Januar 2011

Maß und Mine

Eine kleine Kurio­si­tät ist die­ser Blei­stift mit inte­grier­tem Band­maß, ange­bo­ten von der Eagle Pen­cil Com­pany1 im Jahr 1894.

Maß und Mine

Erhält­lich in zwei Här­te­gra­den und auch in einer Vari­ante mit Rück­zieh­fe­der und abnehm­barem Radie­rer­auf­satz, der als Spit­zen­scho­ner die­nen konnte, wandte man sich mit die­sem Mehrzweck-Stift wohl in ers­ter Linie an hand­werk­lich Tätige. – Ebenso reiz­voll wie das Pro­dukt finde ich die Spra­che: „It can be mani­pu­la­ted with ease and sim­pli­city, and can be car­ried most conve­niently in the pocket“ – klasse :-)

Danke an Her­bert R. für die­sen Scan!

  1. Die Eagle Pen­cil Com­pany, gegrün­det 1856 in New York, wurde 1969 zu Berol und ist seit 1995 Teil von San­ford (Quelle: The Pen­cil Pages).

Leuchtstoff

Heute ein rascher Blick auf eine wei­tere Spe­zia­li­tät aus der Welt der holz­ge­fass­ten Stifte.

Leuchtstoff

Doch was ist an die­sem Stift spe­zi­ell? Die UV-Lampe zeigt es.

Leuchtstoff

Pig­mente in sei­ner Mine absor­bie­ren UV-A-Strahlung und geben sie als sicht­ba­res Licht1 wie­der ab. Damit eig­net er sich zum (fast) unsicht­ba­ren Kenn­zeich­nen vie­ler Materialien.

Leuchtstoff

Der drei­flä­chige, 17,5 cm lange und 9 mm dicke Stift mit Kurz­nut und schlich­tem Äuße­ren hat eine wei­che, etwa 4 mm starke Mine, deren leich­tes Krü­meln nicht stört. Sowohl das Holz (es könnte Zeder sein) als auch die Mine las­sen sich sehr gut spit­zen, und so bie­tet die­ser Stift gute Gebrauchs­ei­gen­schaf­ten und gegen­über den lösungs­mit­tel­ba­sier­ten Mar­kern oben­drein den Vor­teil, dass er weder aus­trock­nen noch Rän­der hin­ter­las­sen kann. – Anbie­ter die­ses inter­es­san­ten Pro­dukts ist die 1925 gegrün­dete und bei Kas­sel ansäs­sige Steidl & Becker GmbH, deren umfang­rei­ches Sor­ti­ment haupt­säch­lich Zube­hör für die Ver­ar­bei­tung von Leder und Tex­ti­lien umfasst. Der Online-Shop führt den UV-Stift für 1,48 Euro pro Stück auf; die Abgabe erfolgt im Dutzend.

Leuchtstoff

Vie­len Dank an die Steidl & Becker GmbH für die Muster!

  1. Fach­leute, für die der Begriff „Licht“ immer den sicht­ba­ren Teil der Strah­lung bezeich­net, mögen mir die­sen Pleo­nas­mus nach­se­hen.

Fünf für Glück

Fünf für Glück

Weder Photoshop-Trick noch opti­sche Täu­schung: Die­ser Blei­stift ist tat­säch­lich fünf­flä­chig. Und damit hat es eine beson­dere Bewandtnis.

Fünf für Glück

Zum Aus­fül­len maschi­nen­les­ba­rer For­mu­lare, wie sie z. B. in Prü­fun­gen ver­wen­det wer­den, bie­ten man­che japa­ni­sche Her­stel­ler soge­nannte „Mark Sheet”-Bleistifte an, dar­un­ter Tom­bow und Pen­tel; einige haben außer­dem pas­sende Radie­rer im Sor­ti­ment1.

Fünf für Glück

Das japa­ni­sche Wort für „Bestehen“ (z. B. eine Prü­fung) und auch „Erfolg“ ist 合格 („gou­kaku”) und das für „Fünf­eck“ ist 五角 („gokaku”)2. Die sehr ähn­li­che Aus­spra­che der bei­den Wör­ter ver­leiht dem Fünf­eck eine spe­zi­elle Bedeu­tung, die u. a. hin­ter dem Brauch steckt, fünf­eckige und mit Wün­schen beschrif­tete Täfel­chen an Altäre anzu­brin­gen. Mit die­sem „Mark Sheet“-Bleistift bringt Mitsu­bi­shi das posi­tiv kon­no­tierte Viel­eck in die Welt des Gra­phits3 und in die Hände nicht nur von Prüfungskandidaten.

