Vermischtes

Nachruf auf einen Pfeil

Ich mag Pfeile: kleine und große, dicke und dünne, gerade und gebo­gene, Pfeile auf und aus Papier, Holz und Metall.

Alter Herzpfeil

Aus­ge­rech­net ein mir beson­ders ver­trau­ter Pfeil ist inzwi­schen fast voll­stän­dig aus dem öffent­li­chen Raum ver­schwun­den, und zwar der Herz­pfeil. Auf zahl­rei­chen Stra­ßen­schil­dern rich­tungs­wei­send und bereichs­mar­kie­rend ver­tre­ten war er für lange Zeit ein wich­ti­ger und auf­fäl­li­ger Teil des Stra­ßen­bilds, das sich jetzt wan­delt, denn schon einige Jahre vor der am 1. Sep­tem­ber 2009 ein­ge­führ­ten neuen Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung erfuh­ren etli­che Schil­der eine Über­ar­bei­tung. Bei die­ser Straf­fung – einer wei­te­ren unse­res All­tags – musste der alte Herz­pfeil mit sei­ner freund­li­chen und etwas fül­lig wir­ken­den Gestalt der mage­ren, kantig-strengen ISO-Variante weichen.

Neuer ISO-Pfeil

Es klingt bestimmt völ­lig irra­tio­nal und hoff­nungs­los nost­al­gisch, aber mir wird der Herz­pfeil fehlen.

Zweck und Zentrum

Im Mit­tel­punkt mei­ner heu­ti­gen Betrach­tung steht – bes­ser: liegt und steckt – ein klei­nes Zei­chen­zu­be­hör, und zwar die Zentrierzwecke.

Zentrierzwecken Haff Nr. 160 (links) und STAEDTLER Japan (rechts)

Der Zweck des hier in gleich zwei Vari­an­ten gezeig­ten Hel­fer­leins ist schnell beschrie­ben: Das wie­der­holte Ein­ste­chen einer Zir­kel­spitze an der­sel­ben Stelle (z. B. für das Zeich­nen kon­zen­tri­scher Kreise) wei­tet den Ein­stich­punkt unnö­tig aus, was die Zei­chen­ge­nau­ig­keit ver­rin­gert und oben­drein das Beschreib­ma­te­rial stra­pa­ziert; eine Zen­trier­zwe­cke hilft da zweifach.

Zentrierzwecke Nr. 160 von Haff

Die metal­lene, unten mit einer fei­nen Nadel und oben mit einer eben­sol­chen Ver­tie­fung ver­se­hene Zen­trier­zwe­cke (hier die Nr. 160 von Haff, ange­bo­ten für 3 Euro „zur Scho­nung des Mit­tel­punk­tes einer Zeich­nung“) ver­mei­det bei­des – ein­mal posi­tio­niert hält sie den Zir­kel zuver­läs­sig am Platz und redu­ziert zudem die Bean­spru­chung des Materials.

Die knapp 1,6 mm hohe Zwe­cke aus Leicht­me­tall (wohl Alu­mi­nium) hat die Form eines Kegel­stump­fes, einen Durch­mes­ser von 10 mm und ist an der Unter­seite ange­fast, damit sie sich leich­ter lösen lässt; eine kleine Hülse hält die 2,4 mm weit hin­aus­ste­hende und 0,5 mm dicke Nadel mit­tels Press­pas­sung im Zentrum.

Zentrierzwecke 553G von STAEDTLER Japan

Wo der Ein­stich nicht erwünscht oder gar unmög­lich ist, kommt die zweite Zen­trier­zwe­cke zum Ein­satz (im Bild oben der Arti­kel 553G von STAEDTLER Japan, ca. 1,20 Euro). Sie wird durch einen Gum­mi­ring an ihrer Unter­seite sicher in Posi­tion gehal­ten; ein Faden­kreuz im trans­pa­ren­ten Inne­ren erleich­tert die Platzierung.

