Zubehör
Manormus, das denkende Lineal
Aus dem Museum für veraltete Zeichentechnik: Der Manormus.
Das – so die Angabe auf dem Utensil – „Universal-Gerät für Lineaturen Netze Tabellen Schraffuren Beschriftungen“ wurde für das Zeichnen von Linien mit gleichmäßigen, definierten Abständen genutzt. Dazu steckte man den Bleistift in eines der 140 Löcher1 und führte den Manormus an der Zeichenschiene oder dem Lineal entlang.
Die waagrechten Hilfslinien galten für die acht genormten Schriftgrößen nach DIN, wobei drei verschiedene Zeilenabstände zur Auswahl standen. Für jede Schriftgröße gab es ein Lochsystem, und bei der Wahl der richtigen Federstrichbreite halfen zwei senkrechte parallele Linien sowie die Nummern der Redis- und ATO-Federn2.
Die linke Kante diente dem Zeichnen von Hilfslinien im Winkel von 75° für schräge Schrift. – Zusätzlich gab es Schablonen für einige im Maschinenbau gebräuchliche Zeichen.
Die Gestaltung der vierseitigen Anleitung finde ich sehr ansprechend, vor allem wegen der roten Zwischenüberschriften, die in der Signal von Walter Wege aus dem Jahr 1931 gesetzt sind3. – Manormus4 und Anleitung kamen in einem braunen Umschlag, den ich leider nicht habe. Das Alter dieses Exemplars schätze ich auf etwa 50 bis 60 Jahre5.
Ein Hilfsmittel mit sehr ähnlicher Zielsetzung ist der vor gut 100 Jahren erfundene Ames Lettering Guide, dessen Besonderheit eine drehbare Scheibe ist6; er wird auch heute noch gerne von Kalligraphen genutzt (siehe z. B. „Guidelines in a breeze: The Ames Lettering Guide for Calligraphers“).
- Diese Löcher waren konisch und verjüngten sich nach unten auf einen Durchmesser von gut 1 mm.↩
- Soweit ich weiß, war „ATO“ die Bezeichnung der Bandzugfedern von Heintze & Blanckertz, dem ersten deutschen Hersteller von Schreibfedern.↩
- Eine Digitalisierung der Signal erschien vor einigen Wochen als FDI Lettograph.↩
- Wie der Hersteller auf „das denkende Lineal“ kommt, ist mir rätselhaft.↩
- Es gab mindestens eine ältere, aber identisch ausgeführte Variante mit einer ausführlicheren Anleitung, die mehr ins Detail ging und auch Schriftmuster enthielt.↩
- Zum Erfinder siehe „Creator: O.A. Olson, Ames Lettering Guide Inventor“.↩
STAEDTLER CIRCOFIX und ein besonderes Zubehör
Heute geht es zurück in die Zeit, in der es Zirkel nicht nur für Schüler und in bunten Varianten gab, sondern auch für den professionellen Gebrauch. Eines der Spitzenmodelle der späten 1980er und frühen 1990er Jahre war der MARS TECHNICO 5551 von STAEDTLER, für den umfangreiches Zubehör angeboten wurde. Dazu gehörten die Druckstifteinsätze der Reihe CIRCOFIX, die im Tuschezeichneradapter2 Platz fanden und im Gegensatz zum geklemmten 2-mm-Minenstück das Zeichnen in normgerechten Linienbreiten ermöglichten. Diese Einsätze gab es für Feinminen (0,3/0,5/0,7 mm) und als Fallminenstift (2 mm)3.
Sie waren auch im Sortiment der Mitbewerber zu finden, doch STAEDTLER gab ihnen ein besonderes Zubehör mit, das ich noch bei keinem anderen Hersteller gesehen habe.
Es war ein 91 mm langer und gut 10 mm dicker Kunststoffschaft, der auf den Druckstifteinsatz aufgeschraubt wurde und ihn so zu einem Druckbleistift machte.
Durch eine seitliche Aussparung konnte man den Drücker für den Minenvorschub betätigen. Das finde ich sehr pfiffig! – Soweit ich weiß, gab es diesen Schaft nur als Teil größerer Zirkelkästen, die auch Druckstifteinsätze enthielten, aber nicht einzeln.
Den CIRCOFIX4 gab es in mindestens zwei Generationen. Die ältere hat einen konischen Drücker, der die Kennzeichnung „W.Germany“ trägt, und die neuere einen zylindrischen mit „Germany“; den Schriftzug „GERMANY“ auf dem Schaft hat man offenbar noch während der ersten Variante wegfallen lassen.
