Museum

„Mars-Bleistiftfabrik“

Zu schön, um nicht gezeigt zu wer­den: Der Dutzend-Karton des Kopier­stifts J.S. STAEDTLER PILOT 66731.

„Mars-Bleistiftfabrik“

Der Schrift­zug „Mars-Bleistiftfabrik“ gefällt mir am bes­ten (einen ähn­li­chen gibt es auf dem Schulstift-Prospekt P. 699 aus den frü­hen 1930er Jah­ren, aller­dings ohne das lange „ſ“). Die reiz­volle Gra­fik mit Vier­tel­mond, klei­nem Stift2 und „STAEDTLER“3 – manch­mal als Teil eines Wappen-ähnlichen Emblems – habe ich bis­her nur in Druck­sa­chen und auf Ver­pa­ckun­gen der 1920er und 1930er Jahre gese­hen4. Auch dies spricht dafür, dass die­ser Kar­ton min­des­tens 90 Jahre alt ist.

  1. Die Vor­der­seite wirkt gene­risch, doch auf der Rück­seite steht „Feine Pilot-Kopierstifte“ und auf den Schmal­sei­ten „6673“ – Die Marke „Pilot“ ist beim DPMA nicht mehr zu fin­den.
  2. Man beachte des­sen unge­wöhn­li­che Dar­stel­lung.
  3. Oder auch „MARS“.
  4. In die­ser Zeit kam der Mar­s­kopf als Bild­marke auf.

„Schreiben und zeichnen mit einem Lächeln!“

Mit die­sem hei­ter gestal­te­ten Lösch­blatt bewarb der fran­zö­si­sche Her­stel­ler Gil­bert Blanzy-Poure seine Schreib- und Zei­chen­ge­räte der Mar­ken „Cri­te­rium“ und „Sergent-Major“.

„Schreiben und zeichnen mit einem Lächeln!“

Der Blei­stift­stum­mel1 gefällt mir natür­lich beson­ders gut, und den Slo­gan finde ich anspre­chend (er wurde offen­bar mehr­mals genutzt, denn er ist auch in die­ser Anzeige aus dem Jahr 1959 zu sehen).

Gil­bert wurde um 1830 gegrün­det. 1838 nannte man sich Gil­bert & Co. und 1921 Ser­ma­jor; 19392 schloss man sich mit Blanzy-Poure3 zusam­men und fir­mierte unter Gil­bert Blanzy-Poure4. Als Conté das Unter­neh­men 1960 kaufte, erfolgte die Umbe­nen­nung zu Blanzy-Conté-Gilbert5 und 1979 über­nahm BIC das Unter­neh­men. Das etwa 21 × 14 cm große Lösch­blatt stammt also aus der Zeit von 1939 bis 1960. – Der klas­si­sche Fall­mi­nen­stift Cri­te­rium 2603 mit Alu­mi­ni­um­schaft wurde 1939 vor­ge­stellt; ihm folgte der 2613 aus schwar­zem Kunststoff.

  1. Der Name J. Jac­que­lin fin­det sich auch auf die­ser Anzeige von Gil­bert Blanzy-Poure, in der eben­falls ein Blei­stift­stum­mel im Mit­tel­punkt steht.
  2. Man­che Quel­len spre­chen von 1945 und 1949.
  3. Pierre Blanzy und Eugène Pouré grün­de­ten 1846 ihre Schreib­fe­der­fa­brik in Boulogne-sur-Mer, Frank­reich und nann­ten sich spä­ter Blanzy Poure & Cie. – Um 1900 stell­ten sie übri­gens auch Impf­fe­dern her, die der fran­zö­si­sche Mili­tär­arzt Henry Mare­schal 1890 erfun­den hat. Spä­ter gab es diese soge­nann­ten Impflan­zet­ten auch von den deut­schen Her­stel­lern Soenne­cken, Blan­kertz und Brause (Quelle: Museum Sybodo).
  4. Auch Gil­bert & Blanzy-Poure.
  5. Man­che Quel­len nen­nen Conté-Gilbert.

