Bleistifte

„Unsere neue Nummer“

Aus der Zeit, in der Tele­fone noch Wähl­schei­ben hat­ten und nicht mobil waren, stammt diese Post­karte. Sie wurde von der Öster­rei­chi­schen Ver­kehrs­wer­bung Ges.m.b.H. im Auf­trag der Öster­rei­chi­schen Post- und Tele­gra­phen­ver­wal­tung her­aus­ge­ge­ben und all denen ange­dient, die ihre neue Ruf­num­mer bekannt geben wollten.

„Unsere neue Nummer”

Hier war ein wah­rer Meis­ter der Gebrauchs­gra­fik am Werk – man betrachte nur die Schat­ten und die Glanz­lich­ter auf der Wähl­scheibe. Doch auch der mit einem Mes­ser gespitzte Blei­stift­stum­mel zeich­net sich durch bemer­kens­werte Details aus: Wer ein­mal einen Blei­stift ein­ge­kerbt hat, weiß, dass der Lack am Rand der Kerbe unre­gel­mä­ßig abplat­zen kann. Dies ist ebenso zu sehen wie die Trenn­li­nie zwi­schen den Holz­hälf­ten und die Ori­en­tie­rung des Lacks an der Stelle, wo das Licht ihn glän­zen lässt.

„Unsere neue Nummer”

Die Rück­seite der Karte ist unspek­ta­ku­lär und teil­weise liniert, doch ein Aus­schnitt sei gezeigt:

„Unsere neue Nummer”

Für mich ist das keine ein­fa­che Reklame-, son­dern eine Kunstpostkarte!

Kurz notiert

Hin und wie­der wage ich einen Blick in die Zukunft und stö­bere bei Espa­ce­net in den Pa­tentschriften haupt­säch­lich der IPC B43K (Geräte zum Schrei­ben oder Zeich­nen) und B43L (Arti­kel zum Beschrei­ben oder zum dar­auf Zeich­nen; Zube­hör zum Schrei­ben oder Zeich­nen). Dabei ent­gan­gen ist mir jedoch ein Patent, das Faber-​Castell erteilt und Ende Januar ver­öf­fent­licht wurde.

Bei dem „Ver­fah­ren zur Her­stel­lung von holz­ge­fass­ten Stif­ten“ (EP2689938) wird die Stirn­fläche des Stifts mit einem UV-​Lack grun­diert und anschlie­ßend far­big bedruckt. Wäh­rend beim für End­kap­pen übli­chen Vor­ge­hen mit­tels Tau­chen die Grundier- und die Farb­schicht lange trock­nen müs­sen, kann der UV-​Lack in Sekun­den gehär­tet wer­den. Zudem ist des­sen Schicht dün­ner als beim Tau­chen und daher die Gefahr der Trop­fen­bil­dung und des Ver­lau­fens sehr gering. Der Farb­auf­trag erfolgt durch ein Druck­ver­fah­ren, wobei die Pa­tentschrift den Tam­pon­druck als für die meist kon­ve­xen Stif­ten­den beson­ders geeig­net auf­führt. Mit die­sem Ver­fah­ren las­sen sich der Pro­duk­ti­ons­durch­satz erhö­hen und der Ma­terialbedarf sen­ken, und ich ver­mute, dass man durch die Bedruckung auch mehr Gestal­tungsmöglichkeiten hat.

Danke an Wow­ter für den Hin­weis auf die­ses Patent!

Argument

Das Hand­buch für Papier und Büro­be­darf aus dem Jahr 1949 wurde durch viele Anzei­gen mit­fi­nan­ziert. Zu den für mich inter­es­san­ten gehört diese für die Argument-​Füllhalterfabrik Georg Karasch in Berlin.

Argument

Das Männ­chen ist natür­lich nicht nur Füllfederhalter-, son­dern auch Sympathieträger.

