Stille Beobachter (37)

Alter Wecker

Ziem­lich unglück­lich und arg stra­pa­ziert schaut er drein, unser stil­ler Beob­ach­ter, denn die Jahr­zehnte haben ihm sehr zuge­setzt. Was hätte er der Zeit, die er immer tap­fer genom­men hat, auch ent­ge­gen­set­zen sollen?

Alter Wecker

Doch sein ande­res Gesicht ist ein hei­te­res – mit gol­de­nem Ant­litz und Zei­gern, die manch­mal an ein Lächeln erin­nern, ver­brei­tet er gute Stim­mung, und wenn man sich mit ihm beschäf­tigt, macht er sogar Schluss mit der Stille.

← vor­he­ri­ger | Stille Beob­ach­ter | nächs­ter →

8 Kommentare zu „Stille Beobachter (37)“

  1. Auf dem ers­ten Bild schaut er wirk­lich trau­rig drein und er klingt auch etwas trau­rig oder muede – sein ande­res Gesicht ist aber wirk­lich hei­ter. Hof­fent­lich schrei­tet seine Rost­er­kran­kung nicht wei­ter fort.

  2. Du hast recht – eine gewisse Erschöp­fung ist dem Klin­geln schon anzu­hö­ren, doch was die Laut­stärke angeht, so kann der alte Knabe noch gut mit­hal­ten. Sei­nen Rost werde ich nicht stop­pen kön­nen, ohne ihm die Patina zu neh­men, doch er bekommt einen guten und vor allem tro­cke­nen Platz.

  3. Der gefällt mir sehr gut, auch wenn er zunächst wirk­lich trau­rig aus­sieht. Viel­leicht bringt die andau­ernde Beschäf­ti­gung mit der Zeit von Natur aus eine gewisse Melan­cho­lie mit sich? Sekunde um Sekunde ver­tickt, Stunde um Stunde ver­streicht, und noch immer gibt es so viele Fra­gen: Ist die Zeit kon­ti­nu­ier­lich oder dis­kret? Was ist ein Augen­blick? Ist die Ver­gan­gen­heit wahr? Und wenn ein Engel die Posaune bläst, wer­den dann alle Aus­sa­gen, die irgend­wann für alle Zei­ten wahr wer­den, in die­sem Moment für alle Zei­ten wahr? Hat die Zeit dann ein Ende?

  4. Sehr gute Gedan­ken! Ja, ich halte es für gut mög­lich, dass die Betrach­tung der ver­rin­nen­den Zeit und das Nach­den­ken über unbe­ant­wor­tete Fra­gen auf Dauer trau­rig stim­men. Ist die Vor­der­seite viel­leicht nur Fassade?

  5. Das errin­nert mich an Ringelnatz:

    »

    Lus­tig quasselt

    Lus­tig quas­selt der seichte Bach.
    Schein­chen schep­pern dar­über flach.
    Stumm gegen die Well­chen steht ein Stein,
    Sieht — wie mir scheint —
    Ernst aus und verweint.
    Denn es macht trau­rig, unbe­quem zu sein. 

    «

    So ein Wecker ist schließ­lich per defi­ni­tio­nem unbe­quem, sozu­sa­gen von berufs wegen.

    Den Ton könnte ich mir gut als Telephon-Klingelton vor­stel­len. Darf man den her­un­ter­la­den und verwenden?

  6. Danke für diese Worte von Rin­gel­natz! Ja, auch die Auf­gabe des Weckers und vor allem die Reak­tio­nen dar­auf könn­ten ihn trau­rig gemacht haben.

    Zum Ton: Aber gerne! Ich habe ihn auf­ge­nom­men und gebe ihn gerne weiter.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. – Die Angabe von Name, E-Mail und Website ist freiwillig.

Nach oben scrollen