spaziergang

Ohne Spa­zie­ren und damit ver­bun­dene Natur­an­schau­ung, ohne diese ebenso lieb­li­che wie ermah­nungs­rei­che Erkun­di­gung fühle ich mich wie ver­lo­ren und bin es auch. Höchst lie­be­voll und auf­merk­sam muß der, der spa­ziert, jedes kleinste leben­dige Ding, sei es ein Kind, ein Hund, eine Mücke, ein Schmet­ter­ling, ein Spatz, ein Wurm, eine Blume, ein Mann, ein Haus, ein Baum, eine Hecke, eine Schne­cke, eine Maus, eine Wolke, ein Berg, ein Blatt oder auch nur ein armes weg­ge­wor­fe­nes Fetz­chen Schreib­pa­pier, auf das viel­leicht ein lie­bes gutes Schul­kind seine ers­ten unge­fü­gen Buch­sta­ben geschrie­ben hat, stu­die­ren und betrach­ten. Die höchs­ten und nied­rigs­ten, die erns­tes­ten und lus­tigs­ten Dinge sind ihm glei­cher­weise lieb und schön und wert. 

Aus: Robert Wal­ser, Der Spa­zier­gang (1917). – Auf diese Pas­sage auf­merk­sam gewor­den bin ich durch „Wal­ser Wal­king“ bei Orange Crate Art.

Herbst

Auch wenn diese Jah­res­zeit von Zer­fall geprägt ist, so habe ich doch den Herbst noch nie so schön emp­fun­den wie in die­sem Jahr. Als Kisho heute früh nach einer guten Stunde nicht nach Hause wollte, konnte ich ihn sehr gut ver­ste­hen – nur allzu gerne wäre ich mit ihm noch län­ger spa­zie­ren gegangen.

Herbst

Herbst

Herbst

Herbst

Herbst

Herbst

Herbst

Herbst

Herbst

Herbst

Herbst

Herbst

Die Fotos habe ich bei drei Spa­zier­gän­gen in Rüs­sels­heim gemacht.

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