Bleistifte

Schmuckstück

Nach den Tanz­kar­ten­blei­stif­ten von J.J. Reh­bach hier ein Ball­blei­stift von J.S. STAEDTLER, den der Her­stel­ler 1901 in meh­re­ren Far­ben in das Pro­gramm nahm und zum sel­ben Zweck anbot.

Ballbleistift von J.S. STAEDTLER

Das runde, nur 63 mm kurze und knapp 6 mm dünne Stift­chen (im Bild ein Exem­plar aus dem Jahr 1907) trägt an sei­ner Metall­kap­sel eine dop­pelte, farb­lich auf den wei­ßen Lack abge­stimmte Schnur, die in einer deko­ra­ti­ven Quaste endet und zur Befes­ti­gung des win­zi­gen Stifts an der Tanz­karte diente.

Ballbleistift von J.S. STAEDTLER

Die Lackie­rung, auf dem ein sil­bern glän­zen­der Prä­ge­druck den Vier­tel­mond zeigt sowie den Mar­ken­na­men und das Her­stel­lungs­land nennt, hat keine Risse und damit die gut hun­dert Jahre bes­tens über­stan­den; auch die gut sit­zende Kap­sel weist nur geringe Spu­ren der Alte­rung auf. Ein klei­nes Juwel!

J.S. STAEDTLER 1919 (2)

Einer der unge­wöhn­li­chen, im Kata­log von J.S. STAEDTLER des Jah­res 1919 prä­sen­tier­ten Arti­kel war der „Straßenbahn-​Patentstift mit beweg­li­cher Kopier­mine“, den es in zwei Vari­an­ten gab.

Straßenbahn-Patentstift

Klei­ner Exkurs: Der „Patent­stift“ bestand aus einer meist höl­zer­nen Hülse, an deren einem Ende eine Schraub­klem­mung die Mine hielt. Auch Faber-​Castell bot sol­che Schreib­ge­räte in zahl­rei­chen Aus­füh­run­gen und im Kata­log von 1902 mit 32 (!) ver­schie­de­nen Minen­stär­ken an. Da die Minen noch nicht genormt waren, hal­fen soge­nannte Blei­leh­ren mit unter­schied­li­chen Dräh­ten und Stä­ben bei der Bestim­mung des kor­rek­ten Durch­mes­sers (Faber-​Castell hatte damals gleich drei sol­cher Leh­ren im Sortiment).

Die Kopier­mine, hier gehal­ten von einer auf­wän­dig gestal­te­ten Spitze aus Nickel, ent­hielt den Ani­lin­farb­stoff Methyl­vio­lett, des­sen Syn­these gut 50 Jahre zuvor erst­mals gelang. Im Gegen­satz zum Gra­phit gehen die Sub­stan­zen der Kopier­mine eine unlös­bare Ver­bin­dung mit dem Papier ein, was die spur­lose Ent­fer­nung ihrer Schrift fast unmög­lich und die Mine damit doku­men­ten­echt macht. Der Kugel­schrei­ber sollte erst 20 Jahre spä­ter erfun­den wer­den und Tinte war für den mobi­len Gebrauch meist nicht hand­lich genug, so dass der Kopier­stift lange kon­kur­renz­los war und daher (wie hier) eben auch Stra­ßen­bahn­schaff­nern zum Mar­kie­ren von Fahr­kar­ten ange­dient wurde.

Straßenbahn-Patentstift

Als eine sehr frühe Form des mecha­ni­schen Stifts kam der Patent­stift ohne Spit­zer aus, was ihm einige Vor­züge gegen­über den holz­ge­fass­ten Schreib­ge­rä­ten ver­lieh. – Zur Dicke der Kopier­mi­nen, die in Schach­teln mit ¼ Gros (36 Stück) bereit­ge­hal­ten wur­den, macht der Kata­log keine Angabe.

Eine Ver­sion des run­den Straßenbahn-​Patentstifts war mit einem (hier per­spek­ti­visch nicht ganz kor­rekt dar­ge­stell­ten) Gum­mi­ring ver­se­hen, der ähn­lich einem Blatt­wen­der – in sei­ner klassisch-​dunkelgrünen Igel­form eine Büro-​Ikone – das Lösen der Fahr­scheine vom Block erleichterte.

