November 2009

Schmuckstück

Nach den Tanz­kar­ten­blei­stif­ten von J.J. Reh­bach hier ein Ball­blei­stift von J.S. STAEDTLER, den der Her­stel­ler 1901 in meh­re­ren Far­ben in das Pro­gramm nahm und zum sel­ben Zweck anbot.

Ballbleistift von J.S. STAEDTLER

Das runde, nur 63 mm kurze und knapp 6 mm dünne Stift­chen (im Bild ein Exem­plar aus dem Jahr 1907) trägt an sei­ner Metall­kap­sel eine dop­pelte, farb­lich auf den wei­ßen Lack abge­stimmte Schnur, die in einer deko­ra­ti­ven Quaste endet und zur Befes­ti­gung des win­zi­gen Stifts an der Tanz­karte diente.

Ballbleistift von J.S. STAEDTLER

Die Lackie­rung, auf dem ein sil­bern glän­zen­der Prä­ge­druck den Vier­tel­mond zeigt sowie den Mar­ken­na­men und das Her­stel­lungs­land nennt, hat keine Risse und damit die gut hun­dert Jahre bes­tens über­stan­den; auch die gut sit­zende Kap­sel weist nur geringe Spu­ren der Alte­rung auf. Ein klei­nes Juwel!

Lineal + 2

Nach aller­lei His­to­ri­schem und grenz­wer­tig Alber­nem heute ein genauer Blick auf die zweite Lineal-Neuheit neben dem „Snap-it“, mit der Brun­nen allen viel­sei­tig Akti­ven gleich drei nütz­li­che Geräte in einem anbietet.

Acryl-Lineal mit Stahlkante von Brunnen

Das 310 mm lange und gut 50 g leichte Lineal mit mil­li­me­ter­ge­teil­ter 30-cm-Skala nutzt seine Breite von 45 mm für ein durch­ge­hen­des 5-mm-Raster mit vier wei­te­ren Millimeter-Skalen und erleich­tert damit wie ein Geo­drei­eck das Zeich­nen par­al­le­ler Gera­den. Hier fällt posi­tiv auf, dass die Ska­len und das Ras­ter auf der Unter­seite ange­bracht sind und somit ein par­al­la­xen­freies Able­sen mög­lich ist.

Acryl-Lineal mit Stahlkante von Brunnen

Doch nicht nur zum Zeich­nen eig­net sich die­ses 3 mm dicke Lineal, denn in die der Facette gegen­über­lie­gende Kante wurde eine 1 mm breite Stahl­schiene ein­ge­las­sen und das Zube­hör so für die Nut­zung mit einem Mes­ser taug­lich gemacht. Pfif­fig: Das Metall steht einen hal­ben Mil­li­me­ter her­vor, so dass ein Ver­kan­ten der Klinge nicht zur Beschä­di­gung des Line­als führt.

Acryl-Lineal mit Stahlkante von Brunnen

Drei 70 mm lange Sili­kon­strei­fen hal­ten das Lineal beim Zeich­nen und Schnei­den zuver­läs­sig in Posi­tion, und ihre schwar­zen Abde­ckun­gen auf der Ober­seite tra­gen zum attrak­ti­ven Äuße­ren bei.

Acryl-Lineal mit Stahlkante von Brunnen

Die Ver­ar­bei­tung des aus Acryl gefer­tig­ten Line­als, das der Her­stel­ler unter der Artikel-Nummer 10-49 780 im Pro­dukt­ka­ta­log für Schü­ler lis­tet, ist sehr gut – die Kan­ten sind sau­ber, der Rutsch­stopp sowie die Metall­kante sorg­fäl­tig befes­tigt und der Auf­druck ist ein­wand­frei. Mein Fazit: Ein prak­ti­sches, hoch­wer­ti­ges und mit 8,50 Euro ver­gleichs­weise güns­ti­ges Pro­dukt für den Schreib- und Bas­tel­tisch nicht nur des Schülers.

Stille Beobachter (36)

Mülleimer-Verriegelung

Eine ganz tolle Aus­sicht, die die­ser stille Beob­ach­ter da hat – darf sich den lie­ben lan­gen Tag (und wohl auch noch die Nacht) vor dem Rüs­sels­hei­mer Stadt­kran­ken­haus anschauen, was die Leute so weg­wer­fen, und das oben­drein im unan­ge­neh­men Herbst­wet­ter. Kein Wun­der, dass er nicht son­der­lich begeis­tert dreinschaut!

