Museum

Direktion

A.W. Faber hatte den Kopier­stift „Chef“ und LYRA1 einen sehr ähn­li­chen mit dem Namen „DIREKTION“2.

Direktion

Auch er ist rund, 10 mm dick und schreibt vio­lett. Ich ver­mute, dass man ihn der­sel­ben Ziel­gruppe ange­dient hat.

Die Kenn­zeich­nung „Docu­men­tal“ war mir neu. Eine schnelle Suche beim DPMA hat erge­ben, dass 1959 die Wort-​/​Bildmarke „Doku­men­tal 303 docu­men­tal 303“ für – so der Ein­trag – „Farb­stoffe und Far­ben zur Her­stel­lung von licht-, wasch- und alte­rungs­ech­ten sowie wisch­fes­ten Schreib-, Zeichen-, Druck-, Stempel-, Frankierstempler-, Farbband- und Regis­trier­in­stru­men­ten­far­ben“ ein­ge­tra­gen wurde3. Der „DIREKTION“ könnte aus die­ser Zeit stam­men; viel­leicht gibt es eine Verbindung.

Nach­trag vom 15.3.23: Von LYRA konnte ich heute erfah­ren, dass der Direk­tion min­des­tens bis in die 1950er Jahre hin­ein her­ge­stellt wurde. In einem Kata­log wird er wie folgt beschrieben:

Alle Kopier­stifte und sämt­li­che Farb­ko­pier­stifte der ORLOW-​Serie sind doku­men­ten­echt und tra­gen diese Bezeich­nung. Als „doku­men­ten­echt“ bezeich­net man eine Schrift, die weder durch che­mi­sche Mit­tel (Chlor­was­ser, alka­li­sches Chlor­was­ser) noch durch lös­li­che Mit­tel (Ben­zol, Chlo­ro­form, Metha­nol, Aetha­nol und ähn­li­ches) oder durch Reduk­ti­ons­mit­tel (Bur­mol, Tin­ten­tod) ent­fernt wer­den kann.
Jeder Radier­ver­such würde eine deut­lich sicht­bare Spur hin­ter­las­sen. Eine doku­men­ten­echte Schrift läßt sich weder durch Sonnen- noch durch ultra­vio­let­tes Licht ausbleichen.
Für die Hand des Chefs ist die stär­kere Aus­füh­rung „DIREKTION“ gedacht, deren Kern eben­falls die oben auf­ge­führ­ten Vor­teile besitzt.

Mir gefällt diese detail­lierte Beschrei­bung der Doku­men­ten­echt­heit. – Danke an LYRA für diese Details!

  1. Damals noch „Lyra“.
  2. Die Schrift finde ich unge­wöhn­lich, vor allem die Kerbe (?) im „O“.
  3. 1963 folgte die Ein­tra­gung der gleich­na­mi­gen Wort­marke.

Im Wandel

Mar­ken­zei­chen wer­den gerne über­ar­bei­tet, um dem Zeit­ge­schmack zu ent­spre­chen, eine Sor­ti­ments­än­de­rung zu beglei­ten oder dem Unter­neh­men einen neuen, fri­schen Auf­tritt zu ver­schaf­fen. So gab es auch den bekann­ten Mar­s­kopf von STAEDTLER in eini­gen Varianten.

Im Wandel

Der Mar­s­kopf in die­ser ganz­sei­ti­gen Anzeige stammt von 1963 und war die erste stark ver­ein­fachte Form nach über 50 Jahren.

Im Wandel

Der Unter­schied zu den davor genutz­ten war recht groß, und so hielt man es viel­leicht für nötig, ihn mit einer Wer­be­kam­pa­gne bekannt zu machen.

Inter­es­sant finde ich, dass der aktu­elle Mar­s­kopf nach der sehr mini­ma­lis­ti­schen Aus­füh­rung von 1973 wie­der näher an der hier bewor­be­nen liegt. Wie wohl der nächste aus­se­hen wird?

Chef

Ich bin hier der Chef und greife bei beson­de­ren Gele­gen­hei­ten gerne zu den Kopier­stif­ten 9134 und 9136 „Chef“ von A.W. Faber.

Chef

Sie waren von 1956 bis in die 1970er Jahre hin­ein erhält­lich und unter­strei­chen mit ihrem beein­dru­cken­den Durch­mes­ser von 10 Mil­li­me­tern meine Autorität.

Chef

Genug geplau­dert – es war­ten wich­tige Chef-Angelegenheiten.

Danke an 2nd_​astronaut für diese Stifte!

