Rohstoff (1)

Graphitroherzbrocken

Zum Ver­grö­ßern ankli­cken. – Im Vor­der­grund der Prä­zi­si­ons­maß­stab Rumold 6½ 10.

600 bis 800 Mil­lio­nen Jahre alt und 200 Meter unter der Erde abge­baut: Ein 325 Gramm schwe­rer Bro­cken Gra­phitro­herz, der zu 30 Pro­zent aus Gra­phit und zum Rest aus Feld­spat, Glim­mer, Quarz und Eisen besteht.

Der Erz­bro­cken stammt von der Gra­phit Kropf­mühl AG im nie­der­baye­ri­schen Hau­zen­berg, nahe Pas­sau im Baye­ri­schen Wald. Die­ses Unter­neh­men, das bereits seit 1870 Gra­phit abbaut, gehört zu den welt­wei­ten Markt­füh­rern für hoch­rei­nen Spe­zi­al­gra­phit und stellt das Zen­trum der deut­schen Gra­phi­t­in­dus­trie dar.

Nach dem Bre­chen und Mah­len wird das gewon­nene Mate­rial der Flo­ta­tion zuge­führt, einem von der Gra­phit Kropf­mühl AG im Jahr 1877 erfun­de­nen und paten­tier­ten Ver­fah­ren zur Rei­ni­gung von Gra­phit. Anschlie­ßend folgt die Ent­wäs­se­rung in Zen­tri­fu­gen und die Trock­nung in Trommeltrockern.

Die für die Her­stel­lung von Blei­stift­mi­nen genutzte Gra­phit­sorte ent­hält 96 bis 99,5 Pro­zent Koh­len­stoff. Die Bezeich­nung der Sor­ten rich­tet sich dabei nach dem Mahl­grad, wobei für Blei­stift­mi­nen die „Edel­mah­lung“ (EDM-L, EDM) und die „Äußerste Fein­mah­lung“ (AF, AF Spe­zial) ver­wen­det wer­den; deren Korn­grö­ßen lie­gen zwi­schen 9–35 μm und 6–20 μm.

Vie­len Dank an die Gra­phit Kropf­mühl AG für die freund­li­che Kom­mu­ni­ka­tion und die prompte Zusen­dung der Graphitroherzbrocken!

Nach­trag vom 25.7.11: Wie ich bei mei­nem Besuch der Gra­phit Kropf­mühl AG vor weni­gen Tagen erfah­ren konnte, hat man die Gra­phit­för­de­rung vor Ort im Jahr 2005 aus Kos­ten­grün­den aus­ge­setzt. Man schätzt zwar, dass es noch Mate­rial für meh­rere hun­dert Jahre gibt, beschränkt sich jetzt jedoch auf die För­de­rung und Ver­ab­ei­tung des Gra­phits aus den Kropfmühl-eigenen Minen in Zim­babwe, Sri Lanka und China.

Nach­trag vom 8.10.15: Auf­grund der hohen chi­ne­si­schen Export­zölle lohnt sich die hei­mi­sche Pro­duk­tion wie­der, und so hat Kropf­mühl bereits im Juni 2012 den Gra­phit­ab­bau wie­der aufgenommen.

Nach­trag vom 24.2.21: Eine sehr inter­es­sante Über­sicht frü­her Gra­phit­funde gibt es unter „Was gra­phite first dis­co­vered at the Bor­row­dale mine?“ bei pen­cil talk.

9 Kommentare zu „Rohstoff (1)“

  1. Nun bekommt auch die­ser bis­her leer aus­ge­gan­gene Bei­trag sei­nen Kommentar: 

    Einige Lücken in dem, was ich bis dahin zur Geschichte des Blei­stifts gefun­den hatte, waren wohl die Ursa­che dafür, dass ich die­sen Blog gefun­den und nahezu voll­stän­dig und mit Inter­esse und Freude gele­sen habe. Lei­der blie­ben wesent­li­che Fra­gen unbe­ant­wor­tet, obwohl ich mich noch um einige andere Quel­len, im Inter­net, aber auch gedruckt, bemüht habe. Hier die Fra­gen, viel­leicht fin­den sich doch noch Antworten:

    Wurde für die ers­ten Blei­stifte (im 16. Jh.) aus­schliess­lich Bor­row­dale Gra­phit ver­wen­det? Ist der Blei­stift als neuer Schreib­ge­rä­te­typ durch Ent­de­ckung des Bor­row­dale Gra­phits entstanden?

