Holzbleistifte

Punktlandung

Zeu­gen einer unge­wöhn­li­chen Lan­dung wur­den die Leser der Fach­zeit­schrift „Avia­tion“ im Januar 1943: Die sti­li­sierte, über­große Spitze des Zei­chen­blei­stifts „VAN DYKE“ traf mit­ten in die ganz­sei­tige Anzeige und die Eber­hard Faber Pen­cil Co. mit die­ser sicher auch den Geschmack des an tech­ni­schen Details inter­es­sier­ten Publikums.

Anzeige der Eberhard Faber Pencil Co. (1943)

Ebenso prä­zise wie das Lan­de­ma­nö­ver war die Beschrei­bung des Blei­stifts, die ihn zu einem Hi-​Tech-​Gerät machte, und wer wollte, konnte Test­pi­lot eines der 18 Modelle wer­den. – Man beachte die sehr unge­wöhn­li­che Form der Spitze, bei der die Mine zuerst vom Holz befreit und anschlie­ßend ähn­lich einem Mei­ßel ange­schlif­fen wurde.

Anzeige der Eberhard Faber Pencil Co. (1943)

Eine aus­führ­li­che Prä­sen­ta­tion der „VAN DYKE“-Flotte gibt es bei Lead­hol­der.

H und B

Am Anfang war der Gra­phit. Man nahm ihn in Stü­cken, spä­ter umwi­ckelt oder ander­wei­tig geschützt zur Hand, und erst Ende des 17. Jahr­hun­derts schnitt man das schwarze Gold, so wie es aus der Grube kam, in Strei­fen und fasste es in Holz. Als der reine Gra­phit aus Bor­row­dale knapp wurde und Export­be­schrän­kun­gen die Situa­tion ver­schärf­ten, war man auf den kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­schen Gra­phit ange­wie­sen. Die­ser musste jedoch gemah­len und gerei­nigt wer­den, bevor man ihn ver­ar­bei­ten konnte, und dabei begann man, ihn zu stre­cken: Mit Schwe­fel, Gummi, Schel­lack und Fisch­leim, aber auch mit Blei, Sil­ber, Zink, Anti­mon, Wis­mut, Zinn und Queck­sil­ber. Die Ergeb­nisse indes waren enttäuschend.

Erfolg hatte schließ­lich Nicolas-​Jacques Conté im Jahre 17951. Er mischte den Gra­phit mit Ton und konnte damit gleich­zei­tig die Härte steu­ern. Nach dem Bren­nen der Mischung dient der Ton als Gerüst für den Gra­phit, wobei die Mine umso här­ter ist, je mehr Ton sie ent­hält (bei glei­chen Tei­len Gra­phit und Ton erhält man etwa den Här­te­grad 3H). Dies war nicht nur die Geburt des moder­nen Blei­stifts, wie wir ihn heute ken­nen und schät­zen, son­dern auch der Beginn einer anhal­ten­den Ver­wir­rung um den Härtegrad.

Caran d'Ache Technograph 777 und California Republic Palomino

Zwei HB-​Bleistifte, wie sie unter­schied­li­cher kaum sein könn­ten: Caran d’Ache Tech­no­graph 777 HB (Schweiz, hart) und Cali­for­nia Repu­blic Palo­mino HB (Japan, weich)

Warum Ver­wir­rung? Nun, trotz zahl­rei­cher Bemü­hun­gen gibt es nach wie vor kei­nen her­stellerunabhängigen Stan­dard, und wer ein­mal Blei­stifte unter­schied­li­cher Her­kunft, aber glei­chen Här­te­grads ver­gli­chen hat, kennt die ver­blüf­fend gro­ßen Abwei­chun­gen; oben­drein beein­flus­sen Fer­ti­gungs­schritte wie das Paraffin-​Tauchbad oder Bei­men­gun­gen z. B. von Ruß das sub­jek­tive Emp­fin­den der Härte. – Doch zurück zur Geschichte.

Conté war es auch, der mit einer Kenn­zeich­nung begann. Sein här­tes­ter Blei­stift trug die „1“, und je wei­cher die Mine, desto grö­ßer war die Zahl. Die heute übli­che Benen­nung des Här­te­grads geht ver­mut­lich auf den eng­li­schen Blei­stift­ma­cher Brook­man zurück, der im frü­hen 19. Jahr­hun­dert seine Stifte für Künst­ler mit „B“ (black) und die der tech­ni­schen Zeich­ner mit „H“ (hard) ver­sah; dies könnte zudem die Asym­me­trie erklä­ren. Der schon damals popu­lärste Blei­stift hatte eine Härte zwi­schen H und B, was ihm den Grad HB ein­trug. Spä­ter folgte noch F (firm) für den Stift mit einer Mine zwi­schen H und HB.

