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Markiges Marketing (16)

Inzwi­schen recht sel­ten anzu­tref­fen sind diese far­ben­fro­hen Rekla­me­mar­ken, mit denen das tra­di­ti­ons­rei­che Unter­neh­men J.S. STAEDTLER aus Nürn­berg vor wohl gut 80 Jah­ren die Stifte sei­ner Ende 1900 ange­mel­de­ten Marke „MARS“ bewarb. Die bei­den Stü­cke wei­sen zudem zwei Beson­der­hei­ten auf, denn ebenso wie die min­des­tens sechs ande­ren zu die­ser Zeit aus­ge­ge­be­nen waren sie paar­weise ange­legt, wobei sie das Motiv teil­ten, und waren oben­drein mit etwa 73 × 55 mm unge­wöhn­lich groß.

Reklamemarke von J.S. STAEDTLER

Mich über­rascht, dass diese Rekla­me­mar­ken nicht das bewor­bene Pro­dukt zei­gen, son­dern eine Schreib­ma­schine und (so wie ich es erken­nen kann) einen Feder­hal­ter; Zube­hör wie Tin­ten­fass und Lösch­walze fehlt. – Die Schrift am unte­ren Rand der Mar­ken gefällt mir außer­or­dent­lich gut (aber das nur nebenbei).

Kleine Anmer­kung: Als erste wirk­lich nutz­bare Schreib­ma­schine Deutsch­lands gilt das Modell „Kos­mo­po­lit“, gebaut ab 1888 von der Ham­bur­ger Näh­ma­schi­nen­fa­brik Guhl & Har­beck, die knapp zehn Jahre spä­ter die Spitz­ma­schine „Jupi­ter“ auf den Markt brachte.

Reklamemarke von J.S. STAEDTLER

Auf­merk­sa­men Beob­ach­tern wird auf­ge­fal­len sein, dass es auf der einen Marke „seit 1662“ heißt, STAEDTLER aber in die­sem Jahr „175 Jahre MADE IN GERMANY“ fei­ert. Wie passt dies zusammen?

Die erste urkund­li­che Erwäh­nung des Blei­stifts, wie wir ihn heute ken­nen, fin­det sich in den Nürn­ber­ger Rats­er­läs­sen aus dem Jahr 1662. Damals gab es einen Streit zwi­schen Fried­rich Staedt­ler und der Schrei­ner­zunft, die das Blei­stift­ma­chen, d. h. das Ein­lei­men der Gra­phit­mi­nen in genute­tes Zedern­holz, für ihr Hand­werk bean­spruchte. Das Rugs­amt, eine sehr strenge Behörde zur Siche­rung von Pro­duk­tion und Han­del sowie der städ­ti­schen Macht, unter­sagte zwar zunächst Fried­rich Staedt­ler die Her­stel­lung und den Ver­kauf von Blei­stif­ten, doch letz­te­rer konnte sich durch­set­zen und sei­nen eige­nen Betrieb gründen.

Der Name Staedt­ler taucht danach erst wie­der im Jahr 1835 auf, als Johann Sebas­tian Staedt­ler, ein Nach­fahre Fried­rich Staedt­lers, die Geneh­mi­gung zur Blei­stift­fer­ti­gung erhielt, und so miss­fiel dem Kon­kur­ren­ten Faber-Castell, der sel­ber nur eine 234-jährige Geschichte hatte, dass sich STAEDTLER 1995 in Wer­be­pro­spek­ten auf eine 333 Jahre alte Tra­di­tion berief. Der dar­aus ent­stan­dene Rechts­streit ging zu Guns­ten des Kla­gen­den aus1, so dass STAEDTLER nun das 175. Jubi­läum begeht.

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  1. Wenn ich mich rich­tig erin­nere, fiel die Ent­schei­dung im Jahr 2010, aber ich habe keine Belege.

In Kürze

Außer den drei hier gezeig­ten Vari­an­ten des Bleistift-Klassikers Othello 282 von STABILO gab es noch min­des­tens eine wei­tere, und zwar diese 85 mm kurze.

Der STABILO Othello 282 als Kurzbleistift

Was das Alter und den ange­streb­ten Ver­wen­dungs­zweck die­ses Stifts angeht, so kann ich nur spe­ku­lie­ren: Ers­te­res schätze ich auf etwa 70 Jahre, und bei letz­te­rem ver­mute ich den Gebrauch mit einem Taschen­ka­len­der oder Notizbuch.

