LYRA
Lyra Orlow 6300
Zu den hochwertigsten Bleistiften aus Deutschland gehörte der Orlow 6300 des Nürnberger Herstellers Lyra1. Er kam in den 1920er Jahren auf den Markt, wurde etwa sieben Jahrzehnte produziert und ist heute nur noch selten anzutreffen. Um ihn vor dem Vergessen zu bewahren, präsentiere ich in diesem Beitrag alles, was ich habe und weiß, auch wenn das nicht allzu viel ist.
Die älteste mir vorliegende Erwähnung des Orlow 6300 findet sich auf diesen Katalogseiten des Jahres 19292.
Der Katalog nannte neben dem 6300 noch drei Varianten mit Spitzkapsel3, Ring und Radiertip und bot eine Übersicht der 16 Härtegrade sowie allgemeine Informationen zu den Blei-, Farb- und Kopierstiften der „Orlow“-Reihe4. – Die Marke „Orlow“ wurde am 6.5.1896 eingetragen und ist damit eine der ältesten für Schreibgeräte5.
Vermutlich aus den 1930er Jahren ist diese Anzeige, denn sie nennt noch die 16 Härtegrade. – Man beachte die ungewöhnliche Gestaltung des Schriftzugs „ORLOW“ (das „O“ ist auch beim Kopierstift Lyra Direktion zu sehen).
Später wurde die Anzahl der Härtegrade des Orlow 6300 auf 18 erhöht, wie die Ausschnitte dieses Faltblatts aus den 1940er Jahren belegen.
Hier aufgeführt werden auch der Stenostift Nr. 6331 und der Fallminenstift Technograph Nr. 6316 (später Techno-Tac 6316) sowie Blei-, Farb- und Kopierminen für letzteren.
Ein besonderes Merkmal der meisten holzgefassten Stifte von Lyra war der sogenannte gerundete Goldverschluss, eine kleine Lackkappe, die das Ende abschloss.
Diese Blechschachtel des Orlow 6300 datiere ich auf die späten 1940er oder frühen 1950er Jahre.
Aus dem Buch „Meilensteine. 150 Jahre Lyra-Orlow“, erschienen 1959 im Daco-Verlag, stammen diese beiden Seiten, die den Orlow 6300, den Technograph 6316 sowie einige Farb- und Kopierstifte zeigen und detailliert über die Spitzensorte Orlow 6300 informieren.
Da es im Buch keinen anderslautenden Hinweis gibt, gehe ich davon aus, dass die gezeigten Stifte zu den damals aktuellen gehörten.
Meine ältesten Exemplare des Orlow 6300 sind diese6, wobei das zweite den Zusatz „1. Qualität“ trägt, dessen Bedeutung ich nicht kenne.
Das auf dem wohl früheren Orlow 6300 genannte Patent 746988 stammt aus dem Jahr 1939 und bezieht sich auf ein Verfahren zur Verbesserung der Lichtpausfähigkeit (siehe dazu „Mine und Mischung“).
Beide sind jedoch schon mit der Marke „ELIOGRAPH“ aus dem Jahr 1963 gekennzeichnet. Ich vermute, dass diese eine an „Heliografie“ oder die italienische Übersetzung für „Lichtpause“, „eliografica“, angelehnte Wortschöpfung war.
Am 24.5.1984 ließ Lyra die Marke „orlow-techno“ eintragen und änderte den Namen und die Gestaltung des 63002.
Mitte der 1990er Jahre wurde die Produktion des orlow-techno 6300 eingestellt2.
- Lyra wurde 2008 von FILA übernommen.↩
- Quelle: Lyra.↩↩↩
- Leider weiß ich nicht, was mit Spitzkapsel gemeint war.↩
- Mit „Orlow“ hat sich Lyra natürlich auf den berühmten Diamanten bezogen, ebenso wie L. & C. Hardtmuth mit „Koh-I-Noor“ und Brevillier & Urban mit „Cullinan“.↩
- Lyra datiert die Entstehung des Orlow-Stifts in seiner Unternehmensgeschichte auf 1885. – Der Schutz besteht noch, aber meines Wissens wird die Marke nicht mehr genutzt.↩
- Blindprägungen (von oben): 4442, 2171, 4727.↩
Direktion
A.W. Faber hatte den Kopierstift „Chef“ und LYRA1 einen sehr ähnlichen mit dem Namen „DIREKTION“2.
