Museum

Im Wandel

Mar­ken­zei­chen wer­den gerne über­ar­bei­tet, um dem Zeit­ge­schmack zu ent­spre­chen, eine Sor­ti­ments­än­de­rung zu beglei­ten oder dem Unter­neh­men einen neuen, fri­schen Auf­tritt zu ver­schaf­fen. So gab es auch den bekann­ten Mar­s­kopf von STAEDTLER in eini­gen Varianten.

Im Wandel

Der Mar­s­kopf in die­ser ganz­sei­ti­gen Anzeige stammt von 1963 und war die erste stark ver­ein­fachte Form nach über 50 Jahren.

Im Wandel

Der Unter­schied zu den davor genutz­ten war recht groß, und so hielt man es viel­leicht für nötig, ihn mit einer Wer­be­kam­pa­gne bekannt zu machen.

Inter­es­sant finde ich, dass der aktu­elle Mar­s­kopf nach der sehr mini­ma­lis­ti­schen Aus­füh­rung von 1973 wie­der näher an der hier bewor­be­nen liegt. Wie wohl der nächste aus­se­hen wird?

Chef

Ich bin hier der Chef und greife bei beson­de­ren Gele­gen­hei­ten gerne zu den Kopier­stif­ten 9134 und 9136 „Chef“ von A.W. Faber.

Chef

Sie waren von 1956 bis in die 1970er Jahre hin­ein erhält­lich und unter­strei­chen mit ihrem beein­dru­cken­den Durch­mes­ser von 10 Mil­li­me­tern meine Autorität.

Chef

Genug geplau­dert – es war­ten wich­tige Chef-Angelegenheiten.

Danke an 2nd_astronaut für diese Stifte!

„Immer gleiche Güte“

Mit die­ser Anzeige aus dem Jahr 1942 bewarb A.W. Faber seine Pro­dukte der Marke „CASTELL“ und deren gleich­blei­bende Qualität.

„Immer die gleiche Güte“

Auch die Her­stel­ler von Schreib­wa­ren lit­ten damals unter dem kriegs­be­ding­ten Man­gel. So war A.W. Faber bestrebt, selbst unter die­sen schwie­ri­gen Bedin­gun­gen „[a]llen Freun­den eines guten Arbeits­ge­rä­tes“ (eine schöne For­mu­lie­rung!) die gewohnte Güte zu bie­ten, und wies schon fast ent­schul­di­gend auf die aktu­el­len, ver­mut­lich ein­fa­che­ren Ver­pa­ckun­gen hin, wohl um den Beden­ken ent­ge­gen­zu­wir­ken, deren Inhalt wäre ähn­lich ein­fach aus­ge­führt und hätte daher nicht mehr die gewohn­ten Gebrauchs­ei­gen­schaf­ten. – Neben der kla­ren, schnör­kel­lo­sen Spra­che gefal­len mir die Gestal­tung der Anzeige und natür­lich die Dar­stel­lung der Bleistiftspitze.

„Immer die gleiche Güte“

Zu sehen ist hier auch die bis 1993 als Bild­marke genutzte Waage, deren Geschichte 150 Jahre zurück­reicht, sowie der typi­sche „CASTELL“-Schriftzug, der 1912 ein­ge­tra­gen wurde. – Ich wüsste gerne, warum man zwi­schen Schreib- und Zei­chen­stif­ten unter­schie­den hat.

Für mich ist diese Anzeige ein schö­nes und inter­es­san­tes Stück Bleistiftgeschichte!

Rot und Blau (5)

Der letzte Bei­trag zu die­sem Thema endete mit wei­te­ren Fra­gen zur Her­kunft des Rot-Blau-Stifts.

1871 wurde Eber­hard Faber vor dem United Sta­tes Cus­tom House1 in New York ange­hört. Ihm wurde vor­ge­wor­fen, inkor­rekte Anga­ben zu den von A.W. Faber aus Deutsch­land impor­tier­ten Waren gemacht, d. h. einen zu nied­ri­gen Wert ange­ge­ben zu haben. Von Sean Mal­one – er war mit der Unter­neh­mens­ge­schichte Eber­hard Fabers her­vor­ra­gend ver­traut – habe ich fol­gen­den Aus­schnitt aus dem Protokoll:

Rot und Blau (5)

The pri­ces of the Car­mine, Blue and Sibe­rian pen­cils and all the colo­red pen­cils vary from time to time, aside from the quan­tity purchased.

Q. Do you know whe­ther the colo­red pen­cils are, in point of fact, made by “A.W. Faber”, or purcha­sed by them?
A. They are purcha­sed by them.

