Spitzer

Graphite Ultras

Vor fast einem Jahr vor­ge­stellt, einige Tests bei ver­schie­de­nen Anbie­tern mit zum Teil ziem­lich gemisch­ten Ergeb­nis­sen gemacht, dann die Über­sicht und schließ­lich die Sache aus den Augen ver­lo­ren: So macht man’s natür­lich nicht. Aber jetzt ist das T-Shirt für die wah­ren Fans unter den Blei­schrei­bern end­lich erhältlich!

Graphite Ultras

Zufrie­den war ich am Ende nur mit Tee­spring (vor­mals Spring)1, und so gibt’s das T-Shirt ab sofort in zwei Vari­an­ten, jeweils fünf Far­ben und ohne Auf­schlag2 unter https://teespring.com/de/graphite-ultras-tee.

Das Motiv ent­stand in Zusam­men­ar­beit mit mei­nem geschätz­ten Kol­le­gen Domi­nik Hüf­ner; die Schrift ist die Kom­pakt von Her­mann Zapf aus dem Jahr 1954.

  1. Klei­nes Komfort-Plus: Das T-Shirt – zumin­dest mein Exem­plar des „Com­fort Tee“ – hat keine Sei­ten­nähte.
  2. Die­ses Web­log ist und bleibt nicht-kommerziell.

Kurz notiert

  • Möbius+Ruppert, der in Erlan­gen ansäs­sige Her­stel­ler von Spit­zern und Zei­chen­ge­rä­ten mit über 100-jähriger Geschichte, hat seine Web­site über­ar­bei­tet und führt mit dem ARTEX sowie dem DUPLEX zwei neue Hand­spit­zer auf. – Das dem ARTEX zugrunde lie­gende Patent „Spit­zer für Stifte“ wurde im April 2019 veröffentlicht.
  • Mit einem neuen Blei­stift rich­tet sich Mitsubishi/uni (Japan) an Schü­ler. Der Abstrich der neu ent­wi­ckel­ten Mine des nur im Här­te­grad 2B, aber drei ver­schie­de­nen Lackie­run­gen erhält­li­chen (so die auto­ma­ti­sche Über­set­zung) „uni tablet class pen­cil“ soll bei glei­chem Schreib­druck stär­ker schwär­zen, weni­ger glän­zen und weni­ger reflek­tie­ren als die eines übli­chen Blei­stifts, sich aber genauso gut radie­ren lassen.
  • Das kürz­lich ver­öf­fent­lichte Gebrauchs­mus­ter „Stift mit PLA/PBS-Schaftgrundmaterial“ von STAEDTLER beschreibt einen Stift mit einem Schaft aus Poly­ac­tid (PLA) und Poly­bu­ty­len­suc­ci­nat (PBS). Diese bei­den Bio­kunst­stoffe sind im Gegen­satz zu dem bis­her für extru­dierte Stifte ver­wen­de­ten Poly­sty­rol bio­lo­gisch abbau­bar, bie­ten aber die glei­chen Gebrauchs­ei­gen­schaf­ten, vor allen Spitz­bar­keit und Bie­ge­fes­tig­keit. Wei­tere Bestand­teile des neuen Schaft­ma­te­ri­als sind Cel­lu­lose als Füll­stoff, Wachs, einige Addi­tive und Farbmittel.
  • Nach dem hal­ben Blei­stift zum dop­pel­ten Preis gibt es von Black­wing jetzt den Black­wing Lab 11.24.23. Die zwölf Blei­stifte die­ses Sets stam­men aus dem Aus­schuss, der über drei Jahre gesam­melt wurde, und las­sen befürch­ten, dass das nächste „Lab“-Set aus dem besteht, was beim Aus­fe­gen der Werk­statt anfällt.

NJK No. 531S

Der übli­che Blei­stift­spit­zer schnei­det einen Spitz­win­kel von 22°1. Eine Alter­na­tive stel­len die sog. Langkonus-Spitzer dar, die einen klei­ne­ren Win­kel und damit eine län­gere Spitze pro­du­zie­ren. Ihren Ursprung kenne ich nicht, aber das älteste mir bekannte Modell ist der Artena No.92 im Kata­log von Möbius+Ruppert aus dem Jahr 1938.