Die späteren Druckstifteinsätze waren wesentlich dünner und aus Metall5; heute gibt es sie meines Wissens nur noch vom japanischen Hersteller Uchida. – Weitere Details zu dieser speziellen Produktgattung bietet der sehr gute Beitrag „Mechanical Pencil Month – Day 14: Compass inserts“ im Weblog Graphography.
- Das Nachfolgemodell war der Mars professional 555 (ohne „Technico“), der etwas anders gestaltet war und abknickbare Schenkel sowie eine andere, leichter zu bedienende Schnellverstellung mit Drucktasten hatte.↩
- Der hier gezeigte MARS TECHNICO 555 (im Set mit der Art.-Nr. 555 30 SK) hatte einen integrierten Adapter; andere Ausführungen verfügten über einen separaten Adapter mit geschlitztem 4-mm-Zapfen. – Es gab auch Zapfen mit 3 und 3,5 mm Durchmesser, und heute noch erhältlich sind Universaladapter mit Klemmschraube und Wechselzapfen für alle drei Durchmesser.↩
- Zu sehen unter „Kleine Kreise“.↩
- Kurioserweise führt das DPMAregister diesen Namen nicht auf, auch nicht als gelöscht. Wurde er etwa nicht eingetragen?↩
- Zu sehen unter „Mini-Mechanik“.↩
Kurz notiert
- Vor einigen Jahren hat mir Gerolf Hering aus Meißen zwei Bleistiftverlängerer, einen Minenhalter und zwei Schäfte für den Druckbleistift STAEDTLER 925 25 gefertigt, die mich heute noch erfreuen. Wenig später stellte er seinen Betrieb ein, doch wie ich kürzlich erfahren konnte, ist er wieder aktiv; seine Verlängerer sind jetzt unter Holzdrehart zu sehen und zu bekommen. – Danke an Herrn Wiese für den Hinweis!
- Das japanische Unternehmen PLUS, Anbieter von Büroausstattungen und Büroartikeln, hat bereits im November einen neuen Radierer vorgestellt. Der Air-in Fruit Eraser basiert auf dem populären Radierer Air-in und ist Form von Orange, Kiwi, Banane und Melone erhältlich, wobei die Pappmanschette der Obstschale nachempfunden ist und den Radierer komplett umschließt, letzterer also vor Gebrauch „geschält“ werden muss. (Nein, die Radierer sind nicht parfümiert.)
- Vor kurzem wurde das Gebrauchsmuster für einen Schreibhandschuh veröffentlicht. Es beschreibt einen Handschuh für Mittel- bis kleinem Finger aus weichen und festen Materialien, der das Papier vor dem Beschmutzen durch die Hand sowie den Mittelfinger vor Schwellungen aufgrund des Drucks durch den Stift schützen und das Schreiben komfortabler machen soll.
- Von sechs großen japanischen Herstellern gibt es neue Kataloge: Mitsubishi/uni 2024-2025, Pilot 2024-2025, Pentel 2025 (als 30-seitige Ergänzung zum Katalog 2023-2024), PLUS 2024, Tombow 2024/2025 und Zebra 2024-2025. – Via r/sharppencils auf Reddit.
Schlank verlängern
Vom japanischen Anbieter YARN kommt ein ganz besonderer Bleistiftverlängerer.
Das aus japanischer Eiche und Messing gefertigte Utensil ist 110 mm lang, aber nur knapp 11 mm dick und damit der dünnste mir bekannte Verlängerer1.
Die viergeteilte Klemmung2 mit 15 mm langem, angenehm gerändeltem Griffstück nimmt Bleistifte mit einem Durchmesser von bis zu 8 mm auf und hält sie zuverlässig; auch der Mitsubishi Hi-uni, dessen Kunststoffkappe in manchen Verlängerern Probleme macht, passt noch hinein.
Bereits 10 mm des Bleistifts reichen für einen sicheren Halt und 90 mm finden im Verlängerer Platz. – Einen Schutz vor Wegrollen gibt es nicht, aber der würde das Design nur stören.
Die geschmackvolle Materialwahl, die elegante Gestaltung und die hervorragende Verarbeitung machen den Verlängerer zu einem sehr ansprechenden Gebrauchsgegenstand, den man nicht mehr aus der Hand legen möchte.
Der Verlängerer kostet 4000 Yen (ca. 25 Euro), was ich als sehr moderat empfinde. – Für den Blackwing mit seiner charakteristischen Zwinge gibt es eine pfiffige Variante.