Das 3,4 mm starke und aus har­tem, trans­pa­ren­tem Kunst­stoff gefer­tigte Uten­sil mit einem Durch­mes­ser von gut 16 mm ver­fügt an sei­ner Ober­seite über eine Rif­fe­lung, damit die Fin­ger nicht abrut­schen, denn im Gegen­satz zu der Zwe­cke von Haff arbei­tet diese nicht mit Form-, son­dern mit Kraft­schluss. Ebenso wie ers­tere trägt sie keine Kennzeichnung.

Zentrierzwecke des Reißzeugs „Präcision” IX.P von Otto Richter

Obi­ges Foto zeigt die Zen­trier­zwe­cke des Reiß­zeugs „Präcis­ion“ IX.P. von Otto Rich­ter (65 oder mehr Jahre alt), und unten­ste­hende Abbil­dung habe ich der 20. Aus­gabe des Haupt-Katalogs der Gebrü­der Wich­mann (Ber­lin) von 1940 ent­nom­men. – Eine dem Pro­dukt von STAEDTLER sehr ähn­li­che Zwe­cke fin­det sich unter der Num­mer 52 im Zube­hör­pro­gramm der Reiß­zeug­fa­brig See­lig GmbH & Co. KG.

Zentrierzwecke Nr. 827 aus dem Lieferprogramm der Gebrüder Wichmann

Mit der DIN 585291 gab es über­dies eine Norm für – so ihr Titel – „Zen­trier­zwe­cken und Zen­trier­schei­ben für Reiß­zeuge“2. Zu der darin spe­zi­fi­zier­ten Zen­trier­zwe­cke aus Mes­sing (Durch­mes­ser 8±1 mm, eine Nadel) und der Zen­trier­scheibe aus Neu­sil­ber und Kunst­stoff (Durch­mes­ser 16±1 mm, drei Nadeln) heißt es:

Die Zen­trier­schei­ben die­nen dazu, das Zei­chen­pa­pier zu scho­nen, wenn um das glei­che Zen­trum viele Kreise mit dem Zir­kel gezo­gen wer­den sol­len. In die­sen Fäl­len wird die Zen­trier­scheibe so über das zu schüt­zende Zen­trum gesetzt, daß die­ses gut durch die Scheibe sicht­bar ist. Der Zir­kel wird dann in die Kunst­stoff­scheibe genau über dem Zen­trum eingesetzt.

Wer bis hier­hin durch­ge­hal­ten hat, bekommt noch eine ety­mo­lo­gi­sche Zugabe: „Zwe­cke“, die weib­li­che Form von „Zweck“, geht zurück auf das alt- und mit­tel­hoch­deut­sche „zwec“, das „Nagel“, „Pflock“ und vor allem „Pflock in der Mitte der Ziel­scheibe“ bedeu­tete. Dar­aus wurde im 15. Jahr­hun­dert „Ziel“, wobei die ursprüng­li­che Bedeu­tung als „Zwe­cke“ erhal­ten blieb. Abge­lei­tet davon sind u. a. „bezwe­cken“ und „ver­zwickt“, wobei letz­te­res also für „ver­na­gelt“ steht. (Quelle: Fried­rich Kluge, Ety­mo­lo­gi­sches Wör­ter­buch der deut­schen Spra­che, 24. Auf­lage, 2002.)

  1. Letzte Fas­sung vom 1. März 1971, zurück­ge­zo­gen im Novem­ber 1996.
  2. „Cen­ter tacks, horn cen­tres for dra­wing instru­ments”; eine eng­li­sche Fas­sung hat es nicht gege­ben.

Spielwiese

Mei­ner auf­merk­sa­men Leser­schaft wird sicher nicht ent­gan­gen sein, dass seit kur­zem unter der Sei­ten­leiste am rech­ten Rand ein klei­ner schwar­zer Wür­fel rumliegt.