Kurz notiert

Der sprechende Bleistift

Einen Blei­stift der beson­de­ren, näm­lich der spre­chen­den Art bewar­ben die Gebrü­der Rich­ter aus Leip­zig im Jahr 19251 mit die­ser Anzeige.

Der sprechende Bleistift

Der als „ein­zige Über­ra­schung auf dem Weih­nachts­tisch“ ange­prie­sene Füll­blei­stift2 hatte einen inte­grier­ten Radio­em­pfän­ger, für den man nur einen Kopf­hö­rer, aber nicht das „Bei­werk der sonst übli­chen Zube­hör­teile“ brauchte. Ich gehe davon aus, dass im „Radio­pen“ ein Detek­tor­emp­fän­ger steckte, denn die­ser benö­tigte keine eigene Strom­ver­sor­gung und ließ sich gut minia­tu­ri­sie­ren; „Gas-, Wasser- und Klin­gel­lei­tung, Bal­kon­ge­län­der, Kla­vier usw.“ dien­ten als Antenne und Erdung. Aller­dings bezweifle ich, dass man ihn auf­grund der Anschlüsse gleich­zei­tig und kom­for­ta­bel als Schreib­ge­rät und als Radio nut­zen konnte (und ver­mut­lich zeigte man in der Anzeige letz­te­res, weil man dabei eine wesent­lich gemüt­li­chere Posi­tion ein­neh­men konnte).

  1. Angabe das Anbie­ters.
  2. Wohl ein Dreh­blei­stift.

Turm

Vor eini­gen Jah­ren bin ich durch den Sirius Blei­stift Nr. 2 auf die Blei­stift­pro­duk­tion der Leip­zi­ger Pia­no­for­te­fa­brik in Böhlitz-Ehrenberg in der ehe­ma­li­gen DDR auf­merk­sam gewor­den. Da es mich gewun­dert hat, dass es Blei­stifte von einem Kla­vier­her­stel­ler gibt, habe ich mich auf eine Spu­ren­su­che bege­ben und die Augen offen­ge­hal­ten. Nun konnte ich Blei­stifte und einen Kopier­stift der Marke „Turm“ bekom­men, die eben­falls aus der Leip­zi­ger Pia­no­for­te­fa­brik stam­men1.

Turm

Der Turm ist natür­lich der des Gebäu­des in der Ludwig-Hupfeld-Straße in Böhlitz-Ehrenberg2, in dem die Leip­zi­ger Pia­no­for­te­fa­brik ihren Sitz hatte, und ich finde es sehr schön, dass man ihn auf den Blei­stif­ten abge­bil­det hat. Ich weiß nicht, wie alt die Blei­stifte sind, gehe aber ange­sichts ihrer Gestal­tung davon aus, dass sie aus der Früh­zeit der Pro­duk­tion, d. h. aus den spä­ten 1940er oder frü­hen 1950er Jah­ren stammen.

Turm

Okto­ber 2019

Es fällt auf, dass es den Schrift­zug „Turm“ und die sti­li­sierte Dar­stel­lung in zwei Vari­an­ten gibt. Zudem ent­hält der Prä­ge­druck mit dem detail­lier­ten Turm die Kenn­zeich­nung „LPF LEIPZIG“ und das Zei­chen für den Volks­ei­ge­nen Betrieb (bei den Exem­pla­ren im Bild lei­der schlecht erkenn­bar; zu sehen u. a. hier). Der Kopier­stift trägt außer­dem die Blind­prä­gung „ZEDER“3. – Ges­tet habe ich bis­her nur den Turm Steno, und der birgt einige Über­ra­schun­gen (dazu bei Gele­gen­heit mehr).

