NJK No. 531S

Der übli­che Blei­stift­spit­zer schnei­det einen Spitz­win­kel von 22°1. Eine Alter­na­tive stel­len die sog. Langkonus-Spitzer dar, die einen klei­ne­ren Win­kel und damit eine län­gere Spitze pro­du­zie­ren. Ihren Ursprung kenne ich nicht, aber das älteste mir bekannte Modell ist der Artena No.92 im Kata­log von Möbius+Ruppert aus dem Jahr 1938.

Meine ers­ten Langkonus-Spitzer waren die Modelle 202 und 400-5L von KUM, von denen ich wegen des dicken Spans abge­kom­men bin. Ihnen folg­ten der Faber-Castell Janus 4048, der sich auf­grund sei­ner Geo­me­trie lei­der nicht für wei­chere Blei­stifte eig­net und für den es keine Ersatz­mes­ser mehr gibt, und spä­ter der KUM Mas­ter­piece, des­sen zwei­stu­fi­ges Spit­zen mir läs­tig wude. Als Möbius+Ruppert 2016 den Pol­lux2 auf den Markt brachte, hatte meine Suche ein Ende: Die­ser Spit­zer stellt für mich den Höhe­punkt der über 170-jährigen Geschichte3 des Hand­spit­zers dar4.

Trotz­dem schaue ich mich noch gerne um, und so fiel mir schon vor eini­ger Zeit der Langkonus-Behälterspitzer No. 531S des japa­ni­schen Her­stel­lers Naka­jima Jukyudo Co., Ltd. auf.

NJK No. 531S

Mit einem Mitsu­bi­shi uni

Yukio Naka­jima aus Osaka, Japan, ersann 1930 ein Ver­fah­ren zur Her­stel­lung von Harn­stoff­harz und fer­tigte aus die­sem Feder­hal­ter und Ziga­ret­ten­spit­zen. 1933 grün­dete er das Unter­neh­men Naka­jima Jukyudo und begann 1940 mit der Pro­duk­tion von Blei­stift­spit­zern, bis ihn die durch den Krieg bedingte Roh­stoff­knapp­heit zwang, die Fer­ti­gung ein­zu­stel­len. Anfang der 1950er Jahre ent­wi­ckelte das Unter­neh­men eine eigene Kunst­stoff­spritz­gieß­ma­schine und stellte mit die­ser Japans erste spritz­ge­gos­sene Blei­stift­spit­zer her. In den 1960er Jah­ren begann es mit dem Export und in den spä­ten 1970ern, als neue Maschi­nen die Mas­sen­pro­duk­tion mög­lich mach­ten, mit der Tätig­keit als OEM; 1985 nahm es Kos­me­tik­spit­zer in das Sor­ti­ment auf. Seit 1981 tritt das Unter­neh­men, das heute in der drit­ten Gene­ra­tion geführt wird, unter dem Namen Naka­jima Jukyudo Co., Ltd. (kurz NJK) auf5.

NJK No. 531S

Der 531S ist nur 38 × 30 × 23 mm6 groß und damit für einen Behäl­ter­spit­zer unge­wöhn­lich kom­pakt. Der Deckel schließt fest, lässt sich aber noch ohne Mühe öff­nen. – Die Material- und Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät emp­finde ich als sehr gut.

Das Herz des 531S ist ein Kunststoff-Einsatzspitzer7 mit einem Stift­ein­lass von 8 mm. Er wird durch Form- und Kraft­schluss gehal­ten und hat ein 30 × 8,8 mm gro­ßes und 0,6 mm dickes Mes­ser8; auf letz­te­rem fin­det sich auch die ein­zige Kenn­zeich­nung des 531S („JAPAN NJK“). – Es fällt auf, dass das Mes­ser, das bereits durch ein Mes­ser­bett gegen Ver­dre­hen gesi­chert ist, nicht wie heute üblich mit einer, son­dern zwei Schrau­ben befes­tigt wurde. Ver­mut­lich will man so ver­hin­dern, dass sich die Enden des Mes­sers beim Spit­zen abhe­ben, denn schon kleine Ver­än­de­run­gen der Geo­me­trie kön­nen sich ungüns­tig auf das Spit­z­er­geb­nis auswirken.

