Rot-Blau-Stifte

Holz­ge­fasste und mecha­ni­sche Stifte, die eine rote und eine blaue Mine vereinen

Rot und Blau (2)

Meine Recher­che zum Rot-Blau-Stift geht lang­sam voran. Das Museum für Kom­mu­ni­ka­tion (ehe­mals Post­mu­seum) in Frankfurt/Main hat in sei­nem Archiv zahl­rei­che alte Dienst­an­wei­sun­gen der Post, die auch Anga­ben zur Ver­wen­dung des Rot-Blau-Stifts ent­hal­ten könn­ten. Ich habe die Mög­lich­keit eines Recher­che­auf­trags genutzt und bin auf das Ergeb­nis gespannt.

Rot und Blau

In der Arti­kel­be­schrei­bung zum Rot-Blau-Stift Koh-I-Noor Blue Star schreibt der Anbie­ter Manu­fac­tum:

Der Koh-i-Noor Blue Star wurde ursprüng­lich – und das seit 1909 – als „Post­stift“ angeboten.

Ich habe bei Manu­fac­tum nach der Quelle für diese Jah­res­zahl ange­fragt; eine Ant­wort steht noch aus.

Rot und Blau

In dem sehr inter­es­san­ten Buch „Ich hör‘ dich schrei­ben. Eine lite­ra­ri­sche Geschichte der Schreib­ge­räte“ von Eve­lyne Polt-Heinzl, erschie­nen 2007 bei Son­der­zahl, heißt es:

Farb­ver­wandt mit dem alten Schul­ra­die­rer ist der Rot-Blau-Stift, der 1909 als „Post­stift“ das Licht der Welt erblickte und sich offen­bar rasch euro­pa­weit verbreitete.

Ich habe die Autorin bereits vor einer Weile ange­schrie­ben und eben­falls nach der Quelle für diese Angabe gefragt, aber lei­der noch keine Ant­wort bekommen.

Rot und Blau

1909? Nein – den ers­ten Rot-Blau-Stift gab es schon viel frü­her. Dem­nächst mehr!1

Nach­trag vom 27.6.19: Von Dr. Eve­lyne Polt-Heinzl konnte ich erfah­ren, dass sie die Jah­res­zahl 1909 einer Fest­schrift der Fa. Hardt­muth ent­nom­men hat.

Nach­trag vom 18.7.19: Manu­fac­tum hat mir mit­ge­teilt, dass man das Jahr 1909 vom Lie­fe­ran­ten Koh-I-Noor genannt bekom­men habe.

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  1. Der erste Cliff­han­ger in zwölf Jah­ren.

Postal

Nach einem kur­zen Blick auf die Ver­wen­dung von Rot-Blau-Stiften fiel mir der „Pos­tal“ der Venus Pen & Pen­cil Corp. ein, der schon län­ger in einer mei­ner Schub­la­den ruht.

Postal

Diese Rot-Blau-Stifte stam­men aus der Zeit von 1956 bis 1967, denn davor hieß der Her­stel­ler Ame­ri­can Lead Pen­cil und danach Venus-Esterbrook1.

Postal

Es spricht also eini­ges dafür, dass Rot-Blau-Stifte auch bei der US-amerikanischen Post ihren spe­zi­el­len Ein­satz­zweck hat­ten. – Ich habe erfah­ren, dass die Deut­sche Post das Nach­ent­gelt für den Emp­fän­ger mit einem dicken blauen Farb­stift2 auf dem Umschlag ver­merkt (heute wird das jedoch kaum noch gemacht, da durch die maschi­nelle Ver­ar­bei­tung eine Unter­fran­kie­rung frü­her erkannt und die Sen­dung an den Absen­der zurück­ge­schickt wird). Ob es bei der Deut­schen Post auch für Rot­stifte eine beson­dere Ver­wen­dung gab oder noch gibt, konnte ich jedoch nicht herausfinden.

  1. Henry Petro­ski: Der Blei­stift. Die Geschichte eines Gebrauchs­ge­gen­stands. Basel, Bos­ton, Ber­lin: Birk­häu­ser, 1995.
  2. Ähn­lich die­sem Exem­plar. – Man nimmt übri­gens einen holz­ge­fass­ten Farb­stift und kei­nen Filz­stift, da letz­te­rer durch­schla­gen und Spu­ren auf dem Inhalt hin­ter­las­sen könnte.

