Juni 2009

LYRA Cleopatra

Die alten Ägyp­ter, damals noch jung, mögen von Cleo­pa­tra I bis VII und vor allem von letz­te­rer, nicht jedoch davon geträumt haben, dass ein­mal ein solch fas­zi­nie­ren­der Stoff wie der Gra­phit ent­deckt wer­den und die­ser, mit feins­tem Ton ver­mischt, gebrannt und in Holz gehüllt, den Namen ihrer Köni­gin tra­gen sollte. Wie unzu­frie­den wären sie wohl damit gewe­sen, Pin­sel und Cala­mus über den Papy­rus zu führen!

LYRA „CLEOPATRA” 3410

Ein­ge­tra­gen im Jahr 1895 fand der Mar­ken­name „CLEOPATRA“ auf die­sen Blei­stift mit der Arti­kel­num­mer 3410 des Her­stel­lers LYRA. Nach des­sen Anga­ben führ­ten ihn die Kata­loge von 1911 und 1926 in der hier gezeig­ten Aus­füh­rung auf, so dass der Stift aus die­ser Zeit stam­men könnte.

LYRA „CLEOPATRA” 3410

Neben den übli­chen Details fin­det sich auf dem sechs­flä­chi­gen, in mat­tem Rot lackier­ten Blei­stift der Härte 2 – the­ma­tisch pas­send – eine soge­nannte Hie­ro­gly­phen­kar­tu­sche. Diese Form, meist oval und auch als „Königs­ring“ bekannt, umschloss die Namen der ägyp­ti­schen Könige und wurde hier als pfif­fi­ges Gestal­tungs­ele­ment eingesetzt.

Die Material- und Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät des „CLEOPATRA“ ist lei­der unter­durch­schnitt­lich. Holz­ober­flä­che, Lack und Auf­druck mei­ner Exem­plare sind unre­gel­mä­ßig, und nicht immer sitzt die (oben­drein unter­schied­lich dicke) Mine zen­trisch im Holz. Für den unsau­be­ren Abtrag des Hol­zes beim Spit­zen selbst in der Kur­bel­spitz­ma­schine könn­ten jedoch das Alter und viel­leicht eine unsach­ge­mäße Lage­rung des Blei­stifts ver­ant­wort­lich sein. Die Mine ist leicht krat­zig und kommt mit ihrer Qua­li­tät nicht an die im ähn­lich alten „ROBINSON“ vom sel­ben Her­stel­ler heran.

LYRA „CLEOPATRA” 3410

Auf­grund sei­ner Män­gel ver­mag der „CLEOPATRA“ heute zwar nicht mehr zu über­zeu­gen, doch mit sei­ner unge­wöhn­li­chen Gestal­tung ist er ein inter­es­san­tes Stück Geschichte. – Im LYRA-Katalog aus dem Jahr 1963 war der Blei­stift nicht mehr zu fin­den, und 1996 wurde die Marke „CLEOPATRA“ gelöscht.

Geblogburtstag

Die­ses Sam­mel­su­rium hier fei­ert heute sein Zwei­jäh­ri­ges. Danke an alle, die (ganz gleich in wel­cher Form) mit­ge­macht haben und – so hoffe ich – auch wei­ter­hin mit­ma­chen werden!

Markiges Marketing (5)

Reklamemarke von A.W. Faber

„Die­ser hier“, sagte Herr Koch aus der Buch­hal­tung, der auf­grund sei­ner – übri­gens bemer­kens­wert häu­fi­gen – Auf­ent­halte in der Eisen­gie­ße­rei Sicherheits-Schuhwerk bevor­zugte, „ist mein aller­letz­ter Tin­ten­stift!“ und hielt zur Unter­strei­chung sel­bi­gen hoch in die Luft. Bes­tens gelaunt wie immer und gar nicht über­rascht schaute Herr Wag­ner, des­sen beein­dru­cken­der Bart genauso bekannt war wie seine eben­sol­che Spar­sam­keit (nicht umsonst fiel die Wahl sofort auf ihn, als es galt, eine neue Lei­tung für das Maga­zin zu benen­nen), durch seine stahl­ge­fasste Brille. Er hatte bereits beim geräusch­vol­len Erschei­nen sei­nes stets befrack­ten und mit einer sehr gro­ßen Kladde bewaff­ne­ten Frisur- und Arbeits­kol­le­gen des­sen Wunsch erahnt, ver­brauchte die­ser doch beträcht­li­che Men­gen jener nütz­li­chen Schreibgeräte.