Meine ers­ten Langkonus-Spitzer waren die Modelle 202 und 400-5L von KUM, von denen ich wegen des dicken Spans abge­kom­men bin. Ihnen folg­ten der Faber-Castell Janus 4048, der sich auf­grund sei­ner Geo­me­trie lei­der nicht für wei­chere Blei­stifte eig­net und für den es keine Ersatz­mes­ser mehr gibt, und spä­ter der KUM Mas­ter­piece, des­sen zwei­stu­fi­ges Spit­zen mir läs­tig wude. Als Möbius+Ruppert 2016 den Pol­lux2 auf den Markt brachte, hatte meine Suche ein Ende: Die­ser Spit­zer stellt für mich den Höhe­punkt der über 170-jährigen Geschichte3 des Hand­spit­zers dar4.

Trotz­dem schaue ich mich noch gerne um, und so fiel mir schon vor eini­ger Zeit der Langkonus-Behälterspitzer No. 531S des japa­ni­schen Her­stel­lers Naka­jima Jukyudo Co., Ltd. auf.

NJK No. 531S

Mit einem Mitsu­bi­shi uni

Yukio Naka­jima aus Osaka, Japan, ersann 1930 ein Ver­fah­ren zur Her­stel­lung von Harn­stoff­harz und fer­tigte aus die­sem Feder­hal­ter und Ziga­ret­ten­spit­zen. 1933 grün­dete er das Unter­neh­men Naka­jima Jukyudo und begann 1940 mit der Pro­duk­tion von Blei­stift­spit­zern, bis ihn die durch den Krieg bedingte Roh­stoff­knapp­heit zwang, die Fer­ti­gung ein­zu­stel­len. Anfang der 1950er Jahre ent­wi­ckelte das Unter­neh­men eine eigene Kunst­stoff­spritz­gieß­ma­schine und stellte mit die­ser Japans erste spritz­ge­gos­sene Blei­stift­spit­zer her. In den 1960er Jah­ren begann es mit dem Export und in den spä­ten 1970ern, als neue Maschi­nen die Mas­sen­pro­duk­tion mög­lich mach­ten, mit der Tätig­keit als OEM; 1985 nahm es Kos­me­tik­spit­zer in das Sor­ti­ment auf. Seit 1981 tritt das Unter­neh­men, das heute in der drit­ten Gene­ra­tion geführt wird, unter dem Namen Naka­jima Jukyudo Co., Ltd. (kurz NJK) auf5.

NJK No. 531S

Der 531S ist nur 38 × 30 × 23 mm6 groß und damit für einen Behäl­ter­spit­zer unge­wöhn­lich kom­pakt. Der Deckel schließt fest, lässt sich aber noch ohne Mühe öff­nen. – Die Material- und Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät emp­finde ich als sehr gut.

Das Herz des 531S ist ein Kunststoff-Einsatzspitzer7 mit einem Stift­ein­lass von 8 mm. Er wird durch Form- und Kraft­schluss gehal­ten und hat ein 30 × 8,8 mm gro­ßes und 0,6 mm dickes Mes­ser8; auf letz­te­rem fin­det sich auch die ein­zige Kenn­zeich­nung des 531S („JAPAN NJK“). – Es fällt auf, dass das Mes­ser, das bereits durch ein Mes­ser­bett gegen Ver­dre­hen gesi­chert ist, nicht wie heute üblich mit einer, son­dern zwei Schrau­ben befes­tigt wurde. Ver­mut­lich will man so ver­hin­dern, dass sich die Enden des Mes­sers beim Spit­zen abhe­ben, denn schon kleine Ver­än­de­run­gen der Geo­me­trie kön­nen sich ungüns­tig auf das Spit­z­er­geb­nis auswirken.