Argument

Auch die Schrift gefällt mir sehr gut. Sie erin­nert mich an die Neu­zeit Gro­tesk von Wil­helm Pisch­ner aus dem Jahr 1929, doch ich konnte sie noch nicht identifizieren.

Argument

Eine reiz­volle Anzeige!

Argument

Spurensuche

Nach wie vor unbe­kannt ist mir der Ursprung des unter dem Namen „Gra­nate“ bekann­ten Hand­spit­zers, und so greife ich zu allem, was Auf­schluss geben könnte. Zwei Funde der jüngs­ten Zeit lie­fern inter­es­sante Details.

Spurensuche

Im Bild die aktu­elle „Gra­nate“ von Möbius+Ruppert

Das „Hand­buch für Papier und Büro­be­darf“ von Dipl.-Hdl. Franz Karl Reckert, einem gut 600-​seitigen Fach­buch für den Bürobedarfs- und Papier­wa­ren­han­del aus dem Max Schwabe Ver­lag, erschie­nen im Jahre 19491, nennt und zeigt die „Gra­nate“ in der Rubrik „Blei­stift­an­spit­zer“.

Spurensuche

Das hier abge­bil­dete Modell ähnelt sehr der „Gra­nate 5“ von Möl­ler & Breitscheid

Bemer­kens­wert ist der Hin­weis dar­auf, dass die­ser Spit­zer vor etwa 60 Jah­ren, also um 1889 in den Han­del gekom­men sein soll.

Die „Kleine Anspitzer-​Fibel“ von Leon­hard Ding­werth nennt als Erfin­der der „Gra­nate“ den Fran­zo­sen de Thierry; das Patent soll er am 14. April 1847 erhal­ten haben. Die Fibel ent­hält zwei Anzei­gen von 1900 und 1925, die mit dem Namen „Gra­nate“ wer­ben, doch die­ser wurde erst 1939 als Waren­zei­chen für Möl­ler & Breit­scheid ein­ge­tra­gen. War er schon frü­her üblich, aber nicht als Marke regis­triert? Wei­ter heißt es dort, die „Gra­nate“ wäre ab ca. 1847 von Möl­ler & Breit­scheid her­ge­stellt wor­den, was jedoch im Wider­spruch zum „Hand­buch für Papier und Büro­be­darf“ steht. Hinzu kommt, dass Möl­ler & Breit­scheid keine eigene Pro­duk­tion hatte, son­dern nur eine Ver­triebs­firma war.

Mir neue Infor­ma­tio­nen lie­ferte der Arti­kel „Con­stant de Thierry des Estivaux, Mar­quis de Fale­tans – Inven­tor of the Pen­cil Shar­pe­ner“ von Rupert Will­oughby, ver­öf­fent­licht im Juli 2011.

Spurensuche

Con­stant de Thierry des Estivaux (Quelle: Rupert Will­oughby)

Con­stant de Thierry des Estivaux2, gebo­ren 1797 in Paris, erhielt 1839 sein ers­tes Patent. Nach einer wei­te­ren Erfin­dung im Jahr 18463 folgte 1847 das dritte Patent, dies­mal für einen rohr­för­mi­gen Blei­stift­spit­zer mit kegel­för­mi­ger Boh­rung und einem Mes­ser4. Wie die­ser aus­sah, müss­ten die Patent­un­ter­la­gen zei­gen5, doch wer hat die­sen Spit­zer wann und wo erst­mals gefer­tigt? Wie kam das Design6 dann zu Möbius+Ruppert und dem Her­stel­ler, der Möl­ler & Breit­scheid belie­fert hat? Hat viel­leicht Möbius+Ruppert für Möl­ler & Breit­scheid produziert?

Es gibt noch einige Spu­ren zu verfolgen!

Nach­trag vom 23.3.15: Die „Gra­nate“ stammt nicht von Con­stant de Thierry des Estivaux; Details zu sei­ner Erfin­dung gibt es hier.