    Waren die Bor­row­dale Gra­phit­gru­ben vom 16. Jh. bis zu Conté/Hardtmuth die ein­zige Roh­stoff­quelle für Blei­stifte und für das Nürn­ber­ger Blei­stift­hand­werk? Oder haben die Nürn­ber­ger Blei­stift­ma­cher auch/nur andere Roh­stoffe verwendet?

  2. Danke für Ihren Kom­men­tar, Ihr gro­ßes Inter­esse und die Fragen.

    Wurde für die ers­ten Blei­stifte (im 16. Jh.) aus­schliess­lich Bor­row­dale Gra­phit verwendet?
    Mei­nes Wis­sens ja, aber ich kann es lei­der nicht belegen.

    Ist der Blei­stift als neuer Schreib­ge­rä­te­typ durch Ent­de­ckung des Bor­row­dale Gra­phits entstanden?
    Davon gehe ich aus, denn davor gab es den Blei­stift ja nicht.

    Waren die Bor­row­dale Gra­phit­gru­ben vom 16. Jh. bis zu Conté/Hardtmuth die ein­zige Rohstoff­quelle für Blei­stifte und für das Nürn­ber­ger Bleistifthandwerk?
    Ich meine, mal von ande­ren Minen zu der dama­li­gen Zeit gele­sen zu haben.

    Kurz: Mehr als Ver­mu­tun­gen und schlechte Erin­ne­run­gen kann ich lei­der nicht bie­ten. Ich werde ver­su­chen, mehr herauszufinden!

  3. Dass die Nürn­ber­ger Blei­stift­ma­cher im 16. und 17. Jh. aus­schließ­lich vom impor­tier­ten teu­ren und sel­te­nen eng­li­schen Roh­stoff abhin­gen, kann ich mir nicht so recht vor­stel­len. Wahr­schein­li­cher scheint mir die­ses nicht gerade schmei­chel­hafte Sze­na­rio: dass mit weni­ger rei­nem, schlech­ter geeig­ne­tem, aber bes­ser ver­füg­ba­rem und kos­ten­güns­ti­ge­rem Gra­phit (viel­leicht aus dem Baye­ri­schen Wald) ein kos­ten­güns­ti­ges Pla­giat her­ge­stellt wurde.

    Viel­leicht liest hier ja einer der betrof­fe­nen Blei­stift­her­stel­ler mit, fühlt sich in sei­ner Ehre getrof­fen und lie­fert einige erhel­lende Fak­ten, die diese Ver­mu­tung wider­le­gen können.

  4. Ich werde mal in mei­ner Lite­ra­tur suchen, ob ich Infor­ma­tio­nen zu den dama­li­gen Quel­len für Gra­phit finde. – Übri­gens hat Kropf­mühl wegen hoher Roh­stoff­preise bereits 2012 wie­der mit dem Abbau am Stamm­sitz in Nie­der­bay­ern begonnen.

  5. Inzwi­schen habe ich etwas gefun­den: Das Buch „Die che­mi­sche Behand­lung der Roh­stoffe: Eine che­mi­sche Tech­no­lo­gie“ von Franz Lucken­ba­cher, Karl de Roth und Julius Zoell­ner (Sprin­ger 1877) spricht von den Gra­phit­la­gern in Ober­zell bei Pas­sau und davon, dass man in Bay­ern auch Gra­phit aus Cum­ber­land bezog.

    Nach­trag vom 4.11.15: In dem Arti­kel „Berg­bau­ge­schichte und Mine­ral­füh­rung der Graphitlager­stätten im Baye­ri­schen Wald“, ver­öf­fent­licht 1995 in „Der Baye­ri­sche Wald“ (9/2), heißt es, dass die erste geschicht­li­che Nach­richt über die Pas­sauer Gra­phit­grä­be­rei aus dem Jahr 1400 stammt; danach haben Alchi­mis­ten und Metall­gie­ßer Gra­phit­tie­gel aus Obern­zell an der Donau für ihre Ex­perimente benutzt. 