NJK No. 531S

Beim ers­ten Gebrauch des 531S habe ich gestaunt, denn ein so schar­fes Mes­ser ist mir noch in kei­nem Spit­zer unter­ge­kom­men9. Es trägt einen mit durch­schnitt­lich 0,22 mm sehr dün­nen Span ab10 und hin­ter­lässt eine außer­or­dent­lich sau­bere Schnitt­flä­che. Der Spitz­win­kel beträgt etwa 17,5°11 und liegt damit unter denen des KUM 400-5L (19°) und des M+R Cas­tor (18,5°); einen klei­ne­ren Spitz­win­kel haben nur der KUM Mas­ter­piece (16°) und einige Kur­bel­spit­zer von CARL.

Sollte die Mine ein­mal abbre­chen, erleich­tert ein pfif­fi­ges Detail das Ent­fer­nen des Rests: Der Stift am Boden des Behäl­ters drückt ihn her­aus, wenn man den Deckel abnimmt und ihn um 180° gedreht wie­der aufsetzt.

Der 531S wirkt unschein­bar, hat es aber in sich – die kom­pakte Größe, das sehr scharfe Mes­ser, der dünne Span und der kleine Spitz­win­kel machen ihn zu einem beson­de­ren und emp­feh­lens­wer­ten Spit­zer. Er ist in neun Farb­va­ri­an­ten erhält­lich und kos­tet um die 6 Euro.

NJK No. 531S

Von links: NJK No. 531S, M+R „Gra­nate“, M+R Cas­tor, M+R Pol­lux, CARL Angel-5.

Danke an Tetsuya Wada für den NJK No. 531S!

  1. Wie es zu die­sem Win­kel kam, ist mir ein Rät­sel.
  2. Sowohl der Faber-Castell Janus 4048 als auch der M+R Pol­lux brin­gen eine kon­kave Spitze her­vor, wobei die des letz­te­ren mit 22° beginnt und an der Spitze mit 15° endet.
  3. Als ers­ter kegel­för­mig gebohr­ter Hand­spit­zer gilt der „Pen­cil Cut­ter and Shar­pe­ner“ von A. Marion & Co. aus dem Jahr 1852, und der erste Spit­zer, der zudem über ein voll­stän­dig auf­lie­gen­des Mes­ser ver­fügte und als die Urform des moder­nen Hand­spit­zers gese­hen wer­den kann, war der von Ewald Breit­scheid von 1891, der spä­ter unter dem Namen „Gra­nate“ bekannt wer­den sollte.
  4. Bei Kur­bel­spit­zern ist für mich der CARL Angel-5 das Maß aller Langkonus-Dinge.
  5. Quelle: „History of Naka­jima Jukyudo“. – Das wohl unge­wöhn­lichste Pro­dukt aus dem Sor­ti­ment von Naka­jima Jukyudo Co., Ltd. ist der Tsu­nago, der wie ein Behäl­ter­spit­zer aus­sieht, aber kei­ner ist, son­dern dazu dient, zwei Blei- oder Farb­stifte bzw. deren Reste zu ver­bin­den. Ich nutze ihn gerne, um zwei unter­schied­li­che Stifte zu kom­bi­nie­ren.
  6. Nach unten ver­jüngt er sich ganz leicht, wodurch sich der Behäl­ter als Spritz­guss­teil leich­ter ent­for­men lässt.
  7. Es sieht so aus, als würde es sich bei die­sem Ein­satz­spit­zer um den auch sepa­rat auf­ge­führ­ten No. 200 han­deln.
  8. Einen Hin­weis dar­auf, dass es Ersatz­mes­ser gibt, habe ich nicht gefun­den.
  9. Wie lange das Mes­ser diese Schärfe behält, wird sich zei­gen. – Inter­es­sant wäre natür­lich die Mes­ser­geo­me­trie, doch die könnte Thema eines zukünf­ti­gen Bei­trags sein.
  10. Getes­tet mit einem Mitsu­bi­shi uni aus Weihrauch-Zeder.
  11. Ermit­telt am aus­ge­druck­ten Foto.