Fünf für Glück

Mate­rial und Ver­ar­bei­tung sind gut, aber nicht – wie bei vie­len ande­ren Pro­duk­ten die­ses Anbie­ters – sehr gut, denn einige Unre­gel­mä­ßig­kei­ten im Lack und beim Auf­druck man­cher Exem­plare trü­ben lei­der den Gesamt­ein­druck. Auch der feh­ler­hafte Buch­sta­ben­ab­stand lässt die sonst übli­che Sorg­falt vermissen.

Fünf für Glück

Doch die 2 mm starke HB-Mine, gering­fü­gig wei­cher als deut­sche Stifte mit dem glei­chen Här­te­grad, ist bruch­sta­bil, hat eine sau­bere Abgabe und bleibt lange spitz; trotz der guten Schwär­zung ist sie wisch­fest und lässt sich fast rück­stands­frei radie­ren4.

Fünf für Glück

Die strenge, auf das Wesent­li­che redu­zierte Gestal­tung spricht mich an, vor allem die zwei kon­tras­tie­ren­den Far­ben­paare (schwarz/weiß, blau/orange). Sind diese eine Anspie­lung an den für das maschi­nelle Lesen so wich­ti­gen Kon­trast? – Unge­wöhn­lich: Der 17,5 cm lange Stift trägt weder Strich­code noch Arti­kel­num­mer, und so sind seine Form und sein Name (合格鉛筆, „gou­kaku empitsu“, salopp über­setzt „Erfolgs­blei­stift“) die ein­zi­gen Kennzei­chen; sogar eine Blind­prä­gung habe ich ver­geb­lich gesucht.

Fünf für Glück

Lässt der Quer­schnitt eine uner­go­no­mi­sche Hand­ha­bung befürch­ten, so kann ich beruhi­gen – auch nach lan­gem Schrei­ben hat mich keine Kante gestört oder gar gedrückt. Und selbst wenn: Wer würde sich dadurch schon vom Gebrauch eines solch attrak­ti­ven Blei­stifts abhal­ten las­sen? (Ich jeden­falls nicht.)

Fünf für Glück

Ein Fün­fer­pack (!) der unge­spitz­ten, 8 mm dicken5 und nur in HB erhält­li­chen Stifte kos­tet 525 Yen (zur­zeit knapp 4,70 Euro); gekauft habe ich ihn bei Bun­doki. – Drei wei­tere Blei­stifte für den­sel­ben Zweck zeigt „Mark Sheet pen­cils from Japan“ bei pen­cil talk.

  1. Der ein­zige hier­zu­lande für diese Anwen­dung ange­bo­tene Blei­stift ist der STABILO Micro 288 Exam Grade, den es in HB und 2B sowie mit pas­sen­dem (und sehr gutem) Radie­rer gibt. – Ob diese Pro­dukte die Erken­nung beim OMR (Opti­cal Mark Reco­gni­tion) wirk­lich ver­bes­sern, konn­te ich lei­der nicht her­aus­fin­den.
  2. Die der japa­ni­schen Spra­che Kun­di­gen mögen über kleine Unge­nau­ig­kei­ten hin­weg­se­hen, mich aber bitte auf grobe Feh­ler hin­wei­sen.
  3. 2008 gab es Der­ar­ti­ges schon ein­mal; siehe „Gou­kaku pen­cil“ bei pen­cil talk.
  4. Getes­tet mit einem Faber-Castell Dust-Free 187129.
  5. Damit passt der Stift in han­dels­üb­li­che Ver­län­ge­rer.

„Fortschritt in Ihrer Hand“

Mit die­sem pfif­fi­gen Slo­gan und der dazu­ge­hö­ri­gen Gra­fik warb Faber-Castell in den 50er und 60er Jahren.

Fortschritt in Ihrer Hand

Das gelun­gene Motiv war u. a. auf Streich­holz­brief­chen zu sehen und schmückte die Num­mer 36 der Haus­zei­tung „Der CASTELL-Brief“ vom Juli 1961.

Fortschritt in Ihrer Hand

Wenn ich rich­tig sehe, zeigt das Wap­pen zwei sti­li­sierte Berg­män­ner mit Eisen oder Schlä­gel; zum Ursprung des Zei­chens und den Bezug zum Unter­neh­men kann ich jedoch lei­der nichts sagen. – Diese Werk­zeuge des his­to­ri­schen Berg­baus fan­den sich auch im Sinn­bild von Johann Faber.