Auch er ist rund, 10 mm dick und schreibt violett. Ich vermute, dass man ihn derselben Zielgruppe angedient hat.
Die Kennzeichnung „Documental“ war mir neu. Eine schnelle Suche beim DPMA hat ergeben, dass 1959 die Wort-/Bildmarke „Dokumental 303 documental 303“ für – so der Eintrag – „Farbstoffe und Farben zur Herstellung von licht-, wasch- und alterungsechten sowie wischfesten Schreib-, Zeichen-, Druck-, Stempel-, Frankierstempler-, Farbband- und Registrierinstrumentenfarben“ eingetragen wurde3. Der „DIREKTION“ könnte aus dieser Zeit stammen; vielleicht gibt es eine Verbindung.
Nachtrag vom 15.3.23: Von LYRA konnte ich heute erfahren, dass der Direktion mindestens bis in die 1950er Jahre hinein hergestellt wurde. In einem Katalog wird er wie folgt beschrieben:
Alle Kopierstifte und sämtliche Farbkopierstifte der ORLOW-Serie sind dokumentenecht und tragen diese Bezeichnung. Als „dokumentenecht“ bezeichnet man eine Schrift, die weder durch chemische Mittel (Chlorwasser, alkalisches Chlorwasser) noch durch lösliche Mittel (Benzol, Chloroform, Methanol, Aethanol und ähnliches) oder durch Reduktionsmittel (Burmol, Tintentod) entfernt werden kann.
Jeder Radierversuch würde eine deutlich sichtbare Spur hinterlassen. Eine dokumentenechte Schrift läßt sich weder durch Sonnen- noch durch ultraviolettes Licht ausbleichen.
Für die Hand des Chefs ist die stärkere Ausführung „DIREKTION“ gedacht, deren Kern ebenfalls die oben aufgeführten Vorteile besitzt.
Mir gefällt diese detaillierte Beschreibung der Dokumentenechtheit. – Danke an LYRA für diese Details!
- Damals noch „Lyra“.↩
- Die Schrift finde ich ungewöhnlich, vor allem die Kerbe (?) im „O“.↩
- 1963 folgte die Eintragung der gleichnamigen Wortmarke.↩
13 Jahre
Zur Dekoration: Der Farbstift Nr. 13 aus dem Landkartenstift-Set LYRA-ORLOW № 2736
Dieses bunte Durcheinander feiert heute sein Dreizehnjähriges. Vielen Dank an meine Leser für ihr anhaltendes Interesse, die zahlreichen Anregungen und ihre Teilnahme per Kommentar und E-Mail auch dann, wenn hier mal – so wie in den letzten Monaten – fast nichts los it.
Zwölf Jahre
Zur Dekoration: Die Verpackung des Landkartenstifts-Set LYRA-ORLOW № 2736
Dieses bunte Durcheinander ist heute zwölf Jahre alt. Danke an meine Leser für ihr anhaltendes Interesse, die vielen Anregungen und ihre rege Teilnahme per Kommentar und E-Mail!
Paperworld 2018
Vor gut einer Woche gingen in Frankfurt/Main die Paperworld und die zeitgleich stattfindende Creativeworld zu Ende; hier ein paar subjektive Notizen1. – Gerne besucht hätte ich Brunnen, Carl, Conté à Paris, Doms, Lamy, Ohto, Pilot, Sakura, Schwan-Stabilo, Staedtler, Tombow und Mitsubishi/uni, aber diese Firmen waren diesmal leider nicht vertreten.
Möbius+Ruppert
Mein erstes Ziel war der Stand von Möbius+Ruppert, dem Erlanger Hersteller von Spitzern, Zeichengeräten und Schneidemaschinen. Dort gab diesmal zwar keine Neuigkeiten, doch die Gespräche und die geschmackvolle Präsentation nicht nur der Messingspitzer waren eine Freude.
Steinhöringer Werkstätten
Diese Einrichtung mit Hauptsitz in München fördert und begleitet Menschen mit Behinderungen. Präsentiert wurden Produkte aus Holz, die in den Werkstätten gefertigt werden, darunter ein Klebebandabroller in Form einer Schnecke, ein immerwährender Kalender und Stiftköcher sowie -ablagen, die sehr gelungen sind und obendrein zu attraktiven Preisen angeboten werden. Ein Foto durfte ich leider nicht machen, aber eine Übersicht der Produkte gibt es hier.
