Spitzer

Granate 1892

Meine Suche nach dem Ursprung des als „Gra­nate“ bekann­ten Hand­spit­zers dau­ert an. Ein neuer Fund führt in das Jahr 1892 und damit wei­ter zurück als bisher.

Mit „equal to the finest impor­ted“ bewar­ben Gree­nough, Hop­kins & Cus­hing im April 1893 den „Peer­less“, was die Ver­mu­tung nahe­legt, dass die­ser Spit­zer als Kon­kur­renz zu Import­ware antrat. Eine Bestä­ti­gung dafür fin­det sich in „The Ame­ri­can Sta­tio­ner“, Vol. 31, Nr. 13 vom 31. März 1982:

Granate 1892

Granate 1892

Die For­mu­lie­rung „which has heret­ofore been impor­ted“ belegt es – der „Peer­less“ (oder ein ähn­li­cher Spit­zer) musste also bis­her impor­tiert wer­den, und zwar aus Europa, wie es wei­ter heißt.

Einer Mel­dung in „The Ame­ri­can Sta­tio­ner“, Vol. 32, Nr. 18 vom 3. Novem­ber 1982, zufolge war das Unter­neh­men zehn Monate nach die­ser Mel­dung zur Aus­lie­fe­rung des „Peer­less“ bereit:

Granate 1892

Und auch hier der Hin­weis auf impor­tierte Spit­zer. Aber wel­che waren das? Einen klei­nen Hin­weis könnte diese Anzeige der B. Law­rence Sta­tio­nery Co., 224, 226 and 228 Centre Street, New York in The Ame­ri­can Sta­tio­ner, Vol. 31, Nr. 4 vom 28. Januar 1892, geben:

Granate 1892

Lei­der feh­len der Name und eine Angabe zur Her­kunft die­ses Modells. War es die­ses, zu dem der „Peer­less“ in Kon­kur­renz trat?

Granate 1892

Geht man davon aus, dass die Dar­stel­lung weit­ge­hend kor­rekt ist, fal­len die bei­den Schrau­ben auf. Die frü­hen Ver­sio­nen der „Gra­nate“ von Möbius+Ruppert und Möl­ler & Breit­scheid hat­ten ein Rän­del­rad und zwei Stifte, um das Mes­ser zu hal­ten, doch der Brinco „Sharpe-Point“ nutzte zwei Schrau­ben. Führt die Spur nach England?

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

Mit dem kürz­lich ange­fer­tig­ten Leder­etui für den Pol­lux bin ich nicht ganz zufrie­den, weil es sehr klo­big ist. Heute hatte ich eine Idee, die ich auch gleich umge­setzt habe. Wie immer braucht man nur übli­ches Mate­rial und Werk­zeug, das bei Bast­lern ohne­hin herumliegt.

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

Ein klei­nes Stück Leder, das den Pol­lux gerade so umschließt (bei einer Dicke von 1,5 mm ist es 5,5 cm lang) und an den Enden jeweils etwa 3 mm über­steht, näht man so zusam­men, dass eine Röhre entsteht.

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

Am einen Ende macht man zwei gegen­über­lie­gende Löcher und am ande­ren zwei Einker­bungen. (Tipp: Letz­tere las­sen sich prima mit einem gro­ßen Stanz­mes­ser der Loch­zange machen.)

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

Durch die Löcher fädelt man ein Stück Elastik-Kordel und kno­tet es so zusam­men, dass sich der Kno­ten in der Röhre befin­det. Die Länge der Kor­del hängt davon ab, wie dehn­bar sie ist und wie stramm sie sit­zen soll.

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

Fer­tig! Pol­lux nehmen, …

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

… in die Röhre ste­cken und …

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

… Elastik-Kordel über das andere Ende span­nen und in die Ein­ker­bun­gen legen.

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

Ta-taa!

Basteln mit dem Lexikaliker (15)

Das kann man natür­lich noch schö­ner machen, z. B. indem man den Stoß zusätz­lich ver­klebt, damit sich kein Spalt bil­det, oder man statt des Leders Kar­ton nimmt, der über­zo­gen wird, damit es kei­nen Spalt gibt, und an den Schmal­sei­ten bes­ser in Form bleibt. Zudem sind die Enden offen; auch das ist nicht so gut.