Diese Geschichte um die auf der 44 × 59 mm gro­ßen Rekla­me­marke von A.W. Faber abge­bil­de­ten Her­ren ist natür­lich blan­ker Unsinn. Kein Unsinn hin­ge­hen ist, dass der Name „CASTELL“ zusam­men mit den zwei sym­bol­haft dar­ge­stell­ten, flach­lie­gen­den Bur­gen, die in die­ser Anzeige aus dem Jahr 1915 etwas bes­ser zu erken­nen sind, bereits 1906 regis­triert wurde und inzwi­schen als Faber-Castell (ohne Bur­gen, dafür mit Rit­tern) welt­weit be­kannt ist. – Das Alter der Rekla­me­marke, die zu einer Serie mit min­des­tens elf wei­te­ren, ähn­lich gestal­te­ten gehörte, schätze ich auf 90 bis 100 Jahre.

Zur Geschichte der Tinten- und Kopier­stifte gibt es ver­schie­dene Anga­ben. Die Publi­ka­tion „Frühe, nicht­photo­gra­phi­sche Kopier- und Ver­viel­fäl­ti­gungs­tech­ni­ken“ berich­tet von dem Wunsch, mit einem Gra­phit­stift ähn­lich unlösch­bar zu schrei­ben wie mit Feder und Tinte, und der Ent­wick­lung der Tin­ten­stifte, die dies mög­lich mach­ten. Spä­ter soll deren Eigen­schaft, bei kräf­ti­gem Farb­auf­trag Kopien zu erlau­ben, zur Bezeich­nung „Kopier­stift“ geführt haben. Andere Quel­len wie die Wiki­pe­dia sehen den Ursprung die­ser spe­zi­el­len Stifte in einer Vor­schrift aus der Mitte des 19. Jahr­hun­derts, die von deut­schen Kauf­leu­ten ver­langte, Dupli­kate ihrer Kor­re­spon­denz vor­zu­hal­ten. Nach der Erfin­dung der Nass­ko­pie knapp hun­dert Jahre zuvor und der mit den neuen Ani­lin­far­ben geschaf­fe­nen Mög­lich­keit, kopier­taug­li­che Schreib­mi­nen zu fer­ti­gen, ent­stan­den dann die ers­ten Kopierstifte.

Zu den Her­stel­lern, die heute noch sol­che Stifte anbie­ten, gehö­ren LYRA (Deutsch­land), Faber-Castell (Deutsch­land), Creta­co­lor (Öster­reich), Viarco (Por­tu­gal) und Veritas/Lee Val­ley Tools (USA). – Inter­es­sante Details, Farb­mus­ter und wei­ter­füh­rende Infor­ma­tio­nen zu Kopier­stif­ten gibt es unter „The hid­den life of copy­ing pen­cils“ bei pen­cil talk.

← vor­he­rige | Mar­ki­ges Mar­ke­ting | nächste →

LM-KMS

Hin­ter die­ser kryp­ti­schen Bezeich­nung ver­birgt sich ein nicht all­täg­li­cher Blei­stift, und zwar der „MONO MARK SHEET“ des japa­ni­schen Her­stel­lers Tom­bow. Nur im Här­te­grad HB erhält­lich und mit dem Hin­weis „Hi-Precision For Mark Sheet“ ver­se­hen, rich­tet er sich beson­ders an die­je­ni­gen, die z. B. in Prü­fun­gen maschi­nell les­bare Bögen ausfüllen.

LM-KMS

Blei­stifte für die­sen Zweck, meist mit pas­sen­dem Radie­rer, gibt es auch von Mitsubishi/uni, Pen­tel und STABILO, wobei die „Exam Grade“-Reihe von letz­te­rem inzwi­schen auch hier erhält­lich ist. Einige füh­ren sogar Sets mit zwei oder drei Blei­stif­ten, einem Radie­rer sowie einem Spit­zer in einem trans­pa­ren­ten Einfachst-Etui. Von Mus­grave aus den USA kommt mit dem „Test Scoring 100“ ein Blei­stift mit ähn­li­cher Ziel­set­zung, und Pen­tel bie­tet den 1,3-mm-Druckbleistift „Mark Sheet Sharp“ für diese Anwen­dung an. Je nach Her­stel­ler rei­chen die ange­bo­te­nen Här­te­grade dabei von HB bis 2B.

Lei­der weiß ich nicht, ob (und wenn ja, wie) sich diese „Mark Sheet“-Minen von denen gleich­har­ter Blei­stifte unter­schei­den und wel­che Anfor­de­run­gen das maschi­nelle Lesen an sie stellt. Ich gehe jedoch davon aus, dass eine gleich­mä­ßige Abgabe und damit eine eben­sol­che Schwär­zung von Vor­teil ist; mög­li­cher­weise spielt auch der Refle­xi­ons­grad eine Rolle.

