2013
Steckbrief: Lyra Orlow STENO 6331 B
- Hersteller: LyraLYRA, Nürnberg (seit 2008 Teil von FILA)
- Modell: Orlow STENO 6331
- Härtegrad: B (vergleichbar mit der Mine des STAEDTLER Mars Lumograph HB)
- Herstellungsland: Deutschland
- Verwendungszweck: Stenografie
- Aufdruck: GERMANY Lyra [Logo] Orlow [Logo] STENO 6331 B
- Form: rund, werkseitig gespitzt
- Maße: 175 mm lang, 8 mm dick, Minendurchmesser 2 mm
- Gewicht: 4 ± 0,1 g
- Farben: Schaft orange, Prägedruck goldfarben glänzend, Ring schwarz, Käppchen goldfarben matt1
- Holz: Zeder
- Verarbeitungsqualität: gut
- Spitzbarkeit: sehr gut
- Bruchfestigkeit: mittel bis gut
- Abgabe: sehr sauber
- Schwärzung: gut
- Radierbarkeit: gut bis sehr gut
- Wischfestigkeit: sehr gut
- Varianten: HB, B und 2B
- Produktionszeitraum: 1973–1995, möglicherweise schon früher
- Verkaufspreis bei der Markteinführung: mir unbekannt
- Besonderheiten: „Lyra“ in Gemischtschreibung, kein Produktionscode
- Zustand: Risse im Lack mancher Exemplare des Dutzends, meist am Prägedruck
- Anmerkung: Mindestens eine frühere Variante dieses Bleistifts trug auf der abgewandten Seite die zusätzliche Kennzeichnung „D.R.P. 746 988“. – Gleichzeitig im Sortiment war der Steno-Bleistift LYRA 664.
- Bezeichung des Herstellers: „gerundeter Goldverschluss“.↩
Kleine Hand (2)
Zu meinen zahlreichen Obsessionen gehört die Zeigehand. Hat sie mich in meiner Jugend durch ihre Ästhetik angesprochen und u. a. als Stempel erfreut, so habe ich später bemerkenswerte Details aus ihrer über 900-jährigen Geschichte erfahren. Dies und mein Interesse an Typografie lässt mich seitdem zu allem greifen, was sich mit ihr befasst.
„Shady Characters: The Secret Life of Punctuation, Symbols, & Other Typographical Marks“ von Keith Houston, erschienen im September 2013 bei Particular Books (UK) und W.W. Norton (USA), ist nicht nur wegen des Kapitels „The Manicule“1 sehr lesenswert. Jedem, der sich für die Geschichte der Satz- und Sonderzeichen interessiert, sei dieses hervorragend aufgemachte Buch wärmstens empfohlen; auch der Besuch des Weblogs Shady Characters, das diesem Buch vorausging, lohnt sehr.
„The Typophiles“, ein loser Zusammenschluss von an Typografie, Druck und Büchern Interessierten, trafen sich zum ersten Mal in den 1930er Jahren in New York. 1935 begann man mit der Veröffentlichung sogenannter „chap books“, die zunächst nicht nummeriert waren, da man noch nicht an eine Serie dachte. 1940 führte man die Nummerierung ein, und 1942 erschien Band 7, „Roman Numerals, Typographic Leaves and Pointing Hands. Some Notes on their Origin, History and Contemporary Use“ von Paul McPharlin2.
McPharlin war möglicherweise der erste, der sich eingehend mit der Zeigehand befasst hat, und so ist dieses Büchlein für mich ein ganz besonderes, auch wegen der geringen Auflage von nur 495 Exemplaren3.
Es gibt so viel zu entdecken!
- Einen Auszug gibt es unter „The Mysterious Manicule“.↩
- Paul McPharlin war übrigens hauptberuflicher Puppenspieler und Mitbegründer der Puppeteers of America.↩
- Die ersten 395 Exemplare waren durchnummeriert und gingen an Mitwirkende und Abonnenten; 100 kamen in den Verkauf.↩
Spitzer spitzen (6½)
Der Schreibzeugkritiker wirft einen genauen Blick auf den Langkonus-Spitzer KUM 400-5L. Dieser Magnesium-Spitzer hat mich vor vielen Jahren zunächst mit seinem langen Konus begeistert, dann aber wegen seines dicken Spans von etwa 0,39 mm auf andere Spitzer umsteigen lassen. Nun sieht es so aus, als sei der 400-5L überarbeitet worden, denn jetzt ist sein Span laut dem Schreibzeugkritiker nur noch 0,2 bis 0,25 mm dünn; auch sein Äußeres hat man wohl geändert, so dass er nicht mehr die für die Magnesiumlegierung typischen Flecken bekommt. Das klingt alles sehr gut, und so werde ich versuchen, ein Exemplar zu beschaffen, es unter die Lupe zu nehmen und hier zu zeigen.
