Spitzer

Frühjahrsputz

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Und was macht das Ding?

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Das große Mes­ser des Koh-​I-​Noor № 1000 legt die Mine frei und das kleine spitzt sie. Der Unter­schied zum M+R 207 besteht darin, dass man das große Mes­ser durch das Lang­loch ver­schie­ben und damit den Spit­zer an die Minen­stärke anpas­sen kann.

Faber-​Castell Janus 4048

Eine beein­dru­ckende, näm­lich sehr lange und deut­lich kon­kave Spitze schnei­det der Janus 4048 von Faber-Castell.

Faber-Castell Janus 4048

Mit einem A.W. Faber CASTELL 9000

Dies erreicht er dadurch, dass sein Mes­ser durch die Schraube1 gebo­gen wird – eine Be­sonderheit, die ich von kei­nem aktu­el­len Spit­zer kenne.

Faber-Castell Janus 4048

Der erste Spit­zer mit gebo­ge­nem Mes­ser war der paten­tierte Janus 4046, den A.W. Faber 1935 in Mes­sing und Hart­alu­mi­nium auf den Markt brachte2; er ergänzte die seit 1905 er­hältlichen Janus-​Bleistifte3. Anfang der 40er Jahre nahm man ihn aus dem Pro­gramm, mög­licherweise auf­grund der kriegs­be­ding­ten Ratio­nie­rung von Metal­len. Auch Johann Faber bot ab etwa 1935 mit dem Helios 5078 einen Spit­zer aus Mes­sing mit gebo­ge­nem Mes­ser an.

Faber-Castell Janus 4048

Aus­schnitt eines Waren­ka­ta­logs von Johann Faber (um 1935)4

Der Janus 4046 wurde nach dem Krieg wie­der pro­du­ziert und 1965 durch den Janus 4048, eben­falls aus Mes­sing und Hart­alu­mi­nium, abge­löst; die­ser war dann bis in die frü­hen 70er Jahre erhält­lich. Der wich­tigste Unter­schied zum Janus 4046 und auch zum Helios bestand in der Ver­schrau­bung. Hat­ten die dop­pel­schnei­di­gen Mes­ser der bei­den alten Modelle ein Gewinde, in dem die von der ande­ren Seite durch­ge­steckte Schraube saß, so wurde das Mes­ser des Janus 4048 wie bei heu­ti­gen Spit­zern durch eine Schraube gehal­ten, die sich in den Kor­pus drehte. – Das Mes­ser des Janus 4048 hat eine aus­ge­fal­lene Form, die sehr von der eines Stan­dard­mes­sers abweicht, und ist mit gut 0,3 mm noch nicht ein­mal halb so dick wie die­ses, damit es sich bie­gen lässt.

Faber-Castell Janus 4048

Die in mei­nen Augen gelun­gene Form des Janus 4048 gibt die der ele­gan­ten Blei­stift­spitze wie­der und bie­tet einen guten Halt beim Spit­zen. Doch auch die Nach­teile sol­len nicht un­erwähnt blei­ben. Die durch seine Gestal­tung beding­ten Ecken machen ihn hosentaschen-​unfreundlich, und so ist es nach­voll­zieh­bar, dass es den Janus 4048 und sei­nen Vor­gän­ger auch im Leder­etui gab. Zudem stellt die Geo­me­trie der Spitze5 recht hohe Anfor­de­run­gen an die Qua­li­tät des Blei­stifts. Bei Exem­pla­ren mit unzu­rei­chen­der Ver­lei­mung bricht das Holz an der Mine unschön weg, und wei­che Minen las­sen sich nur mit Vor­sicht in Form bringen.