Eber­hard Faber hat also aus­ge­sagt, dass die Farb­stifte nicht von A.W. Faber her­ge­stellt, son­dern zuge­kauft wur­den. (Er erhielt spä­ter eine Geld­strafe und musste den Dif­fe­renz­be­trag nach­zah­len.) Dies galt dann wohl auch für die Rot-Blau-Stifte.

Doch woher kamen sie?

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  1. Am United Sta­tes Cus­tom House (auch New York Cus­tom House) erhob die Zoll­be­hörde der USA die Bun­des­zölle auf impor­tierte Waren in New York City.

Rot und Blau (4)

Zu den The­men, die schon län­ger auf ihre wei­tere Bear­bei­tung war­ten, gehört die Geschichte des Rot-Blau-Stifts, aber auch ver­wand­ter Schreib­ge­räte. – Die fol­gen­den Doku­mente konnte ich von Sean Mal­one (†7.12.201) bekom­men.

Die letz­ten hier gezeig­ten Quel­len bele­gen, dass es den Rot-Blau-Stift bereits vor 1869 gab, und ein Waren­ka­ta­log von A.W. Faber führte 1874 sogar Rot-Grün-, Rot-Graphit- und Blau-Graphit-Stifte auf. Doch auch letz­tere waren damals nicht neu, wie die­ser Kata­log von Eber­hard Faber aus dem Jahr 1873 zeigt.

Rot und Blau (4)

Aller­dings wer­den hier unter der Rubrik „Colo­red Pen­cils With Two Colors“ die Kom­bi­na­tio­nen „Car­mine and Black“ und „Blue and Black“ genannt, so dass offen bleibt, ob es sich bei dem Schwarz um eine Farb- oder eine Gra­phit­mine gehan­delt hat. – Ich finde es bemer­kens­wert, dass der Rot-Blau-Stift in drei und den Rot-Grün-Stift in zwei Qua­li­tä­ten ange­bo­ten wurde.

Rot und Blau (4)

Auch ein mecha­ni­scher Rot-Blau-Stift war im Sor­ti­ment. – Inter­es­sant finde ich den Rot-Schwarz-Stift mit dicker Vierkant-Mine, der Wald­ar­bei­tern ange­dient wurde.

Rot und Blau (4)

Aus einem Bericht des United Sta­tes Con­gress des Jah­res 1864 stammt fol­gende Über­sicht, die Rot-Blau-Stifte von Faber aufführt.

Rot und Blau (4)

1872 gab es einen Groß­brand in der Fabrik von Eber­hard Faber in New York. Zu den Unter­la­gen, die das Feuer über­stan­den, gehört ein Geschäfts­buch aus dem Jahr 1857. (Eber­hard Faber lei­tete ab 1849 zunächst die US-amerikanische Nie­der­las­sung von A.W. Faber in New York, bevor er 1861 seine eigene Blei­stift­fa­brik, eben­falls in New York, grün­dete. Alle Doku­mente vor 1861 sind also noch A.W. Faber zuzu­ord­nen.) Im Novem­ber fin­den sich die Ein­tra­gun­gen „10 Gr. Zin­no­ber & Blei­stifte“ und „11 3/4 Gr. Blau und Blei­stifte“ (dritte Rubrik, erste und zweite Zeile; für einen Aus­schnitt anklicken):

Rot und Blau (4)

Eben­falls im Novem­ber: „8 Gr. Zin­no­ber & Blau Stifte Gold“ (zweite Rubrik, dritte Zeile; für einen Aus­schnitt anklicken):

Rot und Blau (4)

Und im Dezem­ber: „18 Gr. Roth & Blau Stifte 6eckig“ (19. Zeile)2 und „2 1/2 Gr. Blau & Zin­no­ber Stifte“ (letzte Zeile; für Aus­schnitte anklicken):

Rot und Blau (4)

Doch es geht noch wei­ter zurück, und zwar in den Juli 1856. Das Geschäfts­buch von Eber­hard Faber führte in die­sem Monat und zum ers­ten Mal in die­sem Jahr „Blue and Car­mine“ auf (etwa in der Mitte; für einen Aus­schnitt anklicken):

Rot und Blau (4)

Der Rot-Blau-Stift dürfte also min­des­tens 166 Jahre alt sein, und die Idee dazu hatte nach eige­nen Anga­ben Lothar vor Faber3.

Doch es blei­ben Fra­gen: Wann kam der erste Rot-Blau-Stift auf den Markt? Als Erfin­der des moder­nen Farb­stifts auf Ölkrei­de­ba­sis gilt Johann Sebas­tian Staedtler; er hat seine Erfin­dung im Februar 1834 prä­sen­tiert. Wann begann Lothar von Faber mit der Pro­duk­tion von Farbstiften?

