Original und Kopie (7)
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Vor kurzem in meinem Briefkasten: Ein kleiner Umschlag mit einer großen Überraschung, und zwar mit zwei STABILO EASYgraph, einem für Rechts- und einem für Linkshänder. Der Umschlag trug keinen Absender, enthielt kein Schreiben und war obendrein unleserlich abgestempelt. Besonders bemerkenswert: Diese Bleistifte sind erst im vierten Quartal dieses Jahres offiziell erhältlich.
Mit dem vor gut zwei Monaten auf der Paperworld vorgestellten EASYgraph richtet sich STABILO an Schreibanfänger. Auffälligstes Merkmal des dreiflächigen Bleistifts sind die leicht versetzt eingefrästen Griffmulden, die die natürliche Stifthaltung erleichtern sollen. Um den Bedürfnissen von Rechts- und Linkshändern gleichermaßen gerecht zu werden, gibt es den EASYgraph in zwei unterschiedlichen, farbig gekennzeichneten Ausführungen. – Mit den EASYcolors bringt STABILO auch Farbstifte in zwölf Farben und dem gleichen Design auf den Markt; weitere Informationen zur Ergonomie gibt es in den Pressemitteilungen.
Der EASYgraph, der auf mich einen äußerst guten Eindruck macht, ist 175 mm lang und 9 mm dick; in seinem Innern sitzt eine 4,5 mm starke Mine des Härtegrads HB. Er wurde in einem dunklen Graublau und nach dem Fräsen klar lackiert, so dass die in das Lindenholz sehr sauber eingebrachten Griffmulden beim Gebrauch nicht unansehnlich werden. Farbig kontrastierende, 5 mm lange Tauchkappen erleichtern die Identifikation des 8 g leichten Stiftes.
Neben dem Logo und dem Schriftzug des Herstellers zeigt der silberfarbene Prägedruck eine Hand, die Kennzeichnungen „R“ bzw. „L“ sowie „322/HB“ bzw. „321/HB“ (wohl die Artikelnummern). Daneben gibt es noch die Zahl „888“ und ein 29 × 4 mm großes, mit „name:“ benanntes Schriftfeld für die individuelle Kennzeichnung des Stifts. Hier gefällt mir sehr gut, dass die Ausrichtung des Drucks an die Orientierung des Stifts beim Gebrauch angepasst ist – neben der Hand, die dekoriert und informiert, ein kleines, sympathisches Detail, das den EASYgraph in meinen Augen noch attraktiver macht.
So irrational es klingen mag: Bis jetzt konnte ich mich nicht dazu durchringen, auch nur einen Stift zu benutzen oder gar anzuspitzen – noch zu kostbar sind mir diese Stücke, von denen zur Zeit wohl nicht allzu viele im Umlauf sein dürften. Einen gründlichen Praxistest der Stifte hole ich daher nach.
Die Ähnlichkeiten des EASYgraph zum im vergangenen Herbst markteingeführten LYRA GROOVE sind nicht übersehbar – oder verhält es sich vielleicht eher umgekehrt? Wer unter RCD-ONLINE nach der Design-Nummer 000604467-0001 sucht (ein direkter Link ist leider nicht möglich), findet ein am 16.10.06 (!) auf die Schwan-STABILO Schwanhäußer GmbH & Co. KG registriertes Geschmacksmuster für einen dreiflächigen Stift mit Griffmulden. Nun kenne ich mich mit patentrechtlichen Dingen überhaupt nicht aus (und will mich daher auch jeder Interpretation enthalten), aber etwas nachdenklich stimmt mich diese Sache schon.
Vielen Dank an den freundlichen Spender der beiden STABILO EASYgraph!
Dieser stille Beobachter hat offenbar schon vor langer Zeit genug gesehen und die Augen zugemacht – vielleicht ohne zu wissen, was ihm entgeht, steht er doch an einem stark frequentierten Weg im Wald bei Rüsselsheim-Bauschheim und könnte dort Zeuge so manch ungewöhnlichen Auftritts sein.
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600 bis 800 Millionen Jahre alt und 200 Meter unter der Erde abgebaut: Ein 325 Gramm schwerer Brocken Graphitroherz, der zu 30 Prozent aus Graphit und zum Rest aus Feldspat, Glimmer, Quarz und Eisen besteht.
Der Erzbrocken stammt von der Graphit Kropfmühl AG im niederbayerischen Hauzenberg, nahe Passau im Bayerischen Wald. Dieses Unternehmen, das bereits seit 1870 Graphit abbaut, gehört zu den weltweiten Marktführern für hochreinen Spezialgraphit und stellt das Zentrum der deutschen Graphitindustrie dar.