Faber-Castell Janus 4048

Von links: Spitze ab Werk, M+R 604 („Gra­nate”), Carl Decade DE-​100, Janus 4048

Muss man das Mes­ser schär­fen, ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass es dabei etwas schmä­ler wird, sich somit wei­ter um die Schraube dre­hen kann und sorg­fäl­tig posi­tio­niert wer­den muss, da sich bereits Abwei­chun­gen von weni­gen Zehn­tel­mil­li­me­tern ungüns­tig aus­wir­ken und die Funk­tion des Spit­zers beein­träch­ti­gen kön­nen (aber der Auf­wand lohnt).

Faber-Castell Janus 4048

Für mich ist der Janus 4048 ein außer­ge­wöhn­lich schö­ner Spit­zer6. – Danke an Faber-​Castell für die Details zur Geschichte der Janus-​Produkte und den Katalogscan!

Nach­trag vom 25.5.13: Ein paar Details und Gedan­ken zum mög­li­chen Ursprung die­ses Spit­zers gibt es unter „Patent Nr. 618308“.

  1. Dem auf­merk­sa­men Beob­ach­ter wird auf­ge­fal­len sein, dass die Schraube eine andere als die hier gezeigte ist; das Ori­gi­nal habe ich beschä­digt. – Sie hat übri­gens ein M2-​Gewinde, was den Aus­tausch erleich­tert.
  2. Die Preis­liste des Jah­res 1940 führt den Janus 4046 L mit Leder­etui für 7,60 Reichs­mark auf.
  3. Ab 1936 gab es unter die­ser Marke außer­dem den drei­ecki­gen Dop­pel­spit­zer Janus № 50/​9 aus Press­stoff in schwarz und bor­deaux, des­sen Vor­der­seite ein Janus­kopf zierte.
  4. Eine frü­here Ver­sion des ACME wurde auch mit einer Rekla­me­marke bewor­ben, und eine spä­tere hatte zwei zusätz­li­che Schrau­ben, die das Mes­ser in Posi­tion hiel­ten (doch dazu bei ande­rer Gele­gen­heit mehr).
  5. Ob es im Sinne des Erfin­ders war, dass die auf 0,6 mm Durch­mes­ser redu­zierte Mine den Spit­zer ver­lässt oder dies auf meine Bas­te­lei zurück­zu­füh­ren ist, kann ich nicht sagen.
  6. Seine Ober­flä­che hätte jedoch bes­ser aus­fal­len kön­nen, denn sol­che Bear­bei­tungs­spu­ren muss­ten auch damals nicht mehr sein.

Puck

Die „Gra­nate“ war sicher der bekann­teste, aber nicht der ein­zige Spit­zer von Möl­ler & Breit­scheid aus Köln.

Puck

Schlan­ker, nicht so mar­tia­lisch und in ver­wand­ter Form kam der „Puck“ daher, den es aus Mes­sing und Magne­sium gab.

Puck

Gut 21 mm lang und knapp 13 mm dick ver­schafft er Blei­stifte mit einem Durch­mes­ser von bis zu 8 mm einen Standard-​Konus von 22° und geht dabei spar­sam, näm­lich mit einer Span­di­cke von durch­schnitt­lich 0,22 mm zu Werke.

Puck

Auch beim „Puck“ wird das Mes­ser durch zwei Stifte in Posi­tion gehal­ten, doch statt der von älte­ren Spit­zern bekann­ten Rändel- hat er bereits eine Schlitzschraube.

Puck

Die Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät ent­täuscht etwas, denn die Mate­ri­al­stärke am unte­ren Ende des Mes­sers ist so knapp dimen­sio­niert, dass sich ein Riss zeigt.

Puck

Das Spit­z­er­geb­nis des „Puck“ ist ähn­lich unge­wöhn­lich wie das der „Gra­nate 5“, da ein etwa 0,6 mm dün­ner Minen­zap­fen den Spit­zer verlässt.

