Ein historischer und ungewöhnlicher Bleistift: „The ‚Dragon’ Pencil“ aus dem Hause der Key Pencil Co. Bavaria.
Der in einem warmen, sehr dunklen und glänzenden Rot lackierte, hexagonale Bleistift hat mit 17,5 cm Länge und 8 mm Durchmesser Standardmaße; seine Mine ist jedoch mit 2,7 mm recht dick. Neben der Nummer 4481 zeigt der silberfarbene Prägedruck einen kleinen Drachen, die Bezeichnung des Bleistifts, den Hersteller Key Pencil Co. Bavaria sowie den Härtegrad BB (wohl 2B).
Doch um wen handelt es sich bei der Key Pencil Co. Bavaria? Diese vermutlich 90 bis 100 Jahre alte Reklamemarke verrät es:
Die Key Pencil Co. war die 1821 gegründete Schlüssel-Bleistift-Fabrik von J.J. Rehbach in Regensburg, die sich – und da kann ich nur mutmaßen – für den Auftritt auf ausländischen Märkten einen weiteren Namen, nämlich die englische Übersetzung ihres ursprünglichen zugelegt hat. Die aufwändige und in meinen Augen sehr ästhetische Reklamemarke bietet neben deutschsprachigen Details und dem englischen Namen zudem Informationen in Französisch, darunter auch „Ratisbone“, die in Frankreich auch heute noch übliche und an das keltische „Ratisbona“ angelehnte Bezeichnung der Stadt. Ebenso vertreten sind die beiden gekreuzten Schlüssel, die nicht nur das Sinnbild der Firma J.J. Rehbach darstellten, sondern auch im Regensburger Wappen zu finden sind.
Warum der Name dieses Bleistifts so hervorgehoben wurde, ist mir ein Rätsel. Hatte er einen besonderen Status? War er als Marke bereits eingeführt und genoss einen guten Ruf? Die Gestaltung lässt jedoch vermuten, dass ihm spezielle Beachtung zuteil wurde.
Mine, Holz und Verarbeitung des „Dragon“ sind von hoher Qualität. Die weiche Mine hat eine hervorragende Abgabe und sitzt fest im dunklen Holz (Zeder?). Der Lack und der Prägedruck mit geschmackvoller Typografie wurden sorgfältig aufgebracht und sind gut erhalten. Ein hochwertiger Handspitzer wie z. B. der M+R 604 (im Bild) schneidet Holz und Mine sauber, und auch im Tischspitzer Carl Decade DE-100 macht der Bleistift eine gute Figur.
Mit seiner Gestaltung und seiner Qualität ist der „Dragon“-Bleistift, der wahrscheinlich für den Export gefertigt wurde, für mich eine kleine Kostbarkeit.
1909 hatte die Eagle Pencil Com. USA einen ähnlichen „Dragon“ Pencil mit Bild im Katalog „specially made for the oriental market“. Der Drache schaut allerdings in die andere Richtung.
Ich denke man wollte einfach für den Fernosten einen Namen mit Symbolcharakter verwenden.
Dies war damals durchaus üblich, auch die Verpackung wurde dem jeweiligen Land oder Kulturkreis angepasst. Wie schön auf der Archivseite von Faber-Castell zu sehen ist.
Ein bemerkenswerter Aspekt, diese sehr aufwändige Anpassung an die Kultur des Zielmarktes, und zudem einer, der mich sehr anspricht, zeugt er doch von Sorgfalt beim Umgang mit Details.
Der „Dragon“ bei Palimpsest:„Enter the Dragon“.