April 2014
Pentel orenz
Mit dem orenz1 hat Pentel Japan seit Mitte Januar2 wieder einen 0,2-mm-Druckbleistift im Sortiment.
0,2 Millimeter? Bricht da nicht die Mine beim geringsten Schreibdruck ab? Nein, denn im orenz wird die Mine durch ein Führungsröhrchen geschützt, das beim Schreiben nachgibt und in den Stift hineingleitet („lead support system”, wie es auf dem Schaft heißt und durch die Gestaltung des „o“ im Produktnamen symbolisch dargestellt wird).
Im Gegensatz zu anderen Druckbleistiften (und der Darstellung im obigen Bild) darf die Mine des orenz während des Gebrauchs nicht aus dem Führungsröhrchen herausragen, sondern muss bündig mit ihm abschließen. Ist die Mine heruntergeschrieben und das Röhrchen nahe an oder gar in der Spitze, schiebt ein einziger Druck auf das andere Ende des Stifts Mine und Röhrchen wieder heraus.
Die Illustrationen auf dem Beileger3 der Blisterverpackung verdeutlichen dies auch denen, die – so wie ich – kein Japanisch können (lediglich ノック 1回だけ, wörtlich „drücken einmal nur“, unten rechts, erschließt sich den Sprachunkundigen nicht)4. Der Vorteil der so vor Bruch geschützten Mine wird allerdings mit dem Nachteil erkauft, dass das Minenführungsröhrchen beim Schreiben ständig auf dem Papier gleitet. Durch die Verrundung der Röhrchenkante ist die Reibung jedoch – wie ich finde – vertretbar, erst recht auf glattem Beschreibmaterial und bei leichtem Anpressdruck.
Der 145 mm lange und gut 10 g leichte orenz hat eine etwa 45 lange Griffzone, deren Durchmesser sich von 8,5 auf 7,5 mm verringert. Mir gefällt, dass die Eindrehungen in der Griffzone mit denen in der Spitze korrespondieren und die Spitze mal keine geraden, sondern geschwungene Konturen hat. Der Clip sitzt verdrehsicher und ist abnehmbar; einen Härtegradindikator gibt es nicht. Alle Teile sind sauber und passgenau verarbeitet. – Zusätzlich zum Radierer unter der Kappe war ein zweiter in einem kleinen Beutel mit einem Hinweis außen an der Verpackung angebracht. Dieser hat einen dünnen Draht zum Reinigen der metallenen, dreiteiligen Zwinge und des Minenführungsröhrchen; die in Form eines vierblättrigen Kleeblatts verdrehte Stelle soll vermutlich die Handhabung erleichtern5.
Im Vergleich zum 1981 eingeführten und nicht mehr erhältlichen Pentel PG2-AD6 zeigen sich vor allem beim Minenführungsröhrchen deutliche Unterschiede7. Während es beim PG2-AD 4 mm herausschaut und nur 2 mm nachgibt, also nie ganz verschwindet, so geht das 3 mm lange des orenz vollständig in die Spitze zurück. Damit kann man mit dem orenz länger schreiben, ohne erneut drücken zu müssen; zudem macht es ihn hemdtaschenfreundlich. Beide Röhrchen haben einen Außendurchmesser von 6 mm, doch das des orenz hat stärker verrundete Kanten, die es leichter gleiten lassen.
Der Pentel orenz ist in fünf Schaftfarben erhältlich, hat die Artikelnummer PP502 und kostet in Japan 500 Yen (gut 3,50 Euro).
Zusammen mit dem orenz hat Pentel auch passende Minen aus der Reihe Ain STEIN in den Härtegraden HB und B auf den Markt gebracht8. Ein Döschen mit zehn 60 mm langen Minen wird in Japan für 200 Yen (etwa 1,40 Euro) angeboten.
Der zurzeit einzigartige Pentel orenz ist ein verbesserter Nachfolger des PG2-AD und eine interessante Bereicherung der Druckbleistiftwelt. Er bietet ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und einen hohen Gebrauchswert; ich hoffe, dass dieser Stift und die dazugehörigen Minen auch in das Sortiment von Pentel Deutschland aufgenommen werden.
Vielen Dank an isu von the uncomfortable chair für den Pentel orenz und die Minen!