Möller & Breitscheid

Der Name Möl­ler & Breit­scheid ist heute weit­ge­hend ver­ges­sen, doch im Rheinisch-​Westfälischen Wirt­schafts­ar­chiv gibt es noch einige Unter­la­gen. Aus die­sen geht her­vor, dass die Kauf­leute Wil­helm Möl­ler und Ewald Breit­scheid ihr Unter­neh­men am 1. Mai 1869 in Köln gegrün­det haben. Durch ihre Freund­schaft zu dem Erfin­der der Kugel­spitz­fe­der Died­rich Leo­nardt1 aus Bir­ming­ham bestand ihre erste unter­neh­me­ri­sche Tätig­keit in der Ein­fuhr die­ser Federn nach Deutsch­land; zudem erhiel­ten sie den Allein­ver­trieb für Europa.

Wil­helm Möl­ler hei­ra­tete die Schwes­ter sei­nes Kom­pa­gnons und hatte mit ihr meh­rere Kin­der. Nach dem Tod Breit­scheids, der als Jung­ge­selle 1895 ver­starb, wurde zunächst der erste Sohn Eugen, spä­ter der zweite Sohn Oskar Inha­ber der Firma. Der erste starb 1907 und der zweite 1939; Gesell­schaf­ter in den 1950er Jah­ren war Fried­rich Wil­helm – genannt Fritz – Möller.

Ein Fra­ge­bo­gen von 1937, mit dem die Aus­fuhr von Blei­stift­spit­zern und Ersatz­mes­sern in zahl­rei­che euro­päi­sche Län­der und die USA bean­tragt wurde, belegt, dass das Unter­neh­men als offene Han­dels­ge­sell­schaft lief und vier kauf­män­ni­sche Ange­stellte sowie einen Arbei­ter beschäf­tigte. Er zeigt außer­dem, dass Möl­ler & Breit­scheid keine eigene Fer­ti­gung hatte und sich aus­schließ­lich mit dem Ver­trieb von Schreib­wa­ren und Büro­ar­ti­keln befasste. Ein wei­te­res For­mu­lar, ver­mut­lich aus der Kriegs­zeit, führt die Firma als Groß­han­del und erwähnt sechs Beschäf­tigte, aber keine Roh­ma­te­ria­lien. Es spricht also eini­ges dafür, dass die unter den Eigen­mar­ken „Gra­nate“ und „Puck“ ver­trie­be­nen Spit­zer von einem oder meh­re­ren ande­ren Unter­neh­men her­ge­stellt und von Möl­ler & Breit­scheid exklu­siv ver­trie­ben wur­den. – In den 1950er Jah­ren spiel­ten diese bei­den Spit­zer neben Spitz­ma­schi­nen eine Haupt­rolle im von Möl­ler & Breit­scheid ange­bo­te­nen Bürobedarf.

Ein Ein­trag im Han­dels­re­gis­ter vom 13. Januar 1975 belegt die Auf­lö­sung des zuletzt in Roden­kir­chen bei Köln ansäs­si­gen Unternehmens.

Danke an das Rheinisch-​Westfälische Wirt­schafts­ar­chiv für diese Details!

Nach­trag vom 4.5.12: Das Waren­zei­chen­blatt des dama­li­gen Reichs­pa­tent­amts teilte in der Aus­gabe vom 31.3.1939 die Ein­tra­gung der Mar­ken „Puck“ (507555) und „Leonardt’s Kugelspitz-​Feder“ (507556) mit:

Warenzeicheneintragung „Puck”

Warenzeicheneintragung „Leonardt's Kugelspitz-Feder”

Danke an das DPMA für die Scans!

Nach­trag vom 10.5.15: Das Buch „Ger­man Tool and Blade Makers. A guide to manu­fac­tu­r­ers and dis­tri­bu­tors, their trade­marks and brand names“ von John Wal­ter (Nevill Publi­shing 2012) ent­hält fol­gen­den Eintrag:

PUCK (1900, no. 42154)
Möl­ler & Breit­scheid, Köln a. Rh.
Regis­try class: 9b
Style: block 

Gut mög­lich, dass damit der hier gezeigte Spit­zer gemeint ist.

