Patente

Resteverwertung

Bei Recher­chen zu einem Bei­trag fal­len immer Infor­ma­tio­nen an, die zwar inter­es­sant sind, dann aber doch nicht in den Bei­trag kom­men. Man­che davon finde ich jedoch zu schön, um sie nicht zu zei­gen, so auch einige Patente für Spit­zer, auf die ich bei der Recher­che zum Gedess-​Minenspitzer gesto­ßen bin; fünf davon aus den USA seien hier unkom­men­tiert zusam­men­ge­stellt. – Der Klick auf die Patent­num­mer führt zum kom­plet­ten Doku­ment bei Google Patents.

Resteverwertung

„Pen­cil Shar­pe­ner“ von R.C. Uecke (US710822, 7.10.1902)

Resteverwertung

„Shar­pe­ner for Com­pass Leads and Pen­cil Leads“ von Colin W. McMil­lan (US4761885, 9.8.1988)

Resteverwertung

„Pen­cil Poin­ter Cup“ von Remi­gius J. Slat­tery (US2653576, 29.9.1953)

Resteverwertung

„Pen­cil Shar­pe­ning Device“ von Her­man Lobel und Louis Dis­pa­latro (US2123511, 12.7.1938)

Resteverwertung

„Shar­pe­ner for Leads of Pen­cils or the Like“ von Wil­liam H. Beh­rens (US2914030, 24.11.1959)

Gedess

Wer schon ein­mal die Blei­stift­mine an einem Stück Schleif­pa­pier gespitzt hat, kennt die damit ver­bun­de­nen Pro­bleme. Da die Mine keine bestimmte Lage in Bezug auf die Reib­flä­che ein­nimmt, muss man die Mine wäh­rend des Spit­zens dre­hen, um eine gleich­mä­ßige, d. h. koni­sche Spitze zu erhal­ten. Dabei besteht die Gefahr, die Mine durch zu hohen Anpress­druck abzu­bre­chen oder gar mit den Minen­hal­ter auf die Reib­flä­che zu kom­men und ihn zu beschä­di­gen; hinzu kommt, dass der Abrieb Hände, Zeich­nung und Arbeits­platz ver­schmut­zen kann. Geor­ges Des­son­naz aus Frei­burg in der Schweiz hatte eine Idee, diese Pro­bleme zu besei­ti­gen, und reichte am 8. April 1939 seine Patent­an­mel­dung beim Eid­ge­nös­si­schen Insti­tut für Geis­ti­ges Eigen­tum in Bern ein. Am 15. Mai 1940 wurde ihm das Patent № 2098701 für sei­nen „Schär­fer für Blei­stift­mi­nen“ erteilt.

Gedess

Der Anspruch aus dem deut­schen Patent:

Schär­fer für Blei­stift­mi­nen, bestehend aus einem im Quer­schnitt kreis­run­den Behäl­ter, in des­sen obe­rer Wan­dung ein dia­me­tral durch­bohr­tes Kugel­ge­lenk für die Auf­nahme eines Blei­stifts oder Minen­hal­ters ange­ord­net ist und der in sei­nem Innern eine kege­lige Reib­flä­che auf­weist, deren Längs­achse durch den Mit­tel­punkt des Kugel­ge­lenks hin­durch­geht, dadurch gekenn­zeich­net, daß er an dem Kugel­ge­lenk (16) eine in das Innere des Behäl­ters ragende, an ihrem freien Ende ent­spre­chend der Blei­stift­spitze kege­lige, zum Füh­ren des Stif­tes die­nende Hülse (15) und unten im Behäl­ter einen in Rich­tung der Längs­achse der kege­li­gen Reib­flä­che ver­lau­fen­den, fin­ger­hut­ar­ti­gen, zum Füh­ren des Stif­tes wäh­rend des Schär­fens die­nen­den Kegel (12) auf­weist2.

Gedess

Beide Aus­füh­rungs­bei­spiele der Paten­schrift ver­deut­li­chen die pfif­fige Kon­struk­tion: Die Stift­hal­te­rung (15) mit dem Kugel­ge­lenk (16) wird bei abge­schraub­tem Boden­stück (9) in das Ober­teil (4) ein­ge­setzt. Schraubt man das Boden­stück an, zwingt des­sen Kegel (12) die Stift­hal­te­rung in eine Schräg­lage; in die­ser Posi­tion ver­hin­dert die Aus­kra­gung (17) das Her­aus­fal­len der Stift­hal­te­rung. Zudem ist der Kegel so aus­ge­führt, dass er nur noch eine Kreis­be­we­gung der Stift­hal­te­rung zulässt und damit die Mine am koni­schen Schleif­ring (13) ent­lang­führt. Der Abrieb ver­bleibt dabei im Innern des Geräts.