- Ich wüsste ja zu gerne, wie man auf diesen Namen gekommen ist.↩
- Auch im Pentel-Blog wurde er vorgestellt.↩
- Weitere Erklärungen gibt es beim Pentel Customer Service.↩
- In der obersten Abbildung gibt es ein interessantes Detail. Während wir und viele andere Teile der westlichen Welt den Haken (✓) für „OK“ oder „Ja“ und das Kreuz (✗) für „Nicht OK“ oder „Nein“ verwenden, benutzt man in Japan den Kreis (◯) für „OK“ und nicht nur (wie hier) das Kreuz (✗), sondern zuweilen auch den Haken (✓) für „Nicht OK“. Letzterer wäre auf Produkten, die exportiert werden, natürlich ungünstig.↩
- Auch dabei hilft der Pentel Customer Service.↩
- Vorgänger war der Pentel PS1042 aus dem Jahr 1973. – Die Schrift des Patents „Mechanical pencil for fine leads“ (1971) zum gleitenden Minenführungsröhrchen gibt es bei Espacenet.↩
- Der PG2-AD hatte außerdem einen Härtegradindikator und einen abnehmbaren Clip.↩
- Wenn ich richtig informiert bin, gab es zu Zeiten des PG2-AD nur HB-Minen.↩
Am Wasser
Noch traut sich unser Kisho nicht hinein, aber nachdem er vor kurzem schon mit allen Vieren im Wasser stand, wird es sicher nicht mehr allzu lange dauern.
J.S. STAEDTLER Noris 1100 № 2
Aus einem Stifte-Allerlei: Drei alte J.S. STAEDTLER Noris 1100 № 2.
Wie ich von STAEDTLER erfahren konnte, ist dieser Noris der erste mit „zwei gegenüberliegenden schwarzen Stempelflächen und zwei gegenüberliegenden schwarzen Kantenstreifen“, wie es korrekt heißt, und damit die Urform des Bleistiftklassikers; er kam am 5. Januar 1934 auf den Markt. Diesen Bleistift mit orangefarbener Grundpolitur1 gab es mit leicht veränderten goldfarbenen Stempelungen (erst kam der Zusatz „CEDER“, danach „MADE IN BAVARIA“, dann fiel beides weg) bis März 1955.
Der Noris 1100 ist mit einem Durchmesser von 7,8 mm (Schlüsselweite 7 mm) geringfügig dicker als der aktuelle Noris 120 (7,4/6,8) und hat etwas schärfere Kanten. Gemessen an heutigen Standards zeigen Lack und Aufdruck kleine Fertigungsmängel, doch da diese Bleistifte vor mehr als 70 Jahren hergestellt wurden, muss man natürlich andere Maßstäbe anlegen. Die 2 mm dicke Mine allerdings beeindruckt auch heute noch: Mit sauberer Abgabe, starker Schwärzung, hoher Bruchfestigkeit und sehr guter Radierbarkeit2 muss sie den Vergleich mit aktuellen hochwertigen Minen nicht scheuen. Sie ist jedoch ein klein wenig härter als die des Noris 120 und daher auch etwas sparsamer.
Exkurs: Noris
Die Marke „Noris“ wurde am 10. September 1901 eingetragen und zuerst für runde und sechsflächige Stifte mit einfarbiger Politur benutzt3. Ein Bestseller der Noris-Reihe war u. a. der rote Noris 278, der in den 1910er Jahren angeboten wurde. Im März 1955 kam erstmals der Noris 1100 mit schwarzem Kronenkäppchen und weißem Ring auf den Markt4. Kurz darauf gab es ihn auch mit farbig sortierten Kronenkäppchen, aber nur im Härtegrad 2. Noch im selben Monat erhielt er seine gelbe Grundpolitur und im August 1955 die die fünf Härtegrade (1/2B über 2½/HB bis 4/2H) kennzeichnenden farbigen Kronenkäppchen, wenn auch mit anderer Codierung als heute (z. B. war HB gelb und B rot)5. Anfang 1962 wurde das Sortiment um den Härtegrad 0 mit weinrotem Krönchen erweitert, 1963 die Richtung der Beschriftung umgekehrt und 1967 die Artikelnummer auf 120 umgestellt.
Das letzte Bild zeigt ein Generationentreffen: Noris 1100 (1934–1943), Noris 1100 (1955–1963), Noris 120 (1973–2001) und Noris 120 (heute).