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J.S. STAEDTLER 1919 (2)

Einer der unge­wöhn­li­chen, im Kata­log von J.S. STAEDTLER des Jah­res 1919 prä­sen­tier­ten Arti­kel war der „Straßenbahn-Patentstift mit beweg­li­cher Kopier­mine“, den es in zwei Vari­an­ten gab.

Straßenbahn-Patentstift

Klei­ner Exkurs: Der „Patent­stift“ bestand aus einer meist höl­zer­nen Hülse, an deren einem Ende eine Schraub­klem­mung die Mine hielt. Auch Faber-Castell bot sol­che Schreib­ge­räte in zahl­rei­chen Aus­füh­run­gen und im Kata­log von 1902 mit 32 (!) ver­schie­de­nen Minen­stär­ken an. Da die Minen noch nicht genormt waren, hal­fen soge­nannte Blei­leh­ren mit unter­schied­li­chen Dräh­ten und Stä­ben bei der Bestim­mung des kor­rek­ten Durch­mes­sers (Faber-Castell hatte damals gleich drei sol­cher Leh­ren im Sortiment).

Die Kopier­mine, hier gehal­ten von einer auf­wän­dig gestal­te­ten Spitze aus Nickel, ent­hielt den Ani­lin­farb­stoff Methyl­vio­lett, des­sen Syn­these gut 50 Jahre zuvor erst­mals gelang. Im Gegen­satz zum Gra­phit gehen die Sub­stan­zen der Kopier­mine eine unlös­bare Ver­bin­dung mit dem Papier ein, was die spur­lose Ent­fer­nung ihrer Schrift fast unmög­lich und die Mine damit doku­men­ten­echt macht. Der Kugel­schrei­ber sollte erst 20 Jahre spä­ter erfun­den wer­den und Tinte war für den mobi­len Gebrauch meist nicht hand­lich genug, so dass der Kopier­stift lange kon­kur­renz­los war und daher (wie hier) eben auch Stra­ßen­bahn­schaff­nern zum Mar­kie­ren von Fahr­kar­ten ange­dient wurde.

Straßenbahn-Patentstift

Als eine sehr frühe Form des mecha­ni­schen Stifts kam der Patent­stift ohne Spit­zer aus, was ihm einige Vor­züge gegen­über den holz­ge­fass­ten Schreib­ge­rä­ten ver­lieh. – Zur Dicke der Kopier­mi­nen, die in Schach­teln mit ¼ Gros (36 Stück) bereit­ge­hal­ten wur­den, macht der Kata­log keine Angabe.

Eine Ver­sion des run­den Straßenbahn-Patentstifts war mit einem (hier per­spek­ti­visch nicht ganz kor­rekt dar­ge­stell­ten) Gum­mi­ring ver­se­hen, der ähn­lich einem Blatt­wen­der – in sei­ner klassisch-dunkelgrünen Igel­form eine Büro-Ikone – das Lösen der Fahr­scheine vom Block erleichterte.

Straßenbahn-Patentstift

Der Zeich­ner der Pro­dukt­ab­bil­dung spen­dierte dem Vier­tel­mond, dem knapp zwan­zig Jahre vor Erschei­nen die­ses Haus­ka­ta­logs beim Nürn­ber­ger Amts­ge­richt ange­mel­de­ten und damit ältes­ten Mar­ken­zei­chen des Unter­neh­mens, eine gewal­tige Nase und eine recht ernste Mine, was mir außer­or­dent­lich gut gefällt. – Bei „hiezu“ han­delt es sich übri­gens nicht um einen Druck­feh­ler, son­dern um die damals in Süd­deutsch­land übli­che und heute ver­al­tete Form von „hierzu“.

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Freitagsfrage

Als unter­halt­sa­mes und hof­fent­lich erfreu­li­ches Gegen­stück zur Sonn­tags­frage, die hier zu stel­len ich mich nicht im Traume wagen würde, möchte ich meine Leser­schaft heute mit einer Frei­tags­frage zum Nach­den­ken anre­gen und ihr damit auch die Mög­lich­keit geben, einen attrak­ti­ven und in Deutsch­land nicht offi­zi­ell erhält­li­chen Preis zu gewinnen.

Im Mit­tel­punkt steht die­ses etwa 46 × 52 mm große und noch nicht ein­mal 2 g leichte Ding aus wei­ßem und fes­tem, aber noch bieg­ba­rem Kunst­stoff, hier gleich in drei­fa­cher Aus­füh­rung zu sehen:

Freitagsfrage

(zum Ver­grö­ßern anklicken)

Wel­chem Zweck dient die­ses Teil?