Gedess

Die Zür­cher Büroartikel-​Handelsfirma Her­mann Kuhn erwarb das Patent 1944, ließ den Minen­schär­fer zunächst mit dun­kel­ro­tem, spä­ter mit grauem Ober­teil her­stel­len3 und ver­trieb ihn unter dem Namen „Gedess“ (Georges Dessonnaz) welt­weit. – Diese Aus­füh­rung war jedoch bereits eine ver­ein­fachte, hatte sie doch nicht mehr den in der Patent­zeich­nung dar­ge­stell­ten Spit­zer im Sockel, der die Mine des Blei­stifts vom Holz befreien sollte4.

Gedess

Das Gehäuse des Gedess von Kuhn besteht aus Poly­sty­rol und das Boden­stück sowie die Stift­hal­te­rung aus Acryl­ni­tril­bu­ta­di­ens­ty­rol (ABS). Der ebenso wie die Kunst­stoff­teile im Spritz­guss­ver­fah­ren her­ge­stellte eiserne Schleif­ring hat auf der Innen­seite eine etwa 0,5 mm dicke, abra­sive Schicht. – Die Her­stel­lung der Kunst­stoff­teile, des Rin­ges und der Beschich­tung besorgte je eine Firma; Kuhn über­nahm die Mon­tage, die Ver­pa­ckung und den Versand.

Gedess

Die nur vier Teile sind so gestal­tet, dass sie nur durch ein Gewinde zusam­men­ge­hal­ten wer­den; dies sowie die Form- und Farb­ge­bung machen den Gedess zu einem mini­ma­lis­ti­schen Utensil.

Gedess

Auch seine Kenn­zeich­nung ist sehr zurück­hal­tend (der Schleif­ring und die Stift­hal­te­rung tra­gen keine).

Gedess

Der Gedess ist 65 mm hoch, hat unten einen Durch­mes­ser von 62 mm und wiegt knapp 70 Gramm. Er eig­net sich für Minen mit 2 mm und 3,15 mm Durch­mes­ser und Minen­hal­tern bis 9 mm Dicke.

Gedess

Sein Gebrauch ist denk­bar ein­fach und in der bei­lie­gen­den vier­spra­chi­gen Gebrauchs­an­wei­sung beschrie­ben5. Auch auf das Zer­le­gen und den Ein­satz des Gedess mit einem Holz­blei­stift sowie auf die sepa­rate Ver­füg­bar­keit aller Teile geht das Falt­blatt ein.

Gedess

Hier mit dem Uch­ida 1-​848-​5100.

Das Gerät lässt sich leicht hand­ha­ben und bringt die Mine rasch in Form (das Spiel des Stifts in der Hal­te­rung gibt mir aller­dings kein gutes Gefühl). Und wie ist das Spitzergebnis?

Gedess

Das ist eher ernüch­ternd, zei­gen sich doch die Spu­ren der abra­si­ven Schicht des Schleif­rings sehr deut­lich; auch ist eine Asym­me­trie erkenn­bar6. Zum Ver­gleich das Spit­z­er­geb­nis des Möbius+Ruppert 970:

Gedess

(Der Ver­gleich ist natür­lich nicht ganz fair, arbei­tet doch im M+R 970 ein Frä­ser aus einer Spe­zi­al­le­gie­rung mit einer Vickers­härte von über 9007; zudem bie­tet der 970 durch seine Bau­form einen Spitz­stopp und dem Stift durch die Auf­nah­men für ver­schie­dene Durch­mes­ser einen bes­se­ren Halt.) Der Blick auf den Schleif­ring des Gedess lie­fert die Erklä­rung für die Spu­ren an der Minenspitze:

Gedess

Ich halte es für mög­lich, dass man bewusst eine grö­bere Kör­nung gewählt hat, da sich diese nicht oder zumin­dest nicht so schnell zusetzt und viel­leicht auch etwas lang­le­bi­ger ist.

2011 hat die Stan­dard­graph Zei­chen­tech­nik GmbH in Gerets­ried die Rechte am Gedess sowie des­sen Her­stel­lung und Ver­trieb über­nom­men8. Ich war neu­gie­rig und habe mir für gut 18 Euro9 ein aktu­el­les Modell gekauft.

Gedess

Mein ers­ter Blick galt dem Schleif­ring, denn ich hoffte auf eine fei­nere Kör­nung. Beim Auf­schrau­ben über­raschte mich jedoch zuerst ein schmir­geln­des Geräusch.

Gedess

Im Gegen­satz zum alten Schleif­ring ist der neue auf allen Sei­ten mit Schleif­par­ti­keln bedeckt und kratzt daher auch am Boden­stück. Erschreckt hat mich aller­dings die Ver­di­ckung am unte­ren Rand, von der ich befürchte, dass sie die Minen­spitze abreißt, sollte die Mine soweit in das Gerät ragen.

