Spitzer

Der Ursprung der „Granate“

Ein neuer und in mehr­fa­cher Hin­sicht bemer­kens­wer­ter Fund zur Geschichte des Hand­spit­zers „Gra­nate“ führt in das Jahr 1890 und damit noch wei­ter zurück als bisher.

Am 6. Okto­ber 1890 mel­dete Ewald Breit­scheid aus Köln beim Schwei­ze­ri­schen Eid­ge­nös­si­schen Amt für geis­ti­ges Eigen­tum seine Erfin­dung „Neue­rung an Blei­stift­spit­zern“ an und am 15. April 1891 wurde sein Patent Nr. 2894 veröffentlicht.

Der Ursprung der „Granate“

Darin heißt es ein­lei­tend1:

Der nach­fol­gend beschrie­bene neue Blei­stift­an­spit­zer ist dadurch cha­rak­te­ri­sirt, dass er dem Mes­ser, wel­ches zum Zwe­cke des Schlei­fens leicht abge­nom­men und wie­der ange­setzt wer­den kann, eine voll­stän­dig feste Auf­la­ge­flä­che bie­tet, so dass das Mes­ser beim Schnei­den nicht vibri­ren kann und eine schöne glatte Flä­che herstellt.

Das Doku­ment schließt mit dem Patentanspruch:

Ein Blei­stift­an­spit­zer, bestehend aus dem mit koni­scher Boh­rung k und Sei­ten­aus­schnitt e, d ver­se­he­nen Gehäu­se­man­tel a, des­sen Aus­schnitt so ange­ord­net ist, dass der­selbe eine zur Boh­rung des Konus k nahezu tan­gen­tial ver­lau­fende Flä­che d besitzt, auf wel­cher das Mes­ser f durch Schrau­ben g, h befes­tigt ist.

Der paten­tierte Spit­zer ist also der erste, der über ein voll­stän­dig auf­lie­gen­des Mes­ser ver­fügt. Die koni­sche Boh­rung wird zwar nicht als für die Erfin­dung cha­rak­te­ris­tisch auf­ge­führt, aber im Patent­an­spruch erwähnt (ob der Schutz auch für diese galt, bezweifle ich, denn mei­nes Wis­sens gab es sie bereits 1852 beim „Pen­cil Cut­ter and Shar­pe­ner“ von A. Marion & Co.2). Damit hat Ewald Breit­scheid den moder­nen Hand­spit­zer erfun­den3.

Die Beschrei­bung des Spitz­vor­gang könnte – abge­se­hen von der Schreib­weise – heute ver­fasst wor­den sein:

Beim Ein­füh­ren eines neuen Blei­stifts in die Boh­rung i gelangt das­selbe zuerst an den unte­ren Theil der Schneid­kante des Mes­sers f und wird nun durch Dre­hen und Hin­ein­drü­cken in den Konus k ver­jüngt und zuge­spitzt, so dass es immer tie­fer in den Konus k hin­ein­dringt und von einem immer grö­ße­ren Theil des Mes­sers bear­bei­tet wird.
Nach­dem das Holz des Bleis dann in die­ser Weise den gan­zen Konus durch­lau­fen hat, gelangt die Blei­ein­lage allein in die Durch­boh­rung l und wird nun hier von dem obers­ten Theil der Schneid­kante völ­lig zuge­spitzt, womit die ganze Ope­ra­tion been­det ist.

Und wie sah der Spit­zer aus? Diese Zeich­nung gibt Aufschluss.

Der Ursprung der „Granate“

Das ist die Geburts­ur­kunde des Spit­zers, der gut zehn Jahre spä­ter den Mar­ken­na­men „Gra­nate“4 bekom­men und unter die­sem bekannt wer­den sollte.

Moment, wer­den jetzt einige sagen, das Patent stammt doch aus der Schweiz, und Ewald Breit­scheid kam aus Deutsch­land. Gab es kein deut­sches Patent? Nein, das gab es nicht, denn die Jahre von 1884 bis 1894 waren eine patent­amts­lose Zeit in Deutsch­land, und so wichen Erfin­der auf benach­barte Län­der aus. Beliebt waren die Schweiz und Däne­mark, und so kam Ewald Breit­scheid zu einem Schwei­zer Patent (der Schutz bestand dann auch nur in der Schweiz).