Kurz notiert

Kurz notiert

  1. Auf die Ori­en­tal San­gyo Co., Ltd., Teil der Tokai Car­bon Co., Ltd., bin ich zum ers­ten Mal bei mei­ner Recher­che zum Pen­tel Black Poly­mer 999 gesto­ßen.
  2. Im Text heißt es „This is the only com­pany in Japan to make pen­cil leads and other car­bon gra­phite items“, doch das wage ich zu bezwei­feln (ver­mut­lich ist es eine Fehl­in­ter­pre­ta­tion der Ein­blen­dung).
  3. Die­ses Video kommt mir jedoch bekannt vor; gut mög­lich, dass es schon älter ist.

Gründliche Leute

Seine gründ­li­chen Leute und deren Spitz­ma­schine 52/10 bewarb Faber-Castell 1971 mit die­ser ganz­sei­ti­gen Anzeige1.

Gründliche Leute

(Zuerst wollte ich schrei­ben „Die von den gründ­li­chen Leu­ten erdachte und gefer­tigte Spitz­ma­schine 52/10“, doch dann fiel mir auf, dass die Anzeige das gar nicht aussagt.)

Laut der Web­site Spitz­ma­schine2 hat Faber-Castell 1969/70 das Pro­gramm kom­plett über­ar­bei­tet und die Pro­duk­tion der bis­her aus Metall gefer­ti­gen Maschi­nen ein­ge­stellt. Statt­des­sen bot man nur noch zwei Modelle aus Kunst­stoff an, und zwar die 52/10 und die grö­ßere 52/15, wobei letz­tere einen Metall­zahn­kranz und eine Spit­zen­ein­stel­lung hatte3.

Die hier gezeigte 52/10 kam wohl eher von den gründ­li­chen Leu­ten in der Kal­ku­la­tion, aber das ist ja auch etwas. Die Gestal­tung4 der Anzeige finde ich indes gelungen!

  1. Sie erschie­nen im Maga­zin „DER SPIEGEL“, Aus­gabe 16/1971.
  2. Lei­der finde ich dort keine Quel­len­an­ga­ben.
  3. Inter­es­sant zu wis­sen wäre natür­lich, wer diese Maschi­nen her­ge­stellt hat (Dahle?).
  4. Im Text­block unten links ist der Abstand nach dem Komma zu groß, aber ich will nicht auch noch gründ­lich sein.

Das Messerbett

Es lohnt sich, Patent­do­ku­mente zu lesen. Indem sie jeden Aspekt einer Erfin­dung prä­zise dar­stel­len, schär­fen sie den Blick für kleinste Details. Sie zei­gen auch, wann und wie Dinge, die heute all­täg­lich sind, in die Welt gekom­men sind, und bei man­chen kann man sich nur schwer vor­stel­len, dass sie einst völ­lig neu waren.

Zu letz­te­ren gehört der heu­tige Hand­spit­zer1. Sein Auf­bau wirkt so ein­fach und nahe­lie­gend, dass man sich dar­über wun­dert, wie spät er kam und wie viele aus heu­ti­ger Sicht umständ­li­che Vor­rich­tun­gen zum Spit­zen von Blei­stif­ten ange­bo­ten und benutzt wur­den. Seine Bestand­teile wur­den jedoch getrennt erdacht und fan­den mit gro­ßem zeit­li­chen Abstand zuein­an­der; um einen davon geht es in die­sem Beitrag.

Das Messerbett

Am 20. Juni 1892 mel­dete Jonas R. Fos­ter aus Stone­ham (USA) seine Erfin­dung „Pencil-Sharpener“ beim United Sta­tes Patent Office an und am 28. Februar 1893 wurde sein Patent Nr. 492669 ver­öf­fent­licht2.

Das Messerbett

Hier fällt sofort das „Granate“-Design des abge­bil­de­ten Spit­zers3 auf, doch es geht nicht um die­ses, son­dern um die Befes­ti­gung des Mes­sers. Waren es bei der „Gra­nate“ (1891) und der US-amerikanischen Kopie „Peer­less“ (1892) zwei Schrau­ben, die das Mes­ser hiel­ten4, so hatte Fos­ter die Idee, es zu klem­men5. Dazu nutzte er zwei kleine Plat­ten, die ange­schraubt wur­den, wobei die erste (c) das Mes­ser in Posi­tion hielt und die zweite (d) es an den Spit­zer­kor­pus drückte. Bemer­kens­wert sind seine Anmer­kun­gen zur ers­ten Platte:

It is fur­ther obvious that ins­tead of forming the abut­ment on the plate c, against which the end of said blade abuts, such abut­ment may be for­med on the body a, but such slight varia­tion while coming within the spi­rit and scope of this inven­tion would increase the cost of manu­fac­ture, so that the con­s­truc­tion her­ein pro­vi­ded is I con­sider preferable.