Nachtrag vom 6.12.13: Ich habe KUM heute angerufen und erfahren, dass der 400-5L nicht überarbeitet wurde. – Der Name „KUM“ stammt übrigens von Adam Klebes und Fritz Mußgüller, die das Unternehmen 1919 in Erlangen gegründet haben.
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Mitsubishi Kouhitsu Shosha
Im Sortiment des japanischen Herstellers Mitsubishi gibt es einen ganz besonderen Bleistift.
Die Kanji-Zeichen 硬筆書写用 auf dem Bleistift stehen für „kouhitsu“ (硬筆), „shosha“ (書写) und „yo“ (用)1. „Kouhitsu“ bedeutet wörtlich „fester Pinsel“ und bezeichnet Bleistift, Kugelschreiber, Feder, Füllfederhalter o. ä. (das Gegenstück ist „mouhitsu“, 毛筆, der weiche Pinsel). „Shosha“ steht für Schönschreiben und Kalligraphie, und das nachgestellte „yo“ bedeutet „zu diesem Zweck“. Kurz: Dieser Bleistift dient zum Erlernen einer schönen Handschrift und wird meist von Schulkindern beim Abschreiben einzelner Zeichen oder kurzer Sätze genutzt, und so nenne ich ihn hier „Kouhitsu Shosha“ (den in seiner Heimat für diesen Stift üblichen Namen kenne ich nicht).
Den Kouhitsu Shosha gibt es nur in 4B und 6B, dafür aber sowohl drei- als auch sechsflächig.
Der Härtegrad findet sich nicht nur auf den Seiten, sondern auch auf dem Käppchen2 und als Farbring, der sehr zu der in meinen Augen geschmackvollen Gestaltung beiträgt. – Weniger schön ist der allgegenwärtige Strichcode, der jedoch entgegen dem sonst Üblichen zwei- statt einfarbig gedruckt wurde und so dem Lesegerät einen noch besseren Kontrast bietet.
Die Mine des Kouhitsu Shosha ist beeindruckende 4 mm dick und hat nur beste Eigenschaften: Sie ist außerordentlich bruchstabil, gleitet sehr leicht, hat eine äußerst saubere, sparsame Abgabe und schwärzt sehr gut. Bis jetzt ist mir noch kein anderer Bleistift dieses Härtegrads mit vergleichbaren Eigenschaften untergekommen!
Darüber, wie man diese erreicht, kann ich nur spekulieren, doch vielleicht gibt der Aufdruck „Pressure-Proofed Hi-Density Lead“ Aufschluss. Bei den deutschen Herstellern kamen früher Dreiwalzenstühle zum Einsatz, um die Minenmasse zu verdichten und Agglomerate aufzubrechen; aus Kostengründen ging man später auf andere Verfahren über. Ich vermute daher, dass die Minenmasse dieses Bleistifts stärker verdichtet wird als bei anderen Bleistiften und man so dieses hervorragende Ergebnis erzielt; vielleicht hat man auch noch einiges über die Imprägnierung gemacht.
Ja, selbst das Spitzen mit dem pingeligen Faber-Castell Janus 4048 ist problemlos möglich3, und die Spitze hält sogar beim Kouhitsu Shosha 6B stärkerem Andruck stand. – Unnötig zu sagen, dass sich das Holz im Handspitzer sehr leicht schneiden lässt.
Ein Foto kann den Abstrich dieses grandiosen Bleistifts leider nur unzureichend wiedergeben, aber vielleicht einen Eindruck vermitteln. – Auch wenn mir bereits die 4B-Variante für das alltägliche Schreiben zu weich ist, so macht es doch Freude, beide Härtegrade hin und wieder für kurze Notizen oder kleine Skizzen zu nutzen.
