Juli 2009

STAEDTLER WOPEX

Der Welt auf der Paper­world Ende Januar in Frank­furt am Main vor­ge­stellt und noch vor der bun­des­wei­ten Markt­ein­füh­rung Anfang Okto­ber hier zu sehen: Der WOPEX von STAEDTLER.

STAEDTLER WOPEX

(Bil­der zum Ver­grö­ßern anklicken)

Beim ers­ten Kon­takt mit dem in einem Arbeits­gang aus drei Sor­ten Gra­nu­lat für Mine, Schaft und Deck­schicht im Extru­der gefer­tig­ten WOPEX fal­len sofort zwei Merk­male auf, und zwar die samtig-​rutschfeste Ober­flä­che und das spür­bar höhere Gewicht, das mit 8,5 g über das Dop­pelte des Mars Lumo­graph (3,5 g) beträgt. Letz­te­res ist zurück­zu­füh­ren auf den sehr dich­ten, zu 70% aus ein­hei­mi­scher Fichte bestehen­den Werk­stoff, der für den WOPEX zum Ein­satz kommt. Die Länge von knapp 17,5 cm teilt der 7,6 mm dicke Stift mit sei­nen höl­zer­nen Pen­dants, ebenso das sechs­eckige Pro­fil mit abge­run­de­ten Kan­ten und die Minen­stärke von 2 mm.

STAEDTLER WOPEX

Der sil­ber­glän­zende Auf­druck ist knapp und macht nur die not­wen­digs­ten Anga­ben, was mich ebenso anspricht wie seine sehr hohe Qua­li­tät, denn er wurde sorg­fäl­tig auf­ge­bracht und ist auch unter einer fünf­fa­chen Lupe makel­los. Der spie­gelnde Name in der Euro­stile Bold Exten­ded auf grau­blauem Unter­grund – das hat etwas und passt her­vor­ra­gend zum tech­ni­schen Cha­rak­ter die­ses Schreibgeräts.

STAEDTLER WOPEX

Die grif­fige Ober­flä­che der etwa 0,1 mm dicken Außen­schicht ist sicher Geschmacks­sa­che, doch auch sie wirkt hoch­wer­tig – kräf­ti­gen, rei­ben­den Angrif­fen hat sie in einem kur­zen Test erfolg­reich wider­stan­den, so dass sie sich im Pra­xis­test in die­ser Woche wohl eben­falls bewäh­ren wird. Ver­gli­chen mit der Beschich­tung des STAEDTLER Mars ergo­soft bie­tet die des WOPEX der Hand noch etwas mehr Halt.

STAEDTLER WOPEX

Beim Spit­zen im Hand­spit­zer zei­gen sich große Unter­schiede zum Holz­blei­stift, denn das homo­gene Mate­rial wird leich­ter abge­tra­gen und ver­lässt den Spit­zer als foli­en­ähn­li­chen Abfall. Im Gegen­satz zu manch ande­ren extru­dier­ten Blei­stif­ten sind an der Schnitt­flä­che fast keine Poren zu erkennen.

STAEDTLER WOPEX

Mars Lumo­graph und WOPEX, gespitzt mit der „Gra­nate“ von M+R

Auch in der mit einem Frä­ser arbei­ten­den Kur­bel­spitz­ma­schine macht der WOPEX eine gute Figur, doch da die Maschine auf­grund ihrer Funk­ti­ons­weise am kom­pak­tem und im Ver­gleich zu Holz zähe­ren Mate­rial arg zu bei­ßen hat, ziehe ich hier den Hand­spit­zer vor.