- Mit einem Gewicht von 15,1 g liegt er im Mittelfeld (zum Vergleich: Rosetta 11,4 g; Pinguin (ohne Kappe) 14,6 g; STAEDTLER 900 25 17,1 g).↩
- Es fällt auf, dass sich die hier gezeigte Klemmung von der auf der Produktseite unterscheidet.↩
Schick in Schale
Was haben ein Ei und diese Bleistiftkappen gemeinsam?
Es ist die Schale, denn die macht 51% des Kappenmaterials aus.
Viele Bleistiftkappen aus Kunststoff sehen langweilig oder nach Kosmetikstift aus, doch diese von Kutsuwa aus Japan sind eine wohltuende Ausnahme.
Ich finde die Kappen reizvoll. Die zerkleinerten Eierschalen machen das Material etwas unregelmäßig, und das für Kappen unübliche Sichtfenster sowie die beiden Flügel, die das Wegrollen verhindern, tragen zur ungewöhnlichen Gestaltung bei. Sie sind 42 mm lang und haben eine 8,2 mm große Öffnung, womit sie hexagonale, runde und dreiflächige Stifte mit einem Durchmesser von bis zu 8 mm aufnehmen können, doch auch auf dünneren Stiften (getestet bis ⌀ 7,3 mm) sitzen sie gut; diese dürfen dann aber keine lange Spitze haben. – Angesichts des Umstands, dass die Kappen zu 49% aus Polypropylen bestehen, gehe ich davon aus, dass sie nicht so schnell reißen wie z. B. die transparenten aus Polycarbonat des gleichen Anbieters.
Neben der Variante mit Eierschalen gibt es zwei weitere mit Jakobsmuschelschalen und Papierresten. Die Bleistiftkappen kosten im Secherserpack 280 Yen (ca. 1,70 Euro).
Rolimin
Ein besonderes Zeichengerät ist das Rolimin aus den 1980er Jahren.
Das von Daniel Blasko aus Villingen-Schwenningen erdachte und 1986 als Gebrauchsmuster1 geschützte Utensil vereint Lineal, Zeichenschiene, Winkelmesser, Kreisschablone2 und Zirkel3 und wurde von der DANILINER GmbH, ebenfalls Villingen-Schwenningen, angeboten.
Dazu verfügt das 130 × 65 mm große und 17 mm hohe Rolimin4 über verschiedene Skalen (darunter auch zwei mit Inch-Teilung), Kreisöffnungen, Führungslöcher, eine Welle mit gerändelten Rollen5 und eine federbelastete Zirkelspitze, die zum Gebrauch auf die Zeichenfläche gedrückt wird.
Der zweiseitige Beileger im Format DIN A4 informiert in deutscher und französischer Sprache über „das kleinste Zeichengerät der Welt“ und dessen Funktionen und Handhabung. Er beschreibt auch die Nutzung als Wagen, um andere Zeichengeräte parallel zu verschieben. Da jedoch die Verbindung nur über die Zirkelspitze hergestellt wird und sich das zu verschiebende Zeichengerät daher beim Transport drehen kann, halte ich diese Funktion für fragwürdig.
Eine Weiterentwicklung des Rolimin, das es außer in transparentem auch in gelbem und orangefarbenem Kunststoff gab, ist der heute noch erhältliche und in zwei Größen verfügbare Constructor. Bei diesem kann man an der Zirkelspitze eine Schiene ansetzen, dessen verschieb- und arretierbarer Einsatz das Zeichnen von Kreisen mit beliebigen statt abgestuften Radien ermöglicht6.
Der Gebrauchswert des Rolimin ist recht ordentlich. Die cm- und die Inch-Skalen sowie die Kreisschablonen sind bemerkenswert genau, ebenso der Winkelmesser. Die Rändelung der Rollen hält das Romilin sicher auf dem Papier, ohne Spuren zu hinterlassen; damit erfüllt das Gerät die Funktion der Zeichenschiene ebenfalls gut. Dadurch wird jedoch die Nutzung als Zirkel etwas erschwert, denn die Rändelung bremst die Kreisbewegung. Die Zirkelspitze lässt sich nur dann genau positionieren, wenn der Einstichpunkt mit einem Kreuz markiert ist, das so groß ist, dass es über die Buchse, in der die Zirkelspitze sitzt, hinausragt; zudem könnte sie etwas spitzer sein, damit sie besser sitzt. Da die Führungslöcher vergleichsweise groß sind und so die Stiftspitze etwas Spiel hat, kann es passieren, dass der Kreisdurchmesser etwa ±1 mm abweicht. Bei der Zirkelfunktion muss man also ein paar Abstriche machen, und die geringen Abmessungen setzen dem Rolimin weitere Grenzen. Unter dem Strich ist es jedoch ein nützliches Hilfsmittel für schnelle Skizzen. –
Bei meiner Suche nach dem Rolimin und dessen Ursprung bin ich auf den sehr ähnlichen Golden Star Multipurpose Ruler der Shiny Hung Trading Co., Ltd. (Taiwan) gestoßen, von dem es noch einige Exemplare bei eBay gibt. Wie alt dieser und das im Beileger genannte Patent 20222 sind, konnte ich leider nicht herausfinden.
