Spitzer

Resteverwertung

Bei Recher­chen zu einem Bei­trag fal­len immer Infor­ma­tio­nen an, die zwar inter­es­sant sind, dann aber doch nicht in den Bei­trag kom­men. Man­che davon finde ich jedoch zu schön, um sie nicht zu zei­gen, so auch einige Patente für Spit­zer, auf die ich bei der Recher­che zum Gedess-​Minenspitzer gesto­ßen bin; fünf davon aus den USA seien hier unkom­men­tiert zusam­men­ge­stellt. – Der Klick auf die Patent­num­mer führt zum kom­plet­ten Doku­ment bei Google Patents.

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„Pen­cil Shar­pe­ner“ von R.C. Uecke (US710822, 7.10.1902)

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„Shar­pe­ner for Com­pass Leads and Pen­cil Leads“ von Colin W. McMil­lan (US4761885, 9.8.1988)

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„Pen­cil Poin­ter Cup“ von Remi­gius J. Slat­tery (US2653576, 29.9.1953)

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„Pen­cil Shar­pe­ning Device“ von Her­man Lobel und Louis Dis­pa­latro (US2123511, 12.7.1938)

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„Shar­pe­ner for Leads of Pen­cils or the Like“ von Wil­liam H. Beh­rens (US2914030, 24.11.1959)

Gedess

Wer schon ein­mal die Blei­stift­mine an einem Stück Schleif­pa­pier gespitzt hat, kennt die damit ver­bun­de­nen Pro­bleme. Da die Mine keine bestimmte Lage in Bezug auf die Reib­flä­che ein­nimmt, muss man die Mine wäh­rend des Spit­zens dre­hen, um eine gleich­mä­ßige, d. h. koni­sche Spitze zu erhal­ten. Dabei besteht die Gefahr, die Mine durch zu hohen Anpress­druck abzu­bre­chen oder gar mit den Minen­hal­ter auf die Reib­flä­che zu kom­men und ihn zu beschä­di­gen; hinzu kommt, dass der Abrieb Hände, Zeich­nung und Arbeits­platz ver­schmut­zen kann. Geor­ges Des­son­naz aus Frei­burg in der Schweiz hatte eine Idee, diese Pro­bleme zu besei­ti­gen, und reichte am 8. April 1939 seine Patent­an­mel­dung beim Eid­ge­nös­si­schen Insti­tut für Geis­ti­ges Eigen­tum in Bern ein. Am 15. Mai 1940 wurde ihm das Patent № 2098701 für sei­nen „Schär­fer für Blei­stift­mi­nen“ erteilt.

Gedess

Der Anspruch aus dem deut­schen Patent:

Schär­fer für Blei­stift­mi­nen, bestehend aus einem im Quer­schnitt kreis­run­den Behäl­ter, in des­sen obe­rer Wan­dung ein dia­me­tral durch­bohr­tes Kugel­ge­lenk für die Auf­nahme eines Blei­stifts oder Minen­hal­ters ange­ord­net ist und der in sei­nem Innern eine kege­lige Reib­flä­che auf­weist, deren Längs­achse durch den Mit­tel­punkt des Kugel­ge­lenks hin­durch­geht, dadurch gekenn­zeich­net, daß er an dem Kugel­ge­lenk (16) eine in das Innere des Behäl­ters ragende, an ihrem freien Ende ent­spre­chend der Blei­stift­spitze kege­lige, zum Füh­ren des Stif­tes die­nende Hülse (15) und unten im Behäl­ter einen in Rich­tung der Längs­achse der kege­li­gen Reib­flä­che ver­lau­fen­den, fin­ger­hut­ar­ti­gen, zum Füh­ren des Stif­tes wäh­rend des Schär­fens die­nen­den Kegel (12) auf­weist2.