Rot und Blau (1)

Rot und Blau (1)

Rot-Blau-Stifte, also Farb­stifte, die eine rote und eine blaue Mine ver­ei­nen1, erfreuen sich schon lange gro­ßer Beliebt­heit. Doch wozu wur­den und wer­den sie benutzt? Über die Jahre konnte ich von fol­gen­den Ver­wen­dungs­zwe­cken erfahren.

  • In deut­schen Kran­ken­häu­sern hat man in der am Bett hän­gen­den Pati­en­ten­akte mit Rot den Blut­druck und mit Blau die Kör­per­tem­pe­ra­tur ver­merkt (Quelle: per­sön­li­che Mitteilung).
  • In den Schu­len Ita­li­ens wurde mit Rot ein nor­ma­ler und mit Blau ein schwe­rer Feh­ler gekenn­zeich­net (Quelle: Pen­cils, Marco Fer­reri, 1996).
  • Im 2. Welt­krieg haben deut­sche Sol­da­ten auf Land­kar­ten die feind­li­chen Trup­pen in Rot und die eige­nen in Blau ein­ge­tra­gen (siehe dazu auch die Beträge zu Land­kar­ten­stif­ten).
  • In deut­schen Grund­schu­len schrei­ben Rechen­an­fän­ger mit Rot die Zeh­ner und mit Blau die Einer (Quelle: per­sön­li­che Mit­tei­lung, 2018).
  • Bei einer ande­ren Ver­wen­dung im Kran­ken­haus wer­den mit Rot die Akten schwie­ri­ger und mit Blau die Akten weni­ger schwie­ri­ger Fälle gekenn­zeich­net (die nor­ma­len Fälle erhal­ten keine Kenn­zeich­nung; Quelle: per­sön­li­che Mit­tei­lung aus der Zahn­me­di­zin der Uni­ver­si­täts­kli­nik Frankfurt/Main, 2017).
  • Buch­hal­ter nutz­ten Rot für die Aus­ga­ben und Blau für die Einnahmen.
  • Schreib­an­fän­ger in deut­schen Schu­len schrei­ben die Sil­ben abwech­selnd Rot und Blau (siehe Faber-Castell Jumbo Grip Bico­lor).
  • Leh­rer in deut­schen Schu­len nut­zen Rot für Kor­rek­tu­ren und Blau für Anmer­kun­gen (Quelle: per­sön­li­che Mitteilung).
  • Was­ser­in­stal­la­teure und Hei­zungs­bauer zeich­nen mit Rot die Warmwasser- und mit Blau die Kaltwasser-Installation an (Quelle: Pica zum Pica Clas­sic DOUBLE 559).

Und wann grei­fen meine Leser zum Rot-Blau-Stift?

Nach­trag vom 5.5.23:

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  1. Meist bestehen die Stifte jeweils zur Hälfte aus Rot und Blau, doch es gibt auch Exem­plare mit 70% Rot und 30% Blau. – Neben den holz­ge­fass­ten waren (und sind) mecha­ni­sche Rot-Blau-Stifte erhält­lich, z. B. von Auto­point.

Faber-Castell Jumbo Grip Bicolor

Seit April auf dem Markt ist der Jumbo Grip Bico­lor von Faber-Castell mit roter und blauer Mine.

Faber-Castell Jumbo Grip Bicolor

Der drei­flä­chige Stift mit der im Jahr 2001 ein­ge­führ­ten „Soft-Grip-Zone“ ist knapp 10 mm dick1 und hat die übli­che Länge von 17,5 cm.

Faber-Castell Jumbo Grip Bicolor

Die Material- und Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät des aus Zeder gefer­tig­ten Jumbo Grip Bico­lor emp­finde ich als sehr gut: Der sil­bern glän­zende Was­ser­lack, die Grip-Punkte und die Prä­gun­gen sind makel­los; auch an der Ver­lei­mung der Holz­hälf­ten und der Mine gibt es nichts auszu­setzen. – Neben den übli­chen Kenn­zeich­nun­gen im mitt­le­ren Teil des Stif­tes fin­det sich auf der roten Hälfte eine zwei­stel­lige Blind­prä­gung2.