Gedess

Dass der Schleif­ring mei­nes Exem­plars nur ungleich­mä­ßig beschich­tet ist und sich die Par­ti­kel teil­weise ablö­sen, spielt dann auch keine Rolle mehr, denn ich werde das Gerät zurück­schi­cken. (Natür­lich könnte es sich um einen Pro­duk­ti­ons­feh­ler han­deln, aber ich möchte kei­nen zwei­ten Ver­such wagen.)

Eine trau­rige Ent­wick­lung von einer sehr guten Idee zu einem mei­ner Ansicht nach wenig über­zeu­gen­den Pro­dukt. Umso kost­ba­rer ist mir nun mein alter Gedess!

Gedess

  1. Deutsch­land: Nr. 723038, Frank­reich: № 864506, USA: No. 2242458. – Alle Patente las­sen sich beim Euro­päi­schen Patent­amt ein­se­hen.
  2. Ja, das ist wirk­lich nur ein ein­zi­ger Satz.
  3. Quelle: Unbe­kannt – Ver­traut. „Anony­mes“ Design im Schwei­zer Gebrauchs­ge­rät seit 1920 (Aus­stel­lungs­ka­ta­log, Museum für Gestal­tung Zürich, 1987) – Die­ses Buch erwähnt auch, dass der Gedess durch seine an eine Raum­kap­sel erin­nernde Form in den USA den Spitz­na­men „Apollo“ hatte.
  4. Ob es die Vari­ante mit inte­grier­tem Spit­zer jemals im Han­del gab, konnte ich nicht her­aus­fin­den.
  5. Übri­gens ist in die­ser vom „Füll­stift“ die Rede; ver­mut­lich ist das die im Deut­schen der Schweiz übli­che Bezeich­nung für den Fall­mi­nen­stift.
  6. Wie sagte eine Kol­lege so schön? „Ein Biber hätte es nicht bes­ser machen kön­nen.“
  7. Zum Ver­gleich: Zahn­schmelz – gut 500, Feld­spat – etwa 800, Quarz – gut 1100.
  8. Neben der grauen Vari­ante mit rotem Boden­stück und Stift­hal­te­rung (Art.-Nr. DX3260), die es bereits von Kuhn gab, hat man auf der Paper­world 2012 eine trans­pa­rente Aus­füh­rung (Art.-Nr. DX3260T) gezeigt.
  9. Zum Ver­gleich: Der alte Gedess hat mich vor weni­gen Jah­ren im Fach­han­del 8 Euro gekos­tet.

Puck

Die „Gra­nate“ war sicher der bekann­teste, aber nicht der ein­zige Spit­zer von Möl­ler & Breit­scheid aus Köln.

Puck

Schlan­ker, nicht so mar­tia­lisch und in ver­wand­ter Form kam der „Puck“ daher, den es aus Mes­sing und Magne­sium gab.

Puck

Gut 21 mm lang und knapp 13 mm dick ver­schafft er Blei­stifte mit einem Durch­mes­ser von bis zu 8 mm einen Standard-​Konus von 22° und geht dabei spar­sam, näm­lich mit einer Span­di­cke von durch­schnitt­lich 0,22 mm zu Werke.

Puck

Auch beim „Puck“ wird das Mes­ser durch zwei Stifte in Posi­tion gehal­ten, doch statt der von älte­ren Spit­zern bekann­ten Rändel- hat er bereits eine Schlitzschraube.

Puck

Die Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät ent­täuscht etwas, denn die Mate­ri­al­stärke am unte­ren Ende des Mes­sers ist so knapp dimen­sio­niert, dass sich ein Riss zeigt.

Puck

Das Spit­z­er­geb­nis des „Puck“ ist ähn­lich unge­wöhn­lich wie das der „Gra­nate 5“, da ein etwa 0,6 mm dün­ner Minen­zap­fen den Spit­zer verlässt.

Möller & Breitscheid

Der Name Möl­ler & Breit­scheid ist heute weit­ge­hend ver­ges­sen, doch im Rheinisch-​Westfälischen Wirt­schafts­ar­chiv gibt es noch einige Unter­la­gen. Aus die­sen geht her­vor, dass die Kauf­leute Wil­helm Möl­ler und Ewald Breit­scheid ihr Unter­neh­men am 1. Mai 1869 in Köln gegrün­det haben. Durch ihre Freund­schaft zu dem Erfin­der der Kugel­spitz­fe­der Died­rich Leo­nardt1 aus Bir­ming­ham bestand ihre erste unter­neh­me­ri­sche Tätig­keit in der Ein­fuhr die­ser Federn nach Deutsch­land; zudem erhiel­ten sie den Allein­ver­trieb für Europa.