LM-KMS

Der LM-KMS dürfte aber auch alle ande­ren Freunde und Nut­zer des holz­ge­fass­ten Gra­phits anspre­chen, ver­eint er doch her­vor­ra­gende Qua­li­tät, per­fekte Ver­ar­bei­tung und ein (in mei­nen Augen) pfif­fi­ges Design. Zusam­men mit einem guten Radie­rer wie dem sehr sau­ber arbei­ten­den „MONO“ aus glei­chem Hause, der – je nach Papier – die Spu­ren die­ses Stif­tes voll­stän­dig ent­fernt, zeigt er, was ein Blei­stift zu leis­ten vermag.

LM-KMS

Ein Dut­zend Tom­bow LM-KMS, die unge­spitzt in den Han­del kom­men, kos­ten 1200 Yen (etwa 8,70 Euro).

Robinson am Freitag

Meine geschätzte Leser­schaft möge mir den bil­li­gen Kalauer im Titel nach­se­hen, aber ich konnte ihn mir ein­fach nicht ver­knei­fen und habe mit die­sem Bei­trag auch eigens bis zu einem Frei­tag gewartet ;-)

Robinson am Freitag

LYRA Robin­son 2510 HB/2 (von unten): 20er Jahre, 80er Jahre, aktu­el­les Modell (Bil­der zum Ver­grö­ßern anklicken)

Sehr lange im Pro­gramm des Nürn­ber­ger Unter­neh­mens LYRA ist der Blei­stift „Robin­son 2510“, des­sen Name bereits 1908, also vor gut 100 Jah­ren, als Waren­zei­chen ein­ge­tra­gen wurde. Bis zum Ende der 60er Jahre behielt er seine ursprüng­li­che, schlichte Gestal­tung, die den Namen des Stifts in einem deko­ra­ti­ven Font sowie den des Her­stel­lers in für heute unge­wohn­ter, näm­lich leicht kur­si­ver Form und in Kapi­täl­chen zeigte.

Robinson am Freitag

Robinson am Freitag

Danach wurde das Design des Blei­stifts grund­le­gend ver­än­dert, und eine far­bige, durch einen wei­ßen Ring vom dun­kel­blauen Schaft abge­setzte Tauch­kappe zur Kenn­zeich­nung des Här­te­grads kam hinzu. „Vorne schwarz, hin­ten bunt“ also auch hier, aller­dings nur in drei Far­ben: Grün für H und här­ter, Gelb für HB sowie Rot für B und wei­cher. Den Namen und die Kenn­zeich­nun­gen führte man nun in der Schrift­art „Han­del Gothic“ von 1965 aus.

Robinson am Freitag

Spä­ter folg­ten die 13-stellige EAN und der Strich­code, die gegen­über dem gold­far­be­nen Prä­ge­druck weiß auf­ge­bracht sind; in die­ser Form ist der „Robin­son 2510“ heute in elf Här­te­gra­den von 4H bis 6B sowie in HB mit Radie­rer erhältlich.

Robinson am Freitag

Beim direk­ten Ver­gleich der Minen ist ein Qua­li­täts­un­ter­schied erkenn­bar, wobei die älteste die beste und die aktu­elle auf dem Papier lei­der etwas rauh ist. Das Holz von allen dreien lässt sich sehr gut spit­zen, und bei der Qua­li­tät von Ver­ar­bei­tung, Lack und Prä­ge­druck liegt das aktu­elle Modell deut­lich vorn.

Robinson am Freitag

Von links: aktu­el­les Modell, 80er Jahre, 20er Jahre

Trotz der klei­nen Schwä­che ist der laut Her­stel­ler im Aus­land aus Zedern­holz gefer­tigte „LYRA Robin­son 2510“ ein guter, attrak­ti­ver und zudem mit etwa 18 Euro-Cent (Quelle: GoRo­Tec) äußerst güns­ti­ger Alltags-Bleistift.

Robinson am Freitag

Anm.: Bei der Datie­rung bin ich mir nicht ganz sicher, so dass der alte „Robin­son“ auch aus den 30er Jah­ren stam­men und der in den 80er Jah­ren ange­sie­delte durch­aus zehn Jahre älter sein könnte.

Kurz und bunt

Dachte ich bis­her, Blei­stifte mit bun­tem Äuße­ren seien erst in den letz­ten Jahr­zehn­ten auf­ge­kom­men, so haben mich diese viel­leicht 70 bis 80 Jahre alten Kurz­blei­stifte von J.J. Reh­bach eines Bes­se­ren belehrt.

