Innere Mechanik der Füllbleistifte
Dr. Hermann Wildt, Arthur Guthke, Dipl.-Hdl. Franz Karl Reckert: Handbuch für den Bürobedarfs- und Papierwarenhandel. Berlin: Max Schwabe Verlag 1939.
Dr. Hermann Wildt, Arthur Guthke, Dipl.-Hdl. Franz Karl Reckert: Handbuch für den Bürobedarfs- und Papierwarenhandel. Berlin: Max Schwabe Verlag 1939.
Dr. Hermann Wildt, Arthur Guthke, Dipl.-Hdl. Franz Karl Reckert: Handbuch für den Bürobedarfs- und Papierwarenhandel. Berlin: Max Schwabe Verlag 1939. (Nachfolger dieses Buches war das Handbuch für Papier und Bürobedarf von Dipl.-Hdl. Franz Karl Reckert aus dem Jahr 1949.) – Ich mag generische Abbildungen.
Nach wie vor unbekannt ist mir der Ursprung des unter dem Namen „Granate“ bekannten Handspitzers, und so greife ich zu allem, was Aufschluss geben könnte. Zwei Funde der jüngsten Zeit liefern interessante Details.
Im Bild die aktuelle „Granate“ von Möbius+Ruppert
Das „Handbuch für Papier und Bürobedarf“ von Dipl.-Hdl. Franz Karl Reckert, einem gut 600-seitigen Fachbuch für den Bürobedarfs- und Papierwarenhandel aus dem Max Schwabe Verlag, erschienen im Jahre 19491, nennt und zeigt die „Granate“ in der Rubrik „Bleistiftanspitzer“.
Das hier abgebildete Modell ähnelt sehr der „Granate 5“ von Möller & Breitscheid
Bemerkenswert ist der Hinweis darauf, dass dieser Spitzer vor etwa 60 Jahren, also um 1889 in den Handel gekommen sein soll.
Die „Kleine Anspitzer-Fibel“ von Leonhard Dingwerth nennt als Erfinder der „Granate“ den Franzosen de Thierry; das Patent soll er am 14. April 1847 erhalten haben. Die Fibel enthält zwei Anzeigen von 1900 und 1925, die mit dem Namen „Granate“ werben, doch dieser wurde erst 1939 als Warenzeichen für Möller & Breitscheid eingetragen. War er schon früher üblich, aber nicht als Marke registriert? Weiter heißt es dort, die „Granate“ wäre ab ca. 1847 von Möller & Breitscheid hergestellt worden, was jedoch im Widerspruch zum „Handbuch für Papier und Bürobedarf“ steht. Hinzu kommt, dass Möller & Breitscheid keine eigene Produktion hatte, sondern nur eine Vertriebsfirma war.
Mir neue Informationen lieferte der Artikel „Constant de Thierry des Estivaux, Marquis de Faletans – Inventor of the Pencil Sharpener“ von Rupert Willoughby, veröffentlicht im Juli 2011.

Constant de Thierry des Estivaux (Quelle: Rupert Willoughby)
Constant de Thierry des Estivaux2, geboren 1797 in Paris, erhielt 1839 sein erstes Patent. Nach einer weiteren Erfindung im Jahr 18463 folgte 1847 das dritte Patent, diesmal für einen rohrförmigen Bleistiftspitzer mit kegelförmiger Bohrung und einem Messer4. Wie dieser aussah, müssten die Patentunterlagen zeigen5, doch wer hat diesen Spitzer wann und wo erstmals gefertigt? Wie kam das Design6 dann zu Möbius+Ruppert und dem Hersteller, der Möller & Breitscheid beliefert hat? Hat vielleicht Möbius+Ruppert für Möller & Breitscheid produziert?
Es gibt noch einige Spuren zu verfolgen!
Nachtrag vom 23.3.15: Die „Granate“ stammt nicht von Constant de Thierry des Estivaux; Details zu seiner Erfindung gibt es hier.
„文具上手“ (bungu uwate), in etwa „Gekonnter Umgang mit Schreibwaren“1, heißt das sechste Buch des japanischen Autors Tadashi Tsuchihashi, für das er zwölf Personen u. a. aus der Mode, der Medizin, der Schreibwarenbranche und der Buchhaltung zu ihrem Umgang mit Schreibwaren befragt hat. Einen kleinen Eindruck vermittelt die Produktseite bei Amazon Japan. – Auf dieses Buch aufmerksam wurde ich durch einen Beitrag im lesenswerten Blog Scription.
Und jetzt weiß ich nicht, was mich mehr wurmt: Dass ich kein Japanisch kann oder dass es hierzulande niemanden gibt, der solche Bücher schreibt. Aber nein, natürlich wurmt es mich nicht – schließlich könnte ich versuchen, beides zu ändern (ob mit Erfolg, steht jedoch auf einem anderen Blatt).