Wil­helm Möl­ler hei­ra­tete die Schwes­ter sei­nes Kom­pa­gnons und hatte mit ihr meh­rere Kin­der. Nach dem Tod Breit­scheids, der als Jung­ge­selle 1895 ver­starb, wurde zunächst der erste Sohn Eugen, spä­ter der zweite Sohn Oskar Inha­ber der Firma. Der erste starb 1907 und der zweite 1939; Gesell­schaf­ter in den 1950er Jah­ren war Fried­rich Wil­helm – genannt Fritz – Möller.

Ein Fra­ge­bo­gen von 1937, mit dem die Aus­fuhr von Blei­stift­spit­zern und Ersatz­mes­sern in zahl­rei­che euro­päi­sche Län­der und die USA bean­tragt wurde, belegt, dass das Unter­neh­men als offene Han­dels­ge­sell­schaft lief und vier kauf­män­ni­sche Ange­stellte sowie einen Arbei­ter beschäf­tigte. Er zeigt außer­dem, dass Möl­ler & Breit­scheid keine eigene Fer­ti­gung hatte und sich aus­schließ­lich mit dem Ver­trieb von Schreib­wa­ren und Büro­ar­ti­keln befasste. Ein wei­te­res For­mu­lar, ver­mut­lich aus der Kriegs­zeit, führt die Firma als Groß­han­del und erwähnt sechs Beschäf­tigte, aber keine Roh­ma­te­ria­lien. Es spricht also eini­ges dafür, dass die unter den Eigen­mar­ken „Gra­nate“ und „Puck“ ver­trie­be­nen Spit­zer von einem oder meh­re­ren ande­ren Unter­neh­men her­ge­stellt und von Möl­ler & Breit­scheid exklu­siv ver­trie­ben wur­den. – In den 1950er Jah­ren spiel­ten diese bei­den Spit­zer neben Spitz­ma­schi­nen eine Haupt­rolle im von Möl­ler & Breit­scheid ange­bo­te­nen Bürobedarf.

Ein Ein­trag im Han­dels­re­gis­ter vom 13. Januar 1975 belegt die Auf­lö­sung des zuletzt in Roden­kir­chen bei Köln ansäs­si­gen Unternehmens.

Danke an das Rheinisch-​Westfälische Wirt­schafts­ar­chiv für diese Details!

Nach­trag vom 4.5.12: Das Waren­zei­chen­blatt des dama­li­gen Reichs­pa­tent­amts teilte in der Aus­gabe vom 31.3.1939 die Ein­tra­gung der Mar­ken „Puck“ (507555) und „Leonardt’s Kugelspitz-​Feder“ (507556) mit:

Warenzeicheneintragung „Puck”

Warenzeicheneintragung „Leonardt's Kugelspitz-Feder”

Danke an das DPMA für die Scans!

Nach­trag vom 10.5.15: Das Buch „Ger­man Tool and Blade Makers. A guide to manu­fac­tu­r­ers and dis­tri­bu­tors, their trade­marks and brand names“ von John Wal­ter (Nevill Publi­shing 2012) ent­hält fol­gen­den Eintrag:

PUCK (1900, no. 42154)
Möl­ler & Breit­scheid, Köln a. Rh.
Regis­try class: 9b
Style: block 

Gut mög­lich, dass damit der hier gezeigte Spit­zer gemeint ist.

  1. Zuwei­len wird auch Fried­rich Soenne­cken als Erfin­der genannt.

Der EPCON-​Bleistift

Der STAEDTLER WOPEX ist sicher der bis­her beste, aber nicht der erste durch Coex­tru­sion gefer­tigte Blei­stift. Bereits 1969 beauf­tragte der Spiel­zeug­her­stel­ler Has­bro, damals Eigen­tümer der Empire Pen­cil Com­pany1, die Unter­neh­mens­be­ra­tung Arthur D. Little mit der Ent­wick­lung eines Kunststoff-​Bleistifts; 1975 folg­ten das Patent und die Markt­ein­füh­rung des „EPCON“ genann­ten Schreibgeräts.

Der EPCON-Bleistift

Irv Arons, ehe­ma­li­ger Mit­ar­bei­ter von Arthur D. Little und Ent­wick­ler des Schaft­ma­te­ri­als für den EPCON, war so freund­lich, mir einige Exem­plare zu über­las­sen, so dass ich die­sen his­to­ri­schen Stift unter die Lupe neh­men und zei­gen kann. – Der grüne Stift stammt aus der Früh­zeit des EPCON und der leuch­tend blaue aus dem Jahr 1986; das Alter des grau­blauen kenne ich nicht. Alle haben eine poly­mer­ge­bun­dene Mine2 von Empire. (Soweit ich weiß, war der EPCON-​Bleistift in Deutsch­land nicht erhält­lich3, dafür aber Thema des Arti­kels „Sat­ter Strich“ im Spie­gel vom 1. Juni 1981.)

