„Es begann vor 300 Jahren“
Anzeige in „Reader’s Digest“, Mai 1962
Besonders gut gefällt mir die Formulierung „heute mehr denn je das unentbehrliche Werkzeug für jede geistige Arbeit“.
Anzeige in „Reader’s Digest“, Mai 1962
Besonders gut gefällt mir die Formulierung „heute mehr denn je das unentbehrliche Werkzeug für jede geistige Arbeit“.
Eines der bekanntesten Warenzeichen aus der Welt der Bleistifte ist die Waage, die viele Jahrzehnte die Produkte von A.W. Faber zierte und auch auf dem Bleistift Castell 9000 anzutreffen war. Doch welche Geschichte hat sie?
Bleistift Castell 9000 (1983)
Die Waage war ursprünglich das Markenzeichen der Bleistiftfabrik J.W. Guttknecht in Stein bei Nürnberg, die 1907 von A.W. Faber übernommen wurde1.
Firmengründer war Johann Andreas Guttknecht aus Frankfurt, der sich in Stein als Schreinermeister niederließ und 1769 erstmals als Bleistiftmacher urkundlich erwähnt wurde. Im Jahr 1828 übernahm sein Sohn Johann Wilhelm Guttknecht die Firma und gab ihr seinen Namen. Er blieb Junggeselle und verkaufte er das Unternehmen 1865 an die Kaufleute Elßmann und Haase, doch diese hatten nicht viel Glück – 1893 war die Firma völlig verschuldet, und Haas beging im selben Jahr Selbstmord. Eigentümer waren anschließend die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank und danach die Kaufleute Jakob, Eckert und Betz; letzterer wurde 1899 Alleinbesitzer und verkaufte das Unternehmen 1907 an Alexander Graf von Faber-Castell und dessen Frau Ottilie2.
Titel des Warenkatalogs der Bleistiftfabrik J.W. Guttknecht (19073)
Unklar bleibt für mich, woher die Jahreszahl 1750 stammt. – Wie die Unterlagen im Deutschen Patent- und Markenamt in München belegen, wurde die Waage im Mai 1875 als Warenzeichen für zahlreiche Produkte4 von J.W. Guttknecht eingetragen.
Quelle: Nachweisung der im Deutschen Reiche gesetzlich geschützten Waarenzeichen, 1. Band5. – Die Lücke in der Waage ist auch im Original.
Doch warum eine Waage? Welchen Bezug zum Handwerk des Bleistiftmachers hat sie? Ich weiß es nicht, habe aber eine Vermutung. Wie Dr. Gustav Schwanhäußer in seiner 1895 als Buch veröffentlichten Dissertation „Die Nürnberger Bleistiftindustrie und ihre Arbeiter in Vergangenheit und Gegenwart“ schreibt, stand bis 1708 noch nicht fest, mit welchen Warenzeichen6 die Bleistiftmacher ihre Fabrikate versahen und versehen mussten. Abhilfe schaffte das Rugsamt, die damalige Handwerksaufsichtsbehörde, mit der Festlegung von zwölf Zeichen im selben Jahr.
Quelle: Dr. Gustav Schwanhäußer, Die Nürnberger Bleistiftindustrie und ihre Arbeiter in Vergangenheit und Gegenwart. Schrag-Verlag, Nürnberg 1895.
Die beiden letzten Zeichen standen noch bis 1730 zur Verfügung der Schreiner, gingen aber im darauffolgenden Jahr in den Besitz der Bleistiftmacher über. Ich halte es für denkbar, dass die damaligen Bleistiftmacher beliebige Zeichen ohne oder mit nur wenig Bezug zum Gewerbe genutzt haben und diese Praxis bis in das 19. Jahrhundert weiter bestand. – Den heute üblichen Markenschutz gab es damals noch nicht. Als die Produkte von A.W. Faber aufgrund ihres großen Erfolges imitiert wurden, reichte Lothar von Faber Anfang der 1870er Jahre eine Petition zum Schutz des Markenartikels beim Deutschen Reichstag ein. Diese führte dazu, dass 1875 ein Gesetz zum Markenschutz in Kraft trat7; aus diesem entstand unserer heutiger Markenschutz.
Wie die Registerauskunft des DPMA informiert, ließ sich A.W. Faber die Waage im April 1914 als Bildmarke eintragen.
Wann genau und auf welchem Produkt A.W. Faber sie zum ersten Mal genutzt hat, konnte ich allerdings noch nicht herausfinden.