Ein kleiner schwarzer Würfel

Als alter Spiel­ratz ein an nütz­li­chen Din­gen inter­es­sier­ter Mensch bin ich stets um sinn­volle Erwei­te­run­gen mei­nes Online-Angebots bemüht, und so gibt es nun die Mög­lich­keit, durch einen Maus­klick auf die­sen Wür­fel einen zufäl­li­gen Bei­trag aus­wür­feln und anzei­gen zu las­sen. – Selbst­ver­ständ­lich wird dabei nicht aus sechs, son­dern aus zur Zeit 410 Bei­trä­gen aus­ge­wählt, doch ein 410-seitiger Wür­fel stand mir zum Foto­gra­fie­ren bedau­er­li­cher­weise nicht zur Verfügung.

Lineal + 2

Nach aller­lei His­to­ri­schem und grenz­wer­tig Alber­nem heute ein genauer Blick auf die zweite Lineal-Neuheit neben dem „Snap-it“, mit der Brun­nen allen viel­sei­tig Akti­ven gleich drei nütz­li­che Geräte in einem anbietet.

Acryl-Lineal mit Stahlkante von Brunnen

Das 310 mm lange und gut 50 g leichte Lineal mit mil­li­me­ter­ge­teil­ter 30-cm-Skala nutzt seine Breite von 45 mm für ein durch­ge­hen­des 5-mm-Raster mit vier wei­te­ren Millimeter-Skalen und erleich­tert damit wie ein Geo­drei­eck das Zeich­nen par­al­le­ler Gera­den. Hier fällt posi­tiv auf, dass die Ska­len und das Ras­ter auf der Unter­seite ange­bracht sind und somit ein par­al­la­xen­freies Able­sen mög­lich ist.

Acryl-Lineal mit Stahlkante von Brunnen

Doch nicht nur zum Zeich­nen eig­net sich die­ses 3 mm dicke Lineal, denn in die der Facette gegen­über­lie­gende Kante wurde eine 1 mm breite Stahl­schiene ein­ge­las­sen und das Zube­hör so für die Nut­zung mit einem Mes­ser taug­lich gemacht. Pfif­fig: Das Metall steht einen hal­ben Mil­li­me­ter her­vor, so dass ein Ver­kan­ten der Klinge nicht zur Beschä­di­gung des Line­als führt.

Acryl-Lineal mit Stahlkante von Brunnen

Drei 70 mm lange Sili­kon­strei­fen hal­ten das Lineal beim Zeich­nen und Schnei­den zuver­läs­sig in Posi­tion, und ihre schwar­zen Abde­ckun­gen auf der Ober­seite tra­gen zum attrak­ti­ven Äuße­ren bei.

Acryl-Lineal mit Stahlkante von Brunnen

Die Ver­ar­bei­tung des aus Acryl gefer­tig­ten Line­als, das der Her­stel­ler unter der Artikel-Nummer 10-49 780 im Pro­dukt­ka­ta­log für Schü­ler lis­tet, ist sehr gut – die Kan­ten sind sau­ber, der Rutsch­stopp sowie die Metall­kante sorg­fäl­tig befes­tigt und der Auf­druck ist ein­wand­frei. Mein Fazit: Ein prak­ti­sches, hoch­wer­ti­ges und mit 8,50 Euro ver­gleichs­weise güns­ti­ges Pro­dukt für den Schreib- und Bas­tel­tisch nicht nur des Schülers.

Freitagsfrage

Als unter­halt­sa­mes und hof­fent­lich erfreu­li­ches Gegen­stück zur Sonn­tags­frage, die hier zu stel­len ich mich nicht im Traume wagen würde, möchte ich meine Leser­schaft heute mit einer Frei­tags­frage zum Nach­den­ken anre­gen und ihr damit auch die Mög­lich­keit geben, einen attrak­ti­ven und in Deutsch­land nicht offi­zi­ell erhält­li­chen Preis zu gewinnen.