Faber-Castell Jumbo Grip Bicolor

Die etwa 4,3 mm starke Mine hat eine sau­bere Abgabe und eine sowohl für das Schrei­ben als auch das Malen ange­nehme Härte; erwar­tungs­ge­mäß ist sie nur ein­ge­schränkt radier­bar. Es macht Freude, den Jumbo Grip Bico­lor zu benut­zen: Er glei­tet recht leicht, bie­tet eine gute Sät­ti­gung und behält seine Spitze lange. Dar­über hin­aus ist er ver­gleichs­weise wisch­fest und bruch­sta­bil. – Laut Faber-Castell soll die Mine was­ser­ver­mal­bar sein, doch das kann ich nicht bestätigen.

Faber-Castell Jumbo Grip Bicolor

Mit dem Möbius+Ruppert 602

Der Stift lässt sich im Hand- und im Kur­bel­spit­zer sehr gut spit­zen. Die feine, am Spitz­an­fall gut erkenn­bare Mase­rung des Zedern­hol­zes ist beeindruckend!

Faber-Castell Jumbo Grip Bicolor

Faber-Castell bewirbt den für Kin­der­hände gedach­ten Jumbo Grip Bico­lor als „[i]deal zum Sil­ben­tren­nen und Kor­ri­gie­ren“; er soll zudem das das Regel­ler­nen der Recht­schrei­bung vi­suell unterstützen.

Faber-Castell Jumbo Grip Bicolor

Von links: Spitze ab Werk, Möbius+Ruppert 602, West­cott iPoint ClassAct

Die unver­bind­li­che Preis­emp­feh­lung für den Faber-Castell Jumbo Grip Bico­lor beträgt 1,95 Euro.

Danke an Ste­phen von pen­cil talk für den Hin­weis auf die­sen groß­ar­ti­gen Rot-Blau-Stift!

  1. Durch­mes­ser des Umkrei­ses.
  2. Bei mei­nen Exem­pla­ren: d8 (April 2018?).

J.S. STAEDTLER 3534 B Red & Blue Stork

Als gro­ßer Fan des Rot-Blau-Stifts musste ich bei einem beson­ders schö­nen Ver­tre­ter die­ser Gat­tung, dass sich gleich zwei­mal in einem Kon­vo­lut ver­steckte, sofort zugrei­fen1.

J.S. STAEDTLER 3534 B Red & Blue Stork

Der Stift hat mit 17,5 cm die Stan­dard­länge und einen Durch­mes­ser von 7,6 mm; die Mine ist 2,5 mm dick.

J.S. STAEDTLER 3534 B Red & Blue Stork

Zu Farbe und Qua­li­tät der Mine kann ich nichts sagen, denn ich werde die­ses kost­bare Stück nicht anspit­zen2. – Das Alter des Stifts kenne ich lei­der nicht, und zur Marke „Stork“ habe ich auch nichts parat (das DMPA führt sie nicht auf).

J.S. STAEDTLER 3534 B Red & Blue Stork

Der Storch und der Schrift­zug haben natür­lich einen nicht uner­heb­li­chen Anteil daran, dass ich bei die­sem Stift schwach wurde!

  1. Eine Medaille für Selbst­be­herr­schung werde ich nie bekom­men.
  2. Auch nicht das zweite Exem­plar – dafür sind mir beide zu schade.

J.S. STAEDTLER MARS-LUMOCHROM 2642

Einer der für mich schöns­ten Rot-Blau-Stifte ist der MARS-LUMOCHROM 2642 von J.S. STAEDTLER.

Der Farb­stift Lumochrom1, den es in 24 Far­ben und die­ser Rot-Blau-Variante gab, kam Mitte der 1950er Jahre auf den Markt und war bis in die 1990er Jahre hin­ein erhält­lich. Mit sei­ner recht har­ten Mine wurde er haupt­säch­lich Tech­ni­schen Zeich­nern ange­dient, und so gab es ihn nicht nur holz­ge­fasst, son­dern auch als 2-mm-Mine.