STAEDTLER WOPEX

Mars Lumo­graph und WOPEX, gespitzt mit der Spitz­ma­schine Carl Decade DE-100

Ein rascher Test zeigt keine signi­fi­kan­ten Unter­schiede in der Bruch­fes­tig­keit der Minen im Lumo­graph und im WOPEX, so dass auch letz­te­rer dem rau­hen All­tag gut gewach­sen sein dürfte. Die Mine glei­tet leicht über das Papier und hat eine gute, sau­bere Abgabe; in der Schwär­zung steht sie jedoch leicht hin­ter dem Lumo­graph zurück und bei dickem Auf­trag glänzt sie etwas weni­ger. Die Wisch­fes­tig­keit des WOPEX ist gering­fü­gig bes­ser als die des holz­ge­fass­ten Kollegen.

Bei der Radier­bar­keit lässt sich eben­falls ein klei­ner Unter­schied wahr­neh­men. Der Radie­rer Mars pla­s­tic aus glei­chem Hause ent­fernt die Spu­ren des Lumo­graph etwas leich­ter und gründ­li­cher als die des WOPEX, doch dies ist vom Papier, dem Radie­rer und von der Stärke des Andrucks abhängig.

STAEDTLER WOPEX

Mars Lumo­graph und WOPEX, radiert mit dem Mars plastic

Mit dem WOPEX ver­leiht STAEDTLER der 350-​jährigen Geschichte des Blei­stifts fertigungs- und mate­ri­al­tech­nisch eine neue Dimen­sion – ich bin sehr gespannt, wie er sich auf dem Markt macht.

STAEDTLER WOPEX

Der in Deutsch­land her­ge­stellte WOPEX kommt Anfang Okto­ber in den Han­del und ist zunächst nur im Här­te­grad HB erhält­lich; die unver­bind­li­che Preis­emp­feh­lung beträgt 0,90 Euro pro Stück.

Anm.: Dies ist der 300. Bei­trag in die­sem Weblog.

Nach­trag vom 9.7.09: Ges­tern habe ich zum wie­der­hol­ten Male Pro­bleme beim Spit­zen des WOPEX mit dem Carl Decade DE-​100 fest­ge­stellt. Auch wenn das Spit­z­er­geb­nis sehr gut war, so gab es doch hin und wie­der ruck­ar­ti­gen Schlupf zwi­schen dem Zahn­kranz am Frä­ser (1) und dem in der Hal­te­rung (2); diese Beob­ach­tung habe ich bei Holz­blei­stif­ten bis­her noch nicht gemacht.

Innenleben des Carl Decade DE-100

Innen­le­ben des Carl Decade DE-​100 (Detail)

Ich weiß nicht, ob die­ser Schlupf auf die Fes­tig­keit des WOPEX oder die Qua­li­tät des DE-​100 zurück­zu­füh­ren ist und halte auch einen Zahn­kranz aus Kunst­stoff hier für nicht ideal. Beim Dahle 133 und dem bau­glei­chen Modell von M+R ist er durch 0,5 mm dickes Metall ver­stärkt; denk­bar wäre aller­dings, dass der DE-​100 bewusst so kon­stru­iert wurde, um – ähn­lich einer Rutsch­kupp­lung – im Falle des Blo­ckie­rens grö­ßere Schä­den (z. B. einen Bruch der Kur­bel) abzu­wen­den. Wie auch immer: Das sehr dichte und zähe Mate­rial des WOPEX sehe ich inzwi­schen mit etwas gemisch­ten Gefühlen.

Nach­trag vom 17.2.09: Ein Jahr nach Vor­stel­lung des WOPEX HB zeigte STAEDTLER auf der Paper­world 2010 die Här­te­grade 2H und 2B; eine Bespre­chung des letz­te­ren gibt es hier.

Nach­trag vom 8.10.11: Ein Co-​Extrusionswerkzeug für die Fer­ti­gung des WOPEX kommt vom öster­rei­chi­schen Unter­neh­men Grei­ner Tool.Tec. – Einige wei­tere tech­ni­sche Details nennt die Aus­gabe 6 des Biowerkstoff-​Reports (PDF), erschie­nen im Okto­ber 2009, auf Seite 31. – Danke an Kai für die Hinweise!