Banderole der Polygrade Lead Pencils 1205 № 18
Ich finde es bemerkenswert, wie viele Varianten der Waage es über die Jahrzehnte gab. Waren die Änderungen beabsichtigt? Wenn ja, lassen sich mit ihrer Hilfe Produkte datieren? Oder ging man damals einfach lockerer damit um und achtete nicht immer auf eine einheitliche Gestaltung?
Sicher machte auch die verwendete Drucktechnik Abwandlungen nötig, denn es lassen sich z. B. auf Briefpapier feine Details besser wiedergeben als im Prägedruck. – Hier noch ein paar Varianten der Waage aus meinem Fundus.
Verlängerer 45188
Pestalozzi Krokier-Etui Nr. 7673 (1930er oder 1940er Jahre3)
Blauer Farbstift „Faber 6“ 2671 (1935–19403)
Die Gestaltung der Schalen und den abgesetzten Punkt auf dem Karton des blauen Farbstifts 2671 finde ich sehr ungewöhnlich.
Prägung auf dem Titel der Firmenmonografie zur A.W. Faber Bleistiftfabrik (1934)
Bleiminen 2577 für Klemmstifte 25418
Wie der folgende Ausschnitt zeigt, waren zuweilen verschiedene Varianten nebeneinander zu sehen.
Aus dem Warenkatalog von 19613
Weitere bekannte Marken von A.W. Faber-Castell waren die Wortmarke „Castell“ (1906, der spätere Namensteil), die Kombination mit stilisierter Burg (1906) und das querliegende Oval mit dem Wappen (1950). Die beiden mit Bleistiften kämpfenden Ritter wurden 1906 als Schutzmarke eingeführt9.
Blechdose Castell 9000 (vermutl. späte 1980er oder frühe 1990er Jahre)
Bei der Neuausrichtung des Unternehmens im Jahr 1993 trennte sich Faber-Castell von der Waage, die 118 Jahre lang nicht nur auf Bleistiften zu sehen war. Sie ist jedoch immer noch auf die Faber-Castell AG eingetragen.
Danke an Faber-Castell für den Scan des Guttknecht-Katalogtitels und das DPMA für den Scan des Warenzeicheneintrags aus dem Jahr 1875!
Nachtrag vom 2.7.15:
Von einer Banderole grüner Farbstifte
Von einer Banderole Goldfaber-Bleistifte
Die freischwebenden Waagschalen haben etwas, finde ich.
Gefunden bei der Suche nach etwas ganz anderem: Die Wort-/Bildmarke „Fabermännchen“ von A.W. Faber-Castell, 1952 eingetragen und 2002 gelöscht.
Den gleichnamigen Bleistift kenne ich, doch das lustige Kerlchen ist mir in der freien Wildbahn leider nie begegnet.
Da ich heute eigentlich keine Zeit fürs Weblog habe, gibt es nur etwas Schnelles, und zwar einen Ausschnitt vom Titel der Gebrauchsanweisung zu den Thermochrom-Messfarbstiften von Faber-Castell (ca. 1964).
Etwas ungewöhnlich finde ich es schon, dass Bohemia Works1 auch diese Farbstifte „Black Star“ genannt hat, doch das tut der für mich großartigen Gestaltung keinen Abbruch.
Das war’s auch schon für heute.
Der Gebrauch des Hinweises „Serviervorschlag“ treibt seltsame Blüten. Sogar die einer Sonnenblume.
Wer nun denkt, das einem aus dem Becher der Sonnenblumen-Margarine („mit 5% anderen pflanzlichen Fetten”) der REWE-Hausmarke „ja!“ eine Sonnenblume entgegensprießt, liegt falsch, denn aus langjähriger Erfahrung weiß ich, dass der Serviervorschlag den Inhalt stets so zeigt, wie er nicht ist. Die Frage, wie man die Sonnenblume aufs Brot streichen soll, stellt sich daher auch nicht.
Wenn ich einen Lieblings-Serviervorschlag nennen müsste, dann wäre es dieser.
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Da einigen Lesern der letzte Beitrag zu lang war, gibt es heute einen kurzen.
Die inkorrekten Proportionen bitte ich zu entschuldigen. (Träfe man diese Kombination in der Natur an, wäre der Bleistift etwa 5,70 m lang und 25 cm dick, womit es der Giraffe recht schwer fallen dürfte, ihn zu benutzen.)
Vielen Dank an Baktasch für den giraffe-steno!