Im Mit­tel­punkt steht die­ses etwa 46 × 52 mm große und noch nicht ein­mal 2 g leichte Ding aus wei­ßem und fes­tem, aber noch bieg­ba­rem Kunst­stoff, hier gleich in drei­fa­cher Aus­füh­rung zu sehen:

Freitagsfrage

(zum Ver­grö­ßern anklicken)

Wel­chem Zweck dient die­ses Teil?

Wer als ers­ter einen Kom­men­tar mit der rich­ti­gen Lösung sowie einer funk­tio­nie­ren­den E-Mail-Adresse hin­ter­lässt, bekommt ein Mini-Notizbuch im For­mat A8 von Pre­sign frei Haus.

Spuren

Ganz plötz­lich war sie da, diese nost­al­gi­sche, fast weh­mü­tige Stim­mung. Sie stellte sich ein beim Pfle­gen eines Paa­res schwar­zer Leder­schuhe, die trotz ihres Alters und des sehr häu­fi­gen Tra­gens immer noch in einem außer­or­dent­lich guten Zustand sind. Die Nähte und das Leder sind intakt, und die Spu­ren der Alte­rung und des Gebrauchs stö­ren mich nicht – im Gegen­teil: Sie machen die Schuhe in mei­nen Augen nur noch schö­ner und wertvoller.

Spuren

In die­ser Stim­mung habe ich mich gefragt: Wo sind sie eigent­lich geblie­ben, diese häu­fig benutz­ten Dinge, die, im jah­re­lan­gen Ein­satz abge­wetzt und abge­grif­fen, ihre Krat­zer, Del­len, Sprünge und andere Bles­su­ren bei­nahe stolz und ihre cha­rak­te­ris­ti­sche Patina wie eine Aus­zeich­nung tra­gen? Die gleich­sam gereift sind in den Hän­den ihres Eigen­tü­mers, ihn lange beglei­tet haben und Zeug­nis able­gen kön­nen über ihn und einen Abschnitt sei­nes Lebens?

Spuren

Wur­den sie abge­löst von sol­chen Gegen­stän­den, die schnell unbrauch­bar sind und ersetzt wer­den müs­sen, bevor sie altern kön­nen? Gibt es zuviel Modi­sches, das nicht mehr über das Klassisch-Zeitlose ver­fügt, und beim nächs­ten Trend eilig durch ebenso Kurz­le­bi­ges aus­ge­tauscht wird? Liegt es daran, dass vie­les nicht ästhe­tisch altern, son­dern nur häss­lich wer­den kann, weil Mate­rial oder Ver­ar­bei­tung dies nicht erlau­ben? Haben wir gar zu viele Dinge für den­sel­ben Zweck, so dass der ein­zelne Gegen­stand nur sel­ten benutzt wird und daher immer wie neu bleibt?

Spuren

Wie kann man an Gebrauchs­spu­ren Gefal­len fin­den? Nun, viel­leicht sorgt ja meine Freude an all­täg­li­chen Din­gen und der Ver­traut­heit mit ihnen, die erst nach einer gewis­sen Zeit und zusam­men mit eben die­sen Spu­ren kommt, für eine sol­che Emp­fin­dung. Sie könnte auch von der zuneh­men­den Zahl aktu­el­ler Pro­dukte her­rüh­ren, die ich – mög­li­cher­weise auf­grund stei­gen­der Ansprü­che – oft in mehr­fa­cher Hin­sicht als min­der­wer­tig und see­len­los erlebe, oder von der (Wieder-)Entdeckung bis­wei­len stark bean­spruch­ter All­tags­dinge aus ver­gan­ge­nen Zei­ten, die mir gro­ßen Spaß macht.

Schon merk­wür­dig, wel­che Gedan­ken beim Put­zen alter Tre­ter auf­kom­men können.

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