Unter dem Titel „Handwerk in Nürnberg – Vom Mittelalter bis zur Neuzeit“ erschien vor wenigen Wochen im Verlag Hans Müller ein reich bebilderter Band zur Geschichte des Nürnberger Handwerks. Darin vertreten ist natürlich auch der Bleistiftmacher, und so musste ich dieses Buch unbedingt haben.
Das 24,5 × 24,5 cm große Buch mit festem Einband und Schutzumschlag hat 192 Seiten mit zahlreichen Fotos und farbigen Abbildungen, darunter viele historische Illustrationen, und beschreibt das Nürnberger Handwerk seit dem 14. Jahrhundert. Nach der Geschichte geht es auf Handwerksverordnungen und Besonderheiten des Nürnberger Handwerks ein und stellt die Ausbildung, das Brauchtum, das kirchliche und politische Leben sowie gesellschaftliche Aspekte ausführlich dar.
Eine herausragende Stellung im Nürnberger Handwerk des 14. bis 16. Jahrhunderts hatten die metall- und textilverarbeitenden Gewerbe, und im 16. Jahrhundert erlangten die Nürnberger Goldschmiede und Zinngießer europäische Spitzenpositionen. Im 18. Jahrhundert war Nürnberg ein Zentrum der Drahtproduktion; auch der Musikinstrumentebau war ein europaweit bedeutender Handwerkszweig.
Schon früh begann man, Erfindungen zu überwachen. Die sogenannten gesperrten Handwerke, zu denen auch die 1731 als geschworenes Handwerk anerkannten Bleistiftmacher gehörten, durften nur von Nürnberger Handwerkern ausgeübt werden; zudem bestanden Wanderverbot und andere Einschränkungen wie z. B. das Verbot, Werkzeuge nach draußen, also aus Nürnberg heraus, zu verkaufen. Die sicherte anfangs Nürnbergs Position, schloss die Handwerker jedoch später von Weiterentwicklungen aus.
Im Kapitel „Handwerk und Industrie“ wird die Entwicklung wichtiger Nürnberger Handwerkszweige beschrieben. Neben den Buchdruckern, Bierbrauern, Lebküchnern und Metzgern gehörten dazu auch die Bleistiftmacher. Letzteren sind 16 Seiten gewidmet, auf denen auf die Geschichte dieses Handwerks im Allgemeinen und die Firmen STAEDTLER und Faber-Castell im besonderen eingegangen wird. Wer bereits einiges über den Bleistift und diese Unternehmen gelesen hat, wird hier nur wenig neues erfahren, doch die Auswahl und die Präsentation der Informationen gefallen mir. Die Frage, warum sich ausgerechnet Nürnberg zum deutschen Zentrum der Bleistiftproduktion entwickelt hat – Ende des 19. Jahrhunderts gab es dort 23 Bleistiftfabriken –, beantwortet das Buch leider nicht.
Als eine große Enttäuschung empfinde ich das Kapitel zum Druckunternehmer Willmy. Während die anderen Firmenportraits sachlich und neutral verfasst sind, besteht dieses aus hohlen Marketing-Phrasen; mein Eindruck, dass man vorhandene Werbetexte weitgehend unverändert übernommen hat, wurde durch einen kurzen Besuch der Firmenwebsite bestätigt. Ich finde das Geschwafel unerträglich und halte es für fehl am Platz. – Das Kapitel „Auf den Spuren des Handwerks in Nürnberg“ macht Lust auf einen Rundgang durch die Stadt.
Michael Diefenbacher, Horst Dieter Beyerstedt, Bianca Bauer-Stadler, Petra Kluger: Handwerk in Nürnberg – Vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Nürnberg: Verlag Hans Müller, 2013. ISBN 978-3-924773-02-1, Preis 24,80 Euro; Bestellung direkt beim Verlag möglich (+ 4,50 Euro Versandkosten).
Mit „Faber-Castell since 1761“ gibt es seit kurzem eine umfangreiche Unternehmens- und Familiengeschichte der Bleistiftdynastie. Hier ein paar subjektive Anmerkungen.
Der üppig gestaltete, etwa 24,5 × 29 cm große und 520-seitige Band aus der Collection Rolf Heyne ist fadengeheftet, gebunden und durchgehend vierfarbig. Die Verarbeitungsqualität des in Italien gedruckten Werkes ist, soweit ich das beurteilen kann, sehr gut.
Die Gliederung des chronologisch aufgebauten Buchs orientiert sich im wesentlichen an den acht Generationen und bietet über die mit „Wie die Welt aussah“ betitelten Rubriken den zeitgeschichtlichen Kontext, was mir gut gefällt. Den Bauwerken ist ein eigenes Kapitel gewidmet, und der Anhang enthält u. a. einen Ausschnitt aus den Stammtafeln der Familien Faber und Castell sowie den Familienstammbaum.