Kleckseln statt kleckern

Sehr amü­siert bereits in jun­gen Jah­ren haben mich die Werke von Wil­hem Busch, dem haupt­säch­lich für seine Bil­der­ge­schichte „Max und Moritz“ bekann­ten Dich­ter, Zeich­ner und Maler (1832–1908). Ein für mich beson­ders schö­nes Werk ist „Maler Kleck­sel“ von 1884; hier eine ganz kleine Kostprobe.

Kuno Kleck­sel zeigt schon sehr früh, was in ihm steckt:

Von allen Schü­lern, die da sitzen,
Kann kei­ner so den Blei­stift spitzen.
Auch sind nur wenige dazwischen,
Die so wie er mit Gummi wischen.

Maler Klecksel

Aber seine Künst­ler­kar­riere ver­läuft nicht ganz wie geplant …

Leicht kommt man an das Bildermalen,
Doch schwer an Leute, die ’s bezahlen.
Statt ihrer ist, als ein Ersatz,
Der Kri­ti­kus sofort am Platz.

Die­ser Kri­ti­kus tritt in Gestalt des Dr. Hin­ter­stich auf, der Kleck­sel ver­bal (so der Text) „ver­mö­belt“. Kleck­sel wird in der Redak­tion vor­stel­lig, und es dau­ert nicht lange, bis in den Hand­greif­lich­kei­ten alle ver­füg­ba­ren Mit­tel zum Ein­satz kommen:

Indes­sen zieht der Kuno aber
Den Blei­stift Numro 5 von Faber;
Und Hin­ter­stich, der sehr rumort,
Wird mehr­fach pein­lich angebohrt.

Maler Klecksel

Mit gro­ßem Erfolg für Klecksel:

Der Kuno, sei­nes Sie­ges froh,
Ver­läßt das Redaktionsbureau.

Und die Moral von der (damit natür­lich noch längst nicht been­de­ten) Geschichte?

Ein rech­ter Maler, klug und fleißig,
Trägt stets ’n spit­zen Blei­stift bei sich.

Das voll­stän­dige Werk mit ins­ge­samt zehn Tei­len ist u. a. bei zeno.org zu fin­den; von dort stam­men auch die gemein­freien Zitate und Bilder.

Rank und schlank

Aus einem alten Sor­ti­ments­kar­ton des Her­stel­lers J.J. Reh­bach: Einige runde, sehr dünne Blei­stifte mit unge­wöhn­li­chen Kapseln.

Rank und schlank

Mit Län­gen zwi­schen 12 und gut 15 cm und Durch­mes­sern von 3,5 bis 4,6 mm tei­len sie mit den Blei­stif­ten aktu­el­ler Pro­duk­tion ledig­lich die Dicke der Mine.

Rank und schlank

Kei­nes der Stü­cke ist gekenn­zeich­net, und die Qua­li­tät von Mate­rial sowie Ver­ar­bei­tung streut stark.

Rank und schlank

Meine Infor­ma­tio­nen zu die­sen Blei­stif­ten sind noch dün­ner als die Stifte sel­ber, denn ich kenne weder ihr Alter noch ihren Zweck. Die Öse lässt ver­mu­ten, dass diese Blei­stifte dazu gedacht waren, irgendwo ange­bracht zu wer­den. Han­delt es sich mög­li­cher­weise um die im eng­lisch­spra­chi­gen Raum als „dance card pen­cils“ bekann­ten Stifte? Exem­plare wie die­ses sprä­chen dafür. – Eine offi­zi­elle deutsch­spra­chige Bezeich­nung für diese spe­zi­el­len Schrei­ber habe ich lei­der nicht parat („Tanz­kar­ten­blei­stifte“ läge da wohl nahe).

Rank und schlank

Kann viel­leicht meine geschätzte Leser­schaft etwas zu die­sen unüb­lich pro­por­tio­nier­ten Stif­ten sagen?

Rank und schlank

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