Für die Posi­tio­nen und die voll­stän­dige Beschrei­bung ver­weise ich auf das Patent­do­ku­ment, doch zwei Punkte seien her­vor­ge­ho­ben, da diese schon recht bald nach Ertei­lung des Patents geän­dert wurden:

  • Der Aus­schnitt im Kör­per des Spit­zers ist recht­wink­lig, wobei die eine Flä­che bei­nahe senk­recht und die andere nahezu tan­gen­tial zur koni­schen Boh­rung verläuft.
  • Zu den bei­den Schrau­ben, mit denen das Mes­ser befes­tigt ist, wird vor­ge­schla­gen, dass man sie „zweck­mä­ßig etwas groß macht und an der Seite des Kop­fes mit klei­nen Rie­fen oder Ril­len ver­sieht, damit man sie und somit auch das Mes­ser ein­fach durch Hand lösen und ent­fer­nen kann“.

Gegen Ende geht es um die Gestal­tung für eine sichere Hand­ha­bung des Spitzers:

Um den Blei­stift­an­spit­zer beim Arbei­ten gut hal­ten zu kön­nen, ist der­selbe auf der äus­se­ren Flä­che mit Hohl­keh­len und kreuz­weise ange­ord­ne­ten Rie­fen oder Ril­len ver­se­hen, wie diess Fig. 1 und 2 zeigt; doch kann natür­lich für die­sen Zweck auch jede belie­bige andere Methode gewählt werden.

Damit kam – eigent­lich neben­bei – ein typi­sches Merk­mal der „Gra­nate“ in die Welt, das seit­dem unver­än­dert ist, näm­lich die vier Rän­de­lun­gen5. Auch die für die Funk­tion des Spit­zers eben­falls nicht not­wen­dige Ver­jün­gung am Ende blieb erhalten.

Wäh­rend also der zen­trale Aspekt des paten­tier­ten Spit­zers – das voll­stän­dig auf­lie­gende Mes­ser – zum Stan­dard wurde, ist sein Design, das nicht zum Patent­an­spruch gehörte, auch heute noch etwas Einzigartiges.

Han­delt es sich bei der unter „Reise ins 19. Jahr­hun­dert“ gezeig­ten „Gra­nate“ um das ursprüng­li­che Modell? Vie­les spricht dafür.

Der Ursprung der „Granate“

Es fällt jedoch sofort auf, dass das Mes­ser und die Schrau­ben­köpfe etwas anders geformt sind. Ich kann mir vor­stel­len, dass die untere Ecke des Mes­sers stö­rend über die Rän­de­lung her­aus­ge­ragt hat und und daher schon früh abge­run­det wurde6. Bei den Schrau­ben wird man schnell erkannt haben, dass sie auf­grund ihrer Größe selbst mit Ril­len nicht gut von Hand zu betä­ti­gen sind, und hat sie ein­fa­cher ausgeführt.

Der Ursprung der „Granate“

Beim Blick auf den Stift­ein­lass in der Zeich­nung über­rascht des­sen gerin­ger Durch­mes­ser. Mich würde nicht wun­dern, wenn er zu klein gera­ten wäre, denn der gra­fisch ermit­telte Spitz­win­kel beträgt gerade ein­mal 14°7. Alle ande­ren Maße stim­men pro­por­tio­nal weit­ge­hend mit denen der alten „Gra­nate“ überein.

Und wie unter­schei­det sich die aktu­elle von der Ur-„Granate“?

Der Ursprung der „Granate“

Die moderne „Gra­nate“, heute von Möbius+Ruppert in Erlan­gen gefer­tigt, ist mit 15 mm genau so dick wie die alte, aber bei fast gleich­lan­gem Mes­ser 5 mm kür­zer und etwa 20% leich­ter. Das Mes­ser liegt in einem Bett8, so dass es durch Form­schluss vor dem Ver­dre­hen geschützt ist und eine Schraube aus­reicht. Der Aus­schnitt ist 120° statt 90° groß, wodurch die Späne bes­ser abflie­ßen kön­nen, und durch die drei­mal so große Aus­tritts­öff­nung las­sen sich Holz- und Minen­reste leich­ter ent­fer­nen. Die Rän­de­lun­gen sind etwas fei­ner und die Nuten schma­ler und fla­cher, so dass der Spit­zer gefäl­li­ger ist; dazu trägt auch das bün­dig abschlie­ßende Mes­ser bei. Doch trotz die­ser Ver­bes­se­run­gen ist ihr Cha­rak­ter geblie­ben, und so hätte man die neue „Gra­nate“ auch 1891 sofort erkannt9.