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Janus 1

Ende Sep­tem­ber letz­ten Jah­res ist bei Pres­tel das Buch „Schreib­wa­ren. Die Rück­kehr von Stift und Papier“1 erschie­nen. Es geht (so der Ver­lag) auf die „neue Schreib­kul­tur“ und die Rück­kehr der „guten alten Schreib­ge­räte“ ein und ist mit sei­nem eher unge­wöhn­li­chen, aber brei­ten Spek­trum auch für die­je­ni­gen inter­es­sant, die bereits mit die­sem Thema ver­traut sind. Unein­ge­schränkt emp­feh­len kann ich es jedoch lei­der nicht, da man­che Dinge mei­ner Ansicht nach nur ober­fläch­lich abge­han­delt wer­den und eini­ges auf mich wie Wer­bung wirkt. Die Fülle und die Qua­li­tät der Fotos sind aller­dings beein­dru­ckend, und auch die Gestal­tung ist sehr ansprechend.

Janus 1

Zum Grö­ßen­ver­gleich ein Tom­bow Mono 100.

Ich habe mit einem Kapi­tel über den als „Gra­nate“ bekann­ten Hand­spit­zer zu die­sem Buch beigetragen.

Janus 2

Bei der Lek­türe bin ich auf Seite 49 über „Janus 1“ gestolpert.

Janus 3

„Janus 1“ stimmt natür­lich nicht, denn der gezeigte Spit­zer ist ein Janus 4048. Doch warum hat er eine Torx­schraube? Genau, weil es mein Exem­plar ist, bei dem ich die ori­gi­nale Schlitz­schraube über­dreht und durch eine Torx­schraube ersetzt habe.

Janus 4

Faber-Castell Janus 4048 und Möbius+Ruppert 604 („Gra­nate”) aus „Top Two (2)“

Das ver­wen­dete Foto stammt aus mei­nem Bei­trag „Top Two (2)“. Man hatte es sich wegen der „Gra­nate“ geben las­sen, dann aber nur den Janus 4048 benutzt – aller­dings ohne dies anzu­spre­chen, und so konnte ich weder auf die Schraube hin­wei­sen noch ein Foto eines ori­gi­na­len Janus 4048 anbie­ten (wahr­schein­lich hätte dann auch die kor­rekte Bezeich­nung die­ses Spit­zers ins Buch gefunden).

Janus 5

Janus 1 (Ori­gi­nal und Abbild)2

So kön­nen alle Leser die­ses Buches mei­nen per­sön­li­chen Janus 4048 bewun­dern, den ich ab jetzt „Janus 1“ nen­nen werde (nein, ich mache mich nicht über die­sen Feh­ler lus­tig3).

Janus 6

Janus 1 und Janus 4048 in trau­ter Zweisamkeit

Nicht jedem Spit­zer wird eine sol­che Ehre zuteil!

  1. Luca Ben­dandi, John Z. Komurki: Schreib­wa­ren. Die Rück­kehr von Stift und Papier. Pres­tel 2016, ISBN 978-3-7913-8268-5.
    Luca Ben­dandi, John Z. Komurki: Sta­tio­nery Fever. From Pen­cils to Paper Clips and Ever­y­thing In Bet­ween. Pres­tel 2016, ISBN 978-3-7913-8272-2.
  2. Das Mes­ser ist ein ande­res, weil ich es inzwi­schen aus­ge­tauscht habe. – Man beachte auch die bei­den Spu­ren an den hin­te­ren hohen Stel­len; diese kom­men vom Leder­etui.
  3. Er wäre auch sehr leicht ver­meid­bar gewe­sen.

Granate 1893

Ein wei­te­res Puz­zle­stück in der Geschichte des hier­zu­lande als „Gra­nate“ bekann­ten Hand­spit­zers: Diese Anzeige in „The Ame­ri­can Sta­tio­ner“, Vol. 33, Nr. 15 vom 13. April 1893.

Granate 1893

Das ist die älteste mir bekannte Dar­stel­lung des „Granate“-Designs1 (zylin­drisch, vier Rän­de­lun­gen und ver­jüng­tes Ende).