(Her­vor­he­bung von mir.) Was Fos­ter hier vor­schlägt, sollte sich erst einige Jahr­zehnte spä­ter durch­set­zen, näm­lich die fla­che Aus­frä­sung im Spit­zer­kor­pus, die das Mes­ser auf­nimmt, durch Form­schluss am Ver­dre­hen hin­dert und heute als „Mes­ser­bett“ bezeich­net wird6.

Das Messerbett

Damals erschien es ihm jedoch zu teuer in der Fer­ti­gung, so dass er es bei der Erwäh­nung beließ7. – Ob Fos­ters Erfin­dung ver­mark­tet wurde und es andere Patente gab, die sich mit dem Mes­ser­bett befass­ten, bleibt zu klären.

Das Mes­ser­bett ist inzwi­schen üblich, aber es wäre inter­es­sant zu wis­sen, bei wel­chem Hand­spit­zer es zum ers­ten Mal genutzt wurde (die „Gra­nate“ bekam ihres erst in der zwei­ten Hälfte der 1970er Jahre).

Eine Son­der­form ist das kon­kave Mes­ser­bett. In die­sem wird das Mes­ser durch Anzie­hen der Schraube gekrümmt, was der Blei­stift­spitze eine unge­wöhn­li­che Form gibt. Es kam erst­mals 1935 mit dem A.W. Faber Janus 4046 auf den Markt und war etwa zur glei­chen Zeit auch beim Johann Faber Helios 5078 anzu­tref­fen; der 1965 ein­ge­führte Faber-Castell Janus 4048 (im Bild) hatte es ebenfalls.

Das Messerbett

Alle drei Modelle ver­füg­ten ein zwei­schnei­di­ges Mes­ser, doch nur der Janus 4048 bot eine Aus­spa­rung an der Kante des Mes­ser­betts, an dem das Mes­ser anlag, um Schä­den an der Schneide beim Befes­ti­gen des Mes­sers zu ver­mei­den. – Heute ist das kon­kave Mes­ser­bett nur noch beim M+R Pol­lux zu finden.

Nach­trag vom 18.8.23: Es gibt zur­zeit noch einen zwei­ten Hand­spit­zer mit kon­ka­vem Mes­ser­bett, und zwar den Black­wing One-Step Long Point Shar­pe­ner. Die­ser in China gefer­tige Behäl­ter­spit­zer hat einen Spritzguss-Einsatzspitzer mit ver­schraub­tem Mes­ser, das etwas weni­ger stark gekrümmt ist als das des Pol­lux. – Danke an Herrn Ehr­mann für den Hinweis!

  1. Es gibt natür­lich nicht den einen Hand­spit­zer; gemeint ist hier die prin­zi­pi­elle Bau­form mit kegel­för­mi­ger Boh­rung und voll­stän­dig auf­lie­gen­dem, ver­schraub­tem Mes­ser.
  2. Auf die­ses Patent hat mich mein Leser Wow­ter bereits 2016 auf­merk­sam gemacht.
  3. Ver­mut­lich hat Fos­ter die­sen Spit­zer des­halb gezeigt, weil es zu die­ser Zeit kei­nen ande­ren gab, an dem seine Erfin­dung hätte ange­wandt wer­den kön­nen.
  4. Das Patent zur Press­schraube und zwei Stif­ten von Möl­ler & Breit­scheid sollte erst am 30. Novem­ber 1892 – also gut fünf Monate spä­ter – ver­öf­fent­licht wer­den, so dass Fos­ter es noch nicht ken­nen konnte.
  5. Nach Anga­ben Fos­ters ist diese Klem­mung selbst­jus­tie­rend, doch da man das Mes­ser auch schief ein­klem­men kann, habe ich Zwei­fel daran. – Er erwähnt zudem, dass seine Erfin­dung dem Nut­zer die Jus­tage des Mes­sers erspart. War diese wirk­lich nötig?
  6. Man­che der heu­ti­gen Mes­ser­bet­ten sind aller­dings gerad­li­nige Anschläge und nicht so weit umschlie­ßend wie das der „Gra­nate“.
  7. Auf eine mög­li­che Ein­spa­rung bei der Her­stel­lung des Mes­sers, das durch die Klem­mung klei­ner sein konnte und keine Löcher brauchte, ging Fos­ter nicht ein, ebenso wenig auf die Mög­lich­keit der Nach­rüs­tung.