Wie so oft blei­ben Fra­gen. Wer hat den Spit­zer von Ewald Breit­scheid damals her­ge­stellt?10 Gibt es deutsch­spra­chige Ver­öf­fent­li­chun­gen aus der dama­li­gen Zeit, in der für ihn gewor­ben wurde? Wel­che Erfah­run­gen und Über­le­gun­gen führ­ten wann zu den kon­struk­ti­ven Ände­run­gen?11

Auch wenn die zen­trale Frage zur Geschichte der „Gra­nate“ jetzt beant­wor­tet sein dürfte12, so bleibt es doch interessant!

  1. Die Schrei­bung ent­spricht der im Patent­do­ku­ment.
  2. Damit ist die Behaup­tung im Stadt­le­xi­kon des Stadt­ar­chivs Erlan­gen wider­legt, Theo­dor Paul Möbius (1868–1953) habe im Jahr 1908 den kegel­för­mig gebohr­ten Blei­stift­spit­zer erfun­den.
  3. Zuwei­len wird Wal­ter Kitt­redge Fos­ter aus Ban­gor, Maine (USA) als Erfin­der des Hand­spit­zers bezeich­net, doch sein an einen Ker­zen­lö­scher erin­nern­des Gerät aus dem Jahr 1855 (man­chen Quel­len zufolge 1851) hatte keine koni­sche Boh­rung und ein ein­ge­gos­se­nes Mes­ser.
  4. Eine zweite Anmel­dung des Namens erfolgte 1939.
  5. Oder die Rän­de­lung mit drei Nuten (der Begriff „Hohl­kehle“ passt mei­ner Ansicht nach hier nicht). – Spä­tere Vari­an­ten der „Gra­nate“ für dickere Stifte hat­ten nur drei Rän­de­lun­gen.
  6. Viel­leicht geschah dies auch erst durch den Benut­zer; die etwas unsau­bere Ver­run­dung könnte dafür spre­chen.
  7. Zum Ver­gleich: Der Spit­zer mit dem zur­zeit kleins­ten Win­kel, der KUM Mas­ter­piece, kommt auf 16°.
  8. Auf­grund der durch das Bett geän­der­ten Lage des Mes­sers sitzt der Stift­ein­lass, der immer noch einen Durch­mes­ser von 8 mm hat, außer­mit­tig.
  9. Die hel­len Stel­len las­sen ver­mu­ten, dass die alte „Gra­nate“ eben­falls aus Mes­sing ist (die Patina werde ich nicht ent­fer­nen). – Hin und wie­der liest man, die alte „Gra­nate“ wäre aus Muni­tion gefer­tigt wor­den, doch das ist natür­lich Unsinn.
  10. Man kann davon aus­ge­hen, dass Möl­ler & Breit­scheid den Spit­zer nur ver­trie­ben, aber nicht pro­du­ziert hat, denn das von Wolf­gang Möl­ler und Ewald Breit­scheid 1869 gegrün­dete und 1975 auf­ge­löste Unter­neh­men lief als Schreibwaren-Großhandel und hatte keine eigene Fer­ti­gung.
  11. Hat man den Aus­schnitt ver­grö­ßert, um die Späne leich­ter abflie­ßen zu las­sen oder um die spä­ter genutzte Rän­del­schraube bes­ser grei­fen zu kön­nen? Warum sind jetzt beide Sei­ten des Aus­schnitts geneigt? Wurde der Stift­ein­lass und dadurch der ganze Spit­zer ver­kürzt, weil man fest­ge­stellt hat, dass der Blei­stift auch so aus­rei­chend geführt wird und man damit Mate­rial spa­ren konnte? Warum hat man die Aus­tritts­öff­nung grö­ßer gemacht?
  12. Damit ist mein Bei­trag zur „Gra­nate“ im Buch Sta­tio­nery Fever“/„Schreibwaren“ (2016) in Tei­len über­holt.

Reise ins 19. Jahrhundert

Alle bis­her gezeig­ten Vari­an­ten des als „Gra­nate“ bekann­ten Hand­spit­zers wur­den im 20. Jahr­hun­dert gefer­tigt, doch die­ses Exem­plar könnte aus der Zeit vor 1900 stammen.

Reise ins 19. Jahrhundert

Wie ich dar­auf komme? Durch diese Anzeige von Wink­ley Dresser & Co. mit Sitz in Bos­ton, Mas­sa­chu­setts (USA), in „The Ame­ri­can Sta­tio­ner“, Vol. 32, Nr. 8 vom 25. August 18921.