Turm

Das Fabrik­ge­bäude im Jugend­stil wurde 1911 vom Leip­zi­ger Archi­tek­ten Franz Hän­sel für den Instru­men­ten­her­stel­ler Lud­wig Hup­feld (1864–1949) erbaut, der dort mit 1300 Beschäf­tig­ten Kla­viere und Pho­no­las4 fer­tigte. Nach dem ers­ten Welt­krieg galt das Unter­neh­men mit mehr als 20.000 Instru­men­ten pro Jahr als größ­ter Her­stel­ler die­ser Bran­che in Europa, doch mit dem Auf­kom­men von Schall­platte und Rund­funk wurde es immer schwe­rer, die selbst­spie­len­den Instru­mente zu ver­trei­ben; mit der Wirt­schafts­krise im Jahr 1929 endete die Her­stel­lung elek­tri­scher Selbst­spiel­in­stru­mente. Ab 1930 wur­den in Böhlitz-Ehrenberg Kino­or­geln, Plat­ten­spie­ler, Rund­funk­emp­fän­ger sowie Möbel für Wohn- und Schlaf­zim­mer und wäh­rend des zwei­ten Welt­kriegs Flug­zeug­teile her­ge­stellt. 1949 erfolgte die Umwand­lung des Unter­neh­mens zum Volks­ei­ge­nen Betrieb, in dem pro Jahr 21.000 Kla­viere gefer­tigt wur­den. Nach der Wende setzte man die Pro­duk­tion von Kla­vie­ren unter den Mar­ken­na­men „Rönisch“ und „Hup­feld“ fort5, doch 2009 musste das Unter­neh­men Insol­venz anmel­den6.

Turm

März 2023

Heute beher­bergt das Gebäude, seit 2009 das Hupfeld-Center, einige kleine Unter­neh­men, und vom Betrei­ber konnte ich erfah­ren, dass die Immo­bi­lie der AGH-Trade GmbH gehört und die Bau­maß­nah­men der Erhal­tung des Turms die­nen. – Einen Rundum-Blick bie­tet Google Earth.

Turm

März 2023

Bis auf das unter „Spu­ren­su­che“ auf­ge­führte konnte ich bis heute keine wei­te­ren Details zur Blei­stift­her­stel­lung in der Leip­zi­ger Pia­no­for­te­fa­brik fin­den. Auf Georg Bütt­ners Blei­stift­sei­ten, die lei­der schon lange nicht mehr online sind, hieß es 2009: „In der Leip­zi­ger Pia­no­forte Fabrik (LPF) von Lud­wig Hup­feld wur­den nach 1945 neben Möbeln und Sport­ge­rä­ten auch Blei­stifte her­ge­stellt. Wie lange dort pro­du­ziert wurde ist nicht bekannt.“ Dazu waren zwei Blei­stift­schach­teln von etwa 1950 zu sehen. Inter­es­sant bleibt auch der Kom­men­tar mei­nes Lesers Bal­zer vom Februar 2009, in dem er schrieb, dass die Fer­ti­gung lange vor der Kon­sum­gü­ter­pro­duk­tion begann, weil es in der DDR zwar Bedarf für Blei­stifte gab, aber kei­nen Her­stel­ler7. Die Pia­no­for­te­fa­brik hatte Holz­ab­fälle und Holz­be­ar­bei­tungs­ma­schi­nen, so dass der Pro­duk­tion nichts im Wege stand. Die Minen, so seine Ver­mu­tung, kamen von Koh-I-Noor aus der dama­li­gen Tsche­chos­lo­va­kei8.

Turm

Mit dem Holz­wa­ren­fa­bri­kan­ten Karl Knob­loch in Stei­nigt­wolms­dorf (Ober­lau­sitz, gegrün­det 1896) gab es ab 1949 den zwei­ten Her­stel­ler von Blei- und Kopier­stif­ten in der DDR, der im Gegen­satz zur Leip­zi­ger Pia­no­for­te­fa­brik auch Farb­stifte im Sor­ti­ment hatte. Die Pro­duk­tion endete erst 1990, und so sind die unter den Namen „Saxo­nia“ und „Lusa­tia“ ange­bo­te­nen Stifte zuwei­len auch heute noch fin­den. Diese wer­den Thema eines zukünf­ti­gen Bei­trags sein.