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  1. Seine her­vor­ra­gen­den Web­logs Con­trap­un­ta­lism und Black­wing Pages sind glück­li­cher­weise noch online.
  2. Dar­un­ter heißt es „9 Gr. Zin­no­ber Stifte roth-Gold“, doch ich bin mir nicht sicher, ob es sich dabei wirk­lich um Rot-Blau-Stifte han­delt oder „roth-Gold“ deren Gestal­tung bezeich­nen soll.
  3. Lothar von Faber (1817–1896) hat 1839 die 1761 gegrün­dete Blei­stift­fa­brik A.W. Faber über­nom­men.

„Koh-I-Noor“

Koh-I-Noor

Mit die­ser Anzeige im Son­der­heft D der Reihe „Die zeit­ge­mäße Schrift“, erschie­nen 1933 im Ver­lag für Schrift­kunde Heintze & Blan­ckertz, Ber­lin und Leip­zig, bewarb L&C Hardt­muth den Blei­stift Koh-I-Noor. – Mir gefal­len die Gestal­tung, das unge­wöhn­li­che „M“ und natür­lich die Spitzen.

Vorgestern, ohne Klammern

Dachte ich bis­her, das Hef­ten ohne Klam­mern sei eine ver­gleichs­weise neue Erfin­dung, so haben mich diese bei­den Anzei­gen im Kata­log für Büro-Bedarf von A. Wal­ter Schrei­ber, Leip­zig, aus dem Jahr 1939 eines Bes­se­ren belehrt.

Vorgestern, ohne Klammern

Schon vor über 80 Jah­ren konn­ten der „Mul­ti­fix“ und der „Hef­tex“ Blät­ter ohne Klam­mern und Draht zusam­men­hal­ten, wobei mich die Schlaufe des letz­te­ren an die erin­nert, die der Hari­nacs von Kokuyo in das Papier ein­bringt. – Inter­es­sant zu wis­sen wäre natür­lich, wer diese Idee hatte und mit wel­chem Gerät sie erst­mals umge­setzt wurde.

Pentel PG4

Der Pen­tel PG4 ist ein beson­de­rer Druckbleistift.

Pentel PG4

Doch zunächst ein paar his­to­ri­sche Details1. Das japa­ni­sche Unter­neh­men, das 1946 als Dai Nihon Bungu Kabu­shiki Kai­sha gegrün­det wurde und sich 1971 den Namen Pen­tel gab, brachte 1960 die Poly­mer­mine2 auf den Markt. Im sel­ben Jahr bot es einen Druck­blei­stift für Minen mit 0,9 mm Durch­mes­ser und spä­ter Modelle für 0,5-mm- und 0,7-mm-Minen an. 1965 kam der Pen­tel Graph auf den Markt, des­sen cha­rak­te­ris­ti­sches Design mit zum Drü­cker hin ver­jüng­tem und ver­schraub­tem End­stück3 1966 mit dem Good Design Award aus­ge­zeich­net wurde. Dem Graph folg­ten erst der Graph II und dann der PG5 im Jahr 1972; letz­te­rer ist heute noch erhält­lich. Zur PG-Reihe gehör­ten auch der PMG (0,3 mm; 1970), der PG7 (0,7 mm; Mitte der 1970er Jahre) und der PG2 (0,2 mm4; 1981)5. 1976 bekam die Reihe unge­wöhn­li­chen Zuwachs: In die­sem Jahr stellte Pen­tel mit dem PG4 den welt­weit ers­ten Druck­blei­stift für 0,4-mm-Minen vor.

Der PG4 ist 14,7 cm lang, 8,5 mm dünn und wiegt gut 9 Gramm; damit gehört er zu den schlan­ken Druck­blei­stif­ten. Neben dem wei­ßen Auf­druck „0.4 mm PG4″6 – hier kurio­ser­weise ohne Her­stel­ler­na­men7 – gibt es zwei 11 × 5 mm große Prä­gun­gen ober­halb der Griff­zone, und zwar „GRAPH PENCIL“ und „PENTEL Japan“; letz­tere ent­hält bei mei­nem Exem­plar zudem die Zahl 14 (wohl ein Pro­duk­ti­ons­code). – Der Schwer­punkt liegt etwa in der Mitte.

Die Gebrauchs­ei­gen­schaf­ten sind sehr gut: Der Pentel-typische Clip sitzt fest8, es klap­pert nichts, die Mine hat im Minen­füh­rungs­röhr­chen kein Spiel und die fei­nen Ringe des 25 mm lan­gen Griff­stücks bie­ten guten Halt. Der Minen­vor­schub ist mit 0,45 mm gering­fü­gig grö­ßer als der Stan­dard (etwa Minen­di­cke bei ein­ma­li­gem Drücken).