Katalogseite von J.S. STAEDTLER (1909)

„Blei­här­ten“ im Kata­log von J.S. STAEDTLER (1909). – Es fällt auf, dass die Num­me­rie­rung der von Conté ent­ge­gen­ge­setzt ist.

So wie J.S. STAEDTLER im Kata­log von 1909 (zur­zeit als Kopie in Nürn­berg zu sehen) ver­fuh­ren auch andere – je wei­cher, desto mehr B, und je här­ter, desto mehr H. Ledig­lich Joseph Dixon in den USA ent­schied sich zunächst für „S“ (soft) und „H“ (hard), wobei der weichste Blei­stift VVS (very, very soft) und der här­teste VVVH (very, very, very hard) war. Als die Skala der Här­te­grade wuchs, wichen die vie­len Buch­sta­ben ande­ren Benen­nun­gen wie z. B. „Extra Extra Black“ (erst EX-​EXB, dann EEB und EE, dem heu­ti­gen 8B). Die ein­fa­che Zahl blieb lange im Gebrauch, und dane­ben eta­blierte sich die jetzt ver­traute Kom­bi­na­tion aus Zahl und Buch­stabe (xH,xB); zum Ursprung letz­te­rer konnte ich in mei­nen Quel­len aller­dings keine Details fin­den. Man­che Her­stel­ler nut­zen bei­des, etwa STAEDTLER beim Noris 120 und STABILO beim Opéra und Othello.

Bruynzeel 1605

Unge­wöhn­lich: Bruyn­zeel 1605 1B und 1H

Doch es gibt immer noch Abwechs­lung – Bruyn­zeel, seit 1991 Teil von Sakura, hat die Grade 1B und 1H im Sor­ti­ment, STABILO über­setzt HB mit und bei den Fein­mi­nen von Pen­tel und Tom­bow fin­det man HB in drei Varianten.

Danke an STAEDTLER für den Scan! – Die für den Bei­trag am stärks­ten geplün­derte Quelle ist „Der Blei­stift“ von Henry Petro­ski (Birk­häu­ser 1995).

Nach­trag vom 17.5.10: Details zum Gebrauch der kyril­li­schen Zei­chen zur Kenn­zeich­nung des Här­te­grads in Russ­land gibt es hier. Danke an Ste­phen für die­sen Hin­weis! – Här­te­grad mal anders: Die Firma Elco­me­ter nutzt Blei­stifte zur Ritz­här­te­prü­fung von Ober­flä­chen nach ISO 15184, so im Bleistifthärte-​Prüfer 501 oder im Moto­ri­schen Bleistifthärte-​Prüfer 3086.

Nach­trag vom 4.2.11: Auch B++ gibt es, wie hier beim Zoom Super Dark von DOMS:

DOMS Zoom Super Dark B++

Nach­trag vom 1.8.11: Dr. Eugen Rysch­ke­witsch schreibt in sei­nem Buch „Gra­phit – Cha­rak­te­ris­tik, Erzeu­gung, Ver­ar­bei­tung und Ver­wen­dung“ (S. Hir­zel 1926):

Die här­tes­ten Blei­stifte ent­hal­ten nur etwa 20 Proz. Gra­phit, sehr wei­che ent­halten bis etwa 90 Pro­zent Gra­phit­sub­stanz und mehr. Beson­ders wei­che Stifte bestehen aus rei­nem Gra­phit, wie z. B. sol­che aus dem Batugol- (soge­nann­ten „Ali­bert“-) Gra­phit. Hier ist der Gra­phit so homo­gen, weich und farb­kräf­tig, daß seine wei­tere Behand­lung sich erüb­rigt. Man braucht nur aus einem Block die Stifte herauszuschneiden.

Nach­trag vom 14.3.12: Es gab auch eine Schreib­härte M.