Inter­es­sant finde ich die Aus­sage „Equal to the finest impor­ted“. War der „Peer­less“ etwa das im Inland gefer­tige Kon­kur­renz­pro­dukt für impor­tierte Spit­zer, dar­un­ter die „Gra­nate“? Wenn ja: Woher kam sie? Wer hat das Design erdacht und sie gefer­tigt? Wel­che Fir­men haben sie ver­trie­ben und expor­tiert? Eine wei­tere Recher­che lohnt sicher.

Danke an Sean von Con­trap­un­ta­lism für den Hin­weis auf die Anzeige!

Nach­trag vom 18.5.23: Der „Peer­less“ wurde nicht erst am 13. April 1893 bewor­ben, son­dern schon fast ein Jahr frü­her, wie diese Anzeige in „The Ame­ri­can Sta­tio­ner“, Vol. 31, Nr. 14 vom 7. April 1892 belegt.

Peerless 1892

  1. Das Early Office Museum führt in der Rubrik „Small Pen­cil Shar­pe­ners“ einen sehr ähn­li­chen „Ame­ri­can Car­tridge Pen­cil Shar­pe­ner“ von Eber­hard Faber auf und gibt das Jahr 1892 an, doch lei­der fehlt eine Quel­len­an­gabe. – Siehe auch „Gra­nate 1892–1895“.

Basteln mit dem Lexikaliker (14)

Der groß­ar­tige Pol­lux von Möbius+Ruppert ver­dient ein Leder­etui, und so habe ich mir eins gebas­telt (ange­regt hat mich das für den DUX DX4322). Wie immer sind Material- und Werk­zeug­ein­satz sowie der Zeit­auf­wand gering, denn wir brau­chen nur ein 16,5 × 3 cm gro­ßes Stück Leder, eine Knopf­niete und das im gut­sor­tier­ten Bas­tel­haus­halt ohne­hin vor­handene Werk­zeug. – Eine Anlei­tung dürfte kaum nötig sein.

Basteln mit dem Lexikaliker (14)

Das ver­wen­dete Leder ist mit 1,5 mm zu dick. Zusam­men mit der Knopf­niete, die sehr auf­trägt, wird das Etui klo­big (ich benutze es trotzdem).

Basteln mit dem Lexikaliker (14)

So weiß ich, was ich beim nächs­ten Mal bes­ser machen kann. – Hier noch die Details:

Basteln mit dem Lexikaliker (14)

#2 und #3 bezie­hen sich auf meine Loch­zange und hän­gen von den Abmes­sun­gen der Knopf­niete ab.

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„Dieser kleine niedliche Apparat“

Schon ein­mal habe ich ver­mu­tet, dass die Erfin­dung des kegel­för­mig gebohr­ten Blei­stift­spit­zers dem Lon­do­ner Able­ger der fran­zö­si­schen Firma A. Marion & Co. gebührt, konnte aber keine ver­läss­li­chen Infor­ma­tio­nen fin­den – bis heute, als ich im Poly­tech­ni­schen Jour­nal gestö­bert und einen Bei­trag aus dem Schwei­ze­ri­schen Gewer­be­blatt des Jah­res 1852 gefun­den habe: „Vor­rich­tung zum Spit­zen von Blei­stif­ten, von Marion in Lon­don“1.

Die­ser kleine nied­li­che Appa­rat, für Eng­land regis­trirt, ist, wie mehr­mo­nat­li­cher Gebrauch beweist, sehr gut geeig­net, um eine immer gleich­mä­ßige Zuschär­fung des Hol­zes und Gra­phit­stif­tes, eine feine runde Spitze des letz­tern zu erhal­ten, und sehr ange­nehm im Gebrauch, weil die Fin­ger von anhän­gen­dem Gra­phit­staub nicht beschmutzt werden.