Reise ins 19. Jahrhundert

Die Ähn­lich­kei­ten sind bemer­kens­wert. Ver­hält­nis von Mes­ser­länge zu Spit­zer­länge, Länge und Form des Mes­sers, Kopf und Posi­tion der Schrau­ben: Auch wenn man die Abbil­dung sicher nicht so genau neh­men sollte, so ver­blüf­fen diese Par­al­le­len. – Natür­lich wäre es mög­lich, dass die­ses Modell viele Jahre lang pro­du­ziert und noch zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts ange­bo­ten wurde, doch dage­gen spricht eine Nach­richt aus dem Novem­ber 1892, in der vom Umstieg auf eine Schraube berich­tet wird (aller­dings könn­ten beide Vari­an­ten par­al­lel erhält­lich gewe­sen und auch Kopien ange­bo­ten wor­den sein.)2.

Die Kenn­zeich­nun­gen finde ich sehr interessant.

Reise ins 19. Jahrhundert

Wel­ches Patent ist hier gemeint?

Reise ins 19. Jahrhundert

Wer hat diese „Gra­nate“ paten­tie­ren las­sen und her­ge­stellt?3 Bringt sie uns näher an den Ursprung des Spit­zer­klas­si­kers? Oder ist das viel­leicht sogar die Urform?

  1. Mehr dazu unter „Gra­nate 1891–1892“.
  2. In der Rubrik „Small Pen­cil Shar­pe­ners“ im Early Office Museum fin­det sich das Foto eines fast iden­ti­schen Spit­zers. Dazu heißt es: „Dies ist ein Bei­spiel für die vie­len Blei­stift­spit­zer ohne Kenn­zeich­nung, die in den USA und Europa zu fin­den und dem Ame­ri­can Car­tridge Pen­cil Shar­pe­ner ähn­lich sind.“ Dane­ben geht das Museum auf eine Vari­ante der „Gra­nate“ von Eber­hard Faber aus dem Jahr 1892 ein, aber lei­der gibt es keine Quel­len­an­ga­ben.
  3. Die hel­len Stel­len, an denen sich die Patina löst, las­sen ver­mu­ten, dass der Spit­zer aus Mes­sing gefer­tigt wurde (die Patina werde ich nicht ent­fer­nen).

Granate 1891–1892

Kaum hat man ein Gene­ra­tio­nen­tref­fen ver­an­stal­tet, muss man fest­stel­len, dass jemand gefehlt hat – und zwar offen­bar der älteste.

Dachte ich bis­her, die Vari­ante der „Gra­nate“, bei der das Mes­ser durch zwei Stifte und eine Rän­del­schraube gehal­ten wird, sei die erste gewe­sen, so hat mich diese Mel­dung in „The Ame­ri­can Sta­tio­ner“, Vol. 30, Nr. 24 vom 10. Dezem­ber 1891 in der Rubrik „Trade Novel­ties“ eines Bes­se­ren belehrt. 

Granate 1891–1892

Henry Bain­bridge & Co. haben also im Jahr 1891 den Spit­zer „Gre­nade“ in den USA ein­ge­führt. Er ist etwas län­ger als das aktu­elle Modell, hat mit die­sem aber das typi­sche Design – zylin­drisch, vier Rän­de­lun­gen und ver­jüng­tes Ende – gemein und kann daher wohl als die älteste Vari­ante bezeich­net wer­den. Doch woher kam die „Gre­nade“? Einen Hin­weis könnte diese Anzeige von Wink­ley Dresser & Co. in „The Ame­ri­can Sta­tio­ner“, Vol. 32, Nr. 8 vom 25. August 1892 liefern.

Granate 1891–1892

Dass man auf die Kenn­zeich­nung „GERMANY“ ach­ten soll, spricht natür­lich dafür, dass der hier als „Car­tridge“ bezeich­nete Spit­zer aus Deutsch­land kam. – Schön finde ich „sim­ply per­fect“, denn das gilt heute noch, ebenso die Erwäh­nung, dass der Spit­zer ein­zeln in einer Box aus polier­tem Kirsch­holz ver­packt wurde. Sehr schick!