  1. Vor­läu­fer waren das Hand­buch für den Bürobedarfs- und Papier­wa­ren­han­del von Dr. Her­mann Wildt, Arthur Gut­hke und Dipl.-Hdl. Franz Karl Reckert, erschie­nen 1939 im Max Schwabe Ver­lag (Ber­lin), sowie das Hand­buch des Papier- und Schreib­wa­ren­han­dels, her­aus­ge­ge­ben vom Reichs­bund Deut­scher Papier- und Schreib­wa­ren­händ­ler e.V. und erschie­nen 1928 im Ver­lag Der Papier­händ­ler GmbH (Würz­burg). – Diese drei Bücher unter­schei­den sich deut­lich. Das erste hat im Gegen­satz zum zwei­ten und drit­ten keine Abbil­dun­gen, und nur das dritte zeigt die „Gra­nate“; zudem wurde es über Anzei­gen mit­fi­nan­ziert (z. B. mit die­ser für die Argument-​Füllhalterfabrik).
  2. Der Name Thierry des Estivaux wird auch im Buch „Pot­lo­den & Pun­ten­sli­j­pers“ von Paul Dirks und Toon Kes­sels erwähnt. – Als Erfin­der des ers­ten Blei­stift­spit­zers, der unse­rem heu­ti­gen jedoch gar nicht ähn­lich sieht, wird oft der Fran­zose Ber­nard Las­si­monne (auch Las­si­mone) genannt; sein Patent mit der Num­mer 2444 soll aus dem Jahr 1828 stam­men (siehe dazu diese Quelle).
  3. Seine ers­ten bei­den Erfin­dun­gen hat­ten nichts mit Blei­stif­ten und Spit­zern zu tun.
  4. Laut dem Stadt­le­xi­kon des Stadt­ar­chivs Erlan­gen hat Theo­dor Paul Möbius (1868–1953) im Jahr 1908 den kegel­för­mig gebohr­ten Blei­stift­spit­zer erfun­den und noch im sel­ben Jahr mit der indus­tri­el­len Fer­ti­gung begon­nen. Ging es bei sei­ner Erfin­dung viel­leicht eher um die Pro­duk­ti­ons­tech­nik? Auch hier lohnt sicher ein genauer Blick. – Das Unter­neh­men Möbius+Ruppert wurde 1922 von Alfred Möbius, einem Bru­der von Theo­dor Paul Möbius, und Hein­rich Rup­pert gegrün­det; Theo­dor Paul Möbius‘ Betrieb ging nach finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten 1983 in die Auf­fang­ge­sell­schaft DUX GmbH über.
  5. Diese auf­zu­trei­ben dürfte eine inter­es­sante Her­aus­for­de­rung sein.
  6. Man beachte die Unter­schiede der alten Modelle – die gerän­delte Schraube der älte­ren Vari­ante wurde spä­ter durch eine geschlitzte ersetzt, und auch das Mes­ser bekam eine andere Form.

Doppelgrad

Ein bemer­kens­wer­tes Detail fin­det sich auf Seite 300 des offi­zi­el­len Berichts zur Welt­ausstellung in Paris 18671:

Als Beweis, wel­cher Aus­deh­nung und Ent­wick­lung die­ser Indus­trie­zweig noch fähig ist, dient das Haus Berolz­hei­mer & Ill­fel­der in Fürth. […] Fabri­kate ziem­lich gut und bil­lig, her­vor­zu­he­ben als neu: dop­pel­gra­dige Blei­stifte, jedes Ende des Blei­stifts mit einem ande­ren Här­te­grad ver­se­hen, sowie Gum­mi­stifte, ein Ende Blei, das andere Gummi.

(Her­vor­he­bung von mir.) Blei­stifte mit zwei Här­te­gra­den – eine her­vor­ra­gende Idee! Inter­essant wäre z. B. ein Kombi-​Lumograph in B zum Schrei­ben und in 4B zum Skiz­zie­ren. – Ich frage mich, ob es sol­che dop­pel­gra­di­gen Blei­stifte spä­ter noch ein­mal gab.