NJK No. 531S

Beim ers­ten Gebrauch des 531S habe ich gestaunt, denn ein so schar­fes Mes­ser ist mir noch in kei­nem Spit­zer unter­ge­kom­men9. Es trägt einen mit durch­schnitt­lich 0,22 mm sehr dün­nen Span ab10 und hin­ter­lässt eine außer­or­dent­lich sau­bere Schnitt­flä­che. Der Spitz­win­kel beträgt etwa 17,5°11 und liegt damit unter denen des KUM 400-5L (19°) und des M+R Cas­tor (18,5°); einen klei­ne­ren Spitz­win­kel haben nur der KUM Mas­ter­piece (16°) und einige Kur­bel­spit­zer von CARL.

Sollte die Mine ein­mal abbre­chen, erleich­tert ein pfif­fi­ges Detail das Ent­fer­nen des Rests: Der Stift am Boden des Behäl­ters drückt ihn her­aus, wenn man den Deckel abnimmt und ihn um 180° gedreht wie­der aufsetzt.

Der 531S wirkt unschein­bar, hat es aber in sich – die kom­pakte Größe, das sehr scharfe Mes­ser, der dünne Span und der kleine Spitz­win­kel machen ihn zu einem beson­de­ren und emp­feh­lens­wer­ten Spit­zer. Er ist in neun Farb­va­ri­an­ten erhält­lich und kos­tet um die 6 Euro.

NJK No. 531S

Von links: NJK No. 531S, M+R „Gra­nate“, M+R Cas­tor, M+R Pol­lux, CARL Angel-5.

Danke an Tetsuya Wada für den NJK No. 531S!

  1. Wie es zu die­sem Win­kel kam, ist mir ein Rät­sel.
  2. Sowohl der Faber-Castell Janus 4048 als auch der M+R Pol­lux brin­gen eine kon­kave Spitze her­vor, wobei die des letz­te­ren mit 22° beginnt und an der Spitze mit 15° endet.
  3. Als ers­ter kegel­för­mig gebohr­ter Hand­spit­zer gilt der „Pen­cil Cut­ter and Shar­pe­ner“ von A. Marion & Co. aus dem Jahr 1852, und der erste Spit­zer, der zudem über ein voll­stän­dig auf­lie­gen­des Mes­ser ver­fügte und als die Urform des moder­nen Hand­spit­zers gese­hen wer­den kann, war der von Ewald Breit­scheid von 1891, der spä­ter unter dem Namen „Gra­nate“ bekannt wer­den sollte.
  4. Bei Kur­bel­spit­zern ist für mich der CARL Angel-5 das Maß aller Langkonus-Dinge.
  5. Quelle: „History of Naka­jima Jukyudo“. – Das wohl unge­wöhn­lichste Pro­dukt aus dem Sor­ti­ment von Naka­jima Jukyudo Co., Ltd. ist der Tsu­nago, der wie ein Behäl­ter­spit­zer aus­sieht, aber kei­ner ist, son­dern dazu dient, zwei Blei- oder Farb­stifte bzw. deren Reste zu ver­bin­den. Ich nutze ihn gerne, um zwei unter­schied­li­che Stifte zu kom­bi­nie­ren.
  6. Nach unten ver­jüngt er sich ganz leicht, wodurch sich der Behäl­ter als Spritz­guss­teil leich­ter ent­for­men lässt.
  7. Es sieht so aus, als würde es sich bei die­sem Ein­satz­spit­zer um den auch sepa­rat auf­ge­führ­ten No. 200 han­deln.
  8. Einen Hin­weis dar­auf, dass es Ersatz­mes­ser gibt, habe ich nicht gefun­den.
  9. Wie lange das Mes­ser diese Schärfe behält, wird sich zei­gen. – Inter­es­sant wäre natür­lich die Mes­ser­geo­me­trie, doch die könnte Thema eines zukünf­ti­gen Bei­trags sein.
  10. Getes­tet mit einem Mitsu­bi­shi uni aus Weihrauch-Zeder.
  11. Ermit­telt am aus­ge­druck­ten Foto.