Gedess

Beide Aus­füh­rungs­bei­spiele der Paten­schrift ver­deut­li­chen die pfif­fige Kon­struk­tion: Die Stift­hal­te­rung (15) mit dem Kugel­ge­lenk (16) wird bei abge­schraub­tem Boden­stück (9) in das Ober­teil (4) ein­ge­setzt. Schraubt man das Boden­stück an, zwingt des­sen Kegel (12) die Stift­hal­te­rung in eine Schräg­lage; in die­ser Posi­tion ver­hin­dert die Aus­kra­gung (17) das Her­aus­fal­len der Stift­hal­te­rung. Zudem ist der Kegel so aus­ge­führt, dass er nur noch eine Kreis­be­we­gung der Stift­hal­te­rung zulässt und damit die Mine am koni­schen Schleif­ring (13) ent­lang­führt. Der Abrieb ver­bleibt dabei im Innern des Geräts.

Gedess

Die Zür­cher Büroartikel-​Handelsfirma Her­mann Kuhn erwarb das Patent 1944, ließ den Minen­schär­fer zunächst mit dun­kel­ro­tem, spä­ter mit grauem Ober­teil her­stel­len3 und ver­trieb ihn unter dem Namen „Gedess“ (Georges Dessonnaz) welt­weit. – Diese Aus­füh­rung war jedoch bereits eine ver­ein­fachte, hatte sie doch nicht mehr den in der Patent­zeich­nung dar­ge­stell­ten Spit­zer im Sockel, der die Mine des Blei­stifts vom Holz befreien sollte4.

Gedess

Das Gehäuse des Gedess von Kuhn besteht aus Poly­sty­rol und das Boden­stück sowie die Stift­hal­te­rung aus Acryl­ni­tril­bu­ta­di­ens­ty­rol (ABS). Der ebenso wie die Kunst­stoff­teile im Spritz­guss­ver­fah­ren her­ge­stellte eiserne Schleif­ring hat auf der Innen­seite eine etwa 0,5 mm dicke, abra­sive Schicht. – Die Her­stel­lung der Kunst­stoff­teile, des Rin­ges und der Beschich­tung besorgte je eine Firma; Kuhn über­nahm die Mon­tage, die Ver­pa­ckung und den Versand.

Gedess

Die nur vier Teile sind so gestal­tet, dass sie nur durch ein Gewinde zusam­men­ge­hal­ten wer­den; dies sowie die Form- und Farb­ge­bung machen den Gedess zu einem mini­ma­lis­ti­schen Utensil.

Gedess

Auch seine Kenn­zeich­nung ist sehr zurück­hal­tend (der Schleif­ring und die Stift­hal­te­rung tra­gen keine).

Gedess

Der Gedess ist 65 mm hoch, hat unten einen Durch­mes­ser von 62 mm und wiegt knapp 70 Gramm. Er eig­net sich für Minen mit 2 mm und 3,15 mm Durch­mes­ser und Minen­hal­tern bis 9 mm Dicke.

Gedess

Sein Gebrauch ist denk­bar ein­fach und in der bei­lie­gen­den vier­spra­chi­gen Gebrauchs­an­wei­sung beschrie­ben5. Auch auf das Zer­le­gen und den Ein­satz des Gedess mit einem Holz­blei­stift sowie auf die sepa­rate Ver­füg­bar­keit aller Teile geht das Falt­blatt ein.

Gedess

Hier mit dem Uch­ida 1-​848-​5100.

Das Gerät lässt sich leicht hand­ha­ben und bringt die Mine rasch in Form (das Spiel des Stifts in der Hal­te­rung gibt mir aller­dings kein gutes Gefühl). Und wie ist das Spitzergebnis?

Gedess

Das ist eher ernüch­ternd, zei­gen sich doch die Spu­ren der abra­si­ven Schicht des Schleif­rings sehr deut­lich; auch ist eine Asym­me­trie erkenn­bar6. Zum Ver­gleich das Spit­z­er­geb­nis des Möbius+Ruppert 970:

Gedess

(Der Ver­gleich ist natür­lich nicht ganz fair, arbei­tet doch im M+R 970 ein Frä­ser aus einer Spe­zi­al­le­gie­rung mit einer Vickers­härte von über 9007; zudem bie­tet der 970 durch seine Bau­form einen Spitz­stopp und dem Stift durch die Auf­nah­men für ver­schie­dene Durch­mes­ser einen bes­se­ren Halt.) Der Blick auf den Schleif­ring des Gedess lie­fert die Erklä­rung für die Spu­ren an der Minenspitze:

Gedess

Ich halte es für mög­lich, dass man bewusst eine grö­bere Kör­nung gewählt hat, da sich diese nicht oder zumin­dest nicht so schnell zusetzt und viel­leicht auch etwas lang­le­bi­ger ist.