Nach­trag vom 25.8.12: Der Конструктор (Kon­struk­teur) in den Här­te­gra­den 2M (2B) bis 2T (2H):

Конструктор 2M–2T

  1. In der Lite­ra­tur heißt es oft, der Öster­rei­cher Josef Hardt­muth habe bereits 1790 und damit vor Conté die kera­mi­sche Mine erdacht. Petro­ski teilt diese Ansicht nicht, son­dern ver­mu­tet, dass diese Zahl das Grün­dungs­jahr von Hardt­muths Unter­neh­men benennt. Er schreibt: „Hardt­muth selbst behaup­tete, das Ver­fah­ren – die soge­nannte Wie­ner Methode – erst im Jahr 1798 erfun­den zu haben, also drei Jahre nach Con­tés Patent. Andere Quel­len berich­ten aber, dass das neue Ver­fah­ren in Wien erst viel spä­ter zur Anwen­dung kam, als es näm­lich von Con­tés Schwie­ger­sohn Arnould Hum­blot dort ein­ge­führt wurde.“

Nuggets

Immer schnell zur Hand ist der „Nug­get“ von Läu­fer & Guten­berg, denn der unge­wöhn­lich geformte Radie­rer fin­det Platz auf dem Bleistift.

Radierer „Nuggets” von Läufer & Gutenberg

Die Radier­leis­tung des recht wei­chen und nur wenig krü­meln­den „Nug­get“ ist gut, kommt aber nicht ganz an die ande­rer Radie­rer die­ses Her­stel­lers heran (der fes­tere PLAST-​0120 gehört zu mei­nen Favoriten).

Radierer „Nuggets” von Läufer & Gutenberg

Lei­der sind diese in schwarz und weiß sowie zwei For­men ange­bo­te­nen Radie­rer nicht so leicht zu bekom­men. – Ein wei­te­rer Auf­steck­ra­die­rer von Läu­fer ist das lus­tige „Köpf­chen“, und wer gerne Kappe und Auf­steck­ra­die­rer kom­bi­niert, könnte am „Pen­cil Shield“ Gefal­len finden.

Fliegender Fisch

„Flying-Fish” Pencil

Fisch und Blei­stift bringt man ja nicht sofort zusam­men, doch die­ses his­to­ri­sche Stück aus Paki­stan ver­eint beide.

„Flying-Fish” Pencil

Der dunkel-​grünblau lackierte „Flying-​Fish“ Pen­cil ist sechs­flä­chig, sil­ber­far­ben bedruckt und trägt sei­nen Namen in einem Schreibmaschinen-​Font (ich weiß, dass man all das sieht, aber ich wollte wenigs­tens etwas zu dem Stift sagen). – Der kleine Fisch gefällt mir natür­lich am besten.

„Flying-Fish” Pencil

Vie­len Dank an Her­bert R. für die­sen beson­de­ren Bleistift!

„Flying-Fish” Pencil

Fünfhundert

Die­ser Bei­trag ist der 500., und zu die­sem Anlass gibt’s Geschenke! Ich habe weder Kos­ten noch Mühen gescheut, um meine geschätzte Leser­schaft zu erfreuen, und kann nun den neuen Lexikaliker-​Bleistift ver­tei­len. (Selbst­ver­ständ­lich ist er nicht im Han­del, son­dern nur hier erhältlich.)

Fünfhundert

Die ers­ten sie­ben, die die­sen Bei­trag kom­men­tie­ren und dabei eine funk­tio­nie­rende E-​Mail-​Adresse hin­ter­las­sen, bekom­men zwei der neuen Lexikaliker-​Bleistifte inklu­sive welt­wei­tem Ver­sand – also ran an die Tasten!

Graziler Graphit

Gerade ein­mal vier Mil­li­me­ter dünn sind diese win­zi­gen Stü­cke, die Schwan in den 1930er Jah­ren sei­nen Kun­den als Notiz­blei­stifte andiente. Der 1930 ein­ge­führte Othello 581 hatte einen gold­far­be­nen Lack­ring sowie eine Tauch­kappe und der ab 1931 ange­bo­tene Othello 578 sogar eine Zwinge mit Radie­rer (zum Grö­ßen­ver­gleich der STABILO GRE­EN­graph 6003).

STABILO GREENgraph 6003, Schwan Othello 587 und Schwan Othello 581

Kaum zu glau­ben: Der Radie­rer des 587 ist klei­ner als der Kopf eines Streich­hol­zes. – 1940 wur­den diese Blei­stifte wie­der aus dem Pro­gramm genommen.

Schwan Othello 578

Vie­len Dank an Her­bert R. für diese Kostbarkeiten!

LAMY plus

Mit einem Plus in mehr­fa­cher Hin­sicht über­raschte LAMY auf der dies­jäh­ri­gen Paper­world: Der für hoch­wer­ti­ges Schreib­ge­rät und Zube­hör bekannte Her­stel­ler aus Hei­del­berg bie­tet nun erst­mals holz­ge­fasste Farb- und Blei­stifte an. Letz­te­ren aus den Rei­hen „4plus“ sowie „plus“ gilt heute mein Augenmerk.