Danke an STAEDTLER für die Details zur Geschichte des Noris!
- Der Begriff „Politur“ geht zurück auf die Zeit vor 1900, als die Spitzenbleistifte einen Schellacküberzug mit Schwermetall-Farben erhielten und von Hand poliert wurden.↩
- Getestet mit dem STAEDTLER Mars plastic und dem Pilot Foam Eraser.↩
- Quelle: „100 Years of NORIS“, in: STAEDTLER International, 2001.↩
- Genaugenommen wurden das Kronenkäppchen und der weiße Ring bereits im August 1938 eingeführt. Für drei Jahre gab es den hellroten Noris 1102 und orangefarbenen Noris 1103 mit zwei blauen Stempelflächen, zwei blauen Kantenstreifen, blauem Kronenkäppchen und weißem Ring.↩
- Wann die Codierung umgestellt wurde, konnte ich noch nicht herausfinden.↩
Hinodewashi Matomaru-kun
Vor kurzem habe ich den Radierer Matomaru-kun von Hinodewashi auf Verdacht bestellt, da mir schon der schwarze Matomaru-kun Premium1 gut gefallen hat. Meine Überraschung beim ersten Gebrauch hätte kaum größer und angenehmer ausfallen können.
Der 11 × 12 × 87 mm große und ungewöhnlich weiche Radierer arbeitet so gut, dass man nur noch staunen kann. Er entfernt den Graphit mit starkem Grip außerordentlich gründlich, ohne zu schmieren, und geht dabei sparsam und mit geringer Eigenverschmutzung zu Werke. Zudem rollen sich die Späne zusammen und bleiben oft als ein einziger Span am Radierer hängen2, wodurch der Arbeitsplatz sauber bleibt. – Aufgrund der Weichheit sollte man den Radierer allerdings möglichst weit vorne halten und mit Manschette benutzen, damit man ihn gut führen kann und das Abbrechen vermeidet.
Eine kurze Suche im Internet hat mir gezeigt, dass es den Matomaru-kun3 noch in zwei weiteren Block- sowie in zwei Stangenformen gab oder gibt. Der hier vorgestellte hat die Artikelnummer NMM-100 und mich 2,50 Euro gekostet.
Gekauft habe ich den Radierer bei Fudepens, einem recht neuen Online-Shop für japanische Schreibwaren mit Sitz in Hamburg, auf den ich durch einen Beitrag im Weblog „Bleistift“ aufmerksam geworden bin. Das Lieferprogramm ist schon jetzt interessant, und bei einem sehr angenehmen Kontakt per E-Mail konnte ich erfahren, dass es noch erweitert wird. Ich bin gespannt!
Nachtrag vom 22.4.14: Weitere Varianten des Matomaru-kun zeigt die englische Produktseite des Herstellers.
- Die Gestaltung des Matomaru-kun Premium kommt von Kenji Fukushima.↩
- Ich vermute, dass die Weichheit, der Grip und das Zusammenhalten der Späne auf denselben Bestandteil im Radierer zurückgehen. – Ein Radierer, der mit bemerkenswert wenig Grip sehr gut arbeitet, ist der Tombow MONO AIR touch.↩
- Kurz zum Namen: „matomaru“ (まとまる) bedeutet in etwa sammeln, zusammentragen, in Ordnung bringen, und -kun (くん) ist eine Anrede. (Stark vereinfacht: „-kun“ ist mit Vorname die normale Anrede für männliche Jugendliche und mit Nachname die für Angestellte, auch weibliche; „-san“ (mit Nachnamen) entspricht unserem Herr/Frau.) – Die der japanischen Sprache Kundigen mögen über kleine Ungenauigkeiten hinwegsehen, mich aber bitte auf grobe Fehler hinweisen.↩
Das andere Ende
Nach elf (!) langen Tagen ohne hier wieder mal ein Bild von Kisho.
Beim Blick auf die Spitze seiner Rute denke ich manchmal an einen Pinsel, der in schwarze Tusche getaucht wurde. – Apropos „anderes Ende“: Das Buch „Das andere Ende der Leine“ von Patricia B. McConnell (Piper 2009) ist das beste Hundebuch, das mir bis jetzt untergekommen ist.