Der EPCON-Bleistift

Der EPCON hat Stan­dard­maße, ist aber mit knapp 8 g deut­lich schwe­rer als ein mit Zwinge und Radie­rer4 aus­ge­stat­te­ter Holz­blei­stift. Neben den für mich rät­sel­haf­ten Spu­ren an drei der unge­spitz­ten Enden fällt auf, dass der EPCON lackiert ist, die äußere Schicht also nicht wie beim WOPEX im Coex­tru­si­ons­pro­zess auf­ge­bracht wurde. Der Lack ist glatt und fühlt sich an wie der eines holz­ge­fass­ten Stifts. Die Angabe des Här­te­grads fehlt, doch die Mine dürfte HB sein; der Text auf den Stif­ten kenn­zeich­net sie als Sonderauflagen.

Der EPCON-Bleistift

Beim (übri­gens sehr leich­ten) Spit­zen zei­gen sich die typi­schen Merk­male des extru­dier­ten Blei­stifts, denn im foli­en­ähn­li­chen Span hän­gen die Mate­ria­lien von Mine und Schaft zusam­men. Bei mei­nen Tests war der Span zudem elek­tro­sta­tisch gela­den und zog die Minen­krümel an.

Der EPCON-Bleistift

Das Mate­rial ist röt­lich und porös, und so ist der EPCON auch nicht ganz so dicht wie der WOPEX und lässt sich im Gegen­satz zu die­sem im Kur­bel­spit­zer spit­zen. – Über die Kompo­nenten des Schafts infor­mie­ren die Patent­do­ku­mente5: 50–75% eines Ther­mo­plasts6, 20–40% fase­ri­ger Füll­stoff (Holz­mehl) und etwa 0,5–10% Metall­seife (Alu­mi­ni­umstea­rat). Letz­tere ermög­licht eine nied­ri­gere Pro­zess­tem­pe­ra­tur und erleich­tert das Spit­zen des Blei­stifts. – Zum Ver­gleich: Der WOPEX ent­hält 70% Holz7 im Schaft sowie 4–12% Wachs und (als druck­sen­kende Extru­si­ons­hilfe) 0,5–2% Palmöl in der Mine8.

Der EPCON-Bleistift

Die feine, fri­sche Spitze des EPCON bricht beim ers­ten Kon­takt mit dem Papier ab, doch dann schreibt der Stift gut. Ein Haf­ten der Mine auf dem Papier, wie man es von ande­ren extru­dier­ten Blei­stif­ten kennt, ist nicht zu bemer­ken; er glei­tet recht leicht (wenn auch nicht so leicht wie der WOPEX) und hat einen sau­be­ren Abstrich. Schwär­zung und Wisch­festigkeit sind gut, kom­men aber nicht an die des WOPEX heran. Der EPCON ist nur ein­geschränkt radier­bar; hier und bei der Bruch­fes­tig­keit ist der WOPEX eben­falls überlegen.

Der EPCON-Bleistift

Gespitzt (von links): EPCON (Carl Decade DE-​100), EPCON (M+R 201), WOPEX (M+R 201)

Mir gefällt die Fär­bung des Schaft­ma­te­ri­als9, erin­nert diese doch an die des Holz­blei­stifts. Die Poren aller­dings machen sich in mei­nen Augen nicht gut; das Geschlos­sene des WOPEX sieht bes­ser aus. – Cha­rak­te­ris­tisch für extru­dierte Blei­stifte ist die­ser Bruch, der Nut­zer holz­ge­fass­ter Blei­stifte ver­mut­lich überrascht.

Der EPCON-Bleistift

Die Empire Pen­cil Cor­po­ra­tion hat es nicht beim extru­dier­ten Blei­stift belas­sen, son­dern ihr Sor­ti­ment spä­ter um eben­sol­che Farb­stifte erwei­tert. Wann das war, konnte ich nicht he­rausfinden; die gezeig­ten Exem­plare wur­den Ende der 1990er Jahre in Por­tu­gal gekauft.

Der EPCON-Bleistift

Die run­den Farb­stifte sind gut 7 mm dick und haben einen 3 mm dicken Kern sowie ein of­fenes Ende; die ursprüng­li­che Länge der benutz­ten Stifte kenne ich nicht. Ihr Schaft wirkt an man­chen Stel­len etwas fein­po­ri­ger als der des EPCON, doch das könnte an der Serien­streuung liegen.