Wie so viele andere Geräte für das technische Zeichnen ist das Rolimin aus dem Alltag verschwunden, und auch die Faltschachtel erinnert an vergangene Zeiten: An der Stelle des weißen Rechtecks vor „Germany“ stand ursprünglich „West-“7.
Danke an Kai für den Hinweis auf das Rolimin! – Im Zusammenhang mit Zeichengeräten verweise ich gerne auf das sehr lesenswerte Weblog Graphography.
- Ich freue mich immer wieder über die Sprache und die Satzkonstruktionen in Patent- und Gebrauchsmusterschriften. Kostprobe aus letzterer zum Rolimin: „Die Neuerung betrifft ein Zeichengerät zum Ziehen gerader und kreisbogenförmig verlaufender Striche, bestehend aus einem flachen, plattenartigen, rechteckigen Kunststoffkörper, dessen Längs- und/oder Querkanten wenigstens teilweise mit Längenmeßskalen versehen sind und der auf seiner Oberseite eine in Längsrichtung verlaufende Griffleiste aufweist, welche einstückig angeformt ist und die Form eines auf der Unterseite offenen Hohlkastens besitzt, wobei in der Griffleiste eine Welle mit zwei geringfügig aus dem Hohlraum der Griffleiste nach unten herausragenden Parallelführungsrollen drehbar gelagert ist und wobei außer einer Anzahl von rechteckigen und/oder dreieckigen und/oder kreisförmigen Schablonendurchbrüchen entlang wenigstens einer Längskante eine geradlinige Reihe von in regelmäßigen, einer Längenmeßskala zugeordneten Abständen angeordneten Führungslöchern für einen Zeichenstift oder eine Zeichenfeder angeordnet sind und wobei der Kunststoffkörper außerdem mit einer mittels einer Gewindebuchse in einer Bohrung befestigten, gegen Federdruck betätigbaren Stechnadel versehen ist.“ Ja, das ist ein Satz.↩
- ⌀ 1–10 mm in 1-mm-Schritten.↩
- ⌀ 2–11 mm in 5-mm-Schritten.↩
- Der Name „Rolimin“ war von 1985 bis 1998 und die Wort-/Bildmarke „Daniliner“ von 1986 bis 2002 auf Daniel Blasko eingetragen.↩
- Bei einer wohl für den englischsprachigen Markt gedachten Variante gibt es eine Skala zwischen den Rändelungen.↩
- Das ebenfalls in zwei Größen angebotene Zeichengerät Caroll wirkt wie eine Zwischenvariante, denn dessen ansetzbare Schiene hat keinen verschiebbaren Einsatz.↩
- Zu sehen u. a. hier.↩
Niigata Seiki AGS-15KD
Ein in mehrfacher Hinsicht interessantes und praktisches Lineal ist das AGS-15KD des japanischen Messgeräte- und Werkzeugherstellers Niigata Seiki.
Das aus Acryl gefertigte, 30 × 160 mm große und 2 mm dicke Lineal hat zwei geprägte Skalen, wobei die eine von 0 bis 15 cm und die andere von -7,5 cm bis +7,5 cm geht. Beide Skalen reichen bis an ein Ende, so dass man ab Anschlag messen kann, und da sie auf der Unterseite angebracht sind, lassen sie sich parallaxenfrei ablesen. Darüber hinaus verfügt das sehr gut verarbeitete Lineal über ein 0,5-cm-Raster. – Eine Tuschekante gibt es nicht, doch da die 15-cm-Skala eine Facette hat, kann man das Lineal wenden und so mit einem Füllfederhalter nutzen.
Pfiffige Details erleichtern das Ablesen. Die 1-mm-Teilstriche sind treppenförmig und jeder zweite endet in einem Punkt; zudem ist die Kennzeichnung dunkelgrau und daher auch auf dunklen Untergründen gut erkennbar.
Das AGS-15KD habe ich bei Amazon Japan für 483 Yen (ca. 3 Euro) gekauft. – Außer in 15 cm gibt es das nützliche Utensil noch in 30 und 50 mm, und alle drei Längen sind auch in einer Ausführung mit Metallkante für die Arbeit mit einem Messer erhältlich.