  1. Bereits 2021 bekam ich einen Hin­weis auf „Turm“. – Wei­tere Mar­ken waren „Phö­nix“ und „Tra­bant“.
  2. Seit 1999 Stadt­teil von Leip­zig.
  3. Alle Stifte haben auch eine nume­ri­sche Blind­prä­gung. Von oben: Turm Nr. 2 (rot): 511, Turm Nr. 2 (grün): 08, Zim­mer­mann­stift: 506, Turm Copier Mit­tel: 409, Turm Steno: 4011.
  4. Das Pho­nola war ein von Hup­feld erfun­de­nes selbst­spie­len­des Kla­vier und ein Kon­kur­renz­pro­dukt zum ame­ri­ka­ni­schen Pia­nola. – Mehr zu den von Hup­feld erdach­ten und pro­du­zier­ten Instru­men­ten gibt es unter „Instru­mente“ auf der Web­site der Lud­wig Hup­feld AG.
  5. Laut Wiki­pe­dia über­nahm die Carl A. Pfeif­fer GmbH & Co. KG, Leon­berg, nach der Wende das Unter­neh­men und ver­kaufte die in Leip­zig gefer­tig­ten Kla­viere und Flü­gel unter den Mar­ken­na­men „Hup­feld“ und „Rönisch“.
  6. Quelle: Hupfeld-Center.
  7. Der spä­ter in der DDR am häu­figs­ten anzu­tref­fende Blei­stift war der Bohe­mia Works Blacksun 1771 von L. & C. Hardt­muth aus der Tsche­cho­slo­wa­kei.
  8. Dies muss nicht im Wider­spruch zu den Unter­la­gen im Staats­ar­chiv Leip­zig ste­hen, denn auch wenn man damals – wie darin doku­men­tiert – sel­ber Minen her­ge­stellt hat, so heißt das nicht, dass man diese auch in aus­rei­chen­der Menge pro­du­zie­ren konnte.

Kurz notiert

Bohemia Works scala COP. 2767

Heute nur ein Foto, und zwar vom Kopier­stift Bohe­mia Works scala COP. 27671, den ich wegen sei­ner unge­wöhn­li­chen Gestal­tung zeige.

Bohemia Works scala COP. 2767

Die Lackie­rung ist beein­dru­ckend, erweckt sie doch fast den Ein­druck, als seien die Kno­ten erha­ben. – Einen ganz ande­ren SCALA von L. & C. Hardt­muth bewarb eine fast 100 Jahre alte Reklame, die unter „SCALA № 1012“ zu sehen ist.

  1. Bohe­mia Works war eine von L. & C. Hardt­muth 1957 gegrün­dete Export­firma für die Märkte, in denen die Mar­ken „Hardt­muth“ und „Koh-I-Noor“ nicht genutzt wer­den konn­ten.

„Architekt Grundfest spricht“

In die­ser Anzeige aus dem Jahr 19351 lässt die Schwan-Bleistift-Fabrik in Nürn­berg den Archi­tek­ten Grund­fest ein gutes Wort für die STABILO Blei- und Farb­stifte einlegen.

„Architekt Grundfest spricht“

Man hatte bestimmt Freude daran, eine Figur auf­tre­ten zu las­sen, die sofort als frei erfun­den erkenn­bar war, und hat die humor­volle Wir­kung mit der For­mu­lie­rung „Archi­tekt Grund­fest spricht“, dem frei­ge­stell­ten Kopf und der ein­zel­nen Hand mit den drei über­di­men­sio­nier­ten Stif­ten sicher gerne unter­stri­chen. – Die Gestal­tung des Schrift­zugs „Bleistift-Fabrik“ finde ich reiz­voll2.

Nach­trag vom 3.4.23: Von STABILO konnte ich erfah­ren, dass die Anzeige aus dem Jahr 1941 stammt.

  1. Angabe des Anbie­ters.
  2. Der cha­rak­te­ris­ti­sche „STABILO“-Schriftzug wurde 1960 kräf­ti­ger und die Punze des „O“ neigte sich nach rechts (siehe „STABILO 8770“).
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