Jetzt kann man den sehr ähn­lich aus­se­hen­den „Peer­less“ von Gree­nough, Adams & Cus­hing zuver­läs­sig ein­ord­nen, der im März 1892 mit „which has heret­ofore been impor­ted“ beschrie­ben und eine Woche spä­ter bewor­ben wurde: Es war eine Kopie, mit der man gegen die Import­ware aus Europa antrat (im Jahr dar­auf warb man mit „equal to the finest impor­ted“). Und man schaut anders auf den Brinco „Sharpe-Point“ aus Eng­land, der – wenn auch ver­mut­lich neuer – durch die bei­den Schrau­ben sehr nahe an der „Ur-Granate“ ist.

Doch wann geschah der Umstieg von zwei Schrau­ben auf eine Rän­del­schraube und zwei Stifte? Wenn man die­ser Nach­richt in „The Ame­ri­can Sta­tio­ner“, Vol. 32, Nr. 20 vom 17. Novem­ber 1892 Glau­ben schen­ken kann, wurde der als „Car­tridge“ bekannte Spit­zer von der Boyd & Abbot Com­pany ver­bes­sert und dabei mit einer „thumb­s­crew“ versehen.

Granate 1891–1892

Nun muss diese „thumb­s­crew“ nicht unbe­dingt mit der spä­te­ren Rän­del­schraube iden­tisch gewe­sen sein, doch da man hier von einer Schraube sprach, kann man davon aus­ge­hen, dass man sich von der alten Befes­ti­gung ver­ab­schie­det hat. – Bemer­kens­wert finde ich den Hin­weis auf den Import von Ersatzmessern.

Die Geschichte des Spit­zer­klas­si­kers lässt sich somit bis ins Jahr 1891, also 132 Jahre zurückverfolgen.

Doch wie so oft kom­men die Ant­wor­ten in Beglei­tung neuer Fra­gen. Das Hand­buch für Papier und Büro­be­darf gab 1949 an, dass die „Gra­nate“ vor etwa 60 Jah­ren, d. h. um 1889 in den Han­del gekom­men sein soll. Wenn das stimmt, was geschah 1889 bis 1891? Kam die Idee, das Mes­ser mit nur einer Schraube zu befes­ti­gen, aus den USA nach Europa oder hatte man hier den glei­chen Gedan­ken? Wie passt das US-Patent 492669 von J.R. Fos­ter aus dem Jahr 1893 hinein?

Und die zen­trale Frage bleibt: Wer hat die „Gra­nate“ gestal­tet und zum ers­ten Mal hergestellt?

Generationentreffen

Die Geschichte des als „Gra­nate“ bekann­ten Hand­spit­zers, der seit knapp 90 Jah­ren von Möbius+Ruppert her­ge­stellt wird1, lässt sich bis 1892 zurück­ver­fol­gen2. Die Form hat sich über die Jahre nur wenig geän­dert3, wohl aber das Mes­ser und seine Befes­ti­gung; der kürz­li­che Fund von zwei alten Vari­an­ten bie­tet die Gele­gen­heit für einen Vergleich.

Generationentreffen

Bis in die 1950er Jahre hin­ein wurde das Mes­ser durch eine Rän­del­schraube und zwei Stifte gehal­ten. Um 1960 herum löste eine Schlitz­schraube aus Mes­sing die Rän­del­schraube ab (links); dies behielt man bis in die frü­hen 1970er Jahre bei. Dann fie­len die bei­den Stifte weg4 und ein paar Jahre spä­ter legte man das nun anders geformte Mes­ser in ein Mes­ser­bett, um es gegen Ver­dre­hen zu sichern (Mitte). In die­ser Zeit – viel­leicht sogar schon etwas frü­her – wurde die „Gra­nate“ auch einen Mil­li­me­ter kür­zer. Als letzte Ände­rung ersetzte man in den 1980er Jah­ren die im Haus gefer­tigte Schlitz­schraube durch eine aus kal­tem Draht gepresste und zum Schutz vor Rost gal­va­ni­sierte Kreuz­schlitz­schraube (rechts).

  1. Die­ser Spit­zer war in den ers­ten Jahr­zehn­ten des letz­ten Jahr­hun­derts auch als „Gra­nate 5“ im Sor­ti­ment der Ver­triebs­firma Möl­ler & Breit­scheid, doch wer diese Vari­ante gefer­tigt hat, konnte ich bis jetzt nicht her­aus­fin­den (Möbius+Ruppert war es nicht).
  2. Dem „Hand­buch für Papier und Büro­be­darf“ von 1949 zufolge kam die „Gra­nate“ um 1889 in den Han­del, doch dafür habe ich noch keine Bestä­ti­gung fin­den kön­nen.
  3. Hin und wie­der sieht man die „Gra­nate“ mit drei statt der vier typi­schen Rän­de­lun­gen; dies ist die heute nicht mehr erhält­li­che Aus­füh­rung für dicke Stifte.
  4. Quelle: Kata­log des Jah­res 1975 von Möbius+Ruppert. – Diese Vari­ante habe ich lei­der nicht; ich wüsste zu gerne, wie das Mes­ser in Posi­tion gehal­ten wurde.