Kurz und bunt

(zum Ver­grö­ßern anklicken)

Das aus­ge­fal­lene Mus­ter auf den sil­ber­grun­di­gen Stif­ten mit gold­far­be­nem Ring und recht lan­ger, schwar­zer Tauch­kappe ist unre­gel­mä­ßig und sieht aus wie auf­ge­tupft; der mit dem Ring farb­lich kor­re­spon­die­rende Prä­ge­druck, der fast die ganze ver­füg­bare Länge ein­nimmt, zeigt die gekreuz­ten Schlüs­sel, das Sinn­bild des Her­stel­lers, sowie den Schrift­zug „J.J. REHBACH“. Knapp 9 cm lang, 8 mm dick und mit einer Mine etwa der Härte HB waren diese attrak­ti­ven Blei­stifte wohl als Beglei­ter für Kalen­der oder Notiz­buch gedacht.

J.S. STAEDTLER LUNA 349

Heute gibt’s schon wie­der etwas aus dem Muse­ums­kel­ler die­ses Web­logs, und zwar den LUNA 349 № 2 von J.S. STAEDTLER.

J.S. STAEDTLER LUNA 349

(Bil­der zum Ver­grö­ßern anklicken)

Die­ser sechs­flä­chige, dun­kel­grün lackierte Blei­stift mit sil­ber­far­be­nem Auf­druck und den üb­lichen Abmes­sun­gen bie­tet ein paar – wie ich finde – inter­es­sante Details.

J.S. STAEDTLER LUNA 349

Wie die Regis­ter­aus­kunft des Deut­schen Patent- und Mar­ken­am­tes infor­miert, wurde die Wort-/Bildmarke „LUNA“ bereits im Juli 1913 ange­mel­det und im Januar 1914 auf die J.S. STAEDTLER GmbH & Co. KG ein­ge­tra­gen. Nach einer Ver­län­ge­rung der Schutz­dauer gehört sie immer noch STAEDTLER, doch das ein­zige, heute ange­bo­tene Pro­dukt mit die­sem Mar­ken­na­men im Pro­gramm die­ses Her­stel­lers, das ich fin­den konnte, ist ein Farb­stift von STAEDTLER Hong Kong. – Wäh­rend bei vie­len ande­ren mir bekann­ten Stif­ten aus die­ser Zeit der Name sehr deko­ra­tiv gestal­tet wurde, hat man sich hier für die Ver­wen­dung einer schlich­ten, brei­ten Schreib­ma­schi­nen­schrift ent­schie­den. War der LUNA 349 viel­leicht als ein­fa­cher Alltags-Bleistift gedacht?

J.S. STAEDTLER LUNA 349

Noch älter als die Marke „LUNA“ ist der auch auf die­sem Stift anzu­tref­fende Vier­tel­mond, das (mei­nes Wis­sens nach) älteste Mar­ken­zei­chen von STAEDTLER, das 1887 ange­mel­det und bis in die 50er Jahre hin­ein genutzt wurde. Wie schon beim MARS-REVISOR erwähnt, könnte der Vier­tel­mond, des­sen Ursprung unbe­kannt ist, auf eine Ver­bin­dung zum Ori­ent hin­deu­ten. Ver­wandte Mar­ken­zei­chen waren „Full Moon“ und „Camel“, wobei letz­te­res noch lange im gleich­na­mi­gen Blei­stift von STAEDTLER Thai­land wei­ter­ge­lebt hat.

J.S. STAEDTLER LUNA 349

Doch zurück zum LUNA 349 № 2. Die­ser Blei­stift kam im Okto­ber 1937 auf den Markt und wurde bis in den Mai 1941 pro­du­ziert, war also ver­gleichs­weise kurz im Han­del; ob es einen Vor­gän­ger und/oder Nach­fol­ger gab, weiß ich nicht. Die Jahre (oder viel­leicht auch eine unsach­ge­mäße Lage­rung) haben meine Exem­plare etwas stra­pa­ziert, denn kei­nes ist frei von Schä­den. Das gut spitz­bare Holz und die kratz­freie Mine mit ihrer sau­be­ren Abgabe sind jedoch sehr hoch­wer­tig, so dass man sich auch heute noch am Gebrauch des LUNA 349 № 2 erfreuen kann.

J.S. STAEDTLER LUNA 349

Staedt­ler LUNA 349, gespitzt mit dem Carl Decade DE-100 und dem DUX DX4122

Nach oben scrollen