Reklame
Schlau sparen
Mit einer großen Überraschung wartete Herbert R., ein sehr kundiger Kommentator dieses Weblogs, heute per E-Mail auf.
Gegen die Behauptung des Sparbleistift-Anbieters Haack, der klassische Holzbleistift wäre eine Verschwendung, wehrten sich die Bleistifthersteller Anfang der 1930er Jahre mit der vierseitigen „Schlaumeier“-Broschüre.
Den humorvoll illustrierten, aber leider erfolglosen Bemühungen des Herrn Schlaumeier, mit Hilfe des beworbenen Spezial-Stifts zu sparen, folgte eine detaillierte Gegenüberstellung der Eigenschaften von Spar- und holzgefasstem Bleistift, aus der letzterer als klarer Sieger hervorging.
Doch bereits vor dieser Aufzählung war klar: „Viel unnützes Geld wurde schon ausgegeben für sogen. ‚Spar‘-Gegenstände“. Wem kommt das nicht bekannt vor …
Das Ende der Geschichte: Herr Schlaumeier hatte sich geirrt und war nun noch schlauer. – Kaum zu glauben, aber wahr: Diese Broschüre löste einen etwa vier Jahre andauernden Rechtsstreit aus.
In den frühen Fünfzigern gab es zudem eine Postkarte, die vermutlich andeuten sollte, dass man zum Anspitzen eines Bleistifts die Erlaubnis des Chefs benötigt, und sich so über den „Sparstift“ mokierte.
Danke an Herbert R. für diese Scans!
Sparmaßnahme
Nicht gespart bei der Reklame für ihren Sparstift hat die „Erste deutsche Sparbleistiftfabrik“ Haack GmbH, hier vertreten durch das Verkaufsbüro Stein & Co. in München, mit einer Massendrucksache vor wohl knapp 80 Jahren.
Die Empfänger des hier gezeigten Exemplars der dreiteiligen Werbeschrift waren alle Büros und Ämter im oberbayerischen Traunstein, an deren Spar- und – diesem gleichgesetzt – Erfolgswillen man auf recht dramatische Weise appellierte.
Unter dem Betreff „Praktische Bleiverbilligung“ wies der Absender auf einen „merkwürdigen Gegensatz“ hin, der „unnötige Mehrausgaben verursacht“: Im Kontrast zum Federhalter, bei dem nur die Federn erneuert werden, sorge die „20 bis 30malige Holzschnitzelei an einem Bleistift“ für Zeitverlust und „verlustreichen Holzkonsum“ beim „Bleigebrauch“, und in der Fußzeile, wo viele Schreiben administrative Informationen bereithalten, wurde noch einmal betont, dass die Benutzung der Haack-Sparstifte „Eine Forderung des Sparsinnes und der Zweckmäßigkeit“ sei; die bereits vom Umschlag bekannte Faust hob erneut den engen Zusammenhang von Sparen und Erfolg hervor.
Deutlich war auch die Aussage des beigefügten Handzettels: Den Spänen, „die Ihr Geld kosten“, setzte man den 40 Pfennig günstigen Minen-Halter von Haack entgegen, der mit langen 3-Pfennig-Bleiminen bestückt wurde, immer schreibfertig war und obendrein „Viele Arbeitsstörungen“ beseitigte.
Bei der Darstellung der Minen dürfte man jedoch etwas über das Ziel hinausgeschossen sein, denn ich bezweifle, dass das Größenverhältnis von Mine zu anbietender Dame korrekt ist. – Ob der dem Holzspäne-Regen ausgesetzte Page noch eine andere Aufgabe als das Umblättern hatte, weiß ich leider nicht.
Um sich für „10 Tage zur Probe ohne Kaufverpflichtung“ bemustern zu lassen, genügte es, durch das Ausfüllen und Absenden der beiliegenden Karte den Sparwillen auszudrücken.
Bei „abseits von Luxus und Spielerei“ hätte ich allerdings gezögert – gerade auf letztere zu verzichten wäre mir äußerst schwer gefallen.
Fotos und einige Details zum Sparstift, bei dem ein Schiebemechanismus für den Transport der Mine sorgte, gibt es im Online-Museum „Leadholder“.
Johann Faber 1911
Der prunkvolle Messestand der Bleistiftfabrik von Johann Faber auf der Internationalen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung in Turin 1911 stand im Mittelpunkt dieses 29 × 22,5 cm großen Blattes, mit dem das Unternehmen die dort errungene höchste Auszeichnung, den „Grand Prix“, präsentiert und ausführlich über sich informiert hat.
Auf der Rückseite erfuhr der Leser einiges aus der Firmengeschichte, in der man auch auf den gerichtlichen Streit zwischen den Faber-Brüdern und die Entscheidung zu Gunsten Johann Fabers einging. Darüber hinaus fanden die Energieversorgung des Werks sowie die Rohstoffe Erwähnung: Neben dem sibirischen gingen pro Jahr weitere 120 Tonnen Graphit und über 3000 Tonnen Zedernholz aus Nordamerika in die Bleistift-Produktion, die von vier Dampfmaschinen und fünf Elektromotoren 900 PS bezog; eine eigene Lichtzentrale speiste 1500 Glüh- und 20 Bogenlampen.
Die auffälligen und dekorativen Säulen des Standes, in dessen luxuriösem Innern sich wohl jeder Bleistift-Freund gerne aufgehalten haben dürfte, stellten überdimensionale Varianten des damals neuen „Apollo”-Polygrades-Bleistifts No. 1250 dar, der in 15 Härten von 6B bis 7H angeboten wurde.
Schnittig
Ein in mehrfacher Hinsicht scharfes Teil dürfte der patentierte „Penknife Pencil“ von der Wickland Manufacturing Co. gewesen sein, für den diese 60 × 30 mm große Anzeige im „Century Illustrated Monthly Magazine“ vom November 1884 warb.
Die Zwinge war erheblich länger, saß nicht fest, sondern wurde (so wie ich es sehe) nur aufgesteckt und hielt außer dem Radierer noch eine kleine Klinge, die bei Nichtbenutzung im geschlitzen Holz des Bleistifts verschwand und dort keine Verletzungsgefahr barg. Eine ziemlich pfiffige Idee, diese „Greatest little convenience ever devised for busy men” (um die Worte zu zitieren, die mir hier besonders gut gefallen).
Nachtrag vom 20.3.10: Eine ganz andere Kombination aus Klinge und Stift gibt es unter „Imperial Pocket Knife Pencil“ bei Dave’s Mechanical Pencils zu bewundern.
Stück für Stück
Der Wunsch, möglichst komfortabel zu einer frischen Bleistiftspitze zu kommen, hat bereits zahlreiche findige Köpfe beschäftigt und zu so manch ungewöhnlichem Ergebnis geführt.
Aus dem Jahr 1907 und dem „General Hardware“-Katalog des damals in Montreal, Kanada, ansässigen Anbieters Frothingham & Workman Ltd. stammt diese Abbildung des „Perpetual Pencil“, hergestellt von der American Lead Pencil Company. Anstelle einer kompletten Mine enthielt dieser mechanische Stift elf gespitzte Abschnitte; war einer abgeschrieben, so genügte ein Druck, um ihn auszuwerfen und einen neuen in Position zu bringen.
Die „American Lead Pencil Company“, gegründet 1861 von Edward Weissenborn, brachte 1905 ihre Marke „Venus“ auf den Markt, die 1956 zur Umbenennung des Unternehmens in die „Venus Pen and Pencil Corporation“ führte. 1967 folgte eine weitere Namensänderung zu „Venus-Esterbrook“ und 1973 die Übernahme durch Faber-Castell (Quelle: „Der Bleistift“ von Henry Petroski).
Für eine Weiterentwicklung des Stifts, der nur aus Spitzen besteht, sorgte im Jahr 1967 das Unternehmen Bensia aus Taiwan mit dem „non-sharpening pencil“. Bei den hierzulande als „Zieh & Steck-Stifte“ bezeichneten und im englischsprachigen Raum als „Push-a-Point“ sowie „Pop-a-Point“ bekannten Schreib- und Malgeräten sitzen die gespitzten Minenstücke auf Hülsen aus Kunststoff. Ist ein Element stumpf, zieht man es vorne heraus und steckt es hinten in den Stift hinein, wodurch ein neues herausgeschoben wird. – Sobald mir ein solcher Stift zwischen die Finger kommt, reiche ich ein Foto nach.
Der vor etwa zehn Jahren patentierte Yoropen kombiniert die Steckspitzen mit einem – so der Anspruch der Erfinders Baho-Shen Liu – ergonomisch vorteilhaften Halter, wobei die schützende Kappe des hier gezeigten Modells aus der „Brillant-Serie“ einen kleinen Radierer beherbergt und der Schaft als Reservoir für zehn Spitzen dient.
Pro Spitze stehen knapp 7 mm einer 1 mm dicken HB-Mine zur Verfügung; neben dieser gibt es auch Ersatz im Härtegrad 2B. – Das ungewöhnliche Schreibgerät, von dem noch zahlreiche andere Varianten erhältlich sind, wird in Deutschland durch Ecobra vertrieben.
Vielen Dank an den zonebattler für den Yoropen!
Nachtrag vom 11.10.12: Kaum zu glauben: Die Idee geht zurück ins Ende des 19. Jahrhunderts, wie der Beitrag zum Everpoint No. 55 bei Contrapuntalism zeigt.
… mit einem Lächeln!
Für das Schreiben und Zeichnen mit einem Lächeln diente Gilbert & Blanzy-Poure im Jahr 1959 mit dieser etwa 24 × 32 cm großen Anzeige seine mechanischen und Holzbleistifte, Kugelschreiber und Bleistiftminen der Marke „Criterium“ an.