Das Buch erfreut mit sehr ästhetischen Darstellungen; hier der Erwerb einer Graphitmine in Südsibirien durch Lothar von Faber im Jahre 1856 und Werbematerial für die Marken ACME und Apollo von Johann Faber.
Sämtliche Produktbereiche von gestern und heute werden präsentiert, darunter – neben Blei- und Farbstiften – Schiefertafeln und -griffel, Tinten und Tuschen, Rechenstäbe, Füllhalter, Zeichengeräte sowie Kosmetik.
Manches hätte ich gerne jedoch etwas ausführlicher gesehen, so z. B. das Sortiment von Eberhard Faber in den USA und die Bleistiftspitzer; vielleicht wäre auch das eine oder andere ungewöhnliche und heute fast vergessene Produkt (wie etwa der Flachminen-Drehbleistift TK 9600) eine Erwähnung wert gewesen.
Angesichts des ganzen Know-how hinter den vielfältigen Produkten verwundert mich, wie wenig Technik gezeigt wird – Patentzeichnungen, Werkzeuge, Maschinen, Prototypen, halbfertige Produkte und andere Details zu Entwicklung und Fertigung fehlen fast völlig, was ich sehr schade finde.
Markengeschichte und Imagepflege indes sind ausführlich dokumentiert, und so wirken nicht wenige Seiten wie aus einer Werbebroschüre (und auf mich in einem solchen Buch unangenehm).
Dass mich die ausführliche Darstellung der Bauwerke wenig und die zahlreichen privaten Einblicke kaum ansprechen, liegt vermutlich daran, dass ich nicht zur Zielgruppe dieses Buchs gehöre.
„Faber-Castell since 1761“ ist sicher reizvoll, würde mir aber erheblich besser gefallen, wenn es weniger Familienfotos und Eigenwerbung und dafür mehr technikgeschichtliche Details enthalten würde; so kann ich das 58 Euro teure Buch leider nur eingeschränkt empfehlen.
Nachtrag vom 20.10.13: Unter „Faber-Castell Since 1761 (3)“ bietet Sean von Contrapuntalism einen Blick auf die englische Ausgabe dieses Buches, zu der mir der Verlag Ende September sagte, es gäbe sie nicht.
Nach einigen Verschiebungen endlich veröffentlicht: „Faber-Castell since 1761“. – Entgegen den Angaben auf der Produktseite ist das etwa drei Kilogramm schwere und 58 Euro teure Buch aus dem Verlag Collection Rolf Heyne seit dem 19. September lieferbar.
Nachtrag vom 7.10.13: Hier gibt es eine kurze Besprechung.
Als ich von dem Buch „Potloden & Puntenslijpers“ („Bleistifte & Spitzer”) von Paul Dirks und Toon Kessels erfahren habe, war mir klar: Das muss ich haben. Durch die Hilfe meines Lesers Wowter aus den Niederlanden kam ich dann auch besonders schnell an diesen Titel.
Das etwa 27 × 11 cm große Buch, erschienen 2012 bei Pictures Publishers, zeigt auf 128 durchgehend farbigen und üppig bebilderten Seiten die reiche Welt des Bleistifts, wobei der Schwerpunkt auf älteren Stücken liegt.
Den einleitenden Worten zu Stylus, Rohr und Feder folgen die Geschichte des Bleistifts (natürlich mit dem Ur-Bleistift von Conrad Gesner aus der Mitte des 16. Jahrhunderts) und seiner Herstellung, vor allem der keramischen Mine, und der industriellen Fertigung.
Nach Farbstiften geht es kurz zu Fallminen- und Füllstiften und anschließend zu den Spitzern. Freunde der „Granate“ sowie und des Janus 4046/4048 sehen hier gleich mehrere Varianten ihres bevorzugten Zubehörs, aber auch Liebhaber verspielter Modelle kommen auf ihre Kosten.
Auch Verpackungen und Mäppchen ist ein Kapitel gewidmet, ebenso der Schiefertafel und dem Griffel sowie besonderen Bleistiften wie z. B. dem Ballstift. – Reklamematerial gibt es zwar an vielen Stellen zu bestaunen, bekam jedoch zusätzlich ein eigenes Kapitel.
Den Abschluss machen Kurzportraits der Firmen Staedtler, Schwan, Faber-Castell, Lyra, Caran d’Ache, Koh-I-Noor Hardtmuth und Bruynzeel.
Das fadengeheftete Buch, dessen Gestaltung ich sehr gelungen finde, hat einen festen Einband und kostet 14,95 Euro; es ist nur direkt beim Verlag erhältlich. Allen Bleistift-Liebhabern sei der Kauf ans Herz gelegt, auch denen, die (so wie ich) des Niederländischen nicht mächtig sind, denn allein schon die Fotos lohnen die Anschaffung.
Danke an Wowter für seine Hilfe bei der Beschaffung dieses sehr schönen Buches und an Corné de Keijzer von Pictures Publishers für die Genehmigung zur Reproduktion!
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