2011 hat die Stan­dard­graph Zei­chen­tech­nik GmbH in Gerets­ried die Rechte am Gedess sowie des­sen Her­stel­lung und Ver­trieb über­nom­men8. Ich war neu­gie­rig und habe mir für gut 18 Euro9 ein aktu­el­les Modell gekauft.

Gedess

Mein ers­ter Blick galt dem Schleif­ring, denn ich hoffte auf eine fei­nere Kör­nung. Beim Auf­schrau­ben über­raschte mich jedoch zuerst ein schmir­geln­des Geräusch.

Gedess

Im Gegen­satz zum alten Schleif­ring ist der neue auf allen Sei­ten mit Schleif­par­ti­keln bedeckt und kratzt daher auch am Boden­stück. Erschreckt hat mich aller­dings die Ver­di­ckung am unte­ren Rand, von der ich befürchte, dass sie die Minen­spitze abreißt, sollte die Mine soweit in das Gerät ragen.

Gedess

Dass der Schleif­ring mei­nes Exem­plars nur ungleich­mä­ßig beschich­tet ist und sich die Par­ti­kel teil­weise ablö­sen, spielt dann auch keine Rolle mehr, denn ich werde das Gerät zurück­schi­cken. (Natür­lich könnte es sich um einen Pro­duk­ti­ons­feh­ler han­deln, aber ich möchte kei­nen zwei­ten Ver­such wagen.)

Eine trau­rige Ent­wick­lung von einer sehr guten Idee zu einem mei­ner Ansicht nach wenig über­zeu­gen­den Pro­dukt. Umso kost­ba­rer ist mir nun mein alter Gedess!

Gedess

  1. Deutsch­land: Nr. 723038, Frank­reich: № 864506, USA: No. 2242458. – Alle Patente las­sen sich beim Euro­päi­schen Patent­amt ein­se­hen.
  2. Ja, das ist wirk­lich nur ein ein­zi­ger Satz.
  3. Quelle: Unbe­kannt – Ver­traut. „Anony­mes“ Design im Schwei­zer Gebrauchs­ge­rät seit 1920 (Aus­stel­lungs­ka­ta­log, Museum für Gestal­tung Zürich, 1987) – Die­ses Buch erwähnt auch, dass der Gedess durch seine an eine Raum­kap­sel erin­nernde Form in den USA den Spitz­na­men „Apollo“ hatte.
  4. Ob es die Vari­ante mit inte­grier­tem Spit­zer jemals im Han­del gab, konnte ich nicht her­aus­fin­den.
  5. Übri­gens ist in die­ser vom „Füll­stift“ die Rede; ver­mut­lich ist das die im Deut­schen der Schweiz übli­che Bezeich­nung für den Fall­mi­nen­stift.
  6. Wie sagte eine Kol­lege so schön? „Ein Biber hätte es nicht bes­ser machen kön­nen.“
  7. Zum Ver­gleich: Zahn­schmelz – gut 500, Feld­spat – etwa 800, Quarz – gut 1100.
  8. Neben der grauen Vari­ante mit rotem Boden­stück und Stift­hal­te­rung (Art.-Nr. DX3260), die es bereits von Kuhn gab, hat man auf der Paper­world 2012 eine trans­pa­rente Aus­füh­rung (Art.-Nr. DX3260T) gezeigt.
  9. Zum Ver­gleich: Der alte Gedess hat mich vor weni­gen Jah­ren im Fach­han­del 8 Euro gekos­tet.

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Von Prak­ti­kern für Prak­ti­ker: Ein Flyer für die Minen­spitz­dose 9601 von Möbius+Ruppert aus den 80er Jahren.