Der EPCON-Bleistift

Zusätz­lich zur wei­ßen Kenn­zeich­nung mit Pro­dukt­be­zeich­nung, Logo und Her­stel­ler gibt es die Blind­prä­gung „® EPCON USA“, aber keine Char­gen­be­zeich­nung. – „Pedi­gree“ bezeich­nete offen­bar eine ganze Reihe, denn es gab auch Blei­stifte die­ses Namens.

Der EPCON-Bleistift

Der Pedi­gree ist bruch­sta­bil und wisch­fest, aber kaum radier- und nicht was­ser­ver­mal­bar; er krü­melt fast nicht und haf­tet beim Schrei­ben nur wenig am Papier.

Der EPCON-Bleistift

Diese Farb­stifte sind sehr inter­es­sant und kämen sicher heute noch gut an.

Der EPCON-Bleistift

Pas­send zum Thema bot sich eine kleine Exkur­sion durch Patent­un­ter­la­gen an, aus denen einige Abbil­dun­gen gezeigt seien.

Der EPCON-Bleistift

Pen­cil making machine (1909)

Der EPCON-Bleistift

Method and appa­ra­tus for making pen­cils (1926)

Der EPCON-Bleistift

Method and appa­ra­tus for manu­fac­tu­ring pen­cils (1952)

Der EPCON-Bleistift

Pen­cil sheath com­po­si­ti­ons (eines der drei EPCON-​Patente, 1975)

Der EPCON-Bleistift

Pen­cil sheath com­po­si­ti­ons (eines der drei EPCON-​Patente, 1975)

Der extru­dierte Blei­stift ist eine bemer­kens­werte Erfin­dung, die mit dem EPCON begon­nen und mit dem WOPEX ihren der­zei­ti­gen Höhe­punkt, aber bestimmt noch nicht das Ende ihrer Ent­wick­lung erreicht hat. Ich bin gespannt auf das, was die Zukunft bringt!

Der EPCON-Bleistift

Vie­len Dank an Irv Arons für die EPCON-​Bleistifte und Mela­nie für die Leih­gabe der Pedigree-Farbstifte!

  1. Empire, gegrün­det 1900, kaufte 1986 das Unter­neh­men Berol; 1995 ging Empire-​Berol in San­ford auf (Quelle: The Pen­cil Pages).
  2. „Poly­mer­ge­bun­den” heißt nur, dass die Mine kei­nen Ton ent­hält, und sagt nichts über das Vor­han­den­sein z. B. von PVC aus; wei­tere Details zu die­ser Mine konnte ich nicht heraus­finden.
  3. Wenn ich rich­tig infor­miert bin, wurde die Pro­duk­tion des EPCON in den frü­hen 90er Jah­ren ein­ge­stellt. – Ein paar Fotos aus der Fer­ti­gung die­ses Blei­stifts zeigt Doug Mar­tin im Teil 5 sei­ner San­ford Pen­cil Fac­tory Tour.
  4. Der Radie­rer des EPCON ist inzwi­schen hart und unbe­nutz­bar.
  5. Pen­cil sheath com­po­si­ti­ons (3875088, 1975), Pen­cil sheath com­po­si­ti­ons, method for making pen­cils (3983195, 1976) und Pen­cil com­pri­sing a mar­king core and a porous resin sheath (3993408, 1976).
  6. Am Rande: Sowohl das EPCON- als auch das WOPEX-​Patent füh­ren Acrylnitril-​Butadien-​Styrol (ABS) auf. Die­ser viel­fäl­tig ein­setz­bare Ther­mo­plast wird u. a. für die LEGO-Steine ver­wen­det. – Anzu­mer­ken ist, dass das EPCON-​Patent den Schaft und das WOPEX-​Patent die Mine be­schreibt.
  7. Bei der Markt­ein­füh­rung sprach man von ein­hei­mi­scher Fichte.
  8. Quelle: Patent­do­ku­ment DE1020080340146 (2008). – Ich bin kein Che­mi­ker, kann mir aber vor­stellen, dass das die Schwär­zung und die Gleit­fä­hig­keit ver­bes­sernde Wachs und das Palm­öl für die im Ver­gleich zur kera­mik­ge­bun­de­nen Mine etwas schlech­tere Radier­bar­keit verantwort­lich sind.
  9. Wäre das nicht auch etwas für den WOPEX?

Mine und Mischung

Der zufäl­lige Fund einer mehr als 60 Jahre alten Patent­schrift über die Ver­rin­ge­rung der Licht­durch­läs­sig­keit von Blei­stift­mi­nen zur Ver­bes­se­rung ihrer Licht­paus­fä­hig­keit hat mich neu­gie­rig gemacht und zu einer wei­te­ren Suche motiviert.