Holzbleistifte von LAMY

Die vier Grau­töne des Blei­stifts pas­sen her­vor­ra­gend zu sei­ner dunk­len Mine und ver­lei­hen ihm ein edles Äuße­res, das mich sehr anspricht. Der Lack der drei­flä­chi­gen, in Deutsch­land gefer­tig­ten Stifte fühlt sich ange­nehm an.

Holzbleistifte von LAMY

Der dickere Blei­stift (4plus) hat eine Lack­kappe, wäh­rend das Ende des etwas dün­ne­ren (plus) unbe­han­delt ist; beide haben eine Kurznut.

Holzbleistifte von LAMY

Auch die inne­ren Werte der Blei­stifte, die einen Durch­mes­ser von 10 mm (9) mm haben, über­zeu­gen. Die Qua­li­tät von Mate­rial und Ver­ar­bei­tung ist hoch und die Abgabe der 6,5 (4) mm dicken Minen erfreu­lich sau­ber. Sie glei­ten leicht über das Papier, schwär­zen gut und las­sen sich per­fekt radie­ren. – Das Zedern­holz macht im Hand- und im maschi­nel­len Spit­zer eine gute Form.

Holzbleistifte von LAMY

Von links: Spitze ab Werk, mit Kur­bel­spitz­ma­schine M+R 981 und mit Dop­pel­spit­zer M+R 602 (im Bild)

Beide Blei­stifte gefal­len mir außer­or­dent­lich gut, und ich denke, dass sie nicht nur für Schreib­an­fän­ger inter­es­sant sind. – Die unver­bind­li­che Preis­emp­feh­lung für den in HB und B erhält­li­chen plus-​Stift beträgt 0,95 Euro und die für den nur in Härte B ange­bo­te­nen 4plus-​Stift 1,55 Euro. Ges­tern hat die bun­des­weite Aus­lie­fe­rung begon­nen, so dass die Blei- und Farb­stifte des „plus“-Sortiments in Kürze im Han­del zu fin­den sein werden.

Holzbleistifte von LAMY

Nach­trag vom 29.4.10: Wie diese Bro­schüre zum „plus“-Sortiment infor­miert, gibt es mit dem „Z 78 plus“ und dem „Z 79 com­bi­plus“ auch zwei zu den Blei­stif­ten pas­sende Radierer.

Stift-​Styling

Der mit wer­ben­der Bot­schaft bedruckte und nicht sel­ten lärmend-​bunte Kugel­schrei­ber ist all­ge­gen­wär­tig, doch es gibt auch einige Anbie­ter, die mit geschmack­vol­len Blei­stif­ten eine wohl­tu­ende und in mei­nen Augen deut­lich inter­es­san­tere Alter­na­tive im Pro­gramm haben. Einer davon, die Rei­din­ger GmbH mit Sitz im frän­ki­schen Ham­mel­burg, hält mit dem Bleistift-​Konfigurator zudem eine Beson­der­heit bereit: Geneigte Kun­den kön­nen mit die­sem ihren Wunsch-​Bleistift ent­wer­fen und dabei aus einer Viel­zahl an Gestal­tungs­op­tio­nen wählen.

Bleistift-Konfigurator von Reidinger

Allein für runde und sechs­flä­chige Blei­stifte mit Tauch­kappe sowie Lack­ring ste­hen bereits über 140.000 mög­li­che Kom­bi­na­tio­nen zur Aus­wahl. Nicht schlecht!

Bleistift-Konfigurator von Reidinger

Aller­dings rich­ten sich die­ses und alle andere Ange­bote von Rei­din­ger (ebenso wie die der mir bekann­ten Mit­be­wer­ber) aus­schließ­lich an gewerb­li­che Abneh­mer – eigent­lich schade, denn ich kann mir durch­aus vor­stel­len, dass man­che pri­va­ten Nut­zer eben­falls Spaß daran hät­ten (wenn auch viel­leicht nicht in den für Groß­kun­den gedach­ten Mengen).

Nach­trag vom 16.4.10: Eine andere Mög­lich­keit der Gestal­tung bie­tet STABILO mit „Design Your Pen“ für drei Pro­dukte an.

„Design Your Pen” von STABILO

Auf den gestal­tungs­freu­di­gen Kun­den und des­sen Farb- und Bedruckungs­wün­sche war­ten der Text­mar­ker „BOSS“, der Kugel­schrei­ber „con­cept“ und der Tin­ten­rol­ler „EASYo­ri­gi­nal“.

„Design Your Pen” von STABILO

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