Kleine Hand

Chris­tian Mor­gen­stern sagte einmal:

Du lebst so lange nur, als du entdeckst.

Ginge es danach, so würde ich gründ­lich und lange leben, selbst wenn die Dinge, die ich ent­de­cke, manch­mal nicht nur einige hun­dert Jahre alt, son­dern auch vie­len schon be­kannt sind. Start­punkt der Ent­de­ckungs­reise war dies­mal „Copy­Pas­te­Cha­rac­ter“ bei Orange Crate Art (Thank you, Michael!).

Kleine Hand

Motiv des Stem­pels „Dings­Bums“ von Kreu­zer (1975)

Ich hätte nicht gedacht, dass die Hand mit Man­schette und aus­ge­streck­tem Zei­ge­fin­ger bereits im 12. Jahr­hun­dert auf­kam, in etli­chen Vari­an­ten von Schrei­bern, Dru­ckern und Le­sern in Manu­skrip­ten und Büchern zur Kenn­zeich­nung benutzt wurde und heute in sechs Uni­code-Zeichen weiterlebt.

Kleine Hand

Unicode-Zeichen „Wei­ßer Zei­ge­fin­ger nach rechts“ (U+261E; hier das Exem­plar aus dem Font Zapf Ding­bats)

Kleine Hand

Drei­di­men­sio­nale Aus­füh­rung als Auf­ste­cker für den Dreh­blei­stift Blift (ca. 1974)

Die Ästhe­tik der zei­gen­den Hand hat mich immer ange­spro­chen, was soweit ging, dass ich eine Vari­ante aus einem Hand­buch der 1970er Jahre als Stem­pel umge­setzt habe (natür­lich hat der als Blei­stift aus­ge­führte Zei­ge­fin­ger eine wich­tige Rolle gespielt).

Kleine Hand

Stem­pel nach einem Sym­bol aus der Anlei­tung zum Taschen­rech­ner TI-59

Ganz anders, näm­lich wis­sen­schaft­lich hat sich Wil­liam H. Sher­man in „Toward a History of the Mani­cule“ (PDF) mit die­sem Zei­chen befasst. Darin zitiert er Hea­ther Wolfe, eine Kura­torin der Fol­ger Shake­speare Library, die dem Ding einen Namen gab: „mani­cule“, von „mani­cula“, dem latei­ni­schen Wort für „kleine Hand“.

Kleine Hand

22 × 17 Pixel: Mein Windows-Mauszeiger über einem Link

Die eng­li­sche Bezeich­nung hat es bis jetzt nicht in die gro­ßen Wör­ter­bü­cher geschafft, und ich bin sicher, dass ich vor einem deut­schen Begriff1 noch einige geschicht­li­che Details zu der klei­nen Hand finde.

Nach­trag vom 14.4.12: Die kleine Hand als Son­der­druck.

Nach­trag vom 10.11.13: Den zwei­ten Teil zur klei­nen Hand gibt es hier.

Nach­trag vom 31.1.14: Eine Schreib­fe­der in Form einer Zeigehand.

  1. Ich schi­cke „Manikel“ ins Ren­nen.

42 Kommentare zu „Kleine Hand“

  1. Pingback: Fingerübung » zonebattler's homezone 2.0

  2. Ich kann mich daran erin­nern, dass die drei­di­men­sio­na­len Hände als Zei­ge­instru­ment zusam­men mit Hell­raum­pro­jek­to­ren benutzt wur­den. Für das, was heute der Laser macht. Oft waren es auch nur fla­che Kunststoff-„Lineale“ mit der fin­ger­zei­gen­den Hand an einem Ende.

  3. »Manikel« finde ich groß­ar­tig. Wenn Du auch sonst ein Händ­chen [ein Manikel?] für Wort­schöp­fun­gen hast, melde Dich doch mal in der Sprach­pfle­ge­gruppe des Typo­gra­phie­fo­rums an.

  4. wal­traut: Stimmt, da habe ich auch noch etwas in Erin­ne­rung. Wur­den diese Dinge nicht auch manch­mal direkt auf die Folie gelegt?

    Mat­thias: Diese Idee hatte Bruce von Sta­tio­nery Traf­fic.

    Drain­spot­ter: Danke! Na ja, ein Händ­chen habe ich nicht, doch hin und wie­der fällt mir etwas ein. – Das Manikel hat es übri­gens schon ins Typografie-Forum geschafft (Anmel­dung erforderlich).

    Fabian Bur: Danke für den Hin­weis! Stimmt, der erste Kom­men­tar lässt nichts Gutes an den Zei­gehänden. – Die Flickr-Gruppe bie­tet wirk­lich eine Überdosis ;-)

  5. Dass wir im Deut­schen nicht ein ein­zel­nes Wort für die kleine Hand haben, dürfte daran lie­gen, dass sich unser deut­sches Land in zwei Sprach­räume auf­teilt. Das Ober­deut­sche ver­wen­det das -lein für Ver­klei­ne­run­gen, wäh­rend das Nie­der­deut­sche das -chen nutzt. Da unser Hoch­deutsch eine ent­wi­ckelte Kunst­spra­che ist, kön­nen Sie sich dann nach regio­na­ler Prä­fe­renz für Händ(-chen/-lein) ent­schei­den. Ich ziehe regel­mä­ßig das -chen vor. ;-)

  6. In die­sem Zusam­men­hang sollte man viel­leicht auch erwäh­nen, dass die zei­gende Hand als sinn­fäl­li­ger Weg­wei­ser den heute an unse­ren Stra­ßen übli­chen schmuck­lo­sen, beschrif­te­ten Pfei­len vorausging.

    Buch­emp­feh­lung dazu: 

    Mar­tin Scharfe: Weg­zei­ger. Zur Kul­tur­ge­schichte des Ver­ir­rens und Weg­fin­dens. Jonas, Mar­burg 1998, ISBN 3-89445-230-7

    Und hier gibt’s ein schö­nes Bild:

    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wegweiser_Erlass_3.jpg

  7. Eine Zei­ge­hand der beson­de­ren, näm­lich der war­nen­den Art fin­det sich auf einem Kur­bel­spit­zer, den Lidl in Groß­bri­tan­nien zur­zeit anbietet:

    Warnung auf einem Spitzer von Lidl UK

    Danke an Iain B. Simpson für seine Bespre­chung die­ses Spit­zers und das Detailfoto!

  8. Zwei eng­lisch­spra­chige Arti­kel zur Zeigehand:
    Keith Hous­ton: The Mys­te­rious Mani­cule (Aus­zug aus sei­nem Buch „Shady Cha­rac­ters: The Secret Life of Punc­tua­tion, Sym­bols, & Other Typo­gra­phi­cal Marks“)
    Ken Gibb: Poin­ting the fin­ger, or, A handy guide to manicules

    Fonts:
    Eine Zusam­men­stel­lung von Fonts mit der Zei­ge­hand und Ver­wand­tem: Fists, poin­ting hands (Luc Devroye, McGill Uni­ver­sity, Mont­real, Canada)
    Drei Fonts mit Zei­ge­hän­den: XPhyn­gern, Mesa Pointe, All­Hands

    Sym­bol:
    Ent­wor­fen für Otto Neu­r­a­ths Iso­type: Die Zei­ge­hand von Gerd Arntz (1900–1988)

    Außer­dem:
    Erik Kwak­kel: Octo­pus fingers
    Giu­lio Menna: Medieval mani­cu­lae in early prin­ted books from the Else­vier Heri­tage Collection
    Manikel auf Front Free Endpaper

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. – Die Angabe von Name, E-Mail und Website ist freiwillig.

Nach oben scrollen