Chameleon
Während die meisten Hersteller zweifarbiger Stifte kontrastierende oder Komplementärfarben kombinieren, vereinen die holzgefassten Farbstifte von Chameleon ähnliche Töne, um das Erstellen von Übergängen zu erleichtern. – Die Stifte werden in Österreich gefertigt.
KUM
Den Stand von KUM habe ich nur wegen einer Reklamation aufgesucht, denn ein in der Schublade aufbewahrter Masterpiece-Spitzer hatte sich unschön verändert, und vom Service von KUM kam keine Antwort auf meine E-Mail. Ich hatte das Glück, mit dem Geschäftsführer sprechen zu können; er gab mir einen neuen Masterpiece und kündigte an, nach der Ursache für die Veränderung am Spitzer schauen und mich informieren zu lassen.
KACO
Bei KACO, einem chinesischen Hersteller von Füllfederhaltern, Kugelschreibern, Gelrollern und Zubehör haben mich das Design und die Qualität der Produkte sowie die Gestaltung des Auftritts sehr angenehm überrascht; auch der Katalog hat mich beeindruckt.
Brevi Madu Trade
Brevi Manu Trade mit Sitz in Bielefeld vertreibt seit 2010 u. a. die Produkte von California Cedar und Papier des japanischen Herstellers LIFE. Letzteres finde ich interessant, und so habe ich mich gefreut, dass es einen deutschen Vertrieb gibt. Wie immer habe ich mich korrekt als Endkunde zu erkennen gegeben, und auf Bezugsquellen angesprochen, nannte mir ein Mitarbeiter Manufactum. Als ich sagte, dass ich Manufactum nicht mag und ihn fragte, welche Händler er noch beliefere, antwortete er: „Warum soll ich ihnen das sagen? Ich kenne sie doch gar nicht.“ Ich war auch neugierig, wie das LIFE-Papier im Vergleich zum Tomoe River ist, worauf der Mitarbeiter sagte, dass das Tomoe River wesentlich schlechter sei, weil fast alle Tinten durchschlagen würden (was ich nicht bestätigen kann). Er ging, um ein Blatt eines 26-Gramm-Papiers von LIFE zu holen, kam aber nicht mehr zurück.
LYRA
Das 1806 in Nürnberg gegründete Unternehmen LYRA gehört seit 2008 zum italienischen FILA-Konzern, der einiges in China fertigen lässt, so auch die Blei- und Farbstifte der neuen „Graduate“-Serie. Die Gestaltung der Blei- und Farbstifte finde ich ansprechend, doch ihre Qualität enttäuschend: Ihr Äußeres ist ungleichmäßig, ja stellenweise sogar rauh, und die Minen der Bleistifte, die ich getestet habe, schrieben nicht glatt.
SUPER5
Am Stand des Vertriebs Aratrum wurden die Füllfederhalter und Tinten von SUPER5 präsentiert. Die Rezeptur der wasserfesten SUPER5-Tinte hat man vor kurzem verbessert; zudem gibt es die Tinten jetzt auch in Patronen. – Ebenfalls zu sehen war ein zylindrisches Glas, in dem sich ein zusammengerolltes und mit SUPER5-Tinte beschriftetes Papier befand2; dies demonstrierte die Wasserfestigkeit der Tinte auf beeindruckende Weise.
Tokyo Kinzoku Industry Co. Ltd.
Bei der Tokyo Kinzoku Industry Co. sind mir die Clips mit Profilen von Shibas aufgefallen, und so musste ich unbedingt um ein Muster bitten, natürlich nicht ohne unseren Kisho zu erwähnen.
Leuchtturm1917
Leuchtturm1917, Anbieter von Notizbüchern und Kalendern, hat jetzt auch holzgefasste Bleistifte im Sortiment. Sie sind in 17 auf die Papierprodukte abgestimmten Farben, aber nur im Härtegrad HB erhältlich und werden in Portugal hergestellt.
Faber-Castell
Bereits auf der Insights X im letzten Oktober hat Faber-Castell die „Goldfaber“-Farbstifte vorgestellt. Es gibt sie in einer permanenten (rund) und einer wasservermalbaren Variante (sechsflächig) und in 48 Farben; ihre Mine ist 3,3 mm dick. Mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 13 Euro für das 12er-Set sind diese in Deutschland hergestellten Stifte vergleichsweise günstig, doch man sieht die Einsparungen: Bei einigen sechsflächigen Exemplaren fiel mir auf, dass der Lack der Tauchkappe an den Kanten recht dünn ist und das Grau des Schafts durchscheint. Zudem werden die Farbstifte aus Gmelina gefertigt.
