Abwägender Blick

Die Obst- und Gemü­se­ab­tei­lun­gen vie­ler Super­märkte hal­ten Waa­gen bereit, an denen der Kunde das aus­ge­wählte Pro­dukt abwie­gen und anschlie­ßend eti­ket­tie­ren muss. Das allein ist noch nichts Beson­de­res, doch die Selbst­be­die­nungs­waa­gen des Her­stel­lers Mett­ler Toledo in der ört­li­chen Filiale der Kette „real,-“ sind zusätz­lich mit einer klei­nen Kamera aus­ge­stat­tet, die das Wäge­gut von oben beäugt. Nach einer kur­zen Erken­nungs­phase (selbst­ver­ständ­lich inklu­sive mehr­far­bi­gem Fort­schritts­mel­der) schlägt die Waage dann vier Arti­kel vor und erspart so dem Kun­den die län­gere Suche nach der rich­ti­gen Taste in dem ver­schach­tel­tem Menü auf dem berüh­rungs­emp­find­li­chen Bildschirm.

Abwägender Blick

So etwas macht mich natür­lich sehr neu­gie­rig. Als wel­ches Obst oder Gemüse würde wohl meine schwarze Leder­ja­cke iden­ti­fi­ziert? Ich packe eine Banane auf die Waag­schale, um den Erken­nungs­pro­zess zu star­ten, stre­cke mei­nen Ärmel unter das elek­tro­ni­sche Auge und erfahre:

Rot­kohl Trau­ben (blau) Zwetsch­gen Kir­schen

Ziem­lich dane­ben, denn mein Wams ist aus Rinds­le­der – aber gut, wir sind ja hier nicht beim Fleisch. Mal sehen, auf wel­che Gedan­ken das Gerät beim Blick auf mei­nen rech­ten Hand­rü­cken kommt:

Paprika (gelb) Sel­le­rie Aus­tern­pilze Zwie­beln

Auch die­ses Ergeb­nis will mich nicht so recht über­zeu­gen. Getreu dem Motto „Spaß mit Tech­nik“ halte ich nun meine Mur­mel mei­nen Kopf unter den Sen­sor und lese erfreut:

Möh­ren Oran­gen Cle­men­ti­nen Äpfel

Das klingt schon erheb­lich bes­ser, da die Möhre ja auch als Mohrrübe bezeich­net wird (die Oran­gen­haut möchte ich mir jedoch ver­bit­ten). Der Apfel – genauer: die Ober­flä­che des­sel­ben – passt eben­falls gut, bevor­zuge ich zur Pflege mei­nes Haup­tes doch den Schä­del­scha­ber aus dem Hause Head­blade.

Nicht unpfif­fig, diese Maschine, und eine nette Abwechs­lung beim Einkauf!

5 Kommentare zu „Abwägender Blick“

  1. Wenn man lesen kann, dann ist das hilf­reich, um den rich­ti­gen Preis zu fin­den. Aber wenn nicht, dann soll­ten eher die Bild­chen ein­ge­blen­det werden.

    Nach­dem der Lexi­ka­li­ker sein Haupt in Ehr­furcht unter die Kamera neigte, frage ich mich, wie es denn mit des Lexi­ka­li­kers Haar­pracht aus­schaut? Ist da noch was? Oder eher nicht? Denn waere da noch was, haette die Waage doch eher „Kokos­nuss“ oder „Pfir­si­che“ ange­zeigt, der Ober­flae­che wegen.

    (Gut, dass Sie nicht noch mehr Koer­per­teile pro­bier­ten, oder waren „Gur­ken“ nicht unter den Aus­wahl­moeg­lich­kei­ten? Ich meine jetzt natuer­lich nur fuer die Nase!)

  2. Pfüf­feld­chaot: Ein Weiß­ab­gleich wäre in der Tat drin­gend nötig. Ich war schon etwas belei­digt, dass diese Maschine meine vor­nehme Blässe irgendwo zwi­schen gel­ber Paprika und hell­grauen Aus­tern­pil­zen ange­sied­let hat ;-)

    Dok­tor Peh: Der Bild­schirm zeigt Text und Bil­der; letz­tere habe ich ver­ges­sen zu erwähnen.

    Was meine Haar­pracht angeht, so gibt es keine – genauer: dem biss­chen, das es gibt, komme ich mit dem Gerät des genann­ten Her­stel­lers gründ­lich bei –, und daher bestand auch nicht die Gefahr, dass das Waa­gen­auge mei­nen Hin­ter­kopf als etwas Flau­mi­ges oder gar Behaar­tes erkennt.

    Auch wenn ich durch­aus sehr geneigt war, wei­tere Tests duch­zu­füh­ren, so habe ich doch schwe­ren Her­zens davon Abstand genom­men, um mir das zukünf­tige Betre­ten des Super­mark­tes nicht zu erschwe­ren. Ich muss jedoch zuge­ben, dass ich zu gerne die Aus­wahl „Mais – Gur­ken – Ret­tich – Spar­gel“ pro­vo­ziert hätte … ;-)

  3. Anonymer, aber beigeisterter Gast

    Kom­pli­ment, tol­ler Arti­kel! So herr­lich sinn­lose Sache… Warum kann unser Super­markt das nicht. Menno…^^

  4. Danke! :-)

    Es lohnt sich, unat­trak­ti­ves manch­mal etwas genauer anzu­schauen und sich zu sagen: „Dar­aus kann man doch noch etwas machen!“

    Im übri­gen freue ich mich, dass ich die­sen Super­markt noch betre­ten darf (ich wurde zwar nicht ange­spro­chen, aber ange­sichts der all­ge­gen­wär­ti­gen Kame­ras hätte ich mich über einen spä­te­ren Dia­log nicht gewundert).

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