Straßenbahn-Patentstift

Der Zeich­ner der Pro­dukt­ab­bil­dung spen­dierte dem Vier­tel­mond, dem knapp zwan­zig Jahre vor Erschei­nen die­ses Haus­ka­ta­logs beim Nürn­ber­ger Amts­ge­richt ange­mel­de­ten und damit ältes­ten Mar­ken­zei­chen des Unter­neh­mens, eine gewal­tige Nase und eine recht ernste Mine, was mir außer­or­dent­lich gut gefällt. – Bei „hiezu“ han­delt es sich übri­gens nicht um einen Druck­feh­ler, son­dern um die damals in Süd­deutsch­land übli­che und heute ver­al­tete Form von „hierzu“.

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Neues vom Mars

Schlank wie das bewor­bene Pro­dukt war diese etwa 25,5 cm hohe Anzeige, mit der die J.S. STAEDTLER Inc. in Hacken­sack, New Jer­sey (USA) in den 1950er Jah­ren das neue Leis­tungs­merk­mal des Fall­mi­nen­stifts „Mars Tech­nico 1001“ bewarb und dabei auch mit dem Mar­ken­na­men spielte.

Neues vom Mars

Die Neu­ig­keit war der in den Drü­cker des Stifts inte­grierte Minen­spit­zer, der ein sepa­ra­tes Gerät ent­behr­lich machte und in die­ser sicher an tech­nisch ori­en­tierte Nut­zer gerich­te­ten Anzeige in einer glei­cher­ma­ßen infor­ma­ti­ven wie deko­ra­ti­ven Schnitt­dar­stel­lung zu sehen war. – Es fällt auf, dass hier ein Foto des Stifts zum Ein­satz kam, wäh­rend andere Anzei­gen aus der glei­chen Zeit noch Zeich­nun­gen enthielten.

Markiges Marketing (11)

LYRA-ORLOW Zeichen- und Copierstifte

„Zeichen- und Copier­stifte“ des Fabri­kats LYRA-​ORLOW bewarb diese 42 × 56 mm große Rekla­me­marke gut 100 Jahre nach der Grün­dung des Unter­neh­mens im Jahr 1806. Etwa vier Jahr­zehnte zuvor ließ sich der Her­stel­ler die Lyra als Waren­zei­chen ein­ge­tra­gen, doch warum man sich aus­ge­rech­net für das antike Zupf­in­stru­ment als Sinn­bild ent­schie­den hat, ist laut der 1956 erschie­ne­nen Schrift „Mei­len­steine – 150 Jahre Lyra-​Orlow“ nicht ganz klar. Viele Gesangs­ver­eine der dama­li­gen Zeit tru­gen jedoch eben­falls die­sen Namen, und man nimmt an, dass Mit­glie­der eines sol­chen Ver­eins, die oft auch im gesell­schaft­li­chen Leben ihrer Stadt eine Rolle spiel­ten, zu die­ser Ent­schei­dung bei­getra­gen haben. – Die blau gewan­dete Dame mit Kranz, die das Instru­ment ein­drucks­voll in die Sonne hält, wird flan­kiert von zwei Stif­ten mit den Bezeich­nun­gen „HB 2 ORLOW LYRA BLEISTIFT-​FABRIK NÜRNBERG“ und „LYRA COPYING INK PENCIL Com­pres­sed Lead“.

Neben dem Koh-​I-​Noor und dem Cul­linan ist der Orlow ein wei­te­rer berühm­ter Dia­mant, des­sen Name Schreib­ge­räte schmückte, und mit den holz­ge­fass­ten Uni­ver­sal­schrei­bern hat LYRA auch heute noch Arti­kel die­ses Namens im Programm.

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J.S. STAEDTLER 1919 (1)

J.S. STAEDTLER 1919 (1)

Dies ist die Vorder- und ein Aus­schnitt der Rück­seite des Haus­ka­ta­lo­ges der J.S. STAEDTLER Mars-​Bleistift-​Fabrik aus dem Jahr 1919, der auf 108 Sei­ten mit mehr als 500 Abbil­dun­gen über zahl­rei­che und aus heu­ti­ger Sicht zuwei­len unge­wöhn­li­che Pro­dukte infor­miert hat: Tele­fon­stifte, Ball­stifte, Blei­stift­kap­pen mit Schreib­fe­der, Brieftaschen-​Stifte mit Scheiben- und Kugel­knöp­fen, Straßenbahn-​Patentstifte, Stifte mit Messing-​Gewinde und vie­les mehr. Ich freue mich sehr dar­auf, eini­ges davon hier in den nächs­ten Wochen zei­gen zu können.

J.S. STAEDTLER 1919 (1)

Danke an STAEDTLER für die Geneh­mi­gung zur Reproduktion!

