2016

M+R Pollux

Auf der Paper­world im Januar vor­ge­stellt und seit vier Wochen auf mei­nem Schreib­tisch: Der Pol­lux von Möbius+Ruppert.

M+R Pollux

(Bil­der zum Ver­grö­ßern anklicken)

Die Beson­der­heit des Pol­lux ist sein gekrümm­tes Mes­ser, mit dem er eine lange, kon­kave Spitze mit einem Win­kel von etwa 18,5° schnei­det. Die Gestal­tung des Pol­lux spie­gelt diese Spit­zen­form ele­gant wider.

M+R Pollux

Rechts die Gra­nate

Der Spit­zer ist 28 mm lang, 15 mm dick, gut 24 g schwer und aus Mes­sing gefer­tigt; die Stift­auf­nahme hat einen Durch­mes­ser von 8 mm. Auf­grund sei­ner Geo­me­trie benö­tigt er eigene Ersatz­mes­ser, denn die her­kömm­li­chen sind zu kurz. Die Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät des Pol­lux ist wie bei allen Pro­duk­ten von M+R sehr gut1.

M+R Pollux

Von links: Pol­lux, Faber-Castell Janus 4048, KUM 400-5L, CARL Decade DE-100, Gra­nate

Der Ver­gleich zeigt, dass die Spitze des Pol­lux nicht ganz so kon­kav ist wie die des Faber-Castell Janus 4048. Dies hat den ent­schei­den­den Vor­teil, dass die radial auf die Mine wir­kende Kraft deut­lich gerin­ger ist und sich somit auch wei­chere Blei­stifte und sogar Farb­stifte pro­blem­los spit­zen las­sen (ob das in allen Fäl­len sinn­voll ist, sei mal dahin­ge­stellt). Ein wei­te­rer Unter­schied besteht darin, dass beim Janus 4048 die auf 0,6 mm Durch­mes­ser redu­zierte Mine den Spit­zer ver­lässt, der Pol­lux aber eine nadel­feine Spitze produziert.

M+R Pollux

Von links: Mitsu­bi­shi Hi-uni HB, STAEDTLER Lumochrom 104-4, STAEDTLER Mars Lumo­graph 6B, Mitsu­bi­shi Arterase Color 373

Die Gebrauchs­ei­gen­schaf­ten des Pol­lux emp­finde ich als sehr gut. Der Spit­zer lässt sich gut hand­ha­ben, seine Rän­de­lung ist ange­nehm und das Spit­zen fällt leicht. Der Span ist mit durch­schnitt­lich 0,26 mm sehr dünn und die Schnitt­flä­chen von Holz und Mine sind sauber.

M+R Pollux

Mir gefal­len der Pol­lux und die Ästhe­tik der Spitze, die er schnei­det, außer­or­dent­lich gut, und so erfreue ich mich täg­lich an ihm. – Wann der Spit­zer in den Han­del kom­men und wie­viel er kos­ten wird, steht noch nicht fest.

Danke an Möbius+Ruppert für das Muster!

  1. Wer genau schaut, erkennt im zwei­ten Foto am unten Teil des Pol­lux kleine Ker­ben, die ver­mut­lich beim Gleit­schlei­fen durch das Anein­an­der­sto­ßen der Spit­zer ent­stan­den sind. Ich weiß nicht, ob man sie ver­mei­den kann, doch ohne sie sähe der Pol­lux bes­ser aus. Auch die Spu­ren an den End­flä­chen durch das Ablän­gen stö­ren den Gesamt­ein­druck etwas.

Granate 1938–1980

Alte Kata­loge von Möbius+Ruppert lie­fern wei­tere Details zur Geschichte des Hand­spit­zers „Gra­nate“.

Granate 1938–1980

1938

Der älteste mir vor­lie­gende Ein­trag stammt aus dem Jahr 1938 und führt den Mes­sing­spit­zer unter der Num­mer 14/I auf. Es gab auch eine Vari­ante aus „Elektron-Metall“, wie es damals hieß, also aus einer Magnesium-Aluminium-Legierung; sie hatte die Num­mer 14/II.

Granate 1938–1980

1960er Jahre

In den 1960er Jah­ren bot man nur noch die Magnesium-Ausführung an. Sie trug jetzt die Num­mer 14/II und hatte statt der Rändel- eine Schlitz­schraube aus Messing.

Granate 1938–1980

1971

Die Befes­ti­gung mit einer Schraube und zwei Stif­ten behielt man bis in die frü­hen 1970er Jahre bei.

Granate 1938–1980

1975

Eine wei­tere Ände­rung bestand im Weg­fall der bei­den Stifte; wie jedoch das Mes­ser gegen Ver­dre­hen geschützt war, kann ich die­ser Abbil­dung lei­der nicht ent­neh­men. Die „Gra­nate“ bekam nun die heute noch aktu­elle Arti­kel­num­mer 6041.