Pentel 1968

Nach der Anzeige von Yasu­tomo & Co. aus dem Jahr 1967 hier ein wei­te­res Doku­ment aus der Früh­zeit des Fein­mi­nen­stifts, und zwar eine Wer­bung der Pen­tel of Ame­rica Ltd. von 19681. – Die Her­kunft des Aus­schnitts kenne ich lei­der nicht, doch da seine Rück­seite Infor­ma­tio­nen über Türen und Fens­ter von Caradco zeigt, könnte er aus einem Maga­zin für Archi­tek­ten stammen.

Anzeige von Pentel (1968)

In den bes­ten Krei­sen anzu­tref­fen waren der „CPA Sharp 5“, zwei­fel­los ein Vor­gän­ger des P200, sowie der „Graph“, den es in leicht ver­än­der­ter Form auch heute noch gibt; beide wur­den mit einem Minen­durch­mes­ser von 0,5 mm und mit Minen der Grade HB und här­ter ange­bo­ten. Hier über­rascht mich, dass der mit Clip und Radie­rer bes­ser aus­ge­stat­tete „Sharp 5“ deut­lich güns­ti­ger war als der „Graph“. – Den „con­ti­nuous feed“ des letz­te­ren inter­pre­tiere ich nicht als auto­ma­ti­sche Minen­nach­füh­rung, denn diese Tech­nik kam mei­nes Wis­sens erst Ende der 1970er Jahre mit den „alpha-matic“– und „TK-matic“-Model­len von Faber-Castell auf den Markt.

Nach­trag vom 6.3.10: Der Anbie­ter die­ser Anzeige hat mir mit­ge­teilt, dass er sie der Zeit­schrift „Pro­gres­sive Archi­tec­ture“ ent­nom­men hat; das Kür­zel „PA-1268“ unten rechts könnte dem­nach für den Dezem­ber 1968 stehen.

  1. Beim Alter muss ich mich auch dies­mal auf den Anbie­ter ver­las­sen, denn der Aus­schnitt sel­ber trägt keine Jah­res­zahl.

Yasutomo & Co. 1967

Hier­zu­lande wohl weit­ge­hend unbe­kannt ist Yasu­tomo & Com­pany, gegrün­det 1954 in San Fran­cisco von Ben Yasu­tomo mit der Absicht, japa­ni­sche Schreib­wa­ren in den USA und ame­ri­ka­ni­sche Süßig­kei­ten in Japan anzu­bie­ten. Im Jahr­zehnt dar­auf brachte Yasu­tomo & Co. den Faser­schrei­ber „Sign Pen“ von Pen­tel erfolg­reich auf den ame­ri­ka­ni­schen Markt und star­tete spä­ter mit NIJI und Y & C eigene Mar­ken, unter denen auch Druck­blei­stifte ge­führt wurden.

Anzeige von Yasutomo & Co. (1967)

Mit der Inter­esse wecken­den Über­schrift „Zum Spit­zen hier drü­cken“ und oben­drein als auto­ma­ti­schen Blei­stift mit der Welt dünns­ter Mine pries Yasu­tomo & Co. den „DEMI-.5“ in die­ser etwa 86 × 124 mm gro­ßen Anzeige aus dem Jahr 1967 an, wobei man die ange­sprochenen pro­fes­sio­nel­len Anwen­der fach­män­nisch mit einer Tole­ranz von 1/1000 mm beim Minen­durch­mes­ser zu beein­dru­cken ver­suchte. Doch die Vor­teile lagen (und lie­gen) ganz klar auf der Hand, und so unter­schei­det sich der typi­sche, funk­tio­nelle Druck­blei­stift von heute nur unwe­sent­lich von sei­nem über vier­zig Jahre alten Vor­gän­ger. – Zum Ur­sprung des bewor­be­nen Stifts kann ich lei­der nichts sagen; ein Modell aus den Sieb­zi­gern gibt es bei Lead­hol­der zu sehen.

Nach­trag vom 6.3.10: Vom Anbie­ter die­ser Anzeige konnte ich erfah­ren, dass sie aus der Zeit­schrift „Pro­gres­sive Archi­tec­ture“ stammt.

Markiges Marketing (15)

Reklamemarke für Winckler's Ideal-Bleistift

Bei die­ser ver­gleichs­weise schlich­ten Rekla­me­marke kann ich mich sehr kurz fas­sen, denn ich weiß über­haupt nichts über sie und das bewor­bene Unter­neh­men. Hat viel­leicht meine geschätzte Leser­schaft einen sach­dien­li­chen Hin­weis zu dem 37 × 52 mm klei­nen Stück Bleistiftgeschichte?