Bereits wäh­rend der Lek­türe die­ses Doku­ments kam mir der Wer­be­text zum Blei­stift LYRA Orlow 6300, zitiert in der Jubi­lä­ums­schrift „Mei­len­steine. 150 Jahre Lyra-​Orlow“, und der darin ent­hal­tene Ver­weis auf das DRP (Deut­sches Reichs­pa­tent) 746988 in den Sinn; zudem habe ich mich an einige Exem­plare des orlow-​techno 6300 HB mit dem Auf­druck „ELIOGRAPH“ in einer mei­ner Schub­la­den erinnert.

Mine und Mischung

Das Deut­sche Patent- und Mar­ken­amt in Mün­chen bie­tet zahl­rei­che Mög­lich­kei­ten der kos­ten­freien Online-​Recherche. Eine Abfrage des DEPA­TIS­net nach dem von LYRA genann­ten Patent 746988 lie­fert Details zu einem „Ver­fah­ren zur Her­stel­lung von gebrann­ten Schreib­kör­pern, z. B. Blei­stift­mi­nen, Grif­feln oder Krei­den“ zum Zweck, „die Farb­kraft und Licht­ab­sorp­tion die­ser Schreib­mi­nen zu ver­bes­sern“, erdacht von Dr. Rai­mund Ber­ger aus Nürnberg.

Die­ser Text bezieht sich auf vor­han­dene Kennt­nisse über die Imprä­gnie­rung der Minen mit Farb­kör­pern sowie mit Stof­fen, die ultra­vio­let­tes Licht absor­bie­ren, damit jedoch nur die Ergeb­nisse bestimm­ter Kopier­ver­fah­ren ver­bes­sern hel­fen. Man ging davon aus, dass die optisch wirk­sa­men Zusatz­stoffe haupt­säch­lich auf den Ober­flä­chen der inne­ren Poren und Kapil­la­ren der Mine ver­teilt sein müs­sen, um den Glanz des Abstrichs zu ver­rin­gern und des­sen Licht­ab­sorp­tion zu erhö­ren, und strebte ein Ver­fah­ren an, bei dem sich die mit­tels einer Imprä­gnie­rung zuge­führ­ten Sub­stan­zen durch eine Wär­me­be­hand­lung in che­misch andere Stoffe umwan­deln. Diese Umset­zungs­pro­dukte soll­ten sich in äußerst fei­ner Form in den Hohl­räu­men gleich­mä­ßig abla­gern und so eine opti­male opti­sche Wir­kung erzie­len; zum Ein­satz kamen dabei orga­ni­sche Stoffe wie z. B. Koh­len­hy­drate, die beim Erhit­zen unter Sau­er­stoff­ab­schluss im Minen­in­ne­ren amor­phen Gra­phit bil­de­ten. Die bloße Bei­gabe von letz­te­rem zur Minen­masse (etwa in Form von Ruß) macht schon bei weni­gen Pro­zen­ten die Mine rau­her und min­dert ihre Gleit­fä­hig­keit, doch das genannte Ver­fah­ren bot den Vor­teil, die Glätte des kris­tal­li­nen Gra­phits und mit die­ser die Schreib­qua­li­tät des Blei­stifts zu erhal­ten, den Abstrich schwär­zer sowie mat­ter zu machen und damit Schärfe und Kon­trast von Licht­pau­sen zu steigern.

Unter den fünf ent­ge­gen­ge­hal­te­nen Doku­men­ten fin­det sich auch das Patent 627646 von J.S. STAEDTLER aus dem Jahr 19301, das die Bei­gabe von licht­dich­ten Sudan-​Farbstoffen zur Imprä­gnier­masse beschreibt. Dem­nach sol­len bereits eine kleine Menge Sudan­gelb oder Sudan­vio­lett ermög­li­chen, „die Licht­dichte der Mine so zu stei­gern, daß sie Minen­ab­stri­che von hoher Schwarz­wir­kung lie­fert“. Wenige Jahre zuvor ging die Kalle & Co. AG aus Bie­brich am Rhein mit dem Patent 517159 („Ver­fah­ren zur Dar­stel­lung von Tuschen, Zei­chen­stift­mas­sen und dgl. für Lichtp­aus­zwe­cke“) den Übel­stand2 der licht­durch­läs­si­gen Linien von Tusche- und Stift­zeich­nun­gen durch den Zusatz von im Ultra­vio­lett stark absor­bie­ren­der Sub­stan­zen an.

Kon­zep­tio­nell ganz anders ist das US-​amerikanische Patent 1504209 („Pen­cil and pro­cess of making the same“) aus dem Jahr 1924, in dem der Erfin­der den Ton mit Holz­staub und ande­ren koh­len­stoff­hal­ti­gen Mate­ria­lien mischte. Diese Stoffe soll­ten beim Bren­nen der Mine zu Kohle wer­den und so die Schwär­zung des Abstrichs erhö­hen; die dabei ent­ste­hen­den und die Mine brü­chig machen­den Hohl­räume wollte er mit Stearin­säure füllen.