Wer als ers­ter einen Kom­men­tar mit der rich­ti­gen Lösung sowie einer funk­tio­nie­ren­den E-Mail-Adresse hin­ter­lässt, bekommt ein Mini-Notizbuch im For­mat A8 von Pre­sign frei Haus.

Neues vom Mars

Schlank wie das bewor­bene Pro­dukt war diese etwa 25,5 cm hohe Anzeige, mit der die J.S. STAEDTLER Inc. in Hacken­sack, New Jer­sey (USA) in den 1950er Jah­ren das neue Leis­tungs­merk­mal des Fall­mi­nen­stifts „Mars Tech­nico 1001“ bewarb und dabei auch mit dem Mar­ken­na­men spielte.

Neues vom Mars

Die Neu­ig­keit war der in den Drü­cker des Stifts inte­grierte Minen­spit­zer, der ein sepa­ra­tes Gerät ent­behr­lich machte und in die­ser sicher an tech­nisch ori­en­tierte Nut­zer gerich­te­ten Anzeige in einer glei­cher­ma­ßen infor­ma­ti­ven wie deko­ra­ti­ven Schnitt­dar­stel­lung zu sehen war. – Es fällt auf, dass hier ein Foto des Stifts zum Ein­satz kam, wäh­rend andere Anzei­gen aus der glei­chen Zeit noch Zeich­nun­gen enthielten.

Spuren

Ganz plötz­lich war sie da, diese nost­al­gi­sche, fast weh­mü­tige Stim­mung. Sie stellte sich ein beim Pfle­gen eines Paa­res schwar­zer Leder­schuhe, die trotz ihres Alters und des sehr häu­fi­gen Tra­gens immer noch in einem außer­or­dent­lich guten Zustand sind. Die Nähte und das Leder sind intakt, und die Spu­ren der Alte­rung und des Gebrauchs stö­ren mich nicht – im Gegen­teil: Sie machen die Schuhe in mei­nen Augen nur noch schö­ner und wertvoller.

Spuren

In die­ser Stim­mung habe ich mich gefragt: Wo sind sie eigent­lich geblie­ben, diese häu­fig benutz­ten Dinge, die, im jah­re­lan­gen Ein­satz abge­wetzt und abge­grif­fen, ihre Krat­zer, Del­len, Sprünge und andere Bles­su­ren bei­nahe stolz und ihre cha­rak­te­ris­ti­sche Patina wie eine Aus­zeich­nung tra­gen? Die gleich­sam gereift sind in den Hän­den ihres Eigen­tü­mers, ihn lange beglei­tet haben und Zeug­nis able­gen kön­nen über ihn und einen Abschnitt sei­nes Lebens?

Spuren

Wur­den sie abge­löst von sol­chen Gegen­stän­den, die schnell unbrauch­bar sind und ersetzt wer­den müs­sen, bevor sie altern kön­nen? Gibt es zuviel Modi­sches, das nicht mehr über das Klassisch-Zeitlose ver­fügt, und beim nächs­ten Trend eilig durch ebenso Kurz­le­bi­ges aus­ge­tauscht wird? Liegt es daran, dass vie­les nicht ästhe­tisch altern, son­dern nur häss­lich wer­den kann, weil Mate­rial oder Ver­ar­bei­tung dies nicht erlau­ben? Haben wir gar zu viele Dinge für den­sel­ben Zweck, so dass der ein­zelne Gegen­stand nur sel­ten benutzt wird und daher immer wie neu bleibt?

Spuren

Wie kann man an Gebrauchs­spu­ren Gefal­len fin­den? Nun, viel­leicht sorgt ja meine Freude an all­täg­li­chen Din­gen und der Ver­traut­heit mit ihnen, die erst nach einer gewis­sen Zeit und zusam­men mit eben die­sen Spu­ren kommt, für eine sol­che Emp­fin­dung. Sie könnte auch von der zuneh­men­den Zahl aktu­el­ler Pro­dukte her­rüh­ren, die ich – mög­li­cher­weise auf­grund stei­gen­der Ansprü­che – oft in mehr­fa­cher Hin­sicht als min­der­wer­tig und see­len­los erlebe, oder von der (Wieder-)Entdeckung bis­wei­len stark bean­spruch­ter All­tags­dinge aus ver­gan­ge­nen Zei­ten, die mir gro­ßen Spaß macht.

Schon merk­wür­dig, wel­che Gedan­ken beim Put­zen alter Tre­ter auf­kom­men können.

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