„Immer gleiche Güte“

Mit die­ser Anzeige aus dem Jahr 1942 bewarb A.W. Faber seine Pro­dukte der Marke „CASTELL“ und deren gleich­blei­bende Qualität.

„Immer die gleiche Güte“

Auch die Her­stel­ler von Schreib­wa­ren lit­ten damals unter dem kriegs­be­ding­ten Man­gel. So war A.W. Faber bestrebt, selbst unter die­sen schwie­ri­gen Bedin­gun­gen „[a]llen Freun­den eines guten Arbeits­ge­rä­tes“ (eine schöne For­mu­lie­rung!) die gewohnte Güte zu bie­ten, und wies schon fast ent­schul­di­gend auf die aktu­el­len, ver­mut­lich ein­fa­che­ren Ver­pa­ckun­gen hin, wohl um den Beden­ken ent­ge­gen­zu­wir­ken, deren Inhalt wäre ähn­lich ein­fach aus­ge­führt und hätte daher nicht mehr die gewohn­ten Gebrauchs­ei­gen­schaf­ten. – Neben der kla­ren, schnör­kel­lo­sen Spra­che gefal­len mir die Gestal­tung der Anzeige und natür­lich die Dar­stel­lung der Bleistiftspitze.

„Immer die gleiche Güte“

Zu sehen ist hier auch die bis 1993 als Bild­marke genutzte Waage, deren Geschichte 150 Jahre zurück­reicht, sowie der typi­sche „CASTELL“-Schriftzug, der 1912 ein­ge­tra­gen wurde. – Ich wüsste gerne, warum man zwi­schen Schreib- und Zei­chen­stif­ten unter­schie­den hat.

Für mich ist diese Anzeige ein schö­nes und inter­es­san­tes Stück Bleistiftgeschichte!

Rot und Blau (5)

Der letzte Bei­trag zu die­sem Thema endete mit wei­te­ren Fra­gen zur Her­kunft des Rot-Blau-Stifts.

1871 wurde Eber­hard Faber vor dem United Sta­tes Cus­tom House1 in New York ange­hört. Ihm wurde vor­ge­wor­fen, inkor­rekte Anga­ben zu den von A.W. Faber aus Deutsch­land impor­tier­ten Waren gemacht, d.nbsp;h. einen zu nied­ri­gen Wert ange­ge­ben zu haben. Von Sean Mal­one – er war mit der Unter­neh­mens­ge­schichte Eber­hard Fabers her­vor­ra­gend ver­traut – habe ich fol­gen­den Aus­schnitt aus dem Protokoll:

Rot und Blau (5)

The pri­ces of the Car­mine, Blue and Sibe­rian pen­cils and all the colo­red pen­cils vary from time to time, aside from the quan­tity purchased.

Q. Do you know whe­ther the colo­red pen­cils are, in point of fact, made by “A.W. Faber”, or purcha­sed by them?
A. They are purcha­sed by them.

Eber­hard Faber hat also aus­ge­sagt, dass die Farb­stifte nicht von A.W. Faber her­ge­stellt, son­dern zuge­kauft wur­den. (Er erhielt spä­ter eine Geld­strafe und musste den Dif­fe­renz­be­trag nach­zah­len.) Dies galt dann wohl auch für die Rot-Blau-Stifte.

Doch woher kamen sie?

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  1. Am United Sta­tes Cus­tom House (auch New York Cus­tom House) erhob die Zoll­be­hörde der USA die Bun­des­zölle auf impor­tierte Waren in New York City.

Rot und Blau (4)

Zu den The­men, die schon län­ger auf ihre wei­tere Bear­bei­tung war­ten, gehört die Geschichte des Rot-​Blau-​Stifts, aber auch ver­wand­ter Schreib­ge­räte. – Die fol­gen­den Doku­mente konnte ich von Sean Mal­one (†7.12.201) bekom­men.

Die letz­ten hier gezeig­ten Quel­len bele­gen, dass es den Rot-​Blau-​Stift bereits vor 1869 gab, und ein Waren­ka­ta­log von A.W. Faber führte 1874 sogar Rot-​Grün-, Rot-​Graphit- und Blau-​Graphit-​Stifte auf. Doch auch letz­tere waren damals nicht neu, wie die­ser Kata­log von Eber­hard Faber aus dem Jahr 1873 zeigt.

Rot und Blau (4)

Aller­dings wer­den hier unter der Rubrik „Colo­red Pen­cils With Two Colors“ die Kom­bi­na­tio­nen „Car­mine and Black“ und „Blue and Black“ genannt, so dass offen bleibt, ob es sich bei dem Schwarz um eine Farb- oder eine Gra­phit­mine gehan­delt hat. – Ich finde es bemer­kens­wert, dass der Rot-​Blau-​Stift in drei und den Rot-​Grün-​Stift in zwei Qua­li­tä­ten ange­bo­ten wurde.