J.S. STAEDTLER 1919 | Straßenbahn-​Patentstift →

Der Bleistift im Buch

Bereits seit län­ge­rem habe ich eine Lite­ra­tur­liste zu Blei­stif­ten und dem gan­zen Drum­herum in Arbeit, wobei ich mir die Frei­heit genom­men habe, das Spek­trum recht weit zu fas­sen. Nun bin ich in mei­nem jugend­li­chen Leicht­sinn davon aus­ge­gan­gen, die ein­zel­nen Titel die­ser Liste mit über­schau­ba­rem Zeit­auf­wand detail­liert kom­men­tie­ren zu kön­nen, auf dass meine werte Leser­schaft mög­lichst viel von ihr pro­fi­tiere – doch weit gefehlt: Bis jetzt ist es mir noch nicht ein­mal gelun­gen, alle auf­ge­führ­ten Bücher voll­stän­dig zu lesen, so dass an eine Kom­men­tie­rung, erst recht an eine gründ­li­che, in abseh­ba­rer Zeit nicht zu den­ken ist.

Damit diese Auf­stel­lung nicht län­ger als digi­ta­ler Ent­wurf im Ver­bor­ge­nen ruht, gebe ich sie mit nur knap­pen und lücken­haf­ten Anmer­kun­gen her­aus. Wer Fra­gen zu den Titeln hat, möge diese in einem Kom­men­tar stel­len. – Die Liste werde ich kon­ti­nu­ier­lich pfle­gen; über Ergän­zun­gen und Kor­rek­tu­ren freue ich mich.

Ergän­zung vom 12.2.21: Die Liste ist jetzt hier zu finden.

Spiel am Sonntag

In ihrem her­vor­ra­gen­den Buch „Living Out Loud – Acti­vi­ties to Fuel a Crea­tive Life“ gibt die Autorin und Illus­tra­to­rin Keri Smith zahl­rei­che inter­es­sante Anre­gun­gen und auch kon­krete Anlei­tun­gen zum krea­ti­ven (Aus-)Leben. Ich mag ihren Stil sehr, ebenso ihre Art, sich die Umwelt und all­täg­li­che Dinge zu erschlie­ßen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.

Unter dem Stich­wort „Ori­gi­na­li­tät“ zitiert sie einen frü­he­ren Leh­rer und eine Auf­gabe von ihm:

Write down as many uses as you can think of for a pencil.

Wei­ter schreibt sie:

Try to get to 100.

Oha! Na, ich mach‘ mal einen Anfang:

  1. Schreib- und Zei­chen­ge­rät (bestim­mungs­ge­mä­ßer Gebrauch)
  2. Ess­stäb­chen
  3. Lineal
  4. Hilfe zum Krat­zen auf dem Rücken
  5. Trom­mel­stock
  6. Mate­rial für ein Kunstobjekt
  7. Beiß­holz
  8. Lese­zei­chen
  9. Rühr­stab
  10. Achse für Waage (z. B. mit Lineal)
  11. Wer­be­trä­ger
  12. Sam­mel­ob­jekt
  13. Tausch­ge­gen­stand
  14. Hilfs­mit­tel zum Straf­fen des Ban­des in einer Audiokassette
  15. Feu­er­holz
  16. Tür­fest­stel­ler
  17. Wurf­ge­schoss
  18. Aus­stel­lungs­ob­jekt
  19. Takt­stock
  20. Siche­rung der Hochsteckfrisur
  21. Pflanz­holz
  22. Hilfe zum Blät­tern (nur Blei­stifte mit Radierer)
  23. Wegweiser/​Richtungszeiger
  24. Wähl­hilfe beim Wählscheibentelefon
  25. Zei­ge­stock
  26. Erken­nungs­merk­mal
  27. For­schungs­ob­jekt in der Technik- und Kulturgeschichte
  28. Locher-​Ersatz
  29. Schmuck­stück (z. B. Stum­mel als Brosche)
  30. Hilfs­mit­tel zur Ver­schlüs­se­lung (Sky­tala; nur Blei­stifte unge­wöhn­li­chen Durchmessers)
  31. Stab für Sonnenuhr
  32. Zah­lungs­mit­tel
  33. Gesprächs­aus­lö­ser
  34. Han­dels­ware
  35. Ver­schluss eines geeig­ne­ten Etuis
  36. Sport­ge­rät (Weit­wurf, Spinning)
  37. Maßstab/​Lehre
  38. Stich­waffe
  39. Kerb­holz
  40. Wickel­kern (z. B. für Kordel)

Was könnte man die­ser Liste noch hinzufügen?

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