Ich habe den Mitsubishi Kouhitsu Shosha bei Bundoki gekauft und pro Stück umgerechnet etwa 1 Euro bezahlt.
- Die der japanischen Sprache Kundigen mögen über kleine Ungenauigkeiten hinwegsehen, mich aber bitte auf grobe Fehler hinweisen.↩
- Ein kurzer Blick mit dem Messer zeigt, dass das Käppchen aus Kunststoff besteht und auf einem geschärfelten Ende sitzt.↩
- Es ist natürlich sinnvoller, einen Spitzer mit stumpferem Konus zu benutzen, damit man mehr von der Mine hat.↩
Eine Kostbarkeit aus Japan
In meiner Sammlung ruht seit Jahren eine Kostbarkeit aus Japan, die ich mir zwar schon oft angeschaut, aber aus unerfindlichen Gründen hier noch nicht gezeigt habe.
Bereits die Verpackung aus Stoff, Leder und Holz beeindruckt.
Der so geschmackvoll umhüllte Bleistift ist ein Mitsubishi Hi-uni HB, doch statt der üblichen Lackierung trägt er ein Gewand aus Japanlack (Urushi) und keine Kennzeichnung.
Von diesem Bleistift wurden vor etwa fünf Jahren nur jeweils 30 Stück in schwarz, braun und dunkelblau gefertigt.
Durch eine Unterbrechung des farbigen Lacks am Ende des Stifts ist die Maserung des Holzes zu sehen. – Das Design ist zurückhaltend und die Verarbeitung exzellent, und so lassen mich der Bleistift und seine Verpackung immer wieder staunen.
Dieses kostbare Stück war ein Geschenk von Stephen von pencil talk, der es auch in seinem Weblog vorgestellt hat. Thank you again very much, Stephen!
A.W. Faber Pestalozzi Krokier-Etui Nr. 7673
Landkartenstifte1 üben großen Reiz auf mich aus, ohne dass ich sagen kann, warum – oft sind es nur Farbstifte in anderer Verpackung, und zum meist militärischen Hintergrund habe ich keine Beziehung. Am meisten sprechen mich jedoch die Gestaltung und die oft anzutreffende Legende an; vermutlich ist es deren Ästhetik, die mich auch in diesem Fall hat zugreifen lassen.
Das Krokier-Etui Nr. 7673 von A.W. Faber ist aus Blech, misst 185 × 54 × 18 mm und enthält zwölf Farbstifte der Marke „Pestalozzi“2. Wann diese Marke benutzt wurde, konnte ich noch nicht herausfinden; ich gehe aber davon aus, dass dieses Etui aus der Zeit des zweiten Weltkriegs stammt.
Der Name des Herstellers wurde in den Klappdeckel geprägt.
Auf der Papierummantelung des Etuis finden sich Angaben zur Verwendung der Farben sowie Details der topographischen Darstellung für Krokierzwecke.
Die mit den Farbmustern genannten Nummern korrespondieren mit denen der Stifte, und angesichts der Lücken in der Nummerierung vermute ich, dass die zwölf Farbstifte eine Auswahl aus einem größeren Sortiment waren.
Die sechsflächigen Farbstifte haben eine festere und deutlich weniger kreidige Mine als die meisten anderen mir bekannten Landkartenstifte. Diese ist wasservermalbar, lässt sich aber kaum radieren.
Ihr Aufdruck ist knapp, und neben der Farb- gibt es noch eine Artikelnummer und die damals als Logo genutzte Waage, eines der für mich schönsten Warenzeichen aus der Büroartikelwelt.
Der helle, leicht abwischbare Belag an den Spitzen stammt wahrscheinlich vom Ausblühen des Wachses, mit dem die Minen imprägniert wurden.
Für mich ein sehr schönes Etui!
Anm.: Bei der topografischen Karte im Hintergrund handelt es sich auch diesmal um das Blatt Lauterbach, bearbeitet durch das hessische Katasteramt 1909.
- Ich unterscheide nicht zwischen „Landkartenstift“ und „Krokierstift“.↩
- Es gab auch Bleistifte dieser Marke; Namensgeber war wohl der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827). – In dem Buch „Faber-Castell since 1761“ wird der Warenkatalog des Jahres 1932 zitiert mit „Pestalozzi – der Schulfarbstift mit der dünnen Mine zum billigen Preis – mit Wasser vermalbar“.↩