Die Pressschraube

Ein cha­rak­te­ris­ti­sches Merk­mal des als „Gra­nate“ bekann­ten Hand­spit­zers habe ich bis­her nur neben­bei erwähnt, näm­lich die Befes­ti­gung des Mes­sers mit einer Rän­del­schraube und zwei Stif­ten. Diese war – wenn auch nicht von Anfang an – viele Jahr­zehnte üblich, zeich­net die meis­ten der heute noch anti­qua­risch erhält­li­chen Exem­plare aus und ist mei­nes Wis­sens bei kei­nem ande­ren Spit­zer zu fin­den. Doch wann und durch wen kam es dazu? Ant­wor­ten dar­auf lie­fert die­ser Beitrag.

Mit sei­nem am 15. April 1891 ver­öf­fent­lich­ten Patent „Neue­rung an Blei­stift­spit­zern“ erfand Ewald Breit­scheid den Spit­zer, der ab 1901 „Gra­nate“ hei­ßen sollte. Die­ser hatte eine koni­sche Boh­rung und – das war neu – ein voll­stän­dig auf­lie­gen­des Mes­ser, das sich bei Gebrauch nicht abhob, gegen Ver­dre­hen gesi­chert war und zum Schlei­fen oder Aus­tausch leicht abge­nom­men wer­den konnte. Damit kann die „Gra­nate“ als Urform des moder­nen Hand­spit­zers gese­hen werden.

Ein­ein­halb Jahre nach dem Patent Ewald Breit­scheids folgte ein wei­te­res zum Spit­zer, dies­mal unter dem Namen des Unter­neh­mens, das er und Wil­helm Möl­ler 1869, also 23 Jahre zuvor, in Köln gegrün­det hat­ten. Am 22. Juli 1892 mel­de­ten sie beim Schwei­ze­ri­schen Eid­ge­nös­si­schen Amt für geis­ti­ges Eigen­tum ihre Erfin­dung „Blei­stift­spit­zer mit aus­wech­sel­ba­rem durch Press­schraube und Stell­stifte gehal­te­nem Mes­ser“ an und am 30. Novem­ber 1892 wurde ihr Patent Nr. 5335 veröffentlicht.

Die Pressschraube

In der Patent­schrift wird die Erfin­dung wie folgt beschrie­ben1:

Der in der Zeich­nung dar­ge­stellte Blei­stift­spit­zer, Fig. 1, besteht aus einem mit Län­gen­aus­schnitt a ver­se­he­nen Dreh­kör­per b, bei wel­chem auf der einen Seite des Aus­schnit­tes ein Mes­ser c ange­ord­net ist, wel­ches durch eine Press­schraube d fest auf die Auf­la­ge­flä­che gedrückt und durch zwei Stell­stifte e in sei­ner Lage gesi­chert wird. Das Mes­ser kann bei die­ser Anord­nung nach Stumpf­wer­den, resp. nach dem bei wie­der­hol­tem Schlei­fen ein­tre­ten­den Schmä­ler­wer­den nach Ablö­sung der Press­schraube d ent­fernt und gegen ein neues Mes­ser, Fig. 2, aus­ge­wech­selt wer­den, wobei die­ses dann mit­telst der Stell­stifte e ohne jede Regu­li­rung sofort die rich­tige Schneid­lage erhält.