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Rüssel und Radierer (3)

Inha­ber einer Dau­er­karte für die­sen Zir­kus sind mit mei­nen alber­nen Anwand­lun­gen bes­tens ver­traut und wer­den daher nicht über­rascht sein, die unter­halt­same Ver­qui­ckung von gro­ßem Tier und klei­nem Gummi ein drit­tes Mal prä­sen­tiert zu bekom­men. Manege frei!

Aufsteckbarer Radierer aus Hong Kong

Der Büste eines Pro­mi­nen­ten gleich thront die­ser Ver­tre­ter der selt­sa­men Spe­zies auf dem der schwar­zen Spitze abge­wand­ten Ende des Blei­stifts und ist somit immer im Blick sowie zur Hand, wenn ein Feh­ler des Schrei­bers die fach­kun­dige Behand­lung durch einen fähi­gen Kopf erfor­dert. Details zur Iden­ti­tät des impo­san­ten Wesens und sei­nes Schöp­fers sucht man jedoch ver­geb­lich, so dass beide unbe­kannt blei­ben; ledig­lich der Schrift­zug „Hong Kong“ ver­rät etwas über die Her­kunft des gel­ben Hauptes.

Reklamemarke von Ferd. Marx & Co. aus Hannover

Auf den nur 32 × 47 Qua­drat­mil­li­me­tern einer his­to­ri­schen Rekla­me­marke ziem­lich groß machte sich das für den wei­chen Gummi des hier bereits genann­ten Her­stel­lers Ferd. Marx & Co. aus Han­no­ver auf­tre­tende Schwer­ge­wicht und ver­fehlte dank sei­nes Kali­bers wohl kaum die gewünschte und wer­bende Wirkung.

Radierer aus China

Weni­ger Ele- als viel­mehr Mikro­fant ist die­ser win­zige Kerl aus dem fer­nen Osten Asi­ens, der einen recht schüch­ter­nen und zurück­hal­ten­den Ein­druck macht, bei­nahe so, als traute er sich noch nicht ein­mal das Ent­fer­nen einer klei­nen Menge Gra­phit zu. Seine Beden­ken indes sind unnö­tig, hat er doch in mir einen ver­ständ­nis­vol­len Hal­ter, der ihn – wenn auch nicht ganz art­ge­recht – vor auf­rei­ben­den Ein­sät­zen bewahrt und statt­des­sen seine kräf­ti­ge­ren Kol­le­gen vorschickt.

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J.S. STAEDTLER 1919 (5)

Als Abhilfe für den Schwund der von meh­re­ren Per­so­nen genutz­ten Schreib­ge­räte diente J.S. STAEDTLER im Kata­log des Jah­res 1919 sei­nen Kun­den den „Tele­phon­stift“ an.

Telephonstift

Aus­ge­stat­tet mit einer Ring­kap­sel ließ sich der in zwei Aus­füh­run­gen und dem Här­te­grad 2 erhält­li­che Blei­stift an einer Schnur oder Kette befes­ti­gen und so zumin­dest gegen das ver­se­hent­li­che Mit­neh­men sichern.

Telephonstift

Kleine Anmer­kung am Rande: Der Ein­druck, als handle es sich hier um eine frühe Form der heute gras­sie­ren­den Apo­stro­phi­tis, täuscht, denn nach mei­nem Wis­sen kam der Genetiv-Apostroph Anfang des 17. Jahr­hun­derts im Deut­schen auf und blieb bis ins ver­gan­gene hin­ein üblich.

Telephonstift

Auch wenn man damals mit der nicht nur in die­sem Kata­log zu fin­den­den Pro­dukt­viel­falt wohl zuwei­len über das Ziel hin­aus­schoss und damit viel­leicht man­che Kun­den ver­wirrt hat, so spricht sie mich doch auf­grund der zahl­rei­chen und sorg­fäl­tig aus­ge­führ­ten Details, die zudem meist einen prak­ti­schen Nut­zen hat­ten, sehr an.

Telephonstift

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Der Bleistift als Wandler

Einen Blei­stift im Dienste der Elek­tro­akus­tik zeigt die­ses Foto, das ich in dem Buch „275 Jahre Staedtler-Stifte 1662–1937“ fin­den konnte.

Kohlemikrofon mit Bleistift

In die­ser ver­mut­lich zu Demons­tra­ti­ons­zwe­cken gebau­ten Vari­ante des von David Edward Hug­hes im Jahr 1878 erdach­ten Koh­le­mi­kro­fons leis­tete ein beid­sei­tig ange­spitz­ter Blei­stift den bei auf­tref­fen­dem Schall sich ändern­den Wider­stand und sorgte damit nicht für die Wand­lung von Gedan­ken in Schrift, son­dern von Gespro­che­nem in Schwan­kun­gen der an ihn ange­leg­ten Gleichspannung.

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