Ob die für den Orlow 6300 bewor­be­nen Eigen­schaf­ten auch für den LYRA orlow-​techno 6300 gel­ten, kann ich nicht sagen; ein schnel­ler Ver­gleichs­test mit aktu­el­len Blei­stif­ten von STAEDTLER, Tom­bow, Pen­tel und STABILO zeigte zwar die hohe Qua­li­tät und die gute Schwär­zung die­ses Blei­stifts, nicht aber eine erkenn­bar gerin­gere Refle­xion im für das bloße Auge sicht­ba­ren Spek­trum (mit Abstand am mat­tes­ten war der Abstrich des STABILO Micro 288). – Die Wort­marke „ELIOGRAPH“ auf dem LYRA orlow-​techno 6300 wurde 1963 ein­ge­tra­gen und 2003 gelöscht. Ihren Ursprung kenne ich nicht; viel­leicht war es eine an „Helio­gra­fie“ oder die ita­lie­ni­sche Über­set­zung für „Licht­pause“, „elio­gra­fica“, ange­lehnte Wortschöpfung.

  1. Es wurde jedoch erst 1936 ver­öf­fent­licht.
  2. Die­ses schöne, mir bis­her unbe­kannte Wort musste ich unbe­dingt aus der Patent­schrift über­neh­men.

Patentschrift Nr. 74853

Einen Hin­weis auf die Sub­stan­zen, die man der Graphit-​Ton-​Mischung für Blei­stift­mi­nen bei­geben wollte (und viel­leicht auch bei­gege­ben hat), gibt diese Patent­schrift von 19451, auf die ich bei der Suche nach etwas völ­lig ande­rem gesto­ßen bin.

Patentschrift Nr. 74853

Zu Zei­ten der Licht­pause war ein hoher Kon­trast zwi­schen dem Beschreib­ma­te­rial und der Schrift wün­schens­wert. Bei ers­te­rem hatte man die Wahl und griff zu sehr dün­nem oder Trans­pa­rent­pa­pier, doch der Blei­stift bot diese nicht, da sein Här­te­grad den Anteil des die Licht­un­durch­läs­sig­keit bestim­men­den Gra­phits vor­gab. Laut die­ser Patent­schrift bil­det der Ton durch den Brenn­vor­gang einen kera­mi­schen, glas­ähn­li­chen Kör­per, des­sen Abstrich eine für Paus­zwe­cke ungüns­tige Licht­durch­läs­sig­keit aufweist.

Die Erfin­dung bestand darin, der Minen­masse Stoffe zuzu­ge­ben, die das beim Bren­nen des Tons ent­ste­hende Mate­rial licht­un­durch­läs­sig macht und damit des­sen Licht­paus­fä­hig­keit ver­bes­sert. Diese Zusätze soll­ten beim Bren­nen für Glä­ser sor­gen, die die beim Licht­pau­sen genutz­ten Wel­len­län­gen absor­bie­ren; infrage kamen dazu Ver­bin­dun­gen mit Schwer- und Erd­al­ka­li­me­tal­len sowie mit Metal­len der sel­te­nen Erden, die in ganz unter­schied­li­cher Form bei­gege­ben wer­den konn­ten und etwa 4 bis 8 Pro­zent der Gesamt­masse aus­mach­ten. – Wer diese Idee hatte und ob sie es damals bis in die Pro­duk­tion schaffte, konnte ich noch nicht herausfinden.

Ich gehe davon aus, dass die­ser Ver­such längst nicht der ein­zige war, um die Eig­nung der Blei­stift­mine für einen bestimm­ten Zweck durch Bei­men­gun­gen zu ver­bes­sern. Ein Kata­log von LYRA aus den 1950er Jah­ren (wie­der­ge­ge­ben in dem Buch „Mei­len­steine. 150 Jahre Lyra-​Orlow“) schreibt zur Spit­zen­sorte Orlow 6300, es sei „durch ein beson­de­res Ver­fah­ren die Reflex­wir­kung des Gra­phits abge­schwächt“ und außer­dem „die Licht­paus­fä­hig­keit der Mine durch ein paten­tier­tes Ver­fah­ren noch wei­ter gestei­gert“ wor­den – gar auf einem dem oben genann­ten ähn­li­chen Weg?

Anm.: Dies ist die 400. Bei­mi­schung in die­sem Weblog.

  1. Kurio­ser­weise ent­hält es nicht den Namen des Patent­in­ha­bers.
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