Die Pressschraube

Beim Blick auf die Zeich­nung über­ra­schen die Pro­por­tio­nen; ich denke nicht, dass sie der Rea­li­tät ent­spra­chen. – Die bei­den Schrau­ben wur­den also durch eine Press­schraube2 und zwei Stell­stifte ersetzt. Der Patent­an­spruch fasst es zusammen:

Ein Blei­stift­spit­zer, bei wel­chem in dem Aus­schnitt a des durch einen Dreh­kör­per b gebil­de­ten Gehäu­ses ein aus­wech­sel­ba­res Mes­ser c ange­ord­net ist, wel­ches durch eine Press­schraube d gegen Abhe­ben und durch einen oder meh­rere Stell­stifte e gegen Sei­ten­be­we­gun­gen gesi­chert ist.

Hat­ten vor­her zwei Schrau­ben sowohl für den Kraft- als auch den Form­schluss gesorgt, so über­nah­men die bei­den Stifte letz­te­ren und die Press­schraube drückte nur das Mes­ser an. Zudem ließ sich das Mes­ser leich­ter abneh­men, da statt zwei Schrau­ben nur noch eine gelöst wer­den musste und für diese oben­drein kein Werk­zeug nötig war3.

Und wie pas­sen die­ses Patent und die Mel­dung vom 17. Novem­ber 1892 zusam­men, nach der die Boyd & Abbot Com­pany den in den USA als „Car­tridge“ bekann­ten Spit­zer ver­bes­sert und mit einer „thumb­s­crew“ – also ver­mut­lich Rän­del­schraube – aus­ge­stat­tet hat? Sie erschien keine zwei Wochen vor der Ver­öf­fent­li­chung des Patents von Möl­ler & Breit­scheid, und so hatte man offen­bar unab­hän­gig von­ein­an­der die glei­che Idee (für einen Ver­gleich müsste man natür­lich die Details der Ände­rung durch Boyd & Abbot kennen.)

Die Presschraube

Der Umstand, dass bei die­ser „Gra­nate“4 die Boh­run­gen im Mes­ser deut­lich grö­ßer sind als die Stifte, könnte Zwei­fel am Form­schluss auf­kom­men las­sen. Wich­tig ist aber nur, dass das Mes­ser daran gehin­dert wird, der beim Spit­zen wir­ken­den Kraft aus­zu­wei­chen, sich also vom Blei­stift radial weg­zu­be­we­gen, und das ist gewähr­leis­tet. – Inter­es­sant zu wis­sen wäre, ob man das Mes­ser dadurch etwas dicker machen musste, weil es nur noch in der Mitte gehal­ten wurde und prin­zi­pi­ell die Mög­lich­keit bestand, dass es sich an den Enden zumin­dest leicht anhob.

Die Funk­tion der Stifte über­nahm spä­ter das Mes­ser­bett, was auch die Her­stel­lung des Mes­sers ver­ein­fachte. Die Schraube aber ist geblie­ben5, und so lebt in jedem heu­ti­gen Hand­spit­zer mit ver­schraub­tem Mes­ser die Press­schraube von Möl­ler & Breit­scheid aus dem Jahr 1892 weiter.

  1. Die Schrei­bung ent­spricht der im Patent­do­ku­ment.
  2. Ich benutze die Begriffe „Press­schraube“ und „Rän­del­schraube“ syn­onym. Der erste beschreibt die Funk­tion und der zweite die Form, und auch wenn „Press­schraube“ heute nicht mehr üblich ist, bleibe ich im Zusam­men­hang mit dem Patent dabei.
  3. Ich habe auch schon Exem­plare der „Gra­nate“ gese­hen, deren Schraube gerän­delt und geschlitzt war.
  4. Sie trägt die Kenn­zeich­nung „W.Z. № 507558“, die auf das 1939 ein­ge­tra­gene Waren­zei­chen von Möl­ler & Breit­scheid hin­weist. – Sehr ähn­lich war das Modell 14/I von Möbius+Ruppert aus dem Jahr 1938.
  5. Ihre Form hat sich jedoch über die Jahr­zehnte geän­dert, denn nach der Rändel- kam zunächst eine Schlitz- und dann eine Kreuz­schlitz­schraube (siehe „Gene­ra­tio­nen­tref­fen).
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