Graphit-Blau-Stifte

Holz­ge­fasste und mecha­ni­sche Stifte, die eine Graphit- und eine blaue Mine vereinen

Rot und Blau (3)

Wann und durch wen kam der Rot-Blau-Stift in die Welt? Im Jahr 1869 schrieb Lothar von Faber – er hatte 30 Jahre zuvor die 1761 gegrün­dete Blei­stift­fa­brik A.W. Faber über­nom­men – rück­bli­ckend in einem Brief an sei­nen Bru­der Eber­hard Faber in New York:

Bei den Farb­stif­ten kam ich auf die Idee, einen Stift her­zu­stel­len, halb mit Zin­no­ber u. halb mit Blau, wie er zuvor von kei­nem ande­ren Fabri­kan­ten gemacht wurde. Du selbst weißt wel­chen Erfolg die­ser Stift in Ame­rica hatte, wohin sie anfangs 100 Groß weise gesandt wur­den u. heute noch allent­hal­ben ver­kauft wer­den.1

Den Rot-Blau-Stift gab es also bereits vor 1869, und Lothar von Faber hatte ihn erdacht. Doch wie sah der Stift aus? Die Doku­men­ta­tion des Sor­ti­ments von A.W. Faber beginnt mit den ers­ten in den 1860er Jah­ren gedruck­ten Waren­ka­ta­lo­gen, und die Rot-Blau-Stifte wur­den erst­mals um 1870 genannt. Aller­dings ent­hiel­ten die dama­li­gen Kata­loge noch keine Abbildungen.

Rot und Blau (3)

Aus einem Waren­ka­ta­log von A.W. Faber (um 1870)

Unter „Neue Patent-Farbstifte mit beweg­li­cher Farbe“ fin­den sich „1 Dzd. Patent­stifte 6eckig, dop­pelte mit feins­ten Zin­no­ber und Blau, Nr. 12, naturpolirt-Gold, 16 Cen­ti­me­ter lang“ und „1 Dzd. Patent­stifte 6eckig, dop­pelte mit feins­ten Zin­no­ber und Blau, zwei­far­big polirt mit Ring“. Nach die­sen mecha­ni­schen wer­den im sel­ben Kata­log unter „Neue ver­bes­serte Farb­stifte“ holz­ge­fasste Rot-Blau-Stifte aufgeführt.

Rot und Blau (3)

Aus einem Waren­ka­ta­log von A.W. Faber (um 1870)

Neben die­sen, die in drei Qua­li­tä­ten und jeweils zwei Pro­fi­len erhält­lich waren, gab es Rot-Grün- und sogar Rot-Graphit-2 und Blau-Graphit-Stifte3. Alle wur­den auch im Aus­land angeboten.

Rot und Blau (3)

Aus einem Waren­ka­ta­log von A.W. Faber (um 1874)

Zu den 1881 ange­bo­te­nen Taschen­blei­stif­ten mit Hül­sen aus Nickel gehörte auch der „Spit­zen­be­wah­rer, 2seitig, mit Zin­no­ber und Blau­stift“ (Ordnungs-Nummer 0360).

Rot und Blau (3)

Aus einem Waren­ka­ta­log von A.W. Faber (1881)

Die Patent-Farbstifte mit beweg­li­cher Farbe wur­den im 1884 gedruck­ten Lon­do­ner Kata­log far­big abge­bil­det4.

Rot und Blau (3)

Aus einem Waren­ka­ta­log von A.W. Faber (1884)

Neben „mova­ble points“ gab es hier noch „pro­pel­ling and repel­ling action“. War damit ein Dreh­stift gemeint, bei dem die Mine durch Dre­hen der Spitze aus- und ein­ge­fah­ren wer­den konnte? Auch im Kata­log von 1885 waren zwei unter­schied­li­che Minen­hal­ter mit roter und blauer Mine zu sehen.

Rot und Blau (3)

Aus einem Waren­ka­ta­log von A.W. Faber (1885)

Ab etwa 1885 erschien der holz­ge­fasste Rot-Blau-Stift in wei­te­ren Aus­füh­run­gen, u. a. als Magazin-, Büro- und Post­stift5, doch die­sen wird ein eige­ner Bei­trag gewid­met sein.

Danke an Faber-Castell für die Scans und die Details!

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  1. Zitiert nach Eich, Die­ter: Lothar von Faber. Ein Nürn­ber­ger Unter­neh­mer des 19. Jahr­hun­derts. Diplom­ar­beit an der Wirtschafts- und Sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Fakul­tät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Nürn­berg 1969, Anlage I, S. 40.
  2. Die bekann­tes­ten Ver­tre­ter die­ser Gat­tung dürf­ten der Tom­bow LV-KEV, der Caran d’Ache GRAPHICOLOR und der Caran d’Ache × CWPE „The Edi­tor“ sein, doch es gab (und gibt) noch einige mehr.
  3. Der ein­zige mir bekannte und noch erhält­li­che Stift die­ser Art ist der Koh-I-Noor Duo.
  4. Diese Art Minen­hal­ter wur­den spä­ter als „Schraub-Klemm­stifte“ ange­bo­ten und waren einige Jahr­zehnte lang erhält­lich.
  5. Zum Begriff des Post­stifts siehe „Mar­ki­ges Mar­ke­ting (22)“.

Koh-I-Noor Duo

Ein beson­de­res Exem­plar des zwei­far­bi­gen holz­ge­fass­ten Stifts ist der Duo von Koh-I-Noor aus Tschechien.

Koh-I-Noor Duo

Den als Zim­mer­mans­stift aus­ge­führ­ten Duo gibt es in Graphit/Rot und Graphit/Blau; beide Vari­an­ten wer­den zusam­men im Set ange­bo­ten1. Er ist 17,5 cm lang, hat einen Quer­schnitt von 8 × 12 mm2 mit abge­run­de­ten Breit­sei­ten und eine 2 × 5 mm dicke Mine. Außer den hier zu sehen­den gibt es keine wei­te­ren Kennzeichnungen.

Koh-I-Noor Duo

Die Gra­phit­mine macht 60% der Länge aus und hat eine etwa dem STAEDTLER Mars Lumo­graph 2B ent­spre­chende Härte, schreibt aber rau­her und nicht so sau­ber. Beide Farb­mi­nen sind ver­gleichs­weise fest und ein wenig krei­dig. – Farbe, Mase­rung und Aroma des Hol­zes las­sen mich auf Weymouth-Kiefer schließen.

Koh-I-Noor Duo

Die Ver­ar­bei­tung des Duo ist mit­tel­mä­ßig, denn im dün­nen Lack gibt es einige Unre­gel­mä­ßig­kei­ten und zwi­schen den Holz­hälf­ten einen fei­nen Spalt. Der Prä­ge­druck indes ist bemer­kens­wert gleich­mä­ßig und konturenscharf.

Koh-I-Noor Duo

Der Koh-I-Noor Duo hat die Arti­kel­num­mer 1536; für das Set habe ich auf eBay 4,30 Euro bezahlt.

  1. Mei­nes Wis­sens sind sie nicht ein­zeln erhält­lich.
  2. Maße des kon­tur­um­schlie­ßen­den Recht­ecks.
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