„Dieser kleine niedliche Apparat”

a ist ein kur­zer Elfen­bein­griff mit Mes­sing­zwinge und an der Spitze mit Schraube zum Ein­set­zen und Abneh­men von b;

b ein mas­si­ves Stück Mes­sing, am vor­dern Theil höher und brei­ter als hin­ten. Darin ist c eine conisch zulau­fende Höh­lung ange­bracht. Diese hat einen Schlitz gegen die Seite d ihrer gan­zen Länge nach;

d, d ein Stahl­plätt­chen mit einer Schneide, die in dem hoh­len Conus c liegt und wie ein Hobel­ei­sen die­nen muß. Die­ses line­al­ar­tige Stahl­stück wird auf dem Mes­sing­stück b und zwar auf der rech­ten schrä­gen Seite f des­sel­ben mit der Schraube e, wel­che durch einen Schlitz in d geht, fest­ge­hal­ten, so daß aber der Schlitz ver­schie­dene Stel­lun­gen von d, ein tie­fe­res oder weni­ger tie­fes Ein­grei­fen in den Conus c mög­lich macht.

g, g sind zwei kleine Schräub­chen, durch zwei Ansätze von b hin­durch­ge­hend, und dazu bestimmt, das Lineal d mehr am wei­tern oder am engern Theil des Kegels c ein­zu­schie­ben, um es mehr auf den Stift oder das Holz wir­ken zu lassen.

h eine gegen­über­lie­gende Schraube, wel­che das in b an einem durch­bohr­ten Ansatz ein­ge­scho­bene Stäb­chen i fest­zu­hal­ten bestimmt ist. An i sind die Flü­gel k, k, die ver­schie­dene Stel­lun­gen zulas­sen, und dazu die­nen, die Achse des Blei­stif­tes cen­trisch gegen den Conus zu stel­len. Beim Gebrauch wird, wie es sich von selbst ver­steht, der Blei­stift durch k in c ein­ge­scho­ben, in der Rich­tung des Pfei­les mit der einen Hand gedreht, wäh­rend die andere das Stäb­chen a faßt.2

Damit dürfte belegt sein, dass die Urform des heu­ti­gen Hand­spit­zers mit koni­scher Stift­auf­nahme und einem Mes­ser, das in den Konus reicht, vor 165 Jah­ren in die Welt kam.

Und wie steht es dann um die oft anzu­tref­fende Behaup­tung, Theo­dor Paul Möbius habe 1908 den kegel­för­mig gebohr­ten Blei­stift­spit­zer erfun­den? Was zunächst wie ein Wider­spruch zu Obi­gem klingt, muss kei­ner sein, denn in der Beschrei­bung der Erfin­dung von A. Marion & Co. ist zwar von einem Konus, nicht aber von Boh­ren die Rede3. Es kann auch mög­lich sein, dass sich Möbius‘ Erfin­dung auf die indus­tri­elle Fer­ti­gung der Spit­zer bezog (Mari­ons Appa­rat wurde wohl nicht in Serie her­ge­stellt). Doch das sind nur Ver­mu­tun­gen, und so sind wei­tere Recher­chen sicher spannend.

Nach­trag vom 2.6.23: Die oben genann­ten Links haben beim letz­ten Ver­such, sie auf­zu­ru­fen, nicht funk­tio­niert. Der zuerst im Schwei­ze­ri­schen Gewer­be­blatt, 1852, Nr. 7 ver­öf­fent­lichte Arti­kel ist zu fin­den unter Poly­tech­ni­sches Jour­nal → Din­gler Online/Zur Band­über­sicht → Dr. Johann Gott­fried Din­gler, Dr. Emil Maxi­mi­lian Din­gler: Poly­tech­ni­sches Jour­nal. Bd. 124. Stutt­gart, Tübin­gen, 1852 Digi­tale Samm­lun­gen (SLUB) (voll­stän­di­ger Band; der Arti­kel ist auf Seite 349 und die Tafel auf Seite 497) und Tab. VI (Abbil­dung). Den tran­skri­bier­ten Arti­kel­text mit Abbil­dung gibt es unter „Vor­rich­tung zum Spit­zen von Blei­stif­ten, von Marion in Lon­don“.

  1. Der Her­stel­ler nannte ihn „Pen­cil Cut­ter and Shar­pe­ner“.
  2. Text­quelle: Insti­tut für Kul­tur­wis­sen­schaft der Humboldt-Universität zu Ber­lin (CC-BY-NC-SA 3.0), Bild­quelle: SLUB Dres­den (CC-BY-NC-ND 3.0).
  3. Um ver­läss­li­che Anga­ben dazu machen zu kön­nen, müsste man jedoch in die Patent­schrift schauen.
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