Danke an Sean von Con­trap­un­ta­lism für den Hin­weis auf die­ses Dokument!

  1. Voll­stän­di­ger Titel: „Offi­ci­el­ler Ausstellungs-​Bericht. Her­aus­ge­ge­ben durch das K. K. Öster­rei­chi­sche Central-​Comité. 4. Lie­fe­rung. Garne, Gewebe, alle Arten Bekleidungs-​Gegenstände und Papier auf der Welt-​Ausstellung zu Paris im Jahre 1867“.

文具上手

„文具上手“ (bungu uwate), in etwa „Gekonn­ter Umgang mit Schreib­wa­ren“1, heißt das sechste Buch des japa­ni­schen Autors Tada­shi Tsu­chi­ha­shi, für das er zwölf Per­so­nen u. a. aus der Mode, der Medi­zin, der Schreib­wa­ren­bran­che und der Buch­hal­tung zu ihrem Um­gang mit Schreib­wa­ren befragt hat. Einen klei­nen Ein­druck ver­mit­telt die Pro­dukt­seite bei Ama­zon Japan. – Auf die­ses Buch auf­merk­sam wurde ich durch einen Bei­trag im lesens­werten Blog Scrip­tion.

Und jetzt weiß ich nicht, was mich mehr wurmt: Dass ich kein Japa­nisch kann oder dass es hier­zu­lande nie­man­den gibt, der sol­che Bücher schreibt. Aber nein, natür­lich wurmt es mich nicht – schließ­lich könnte ich ver­su­chen, bei­des zu ändern (ob mit Erfolg, steht je­doch auf einem ande­ren Blatt).

  1. Die der japa­ni­schen Spra­che Kun­di­gen mögen über kleine Unge­nau­ig­kei­ten hin­weg­se­hen, mich aber bitte auf grobe Feh­ler hin­wei­sen.

Goldene Zeiten

Der Anblick muss atem­be­rau­bend gewe­sen sein: 2650 Gold­mün­zen, ins­ge­samt 18,5 Kilo­gramm, kamen am 9. Sep­tem­ber 1993 in Trier ans Tages­licht. Die Mün­zen lagen knapp 1800 Jahre in ihrem Ver­steck und gel­ten als der größte römi­sche Gold­schatz aus der römi­schen Kai­ser­zeit, der jemals gefun­den wurde. Der „Trie­rer Gold­schatz“ ist seit­dem das wert­vollste Aus­stel­lungs­stück im Rhei­ni­schen Lan­des­mu­seum Trier.

Goldene Zeiten

Vom 6. Sep­tem­ber 2013 bis zum 27. April 2014 fei­ert das Museum das zwan­zig­jäh­rige Ju­biläum des Funds, an des­sen Rah­men­pro­gramm auch mein Leser Andreas Wein­ber­ger mit sei­nen Kin­dern teil­ge­nom­men hat. Die Kin­der haben dabei einen klei­nen „Gold­schatz“ in Form eines Blei­stifts gewon­nen, und Julian war so lieb, mir sei­nen zu über­las­sen. Bereits Ende des ver­gan­ge­nen Jah­res habe ich den Stift mit einem sehr net­ten Brief von bei­den erhal­ten, was mich glei­cher­ma­ßen gerührt wie erfreut hat.

Im Gegen­satz zu vie­len ande­ren, bei ähn­li­chen Gele­gen­hei­ten aus­ge­ge­be­nen Blei­stif­ten ist die­ser übri­gens sehr gut gemacht: Die gold­far­bene Schicht ist offen­bar ein Lack und keine Folie, denn es gibt keine Naht, und wurde – ebenso wie der Druck – sehr sau­ber aufge­bracht; auch die Mine ist von guter Qua­li­tät. Zwei­fel­los ein dem Anlass wür­di­ger Bleistift!

Goldene Zeiten

Herz­li­chen Dank an Julian und Andreas Weinberger!

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