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Mir gefal­len die Illus­tra­tion und die schnör­kel­lose Spra­che, die den Nut­zen des Geräts her­aus­stellt und ganz ohne die heute oft läs­ti­gen Wort­hül­sen auskommt.

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Danke an Herrn Fischer von Möbius+Ruppert für den Scan!

  1. Der 960 war der Vor­gän­ger des 970 und deut­lich grö­ßer als die­ser.

Brinco „Sharpe-​Point“

Bemer­kens­wert: Der hier­zu­lande als „Gra­nate“ bekannte Spit­zer wurde auch in Eng­land gefer­tigt. Klar, dass ich mir den Kauf nicht ver­knei­fen konnte, als ich von dem Ange­bot erfuhr.

Brinco „Sharpe-Point”

Links: „Sharpe-​Point” von Brinco, rechts: „Gra­nate“ (M+R 604) von Möbius+Ruppert

Ich weiß nicht, wie alt der „Sharpe-​Point“ ist, und habe bis jetzt auch nichts über den Her­stel­ler Brinco her­aus­fin­den kön­nen. – Den Namen „Sharpe-​Point“ finde ich übri­gens großartig.

Brinco „Sharpe-Point”

Mit einer Länge von fast 27 mm und einem Durch­mes­ser von 16 mm ist der „Sharpe-​Point“ wesent­lich kräf­ti­ger als die „Gra­nate“ von Möbius+Ruppert und sogar noch grö­ßer als die „Gra­nate 5“ von Möl­ler & Breitscheid.

Brinco „Sharpe-Point”

Zwei Schlitz­schrau­ben, ebenso wie der Kor­pus aus Mes­sing, hal­ten das recht­eckige, etwa 0,4 mm dicke Mes­ser. Die Ver­ar­bei­tung zeigt keine Män­gel, ledig­lich die Kon­struk­tion, denn das Mes­ser steht am ver­jüng­ten Ende des Spit­zers über und ver­schafft ihm so eine unschöne Ecke (aber mög­li­cher­weise ist die­ses Mes­ser nicht mehr das originale).

Brinco „Sharpe-Point”

Die untere Seite mit dem 8 mm gro­ßen Stift­ein­lass trägt die Prä­gung »BRINCO “SHARPE-​POINT”« und die obere »BRITISH MADE«.

Brinco „Sharpe-Point”

Beim Mes­ser fal­len die Lang­lö­cher und – wie schon bei den Schrau­ben – ihr Ver­satz auf.

Brinco „Sharpe-Point”

Der „Sharpe-​Point“ arbei­tet gut, mit einer Span­di­cke von durch­schnitt­lich 0,37 mm jedoch gefrä­ßig. Der im Ver­gleich zu den bei ande­ren älte­ren Model­len genutz­ten Rän­del­schrau­ben fla­chere Kopf der Schlitz­schrau­ben hat den Vor­teil, dass die Späne bes­ser abflie­ßen kön­nen. – Der Spitz­win­kel ist gering­fü­gig klei­ner als der der „Gra­nate“ von M+R.

Brinco „Sharpe-Point”

Test mit einem STAEDTLER Noris 120 (Zeder, alt)

Mich würde nicht wun­dern, wenn es noch wei­tere Vari­an­ten der „Gra­nate“ gäbe. – Inter­es­sant zu wis­sen wäre natür­lich auch, ob diese Bau­form jemals geschützt war und, falls ja, auf wen die­ser Schutz ein­ge­tra­gen war.

Zur „Gra­nate“ siehe auch:

Zerlegt

Als inves­ti­ga­ti­ver Blog­ger werde ich nicht müde, mei­ner geschätz­ten Leser­schaft auch sol­che Ein­bli­cke zu ver­mit­teln, die sie andern­orts nicht gebo­ten bekommen.

Zerlegt

Der sehr gute Minen-​Behälterspitzer uni DPS-​600 besteht aus sie­ben Kunststoff- und drei Metall­tei­len und ist rasch zer­legt und zusammengesetzt.

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