Granate 1938–1980

1980

In der zwei­ten Häfte der 1970er Jahre legte man das Mes­ser in ein Mes­ser­bett, wodurch es in Posi­tion gehal­ten wurde; daher stand es auch nicht mehr über und ließ den Spit­zer gefäl­li­ger aus­se­hen. Es musste dafür aller­dings schma­ler gemacht wer­den, und so gab (und gibt) es eigene Ersatz­mes­ser nur für die „Gra­nate“. – Die letzte kon­struk­tive Ände­rung2 war der Umstieg von der im Haus gefer­tig­ten Mes­sing­schraube auf eine aus kal­tem Draht gepresste und zum Schutz vor Rost gal­va­ni­sierte Kreuz­schlitz­schraube von Laro (Ita­lien)3.

Danke an Möbius+Ruppert für die Leih­gabe der Kataloge!

  1. Genauer: Zuerst 604 0, spä­ter 604.0 und heute 0604.
  2. Zu Ände­run­gen bei den Mate­ria­lien und Fer­ti­gungs­ver­fah­ren kann ich nichts sagen.
  3. Quelle: „Waren­probe: Das steckt alles in einem Spit­zer“.

W.Z. № 47683

Ein wei­te­res Expo­nat im vir­tu­el­len Museum zum Spit­zer­klas­si­ker „Gra­nate“, und zwar aus Mes­sing, für dicke Stifte mit einem Durch­mes­ser von bis zu 11 mm und mit einer inter­es­san­ten Kennzeichnung.

W.Z. № 47683

Das Stück war in kei­nem guten Zustand, und so musste ich erst einen Früh­jahrs­putz1 vornehmen.

W.Z. № 47683

Die­ses Modell hat die glei­che Form und Größe wie das bereits vor­ge­stellte mit dem 1939 ein­ge­tra­ge­nen Waren­zei­chen 507558 und trägt eben­falls die Prä­gung „GRANATE“. Es fällt auf, dass es auch hier nur drei statt der übli­chen vier Rän­de­lun­gen gibt; dies ist das typi­sche Merk­mal der Vari­an­ten für dickere Stifte. – Das Mes­ser ist stumpf und schar­tig, so dass ich auf einen Funk­ti­ons­test ver­zich­tet habe.

W.Z. № 47683

Hier zu sehen ist jedoch das Waren­zei­chen 47683, das 1900 ange­mel­det und 1901 für Möl­ler & Breit­scheid ein­ge­tra­gen wurde; dar­aus schließe ich, dass der Spit­zer von die­sem Anbie­ter stammt und um die 100 Jahre alt sein könnte. 

W.Z. № 47683

  1. Sehr hilf­reich dabei war das Ein­wei­chen in der Sidol-Metallpolitur und das anschlie­ßende Bear­bei­ten mit einer alten Zahn­bürste; die fest­sit­zende Rän­del­schraube konnte ich mit Caramba Super Plus Vielzweck-Spray (heute Caramba Super Plus Pre­mium Mul­tiöl) lösen.

Granate 1903–1908

Auch im Archiv von Faber-Castell fin­det sich der Hand­spit­zer „Gra­nate“.

Granate 1903–1908

In den Waren­ka­ta­lo­gen von A.W. Faber Ber­lin wur­den von 1903 bis 1907 unter dem Pro­dukt­na­men „Gra­nate“ der Blei­stift­spit­zer No. 1903 und der Farb­stift­spit­zer No. 1696 sowie Ersatz­mes­ser ange­bo­ten. – Der höhere Preis für den Farb­stift­spit­zer lässt mich ver­mu­ten, dass er ähn­lich die­ser Vari­ante von Möl­ler & Breit­scheid für dickere Stifte aus­ge­legt und daher grö­ßer war.

Granate 1903–1908

1908 bewarb ein fran­zö­si­scher Waren­ka­ta­log von A.W. Faber auf Seite 232 (!) die „Gra­nate“, dies­mal mit der Arti­kel­num­mer 4001.

Über den (oder die) Her­stel­ler die­ser Spit­zer hat das Archiv von Faber-Castell keine Infor­ma­tio­nen. – Bereits ein paar Mal bin ich auf die 1953 gegrün­dete Fabrik für Fein­me­cha­nik und Elek­tro­tech­nik Her­mann Mel­lert (heute: Mel­lert SLT GmbH & Co. KG) auf­merk­sam gewor­den. Die­ses Unter­neh­men hat in den 1950er Jah­ren Mes­sing­spit­zer gefer­tigt und könnte daher auch die (spä­tere) „Gra­nate“ her­ge­stellt haben, doch lei­der gibt es im Unter­neh­men keine Doku­mente zur Spit­zer­fer­ti­gung mehr.

Es fällt übri­gens die bemer­kens­werte Ähn­lich­keit der bei­den Abbil­dun­gen auf (man beachte u. a. die Dar­stel­lung der Refle­xio­nen auf der Rän­del­schraube und dem Mes­ser); ich gehe davon aus, dass bei­den Kata­log­ein­trä­gen die­selbe Illus­tra­tion zu Grunde lag.

Hier noch die Titel der zitier­ten Kataloge:

Granate 1903–1908

Granate 1903–1908

Danke an Faber-Castell für die Scans!

Nach­trag vom 4.6.23: Laut Nor­th­data wurde 2018 über das Ver­mö­gen der Mel­lert SLT GmbH & Co. KG das Insol­venz­ver­fah­ren eröffnet.

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