Sirius Bleistift Nr. 2
Ein ungewöhnliches und sehr interessantes Geschenk meiner besseren Hälfte: Ein Dutzend des Sirius Bleistift Nr. 2, hergestellt von der VEB Leipziger Pianofortefabrik Abt. Bleistifte in Böhlitz-Ehrenberg bei Leipzig.
Die VEB Leipziger Pianofortefabrik in Böhlitz-Ehrenberg1 entstand 1945 aus der Enteignung der 1910/11 gegründeten Ludwig Hupfeld AG. Wie das Staatsarchiv Leipzig informiert, wurde die Pianofortefabrik 1967 mit drei weiteren Betrieben in der VEB Deutsche Piano-Union Leipzig zusammengeführt; 1985 kamen weitere 18 Betriebe hinzu2. Nun gab es diese volkseigenen Betriebe aber erst ab 1949, dem Jahr der DDR-Gründung, und auch danach waren manche Firmen zunächst Genossenschaften; die Bleistifte dürften also 42 bis 60 Jahre alt sein. Die Banderole macht dazu leider keine Angaben; auf der Rückseite findet sich lediglich die noch nicht mal einen Millimeter hohe Kennzeichnung „III/18/194“.
Die vier oder gar mehr Jahrzehnte haben ein paar Spuren an den Bleistiften hinterlassen: Die Radierer sind hart und unbenutzbar geworden, der goldfarbene Prägedruck hat sich teilweise abgelöst und der rote Lack zeigt einige Risse. Keines der Exemplare ist jedoch verworfen, und gemessen am Alter sind die Stifte insgesamt gut erhalten.
Die sechseckigen Stifte mit dem Durchmesser von 7,5 mm und 2,3 mm dicker Mine tragen die Kennzeichnung „|| [PF-Logo] || Sirius BLEISTIFT NR. 2 * 614“. Sie zeigen recht hohe Fertigungstoleranzen sowohl in der Länge als auch bei der Anbringung von Zwinge und Radierer. Kürzester und längster Bleistift in diesem Dutzend unterscheiden in der Länge um 2 mm und die Position der Zwinge variiert um 3 mm; auch sitzt die Mine nicht immer ganz zentrisch.
Sirius Bleistift Nr. 2 gespitzt mit der „Granate“ von Möbius+Ruppert (oben) und dem Tischspitzer Carl Decade DE-100 (unten)
Auch Holz und Mine sind gut durch die Jahre gekommen, denn ersteres lässt sich gut spitzen und letztere schreibt sauber ohne zu kratzen. Die Radierbarkeit (getestet mit dem uni Mark Sheet Eraser und dem Tombow Mono One) ist sehr gut.

Das kleine Logo, ein Flügel mit aufgeklapptem Deckel, ziert die Banderole sowie (in vereinfachter Form) die Bleistifte und gefällt mir – ebenso wie der „Sirius“-Schriftzug – außerordentlich gut.

Ich weiß nicht, wie dieser Bleistift in das Lieferprogramm eines Klavierherstellers gelangte. Wurde der „Sirius“ aus den Resten des Holzes gefertigt, das für die Instrumente zum Einsatz kam, oder zählte er als Zubehör, z. B. für Anmerkungen an den Noten? Erst habe ich vermutet, dass sein Ursprung in der sogenannten Konsumgüterproduktion der ehemaligen DDR liegt, als in der Planwirtschaft auch produktfremde Firmen zur zusätzlichen Produktion von Konsumgütern aufgefordert wurden, aber diese begann ja erst Anfang der 70er Jahre. Und: Welche Informationen sind in der Kennzeichnung „III/18/194“ auf der Banderole codiert?

Nachtrag vom 18.3.09: Auf Georg Büttners Bleistiftseiten heißt es zur TURM-Bleistiftfabrik in Böhlitz-Ehrenberg: „In der Leipziger Pianoforte Fabrik (LPF) von Ludwig Hupfeld wurden nach 1945 neben Möbeln und Sportgeräten auch Bleistifte hergestellt. Wie lange dort produziert wurde ist nicht bekannt.“ Zu sehen sind auch zwei Bleistiftschachteln von etwa 1950.
Nachtrag vom 1.6.09: Unter „Spurensuche“ gibt es ein paar Details zu der Vorgeschichte dieses Bleistifts und der Bleistiftproduktion in Böhlitz-Ehrenberg.
- Seit 1999 Stadtteil von Leipzig.↩
- Laut Wikipedia übernahm die Carl A. Pfeiffer GmbH & Co. KG, Leonberg, nach der Wende das Unternehmen und verkauft seitdem die in Leipzig gefertigten Klaviere und Flügel unter den Markennamen Hupfeld und Rönisch. Letzterer knüpft an die im Jahr 1948 gegründete Klavierfabrik des Dresdeners Carl Rönisch an, die 1918 in der Ludwig Hupfeld AG aufging.↩






