  1. Zuwei­len wird auch Fried­rich Soenne­cken als Erfin­der genannt.

Granate 5

Die „Gra­nate 5“ war die mei­nes Wis­sens letzte Ver­sion vor der aktu­el­len und sowohl bei Möl­ler & Breit­scheid als auch – mit ande­rer Bezeich­nung – bei Möbius+Ruppert1 im Programm.

Granate 5

Links: „Gra­nate 5“ von Möl­ler & Breit­scheid, rechts: „Gra­nate“ (M+R 604) von Möbius+Ruppert

Ange­sichts der Kenn­zeich­nun­gen „W.Z. № 507558“ an der Stift­öff­nung, „MB“ auf dem Mes­ser und „Gra­nate 5“ an der Spitze gehe ich davon aus, dass die­ses Exem­plar von Möl­ler & Breit­scheid2 aus Köln stammt.

Granate 5

Bei der Befes­ti­gung des Mes­sers zei­gen sich die größ­ten kon­struk­ti­ven Unter­schiede. Sorg­ten frü­her zwei kurze Stifte für den Form­schluss, so erle­digt dies heute eine Ver­tie­fung. Oben­drein wurde die Rändel- durch eine Kreuz­schlitz­schraube ersetzt, wobei letz­tere eine grö­ßere Stei­gung hat. Es fällt zudem auf, dass die Stift­öff­nung in der aktu­el­len „Gra­nate“ exzen­trisch sitzt, ver­mut­lich bedingt durch den Wunsch, das (0,5 mm län­gere) Mes­ser kom­plett zu ver­sen­ken und weder auf­sit­zen noch über­ste­hen zu las­sen. Die Länge des Spit­zers wurde von 26,5 mm auf 24,8 mm ver­rin­gert; der Durch­mes­ser blieb bei 15 mm. Es war eine gute Ent­schei­dung, die Rän­de­lun­gen fei­ner und die Ril­len zwi­schen ihnen schma­ler und fla­cher zu machen, denn dadurch wurde der Spit­zer gefäl­li­ger. – Einen Unter­schied im Spitz­win­kel konnte ich nicht feststellen.

Granate 5

Bei Gebrauch der „Gra­nate 5“ über­ra­schen zwei Dinge: Zum einem stauen sich die Späne3 hin­ter der Rän­del­schraube und zum andern ist die Geo­me­trie nicht opti­mal – ein 0,6 mm dün­ner Minen­zap­fen ver­lässt den Spit­zer mit einem spri­al­för­mi­gen Mus­ter. Da diese Spitze selbst bei einem här­te­ren Blei­stift sofort abbricht, gehe ich davon aus, dass dies nicht beab­sich­tigt war.

Granate 5

Test mit einem STAEDTLER Noris 120 (Zeder, alt)

Trotz die­ser Eigen­hei­ten ist die „Gra­nate 5“ im Gegen­satz zu manch ande­rem his­to­ri­schen Spit­zer auch heute noch zu gebrauchen.

Zur „Gra­nate“ siehe auch:

  1. Siehe das Modell 14/​I von 1938 und die Prä­sen­ta­tion auf der Paper­world 2012, die eine weit­ge­hend ähn­li­che Form (wenn auch mit ande­rer Schraube) zeigt.
  2. Wann die­ses Unter­neh­men exis­tiert hat und wie alt die­ses Exem­plar sein könnte, weiß ich nicht; bis jetzt konnte ich nur her­aus­fin­den, dass der Her­stel­ler bis 1975 ein­ge­tra­gen war.
  3. Ein kur­zer Test an einem STAEDTLER Noris 120 (Jel­utong) hat gezeigt, dass der Span mit durch­schnitt­lich 0,19 mm außer­ge­wöhn­lich dünn, die „Gra­nate 5“ also sehr spar­sam ist.
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