Nach dem Brechen und Mahlen wird das gewonnene Material der Flotation zugeführt, einem von der Graphit Kropfmühl AG im Jahr 1877 erfundenen und patentierten Verfahren zur Reinigung von Graphit. Anschließend folgt die Entwässerung in Zentrifugen und die Trocknung in Trommeltrockern.
Die für die Herstellung von Bleistiftminen genutzte Graphitsorte enthält 96 bis 99,5 Prozent Kohlenstoff. Die Bezeichnung der Sorten richtet sich dabei nach dem Mahlgrad, wobei für Bleistiftminen die „Edelmahlung“ (EDM-L, EDM) und die „Äußerste Feinmahlung“ (AF, AF Spezial) verwendet werden; deren Korngrößen liegen zwischen 9–35 μm und 6–20 μm.
Vielen Dank an die Graphit Kropfmühl AG für die freundliche Kommunikation und die prompte Zusendung der Graphitroherzbrocken!
Nachtrag vom 25.7.11: Wie ich bei meinem Besuch der Graphit Kropfmühl AG vor wenigen Tagen erfahren konnte, hat man die Graphitförderung vor Ort im Jahr 2005 aus Kostengründen ausgesetzt. Man schätzt zwar, dass es noch Material für mehrere hundert Jahre gibt, beschränkt sich jetzt jedoch auf die Förderung und Verabeitung des Graphits aus den Kropfmühl-eigenen Minen in Zimbabwe, Sri Lanka und China.
Nachtrag vom 8.10.15: Aufgrund der hohen chinesischen Exportzölle lohnt sich die heimische Produktion wieder, und so hat Kropfmühl bereits im Juni 2012 den Graphitabbau wieder aufgenommen.
Nachtrag vom 24.2.21: Eine sehr interessante Übersicht früher Graphitfunde gibt es unter „Was graphite first discovered at the Borrowdale mine?“ bei pencil talk.
Writing is a form of magic that connects our brains and hands in a way that typing cannot equal. When we type, at least part of our brain is unconsciously distracted by the mechanics of the action. „Wheres the backspace key?“ „How do I get an umlaut?“ „How do I magnify the page view?“ Using the combination of hardware and software disrupts the flow of thoughts in a way that a pencil doesnt. It may need sharpened once in a while, but we can rotate it to obtain the best point without giving it a thought.
Ein liebenswertes Plädoyer für den Bleistift: „Why the pencil?“.
Ebenso wie LYRA haben noch andere Schreibgeräte-Hersteller mit Reklamemarken für sich geworben, darunter auch Johann Faber aus Nürnberg, dessen „ACME“-Bleistiftspitzer hier auf 54 × 54 mm grafisch durchaus reizvoll angepriesen wird. – Die erste Variante dieses aus drei Teilen (Korpus, zweiseitig geschliffenes Messer und Rändelschraube) bestehenden Spitzers kam laut Leonhard Dingwerths „Kleiner Anspitzer-Fibel“ um 1905 auf den Markt; der Gebrauch des englisches Wortes „acme“ auf dem deutschen Markt der damaligen Zeit überrascht mich jedoch.
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Dieser stille, aus dem Norden Europas eingereiste Beobachter hat eine große Klappe, die er jedoch stets zugunsten seines näheren Umfelds schwingt – mutig nimmt er es mit großen Mengen schmutzigen Geschirrs auf und sorgt auf der Stelle für saubere Verhältnisse.
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Ab und zu denke ich nach (ja, am Anfang hat mich das auch überrascht, aber inzwischen konnte ich mich daran gewöhnen). So habe ich heute früh mal wieder besonders gründlich nachgedacht und mich gefragt: Gibt es ein Wort für die Wörter, die es nicht gibt?
Meines Wissens gibt es keinen Imperativ von „wollen“ (wozu auch). Die Formulierung „du musst jetzt wollen“ zeigt den fragwürdigen Sinn dieses Wortes, das man jedoch zweifellos so erschaffen könnte, dass es formalen Ansprüchen genügt und im Wörterbuch nicht auffällt. Wer noch mehr nachdenkt als ich, findet sicher schnell weitere, nicht existierende Wörter, die ähnliche Eigenschaften aufweisen und für die ich einen Oberbegriff suche. – Soweit ich weiß, handelt es sich hier nicht um die sogenannte lexikalische Lücke, denn im genannten Beispiel fehlt ja nicht die Umschreibung eines Konzepts, sondern lediglich ein Modus eines Verbs (aber da lasse ich mich gerne von linguistisch Kundigen aufschlauen).
Sollte es allerdings für die Wörter, die es nicht gibt, kein Wort geben, so wäre das wohl eine Rekursion und damit weitaus kniffliger als mir lieb ist.
Wer hat einen passenden Sammelbegriff parat?