  6. Johann Beck­mann schreibt 1805 in sei­nem Buch „Bey­träge zur Geschichte der Erfin­dun­gen“ im Kapi­tel „Bley­stifte“ eini­ges über Vor­kom­men und Ver­wen­dung von Reiß­bley (Gra­phit). Als Quelle für Blei­stift­gra­phit wird expli­zit aber nur Cum­ber­land genannt. Aus­ser­dem deu­tet Con­rad Ges­ner die eng­li­sche Her­kunft sei­ner Blei­stift­mine an und Flan­dern (wich­ti­ger Abneh­mer von Cum­ber­land Gra­phit) wird als Lie­fe­rant für ita­lie­ni­sche Künst­ler genannt. Pas­sauer Gra­phit wird nur mit Schmelz­tie­geln, nicht mit Blei­stif­ten in Ver­bin­dung gebracht (hier wun­dert mich, dass als eigent­li­cher Fund­ort Lei­zers­dorf nahe Pas­sau genannt wird, dass sich die­ser Ort aber per Inter­net­su­che nicht fin­den und loka­li­sie­ren lässt).

    Es sieht mir immer mehr so aus, als ob für 250 Jahre nahezu alle Blei­stift­mi­nen aus in Cum­ber­land gewon­ne­nem Gra­phit her­ge­stellt wurden.

  7. Danke für diese Details! Das Vor­kom­men von Gra­phit und des­sen Abbau heißt natür­lich nicht, dass er auch für Blei­stifte benutzt wurde. Falls er tat­säch­lich nur für Gra­phit­t­on­ke­ra­mik zum Ein­satz kam: Warum nicht für Blei­stifte? Stimmte die Qua­li­tät nicht? War man nicht in der Lage, ihn gut ge­nug zu rei­ni­gen und zu mah­len? Und: Wann hat man begon­nen, den baye­ri­schen Gra­phit für Blei­stifte zu verwenden?

    Ich finde es übri­gens inter­es­sant, dass man Gra­phit und Ton meh­rere hun­dert Jahre für Tie­gel ge­mischt hat, bevor Conté dar­auf kam, das auch für Blei­stifte zu machen.

  8. Ich habe mal einen Blei­stift als Wer­be­ge­schenk bekom­men. Er fing immer wie­der an zu krat­zen, hat nicht mehr geschrie­ben, son­dern nur noch geritzt, bis ein Ton(?)krümelchen aus der Mine brach und wie­der Gra­phit in Kon­takt mit dem Papier kam. So einen Blei­stift mag man nur ver­wen­den, wenn kein ande­res Schreib­ge­rät zur Ver­fü­gung steht.

    Für eine Blei­stift­mine muss die Roh­masse also äußerst fein­kör­nig sein und darf keine Fremd­kör­per (bei­spiels­weise win­zige Schleif­stein­bröck­chen) ent­hal­ten. Das mag so anspruchs­voll sein, dass es erst um 1800 gelang (und, siehe oben, selbst heute noch nicht zuver­läs­sig beherrscht wird). Und diese Ver­fah­rens­tech­nik war viel­leicht auch not­wen­dig, um Gra­phit zu rei­ni­gen, der von Natur aus Fremd­stoffe ent­hielt. Gra­phit­t­on­ke­ra­mik war hin­sicht­lich Rein­heit der Roh­stoffe und Fein­heit der Ver­ar­bei­tung sicher­lich viel weni­ger anspruchsvoll.

  9. Blei­stifte die­ser Qua­li­tät sind mir auch schon unter­ge­kom­men – stimmt, sol­che benutzt man nur im Notfall.

    Mir kam noch ein ande­rer Gedanke: Selbst wenn man schon sehr früh in der Lage gewe­sen wäre, Gra­phit von Quarz, Feld­spat, Glim­mer und ande­ren Ver­un­rei­ni­gun­gen zu befreien und ihn fein zu mah­len (was ich nicht glaube), so hätte man doch vor der Erfin­dung des Conté-Verfahrens im Jahr 1795 nichts damit anfan­gen kön­nen. Auch das sprä­che dafür, dass man zumin­dest bist zu die­sem Zeit­punkt nur den in Stü­cken geschnit­te­nen Cumberland-Graphit benutzt hat.

    Im Buch „Der Gra­phit. Eine tech­ni­sche Mono­gra­phie“ (A. Hartleben’s Ver­lag 1910) schreibt Alfred Haenig:

    Die Regie­rung in Bay­ern sah sich daher sehr bald wie­der ver­an­laßt, hier för­dernd ein­zu­grei­fen und errich­tet im Jahre 1816 eine könig­li­che Blei­stift­fa­brik in Obern­zell (Haf­ner­zell), in der nun­mehr nach dem damals neuen fran­zö­si­schen Ver­fah­ren gear­bei­tet wurde, in dem man Ton als Bin­de­mit­tel des Gra­phits verwendete.

    Ich gehe daher davon aus, dass frü­hes­tens zu die­sem Zeit­punkt Gra­phit aus Bay­ern benutzt wurde.

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