Ballograf Epoca P

Mein lang­jäh­ri­ges und vor allem hart­nä­cki­ges Des­in­ter­esse an Kugel­schrei­bern hat dazu geführt, dass ich vie­les in die­sem Bereich nicht mit­be­kom­men habe. So ist mir der Epoca P des schwe­di­schen Her­stel­lers Bal­lo­graf1 bis­her nicht auf­ge­fal­len, obwohl er bereits 1961 auf den Markt kam und seit­dem fast unver­än­dert und in enor­men Stück­zah­len pro­du­ziert wird2. Ein Grund dafür ist sicher auch, dass der Epoca P hier nur bei weni­gen Anbie­tern zu fin­den ist.

Ballograf Epoca P

Der von Wolf­gang Schwei­zer gestal­tete Stift hat ein unge­wöhn­li­ches Design. Der Griff ist rund und der obere Teil des Schafts acht­flä­chig; zudem fällt die beson­dere Form des Clips auf. Das Design wurde mehr­mals kopiert, u. a. vom pol­ni­schen Her­stel­ler Zenith in den 1970er Jah­ren (dort hieß er Zenith 7, weil es das siebte Pro­dukt war). Inzwi­schen gibt es von MonAmi (Thai­land) und Astra Pol­ska (Polen) lizen­zierte Vari­an­ten, die eben­falls unter dem Namen Zenith ange­bo­ten wer­den3. Aber das wäre ein Thema für einen eige­nen Bei­trag. – Der Epoca P ist in etli­chen Far­ben und für 6 bis 9 Euro erhält­lich; ich habe mich für Gelb entschieden.

Ballograf Epoca P

Die Material- und Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät des in Schwe­den gefer­tig­ten Schreib­ge­räts ist sehr hoch. Es fin­den sich weder Press­grate noch unschöne Über­gänge der Teile, und die Mecha­nik (auf die es eine lebens­lange Garan­tie gibt) arbei­tet per­fekt und mit ange­neh­mer Hap­tik. Als ein­zi­gen Wer­muts­trop­fen emp­finde ich jedoch das leichte radiale Spiel der Mine in der Spitze. – Ein wei­te­res attrak­ti­ves Detail ist der koni­sche Ring mit der Kenn­zeich­nung „○ BALLOGRAF epoca ○ SWEDEN“.

Die Mine mit doku­men­ten­ech­ter Tinte4 soll 8000 Meter schrei­ben, also etwa neun­mal so lang wie die eines her­kömm­li­chen Kugel­schrei­bers, doch ihr Schreib­ver­hal­ten gefällt mir nicht so gut. Ihr For­mat ist dem weit ver­brei­te­ten Par­ker G2 aller­dings sehr ähn­lich, und so habe ich nach einem Weg gesucht, die uni­ball Jet­stream SXR-​600 in den Epoca P zu bekom­men. Auf Red­dit wurde ich fün­dig – der Nut­zer Cht­hulhu hat den Stift zer­legt und ein Teil bear­bei­tet, damit eine G2-​Mine passt; mit gro­ßer Begeis­te­rung habe ich es ihm sofort nachgetan.

Ballograf Epoca P

So wird’s gemacht: Den Griff abschrau­ben, den obe­ren Teil des Schafts mit der Öff­nung auf ein Tuch set­zen, damit die Teile spä­ter nicht weg­rol­len kön­nen und den Knopf gegen den Wider­stand hin­ein­drü­cken; dadurch lösen sich die Teile. Dann den Schaft zur Seite nei­gen, um die Teile her­aus­rut­schen zu las­sen, dabei aber unbe­dingt auf ihre Rei­hen­folge ach­ten, um sie nach­her wie­der rich­tig zusam­men­set­zen zu kön­nen. Nun den Stift (Pfeil) bün­dig vom zwei­ten Kunst­stoff­teil ent­fer­nen und alles wie­der zusam­men­set­zen; dabei das lange Teil hin­ein­drü­cken, bis es einrastet.

Aber: Setzt man nun die Mine im G2-​Format ein, schaut sie selbst im ein­ge­zo­ge­nen Zustand etwas her­aus5, was mir auf­ge­fal­len wäre, wenn ich vor mei­nem Ein­griff die Minen sorg­fäl­ti­ger ver­gli­chen hätte. Mit der Bear­bei­tung des Kunst­stoff­teils ist es also nicht getan – es muss zusätz­lich die Mine (genauer: der Stop­fen) m etwa 2 mm gekürzt wer­den6. Damit passt die SXR-​600, und um das Spiel in der Spitze zu ver­rin­gern, habe ich noch eine Lage Kle­be­band auf der Mine ober­halb der Spitze ange­bracht. – Die Ballograf-​Mine lässt sich nach der Modi­fi­ka­tion übri­gens wei­ter benut­zen7.

Ballograf Epoca P

Für etwa 12 Euro (Epoca P und SXR-​600) und mit 15 Minu­ten Bas­te­lei habe ich jetzt den – natür­lich! – bes­ten Kugel­schrei­ber, den ich jemals hatte.

  1. Die Geschichte des 1945 gegrün­de­ten Unter­neh­mens finde ich recht inter­es­sant.
  2. Ich habe von 2,5 Mil­lio­nen Exem­pla­ren pro Jahr gehört.
  3. MonAmi hat eine Nie­der­las­sung in Polen; gut mög­lich, dass es noch wei­tere Ver­bin­dun­gen gibt.
  4. Die doku­men­ten­echte Tinte kam 1952 auf, und Bal­lo­graf war der erste Her­stel­ler in Europa, der sie genutzt hat. Vier Jahre spä­ter folgte eine Wei­ter­ent­wick­lung, die die Anfor­de­run­gen des „Svenskt arkiv“-Standards erfüllte und die Tinte zum Stan­dard in schwe­di­schen Behör­den und Ämtern machte. So bie­tet Bal­lo­graf sogar eine Vari­ante des Epoca P mit der Kenn­zeich­nung „Till­hör Stats­ver­ket“ (frei über­setzt „Staats­ei­gen­tum“) für den all­ge­mei­nen Ver­kauf an. – Der „Svenskt arkiv“-Standard ging spä­ter in der ISO 11798 auf.
  5. Warum wurde das auf Red­dit nicht ange­spro­chen? Die Anlei­tung zum Umbau ist zwei­ein­halb Jahre alt. Hat man das Innen­le­ben des Epoca P danach ver­än­dert?
  6. Für die ganz Pin­ge­li­gen: Die Ballograf-​Mine ist 96 mm lang und die SRX-​600 98,2 mm. Da letz­tere aber einen klei­ne­ren Spit­zen­win­kel hat, wirkt sie aus­ge­fah­ren etwas zu kurz, wenn man sie auf die glei­che Länge wie die Ballograf-​Mine bringt; bes­ser ist eine Länge von 96,5 mm. – Bear­bei­tet man das Teil im Epoca P nicht, muss man nicht nur die Mine kür­zen, son­dern auch das Loch im Stop­fen der Mine auf­wei­ten, damit der Stift (⌀ 2,6 mm) des Kunst­stoff­teils hin­ein­passt (man­che tau­schen auch die Stop­fen der Minen).
  7. Laut einer unbe­stä­tig­ten Quelle hat­ten frü­here Vari­an­ten des Epoca P eine Mine im G2-​Format.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen