MARS

„Nicht schon wie­der Mars und altes Zeug – muss das wirk­lich sein?“, wer­den man­che seuf­zen. Ja, das muss sein, erst recht bei die­sem schö­nen Stück, das ich kürz­lich ergat­tern konnte. Ich mach’s auch kurz, aber nicht aus Rück­sicht, son­dern weil ich lei­der nicht viel dazu sagen kann. Also: Augen auf und durch!

Wer­bung für die Marke „MARS“ machte STAEDTLER mit die­ser Glas­platte, des­sen ursprüng­li­che Funk­tion ich nicht kenne.

MARS

Sie ist 200 × 269 mm groß, 2,5 mm dick und auf der Rück­seite licht­un­durch­läs­sig beschich­tet, was gegen die nahe­lie­gende Ver­mu­tung spricht, dass sie Teil einer Lampe war1. Zierte sie viel­leicht ein Regal oder einen Thekenaufsteller?

Das Alter der Platte kann ich nur schät­zen. Die Anbie­te­rin hat die 1950er Jahre genannt, doch die Gra­fik mit den drei Stif­ten und das Feh­len des Mar­s­kop­fes lässt mich eher von 1930 bis 1940 aus­ge­hen. – Den Her­stel­ler konnte ich noch nicht her­aus­fin­den; auch die Kenn­zeich­nun­gen „P. 2055“ unten links und „KOHLITZ“ am unte­ren Rand haben mir nicht weitergeholfen.

Die leicht kon­ka­ven, mit dem Mes­ser geschnit­te­nen Spit­zen des Blei­stifts LUMOGRAPH 2886 und des Kopier­stifts COPIER 7542 sind schon fast dra­ma­tisch, und auch bei der Beschrif­tung war der Künst­ler krea­tiv3: Wäh­rend sie auf den unte­ren Stif­ten so ver­läuft, wie es damals üblich war, hat er sie bei den obe­ren gedreht, damit sie nicht auf dem Kopf steht4.

Ein bemer­kens­wer­tes Stück!

Nach­trag vom 10.5.23: Von STAEDTLER konnte ich heute erfah­ren, dass es sich bei der Glas­platte um eine Rekla­me­ta­fel han­delt und diese – ähn­lich Email-Schildern – als rei­ner Wer­be­trä­ger diente, also keine wei­tere Funk­tion hatte. Der Gestal­tung nach stammt sie aus den spä­ten 1930er Jah­ren, wofür auch der weiße Zier­ring des Mars Lumo­graph spricht, der erst 1936 kam.

  1. Es gibt auch Reste ange­kleb­ten Papiers oder Kar­tons, aber die könn­ten von einer Zweit­nut­zung stam­men.
  2. Er kam 1901 auf den Markt und war das erste Pro­dukt der im sel­ben Jahr ein­ge­tra­ge­nen Marke „MARS“.
  3. Man beachte auch die Refle­xio­nen am unte­ren 754.
  4. Die tat­säch­li­che Umkehr der Beschrif­tung erfolgte erst in den 1960er Jah­ren.

7 Kommentare zu „MARS“

  1. Michael H. Gerloff

    „Mars und altes Zeug“? – da trabe ich mal hoch: Wer nicht weiß, woher er kommt, ver­steht auch seine Gegen­wart nicht. Also gern wei­ter die­ses inter­es­sante „alte Zeug“!

  2. Danke, das freut mich! So sehe ich das auch, und ich würde gerne ergän­zen „… und kann auch seine Zukunft nicht gestal­ten.“ Hier wird noch viel „altes Zeug“ kommen!

  3. Und noch ein Kom­men­tar. Das mit der „rei­nen Spe­ku­la­tion“ kann man streichen.
    In „Gebrauchs­gra­phik“, vier­zehn­ter Jahr­gang 1937, Heft 9, Seite 2 (https://www.arthistoricum.net/werkansicht/dlf/157187/20 auf Seite 20 des Scans) fin­det man eine Wer­bung und Arbeits­probe (Wer­bung für eine Nürn­ber­ger Buch­dru­cke­rei) für Her­mann Kohlitz.

    Die Schrift­art sei­nes Namens­zu­ges und die Schrift­art der Signa­tur auf der Buchdruckerei-Werbung ist die glei­che wie auf der Glasplatte.

  4. Flo­rian, danke für diese auf­schluss­rei­chen Details! Dann wurde die Glas­platte also zwi­schen 1932 und 1936 von Her­mann Wil­helm Kohlitz gestal­tet. – Ich werde mich auch noch an STAEDTLER wen­den; viel­leicht hat man im Archiv wei­tere Arbei­ten von ihm.

    Darf ich neu­gie­rig fra­gen, wie du auf diese Infor­ma­tio­nen gekom­men bist?

  5. Das war Google-Glück.
    Aus­ge­hend davon, dass man ver­mut­lich eine lokale Firma beauf­tragt hat habe ich mit Such­be­grif­fen wie „Kohlitz Wer­be­ma­te­rial“, „Kohlitz Wer­bung“, „Kohlitz Nürn­berg“ ange­fan­gen und die Such­ergeb­nisse abgeklappert.

    In den Such­ergeb­nis­sen fand sich irgend­wann eine kaputte ame­ri­ka­ni­sche Seite auf der ein „Kohlitz, Her­mann Wil­helm [1908-. Ger­many. Gra­phic Designer/Photographer]“,“ Her­mann Wil­helm Kohlitz was born in Nurem­berg, Ger­many on 15 July 1908″ erwähnt wurde. 

    Die Links auf der Seite funk­tio­nier­ten alles nicht, aber viele Kohlitz, im pas­sen­den Alter, mit einem pas­sen­den Beruf, mit einer Bezie­hung zu Nürn­berg, kann es nicht gege­ben haben. Also war das der Kan­di­dat. Auf der Seite gabe es auch Lite­ra­tur­an­ga­ben (Kürsch­ners Graphiker-Handbuch), aber die habe ich igno­riert. Es stellte sich kurz danach her­aus dass ich genau dort lan­den würde. 

    Mit vol­lem Namen fand sich mit Goo­gel schnell die Kurz­bio­gra­phie (stammt aus „Kürsch­ners Graphiker-Handbuch“ https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783111642673/html). Zuerst war ich mir nicht mehr sicher ob er es ist, weil dort stand dass er ange­stellt war. Dann fiel mir der Hin­weis auf die Selbst­stän­dig­keit in der Kurz­bio­gra­phie auf. Also doch.

    In der Kurz­bio­gra­phie gibt es Hin­weise auf Lite­ra­tur: ‚Lit: „Gebrauchs­gra­phik“ 1937; „Gra­phik“ 1952‘. Also nach sei­nem Namen und „Gebrauchs­gra­phik 1937“ gegoo­gelt und wie­der Glück gehabt. Das „Gebrauchs­gra­phik“ eine inter­na­tio­nal beach­tete Zeit­schrift für Wer­be­gra­phik war wusste ich da noch nicht. Das dürfte aber dazu bei­getra­gen haben, dass es die Scans auf arthistoricum.net gibt Jeden­falls direkt auf der ers­ten Seite über Kohlitz fin­det sich sein Namens­zug und das Bei­spiel mit der glei­chen Signa­tur wie auf der Glasplatte.

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