Den auf Farbstifte abgestimmten Radierer CP-10 von SEED hatte ich zufällig dabei; auch beim Goldfaber hat er überzeugt.
Viarco
Der portugiesische Hersteller Viarco ist mir ans Herz gewachsen, und so war ich gleich mehrmals am Stand. Neben Retro-Motiven hatten es mir vor allem das an ein Hemd erinnerndes Mäppchen und die Umhängetasche für bis zu 60 Stifte, Zubehör und einen Block angetan.
Sehr erfreulich waren auch die anregenden Gespräche, in denen ich viel über das Unternehmen und die Produkte erfahren konnte.
Awagami
Bei Awagami aus Japan gab es nicht nur geschmackvoll bedrucktes Papier zu sehen, sondern auch Produkte von Washida-Daigaku. Die Postkarte, die ich ergattern konnte, ist wie die anderen in dieser Reihe aus Baumwolle hergestellt und zeigt Tokugawa Tsunayoshi, einen Shōgun des späten 17. Jahrhunderts, der sich sehr für die Rechte und den Schutz der Tiere eingesetzt hat, aber besonders für Hunde, und daher auch als „Hunde-Shōgun“ bekannt war. Natürlich gefallen mir diese Motive wegen des Shibas besonders gut!
Caran d’Ache
Der Schweizer Hersteller Caran d’Ache hat dieses Jahr nur wenig neues gezeigt. Zudem fiel auf, dass ein großer Teil des Stands, der im vergangenen Jahr noch der Präsentation vor allem des Künstlersortiments diente, nur mit Tischen und Stühlen bestückt war.
In Zusammenarbeit mit Nestlé entstand eine limitierte Variante des Kugelschreibers 849, dessen Schaft aus wiederverwendeten Nespresso-Kapseln hergestellt wird.
Vorgestellt wurde das „Bullet Journal Starter Set“, das den holzgefassten Graphit-Highlighter-Stift GRAPHICOLOR 370.240 enthält. Er kam zusammen mit dem Graphit-Rot-Stift GRAPHICOLOR 370.070 auf den Markt und hat ebenso wie dieser eine 3 mm starke Mine; beide sind auch einzeln erhältlich. – Letzterer unterscheidet sich vom „Editor“ nur durch seine Kennzeichnung.
Ab März im Handel ist ein weiterer Bleistift der „Swiss Wood“-Reihe3. Er ist aus Waldkiefer gefertigt und wird nicht einzeln, sondern nur zusammen mit den Bleistiften aus Jura-Buche und Zirbe angeboten. – Der aktuelle Katalog führt übrigens einen „Edelweiss“-Bleistift auf, der ebenfalls aus Schweizer Waldkiefer gefertigt ist (Art.-Nr. 341.282), doch von Caran d’Cache konnte ich erfahren, dass dieser nicht in Deutschland erhältlich sein wird.
Das war’s! Die nächste Paperworld beginnt am 26. Januar 2019.
- Ich war auch im vergangenen Jahr dort und habe einiges gesehen, hatte aber keine Lust, darüber zu schreiben.↩
- Die sehr ansprechende Schrift auf dem Papier stammte von der Kalligrafin Elke Wunsch.↩
- Die Abkürzung „COBS“ auf dem Bleistift steht für „Certificat d’origine bois Suisse“, d. h. das Holz dieses Bleistifts kommt aus der Schweiz.↩
Stiftablage des Monats (4)
Die Stiftablage des Monats Oktober kommt von LYRA.
Füllung fürs Foto: M+R Pollux, Pantone Graphite HB
Sie ist aus Holz, 23 cm lang, 7 cm breit und 1,4 cm hoch; vier halbrunde Rillen nehmen Stifte und Zubehör auf. – Ich habe dieses in Deutschland hergestellte und in meinen Augen attraktive Utensil vor vielen Jahren beim japanischen Anbieter Bundoki gekauft und hierzulande nie gesehen.
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Zehn Jahre
Zur Dekoration: Der Farbstift Nr. 10 aus dem Landkartenstift-Set LYRA-ORLOW № 2736
Dieses Durcheinander feiert heute sein zehnjähriges Bestehen. Vielen Dank an meine Leser für das anhaltende Interesse, die zahlreichen Anregungen und die rege Teilnahme per Kommentar und E-Mail!