J.S. STAEDTLER MARS-LUMOCHROM 2642

Das Alter die­ses Lumochrom 2642 schätze ich auf etwa 50 Jahre. Wie andere Stifte von STAEDTLER aus der dama­li­gen Zeit zie­ren ihn der gold­far­bene Prä­ge­druck mit zum Teil unge­wöhnlich gestal­te­ten Buch­sta­ben (z. B. das A und das M), der Vier­tel­mond2 und das astro­nomische Zei­chen für den Pla­ne­ten Mars sowie des­sen beide Monde Pho­bos und Dei­mos. Auf der abge­wand­ten Seite fin­det sich die Blind­prä­gung „74“. – Der Blick auf das blaue Ende lässt ver­mu­ten, dass der Stift zuerst kom­plett rot und dann halb blau lackiert wurde.

J.S. STAEDTLER MARS-LUMOCHROM 2642

J.S. STAEDTLER MARS-LUMOCHROM 2642

Der Farb­stift ist 7,6 mm3 und die Mine 2 mm dick. Sie ist bruch­sta­bil, hat eine sehr sau­bere Abgabe, sät­tigt gut und bie­tet eine gute Wisch­fes­tig­keit; mit einem hoch­wer­ti­gen Radie­rer4 und etwas Geduld lässt sie sich weit­ge­hend, aber nicht voll­stän­dig ent­fer­nen. – Es fällt auf, das das Rot ganz leicht ins Vio­lette geht, also einen gerin­gen Blau­an­teil hat. Die­ses wohl 60 Jahre alte Falt­blatt5 aus der Früh­zeit des Lumochrom belegt, dass man beim 2642 Kar­min­rot (2625) und Blau (2619)6 kom­bi­niert hat:

J.S. STAEDTLER MARS-LUMOCHROM 2642

Ein fei­ner Stift!

J.S. STAEDTLER MARS-LUMOCHROM 2642

Den Ursprung und den erst­ma­li­gen Ver­wen­dungs­zweck der Rot-Blau-Stifte kenne ich bis heute nicht, aber ich konnte ein paar Hin­weise finden:

  • Im Aus­tel­lungs­ka­ta­log „Pen­cils“ schreibt Marco Fer­reri, dass ita­lie­ni­sche Leh­rer nor­male Feh­ler rot und gra­vie­rende Feh­ler blau markieren.
  • Im 2. Welt­krieg haben deut­sche Sol­da­ten auf Kar­ten die feind­li­chen Trup­pen in Rot und die eige­nen in Blau eingetragen.
  • Deut­sche Kran­ken­schwes­tern haben den Blut­druck in Rot und die Kör­per­tem­pe­ra­tur in Blau notiert.

Aber wer weiß – viel­leicht dachte mal jemand, dass das eine anspre­chende Kom­bi­na­tion wäre, und hat ein­fach einen sol­chen Stift hergestellt …

  1. Der Name war von 1953 bis 2003 geschützt.
  2. Der Vier­tel­mond, ange­mel­det 1887 beim Amts­ge­richt Nürn­berg, gilt als eines des frü­hes­ten Waren­zei­chen für Blei­stifte.
  3. Schlüs­sel­weite 7,2 mm.
  4. Getes­tet mit dem Plus Tree’s Air-in Hard.
  5. Die andere Seite bewarb den Kur­bel­spit­zer 5700 D.
  6. Nach der Umstel­lung auf neue Arti­kel­num­mern im Jahr 1967 hat­ten diese Far­ben die Num­mern 104-29 und 104-3.

Resteverwertung

Nicht mehr neu, aber immer noch inter­es­sant ist die „Fin­ger Joint“-Technik von Tom­bow, mit der Stü­cke von nicht kom­plett nutz­ba­ren Brett­chen ver­wen­det wer­den kön­nen. So ent­steht z. B. der Blei­stift LA-KEA.

Resteverwertung

Aus dem Tombow-Katalog 2008

Beson­ders gut gefällt mir, dass man die typi­schen Merk­male die­ses Ver­fah­rens nicht unter einer Lackie­rung ver­birgt, son­dern sie zeigt; auch die zurück­hal­tende Deko­ra­tion passt gut dazu.

Resteverwertung

Oben der nicht mehr erhält­li­che Rot-Blau-Stift CV-REA VP

Resteverwertung

Resteverwertung

Vie­len Dank an Sola von pen­cils and other things für den LA-KEA B!

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