Fortschritt in Ihrer Hand

Unnö­tig zu sagen, dass mir die Gestal­tung außer­or­dent­lich gut gefällt.

Fortschritt in Ihrer Hand

Danke an Faber-Castell für den Scan!

Im Blick des Künstlers

Gerührt und sprach­los war ich, als mich mein nicht nur künst­le­risch äußerst fähi­ger Kol­lege Domi­nik vor weni­gen Tagen mit die­ser Zeich­nung von mir überraschte:

Im Blick des Künstlers

Und am Tag dar­auf folgte sogar eine kolo­rierte Version:

Im Blick des Künstlers

Diese gran­dio­sen Werke sind für mich eine rie­sige Freude, und in Kürze bekom­men sie ge­rahmt einen beson­de­ren Platz. Vie­len Dank, Dominik!

Der grüne Bleistift

Der grüne Bleistift

Für den Schrift­stel­ler Erich Käst­ner muss der grüne Blei­stift eine beson­dere Bedeu­tung ge­habt haben, denn im Vor­wort zu sei­nem Kin­der­ro­man „Das flie­gende Klas­sen­zim­mer“ aus dem Jahr 19331 hat er ihn gleich mehr­mals erwähnt.

Damit war alles ent­schie­den. Ich packte schleu­nigst mei­nen Kof­fer, legte den Ten­nis­schlä­ger, den Bade­an­zug, den grü­nen Blei­stift und furcht­bar viel Schreib­papier hin­ein und fragte, als wir schwit­zend und abge­hetzt in der Bahn­hofs­halle stan­den: „Und wohin nun?“

Die Frage war ver­ständ­lich, ver­suchte er doch im August dem Som­mer zu ent­flie­hen, um das pas­sende Umfeld für seine Arbeit an einer Win­ter­ge­schichte zu fin­den. Dem Rat sei­ner Mut­ter fol­gend reiste er an die Zug­spitze – und konnte dort im bes­ten Wet­ter und im Freien ar­beiten. Ein regel­mä­ßi­ger Besu­cher an sei­nem wacke­li­gen Tisch auf einer gro­ßen Wiese war Edu­ard, ein brau­nes Kalb, das ihn abends abholte.

Schließ­lich steckte ich mei­nen grü­nen Blei­stift weg und klopfte Edu­ard das warme glatte Kalb­fell. Und er stupst mich mit den klei­nen Hör­nern, damit ich end­lich auf­stehe. Und dann bum­meln wir gemein­sam über die schöne bunte Wiese nach Hause.

Noch am sel­ben Tag wollte er wei­ter schrei­ben, aber:

Da merkte ich, daß ich mei­nen grü­nen Blei­stift ver­lo­ren hatte. Sicher war er mir auf dem Nach­hau­se­weg aus der Tasche gefal­len. Viel­leicht hatte ihn auch Edu­ard, das bild­hüb­sche Kalb, für einen Gras­halm gehal­ten und ver­schluckt. Jeden­falls saß ich nun in der Gast­stube herum und konnte nicht schrei­ben. Denn es gab im gan­zen Hotel, obwohl es ein piek­fei­nes Hotel ist, weit und breit kei­nen grü­nen Blei­stift, den ich mir hätte bor­gen kön­nen. Toll, was?

Doch die Ret­tung folgte bereits am Tag darauf:

Ich sitze übri­gens, wäh­rend ich diese bei­nahe phi­lo­so­phi­schen Dinge schreibe, wie­der auf mei­ner Holz­bank, vor dem Wackel­tisch, mit­ten in der bun­ten, umfang­rei­chen Wiese. Ich hab mir, gleich am Vor­mit­tag, im Kolonialwaren­geschäft einen grü­nen Blei­stift besorgt.

Damit war die Welt wie­der in Ord­nung und er konnte mit dem Schrei­ben sei­ner Erzäh­lung be­ginnen. – Unklar bleibt, um wel­chen grü­nen Blei­stift es sich gehan­delt hat. War es ein Faber-Castell 9000, ein Schwan Othello 282 oder ein Staedt­ler Luna 349? Aber es wird da­mals wohl noch mehr grüne Blei­stifte gege­ben haben.

Danke an Kai für den Hin­weis auf Erich Käst­ners grü­nen Bleistift!

Anm.: Der Blei­stift im Bild ist übri­gens der A.W. Faber CASTELL 9000 E SPECIAL.

  1. Die Zitate ent­stam­men der Aus­gabe, die 1966 im Kin­der­buch­ver­lag Ber­lin (DDR) erschie­nen ist.
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