Rot und Blau (4)

Auch ein mecha­ni­scher Rot-​Blau-​Stift war im Sor­ti­ment. – Inter­es­sant finde ich den Rot-​Schwarz-​Stift mit dicker Vierkant-​Mine, der Wald­ar­bei­tern ange­dient wurde.

Rot und Blau (4)

Aus einem Bericht des United Sta­tes Con­gress des Jah­res 1864 stammt fol­gende Über­sicht, die Rot-​Blau-​Stifte von Faber aufführt.

Rot und Blau (4)

1872 gab es einen Groß­brand in der Fabrik von Eber­hard Faber in New York. Zu den Unter­la­gen, die das Feuer über­stan­den, gehört ein Geschäfts­buch aus dem Jahr 1857. (Eber­hard Faber lei­tete ab 1849 zunächst die US-​amerikanische Nie­der­las­sung von A.W. Faber in New York, bevor er 1861 seine eigene Blei­stift­fa­brik, eben­falls in New York, grün­dete. Alle Doku­mente vor 1861 sind also noch A.W. Faber zuzu­ord­nen.) Im Novem­ber fin­den sich die Ein­tra­gun­gen „10 Gr. Zin­no­ber & Blei­stifte“ und „11 3/​4 Gr. Blau und Blei­stifte“ (dritte Rubrik, erste und zweite Zeile; für einen Aus­schnitt anklicken):

Rot und Blau (4)

Eben­falls im Novem­ber: „8 Gr. Zin­no­ber & Blau Stifte Gold“ (zweite Rubrik, dritte Zeile; für einen Aus­schnitt anklicken):

Rot und Blau (4)

Und im Dezem­ber: „18 Gr. Roth & Blau Stifte 6eckig“ (19. Zeile)2 und „2 1/​2 Gr. Blau & Zin­no­ber Stifte“ (letzte Zeile; für Aus­schnitte anklicken):

Rot und Blau (4)

Doch es geht noch wei­ter zurück, und zwar in den Juli 1856. Das Geschäfts­buch von Eber­hard Faber führte in die­sem Monat und zum ers­ten Mal in die­sem Jahr „Blue and Car­mine“ auf (etwa in der Mitte; für einen Aus­schnitt anklicken):

Rot und Blau (4)

Der Rot-​Blau-​Stift dürfte also min­des­tens 166 Jahre alt sein, und die Idee dazu hatte nach eige­nen Anga­ben Lothar vor Faber3.

Doch es blei­ben Fra­gen: Wann kam der erste Rot-​Blau-​Stift auf den Markt? Als Erfin­der des moder­nen Farb­stifts auf Ölkrei­de­ba­sis gilt Johann Sebas­tian Staedt­ler; er hat seine Erfin­dung im Februar 1834 prä­sen­tiert. Wann begann Lothar von Faber mit der Pro­duk­tion von Farbstiften?

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  1. Seine her­vor­ra­gen­den Web­logs Con­trap­un­ta­lism und Black­wing Pages sind glück­li­cher­weise noch online.
  2. Dar­un­ter heißt es „9 Gr. Zin­no­ber Stifte roth-​Gold“, doch ich bin mir nicht sicher, ob es sich dabei wirk­lich um Rot-​Blau-​Stifte han­delt oder „roth-​Gold“ deren Gestal­tung bezeich­nen soll.
  3. Lothar von Faber (1817–1896) hat 1839 die 1761 gegrün­dete Blei­stift­fa­brik A.W. Faber über­nom­men.

Vorgestern, ohne Klammern

Dachte ich bis­her, das Hef­ten ohne Klam­mern sei eine ver­gleichs­weise neue Erfin­dung, so haben mich diese bei­den Anzei­gen im Kata­log für Büro-​Bedarf von A. Wal­ter Schrei­ber, Leip­zig, aus dem Jahr 1939 eines Bes­se­ren belehrt.

Vorgestern, ohne Klammern

Schon vor über 80 Jah­ren konn­ten der „Mul­ti­fix“ und der „Hef­tex“ Blät­ter ohne Klam­mern und Draht zusam­men­hal­ten, wobei mich die Schlaufe des letz­te­ren an die erin­nert, die der Hari­nacs von Kokuyo in das Papier ein­bringt. – Inter­es­sant zu wis­sen wäre natür­lich, wer diese Idee hatte und mit wel­chem Gerät sie erst­mals umge­setzt wurde.

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