Wie die hervorragende Website Leadholder informiert, brachte die französische Gilbert Pencil Co. 1939 automatischen Bleistift „Criterium“ auf den Markt und hatte damit solch großen Erfolg, dass „Criterium“ in Frankreich zum Synonym für den mechanischen Bleistift wurde. – Gilbert schloss sich 1945 mit dem Schreibgerätehersteller Blanzy-Poure zu Gilbert & Blanzy-Poure und 1960 mit Conté zu Conté-Gilbert zusammen; 1979 kaufte BIC das Unternehmen.
BIC hat auch heute noch Bleistifte im Sortiment, darunter die holzgefassten Gilbert 33 und Critérium 550, deren Namen an die Geschichte der Firma erinnern, sowie den klassischen 2,0-mm-Fallminenstift Criterium 2603, den es in Metall- und Kunststoffausführung gibt. – Für Besprechungen dieser Stifte verweise ich gerne auf pencil talk.
Schwarzes Gold
Als der französische Kaufmann Jean-Pierre Alibert Mitte des 19. Jahrhunderts im südlichen Sibirien nach Gold suchte, machte er eine ungewöhnliche Entdeckung. Die Brocken reinen Graphits, die er nahe Irkutsk fand, ließen ihn nach der Quelle suchen; 1847 ortete er diese schließlich auf dem Gipfel des Berges Batugol1 im Sajangebirge, gut 430 km westlich der ursprünglichen Fundstelle.
Blick in die Graphit-Mine des Batugol (Holzstich, ca. 1870–1885)
Erst nach sieben Jahren des mit unglaublichem Aufwand betriebenen Abbaus stieß er auf eine zweite Lagerstätte, deren Graphit die Alibert-Mine legendär machen sollte, denn in der Qualität stand dieser dem aus Cumberland in nichts nach.
Den zahlreichen Ehrungen Jean-Pierre Aliberts folgte im Jahr 1856 ein Exklusivvertrag mit der Bleistiftfabrik A.W. Faber, die fünf Jahre später die ersten Stifte mit sibirischem Graphit auf den deutschen Markt brachte; 1865 waren diese auch in Amerika erhältlich.
Anzeige für Bleistifte von Johann Faber mit sibirischem Graphit (USA 1888)
Die hohe Qualität des Graphits und dessen Kombination mit bayerischem Ton ermöglichten erstmals die Fertigung von Bleistiften in 16 reproduzierbaren Härtegraden, die unter dem Namen „Polygrades“ in den Handel kamen und auf der Londoner Weltausstellung im Jahr 1862 gefeiert wurden.
(Warum ich das schreibe, wo es doch schon in Henry Petroskis Klassiker „Der Bleistift“, diversen Broschüren von Faber-Castell und auch unter „Looking for Gold, Finding Graphite: Faber, Alibert and the Siberian Mines“ bei Palimpsest steht? Nun, ich konnte den Stich und die Anzeige bekommen und wollte beides nicht ohne Drumherum zeigen.)
Nachtrag vom 5.3.10: Hier noch ein paar Worte zu den Quellen der beiden Dokumente. Der 178 × 118 mm große Holzstich war bei zwei eBay-Anbietern zu finden, wobei ihn der eine auf 1800–1870 und der andere auf 1885 datiert hat (dabei ist die erste Angabe sicher nicht ganz korrekt, gab es die Mine doch erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts). Eine weitere Suche förderte zwei Antiquariate zutage, die diesen Stich ebenfalls führen und die Jahre 1878 und 1888 angeben; eines nennt als Künstler Franz Schreyer.
Signatur unten links
Die Signaturen auf dem Holzstich (wenn es denn welche sind) haben mir bis jetzt nicht weitergeholfen, ebenso wenig die Angabe „Vol. 11“ in der linken unteren Ecke des Blattes (sie ist in der hier gezeigten Reproduktion nicht zu sehen).
Signatur unten rechts
Die Anzeige stammt laut eBay-Händler von 1888 und aus „Century Illustrated Monthly Magazine“ oder „Harper’s Magazine“.
Nachtrag vom 14.3.10: Erhard Sattmann schreibt in seinem Buch „Vom Faustkeil zum Bleistift” (1949) zu dieser Graphitmine:
- Das Graphitvorkommen in den Gebirgsschluchten von Irkutsk soll schon vor Jean-Pierre Alibert durch den Kosakenoffizier Tscherepanoff entdeckt, aber nicht ausgewertet worden sein.
- Bis man auf den hochwertigen Graphit stieß, mussten mehr als 300 Tonnen eines minderwertigen aus dem 2000 Meter über dem Meer liegenden Lager gefördert werden.
- Der Berg Batugol erhielt später zu Ehren des französischen Kaufmanns den Namen „Alibertberg”.
- Der sibirische Graphit wurde anfänglich sogar im Naturzustand für Bleistifte verwandt und erst später mit Ton gemischt.
Danke an Herbert R. für den Hinweis auf dieses Buch!
- In manchen Quellen findet man auch die Schreibweise „Batougol“.↩