Pentel PG4

Der Auf­bau des PG4 (und der ande­ren PG-Modelle) ist bemer­kens­wert auf­wen­dig. Die Mecha­nik mit Minen­re­ser­voir (2) wird durch die auf­ge­schraubte Spitze (3)9 im zwölf­flä­chi­gen Schaft (1) und zusätz­lich durch den ein­ge­schraub­ten Über­wurf (4) gehal­ten. Auf letz­te­rem sitzt die Hülse (5) mit dem Sicht­fens­ter für den Här­te­grad, wobei das ver­schraubte End­stück (7) diese klemmt und den Drü­cker (6) sichert; letz­te­rer hat eine Nadel zum Ent­fer­nen von Minen­res­ten im Minen­füh­rungs­röhr­chen und in der Zwinge. – Das Minen­re­ser­voir hat die ein­ge­prägte Kenn­zeich­nung „5b“ (ver­mut­lich eben­falls ein Produktionscode).

Die größte Beson­der­heit des PG4 ist natür­lich der unüb­li­che Minen­durch­mes­ser von 0,4 mm. Warum Pen­tel die­sen ein­ge­führt hat (und einige andere Her­stel­ler mit­ge­zo­gen sind), weiß ich nicht. Im Gegen­satz zu 0,3/0,5/0,7 mm für das tech­ni­sche Zeich­nen gab es für 0,4 mm10 wohl kei­nen kon­kre­ten Bedarf, und so denke ich, dass man ein­fach etwas neues anbie­ten und sich von den Mit­be­wer­bern abset­zen wollte11. – Ich nutze die­sen Durch­mes­ser gerne. 0,5 mm ist mir inzwi­schen zu dick und 0,3 mm manch­mal zu dünn, und so emp­finde ich 0,4 mm als sehr prak­tisch (ja, das Zehn­tel bemerkt man). Viel­leicht hat ja der eine oder andere bei Pen­tel ähn­lich gedacht …

Der Pen­tel PG4 wurde bis etwa 1996 her­ge­stellt und kos­tete ca. 1000 Yen (knapp 8 Euro); inzwi­schen erzie­len gut erhal­tene Exem­plare Preise von über 100 Euro.

Pentel PG4

Die PG-Reihe im Kata­log des Jah­res 1982 von Pen­tel USA (der PG2 wurde außer­halb Japans nicht angeboten)

Als kleine Bei­gabe eine Über­sicht der noch erhält­li­chen Druck­blei­stifte für 0,4-mm-Minen.

  1. Wie­der­keh­rende Leser wis­sen, dass ich sie zuwei­len gerne damit stra­pa­ziere.
  2. Mehr zur Poly­mer­mine unter „Pen­tel Black Poly­mer 999“.
  3. Die an einen Pin­sel erin­nernde Gestal­tung war beim Pen­tel Mecha­nica (1968) und beim Pen­tel Accu Graph (1979) noch kon­se­quen­ter, denn bei die­sen ver­jüngte sich nicht nur das End­stück, son­dern der ganze Schaft.
  4. Der PG2 war jedoch nicht der erste Druck­blei­stift für 0,2-mm-Minen; diese Ehre gebührt dem Pen­tel PS1042, der 1973 auf den Markt kam.
  5. Einen PG9 für 0,9-mm-Minen gab es nie.
  6. Es gab den PG4 in min­des­tens zwei Vari­an­ten; eine frü­here (die erste?) trug die Kenn­zeich­nung „0.4 m/m PG4“.
  7. Mög­li­cher­weise gab es Unter­schiede bei den Model­len für den ein­hei­mi­schen Markt und den Export.
  8. Im Gegen­satz zum Pen­tel P200 gibt es beim PG4 keine Aus­spa­rung, so dass der Clip nur durch Kraft­schluss gehal­ten wird. Weil ich den Schaft nicht ver­krat­zen wollte, habe ich den Clip für das Foto des zer­leg­ten Stifts nicht abge­nom­men.
  9. Sie ist übri­gens kom­pa­ti­bel zur Spitze des Pen­tel P200, was zu Son­der­an­fer­ti­gun­gen anregt.
  10. Der japa­ni­sche Industrie-Standard JIS S 6005 (Minen für mecha­ni­sche Stifte) macht auch für 0,4-mm-Minen Anga­ben zu Nenn­durch­mes­ser, Tole­ran­zen und Bie­ge­fes­tig­keit.
  11. Erwäh­nens­wert in die­sem Zusam­men­hang sind die Druck­blei­stifte und Minen mit 0,6 mm, die Tom­bow vor eini­gen Jah­ren für die Tür­kei gefer­tigt hat.
  12. Wer den grauen Schaft nicht mag, son­dern einen schwar­zen bevor­zugt, geht wie hier beschrie­ben vor.
  13. Den Pilot S20 gibt es nicht in 0,4 mm, aber er ist leicht selbst gefer­tigt (siehe hier und hier), ebenso der off­zi­ell nicht erhält­li­che S15.
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