Kurz notiert

Graphite Ultras

Lexi­ka­li­ker prä­sen­tiert: Die stil­ge­rechte Ober­be­klei­dung für die wah­ren Fans unter den Bleischreibern.

Graphite Ultras

Mit die­sem geschmack­vol­len Klei­dungs­stück zeigt man seine bevor­zug­ten Schreib­ge­räte nebst Zube­hör auf reiz­volle und über­zeu­gende Weise und gibt oben­drein eine gepflegte Erschei­nung ab.

Das Motiv1 ent­stand in Zusam­men­ar­beit mit mei­nem geschätz­ten Kol­le­gen Domi­nik Hüf­ner, der neben­be­ruf­lich als frei­schaf­fen­der Künst­ler tätig und Mit­glied der Illus­tra­to­ren Darm­stadt e. V. ist. Eine Aus­wahl sei­ner Werke gibt es am kom­men­den Wochen­ende (25./26.3.23) auf dem Illus­tra­ti­ons­fes­ti­val „Illus­tre Gestal­ten“ in der Cen­tral­sta­tion Darm­stadt zu sehen; der Ein­tritt ist frei.

Wann und wo das T-Shirt zu haben sein wird2, steht noch nicht fest und hängt auch von der Nach­frage ab. Details folgen!

  1. Die Schrift ist die Kom­pakt von Her­mann Zapf aus dem Jahr 1954.
  2. Selbst­ver­ständ­lich dann auch in ande­ren Far­ben.

STAEDTLER 5700

Mit die­sem reiz­vol­len Falt­blatt bewarb J.S. STAEDTLER vor etwa 60 Jah­ren seine Spitz­ma­schi­nen der Serie 5700.

STAEDTLER 5700

Die drei Vari­an­ten boten für jeden Ein­satz­zweck die geeig­nete Spitze, wobei die 5700 D die Mine nur frei­legte1, aber nicht spitzte. Unter „Scary Point“ auf pen­cils and other things merkte ein Kom­men­ta­tor an, dass diese Maschine den Minen­durch­mes­ser auf 1,5 mm ver­rin­gert. Das ist pfif­fig, denn damit wird sicher­ge­stellt, dass die Mine auch dann voll­stän­dig vom Holz befreit wird, wenn sie einen gerin­ge­ren als den Nenn­durch­mes­ser hat oder leicht außer­mit­tig sitzt2.

STAEDTLER 5700

Mir gefal­len die Illus­tra­tio­nen und die klare Spra­che, die den Nut­zen und die Vor­züge des Geräts her­aus­stellt und ohne läs­tige Wort­hül­sen auskommt.

STAEDTLER 5700

Auch wenn heu­tige Spitz­ma­schi­nen etwas anders aus­ge­führt sind – das 6-Backen-Spannfutter und den aus­wech­sel­ba­ren Frä­ser3 habe ich noch bei kei­nem aktu­el­len Modell gese­hen –, so ist doch das Grund­prin­zip geblie­ben. Inter­es­sant zu wis­sen wäre, von wem und wann die Urform des Kur­bel­spit­zers stammt und ob die 5700 D die erste ihrer Art war.

  1. Hier nur abge­bil­det, aber im Bei­le­ger „The new 5700 D“ von J.S. STAEDTLER Inc. in Hacken­sack, New Jer­sey (USA), erwähnt ist die Mög­lich­keit, die Länge des frei­ge­leg­ten Minen­ab­schnitts ein­zu­stel­len.
  2. Hand­spit­zer wie z. B. der Koh-I-Noor № 1000 machen das über ein ver­stell­ba­res Mes­ser, wobei aber die Gefahr besteht, dass die Mine spi­ral­för­mig ein­ge­kerbt wird und dadurch an Bruch­fes­tig­keit ver­liert.
  3. So kann man z. B. bei den Kur­bel­spit­zern von CARL nicht den ein­zel­nen Frä­ser aus­tau­schen, son­dern nur die kom­plette Ein­heit aus Stift­auf­nahme, Frä­ser mit Hal­te­rung, Bajo­nett und Kur­bel.
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