Bleistifte

Granate 1901

Ein inter­es­san­tes Detail zur Geschichte des als „Gra­nate“ bekann­ten Blei­stift­spit­zers fin­det sich in der Chemiker-​Zeitung vom 18. Mai 1901.

Granate 1901

Granate 1901

Granate 1901

Granate 1901

Granate 1901

In der Rubrik „Ent­schei­dung in Waa­ren­zei­chen­sa­chen“ heißt es:

II. Beschwerde-​Abtheilung I des Patentamtes.
[…]
2. Die Ein­tra­gung des Wor­tes „Gra­nate“ für Blei­stift­spit­zer war von der Abt­hei­lung für Waa­ren­zei­chen abge­lehnt wor­den, weil Blei­stift­spit­zer in Form einer Gra­nate, wenn auch aus­schliess­lich von der Anmel­de­rin her­rüh­rend, seit Jah­ren im Ver­kehr seien, das Wort mit­hin eine Angabe „über die Beschaf­fen­heit“ der Waare ent­halte und daher dem Ver­kehr frei­ge­hal­ten wer­den müsse. Die Beschwerde-​Abtheilung I (Ent­sch. vom 13. Novem­ber 1900) hob diese Ent­schei­dung auf, weil die Form einer Gra­nate keine sach­li­che Bezie­hung zu einem Blei­stift­spit­zer habe, und weil fer­ner die Form einer Gra­nate im freien Ver­kehr nicht all­ge­mein üblich für Blei­stift­spit­zer sei. 

Die „Gra­nate“ war also bereits vor 1900 auf dem Markt1, und schon damals wollte man sich den Namen schüt­zen las­sen; mög­lich wurde das jedoch erst durch die hier erwähnte Auf­he­bung der Ent­schei­dung, den Ein­trag abzu­leh­nen. Wer die Anmel­de­rin war, bleibt hier lei­der offen, aber es könnte die Ver­triebs­firma Möl­ler & Breit­scheid gewe­sen sein, denn diese wurde am 1. Mai 1869 gegrün­det und hat die „Gra­nate“ sehr lange ange­bo­ten2.

Unklar ist, ob dar­auf­hin ein Waren­zei­chen ein­ge­tra­gen wurde, also bereits vor der Regis­trie­rung für Möl­ler & Breit­scheid im Jahr 1939 ein Schutz bestand, doch ein Ein­trag im Buch „Ger­man Tool and Blade Makers. A guide to manu­fac­tu­r­ers and dis­tri­bu­tors, their trade­marks and brand names“ von John Wal­ter (Nevill Publi­shing 2012) könnte dafür sprechen:

GRANATE (1901, no. 47683)
Möl­ler & Breit­scheid, Köln a. Rh.
Regis­try class: 9b
Style: block 

Die Quelle für diese Infor­ma­tion kenne ich aller­dings nicht, und auf meine Anfrage beim Autor habe ich bedau­er­li­cher­weise keine Ant­wort erhalten.

  1. Ich gehe davon aus, dass es sich bei dem in der Chemiker-​Zeitung genann­ten Spit­zer nicht um einen ande­ren mit zufäl­lig glei­chem Namen han­delt.
  2. Im „Hand­buch für Papier und Büro­be­darf“ von Dipl.-Hdl. Franz Karl Reckert aus dem Jahr 1949 heißt es, die „Gra­nate“ wäre vor etwa 60 Jah­ren, also um 1889 auf den Markt gekom­men.

Bleistifthölzer (1)

Wenn im Zusam­men­hang mit Blei­stif­ten von Zeder gespro­chen wird, so ist damit meist die Kali­for­ni­sche Weihrauch-​Zeder (Calo­cedrus decur­rens, engl. incense cedar) gemeint, die vor vie­len Jahr­zehn­ten die Vir­gi­ni­sche Zeder (Juni­pe­rus vir­gi­niana, engl. red cedar) abge­löst hat. Die Kali­for­ni­sche Weihrauch-​Zeder muss imprä­gniert wer­den, um die gewünsch­ten Eigen­schaf­ten zu erhal­ten, und wird dabei auch manch­mal rot gefärbt, damit sie der Vir­gi­ni­schen Zeder ähn­lich sieht. Als Ersatz kamen und kom­men jedoch immer wie­der andere Höl­zer zum Ein­satz; hier die mei­nes Wis­sens zur­zeit am häu­figs­ten genutzten.

Bleistifthölzer

(zum Ver­grö­ßern anklicken)

Von links:

Erhard Satt­mann nennt in „Vom Faust­keil zum Blei­stift“ (1949) zudem Espe, Pap­pel, Ahorn sowie Föhre, und Henry Petro­ski erwähnt in „Der Blei­stift“ (1995) u. a. die bra­si­lia­ni­sche Pinie und das sibi­ri­sche Rot­holz. Auch Erle hat man frü­her ein­ge­setzt, doch die ist ver­gleichs­weise hart und lässt sich recht schwer spitzen.

Nach­trag vom 27.5.15: Einen Blick auf die Geschichte der Zeder gibt es im zwei­ten Teil, und „Von der Linde zum Blei­stift“ berich­tet von einem Pro­jekt um die Linde als Bleistiftholz.

Blei­stift­höl­zer | nächste →

Viking Skoleblyanten 029

Die Geschichte der däni­schen Marke „Viking“ beginnt 1910, als sich Fol­mer Preis­ler, der Geschäfts­füh­rer der 1876 gegrün­de­ten Streich­holz­fa­brik H.E. Gosch & Co. in Kopen­ha­gen, ent­schließt, Blei­stifte her­zu­stel­len. Obwohl man in Däne­mark noch keine Erfah­rung in der Blei­stift­fer­ti­gung, dafür aber große Kon­kur­renz aus Deutsch­land hat, ist er sehr moti­viert – er will Arbeits­plätze schaf­fen und den Import von Din­gen des täg­li­chen Bedarfs ver­rin­gern, beson­ders ange­sichts der ange­spann­ten Lage in Europa. Er lässt sich im März 1913 die Marke „Viking“ ein­tra­gen und bringt im Januar 1914 den ers­ten Viking-​Bleistift auf den Markt1; 1919 bekommt die Blei­stift­her­stel­lung einen eige­nen Bau in Kopen­ha­gen. Die Anfänge sind schwie­rig, und so macht er mit Viking erst­mals 1923 Gewinn; im sel­ben Jahr ent­steht eine neue Pro­duk­ti­ons­stätte in Malmö. Als Fol­mer Preis­ler 1945 in den Ruhe­stand geht, über­nimmt sein Sohn Jean Aage Preis­ler die Geschäfte. Er führt Viking in den 50er und 60er Jah­ren zu gro­ßem Erfolg.

Viking Skoleblyanten 029

Nach gra­vie­ren­den Ände­run­gen auf dem Streich­holz­markt ver­kauft Gosch & Co. 1972 die Streich­holz­fer­ti­gung an den Kon­kur­ren­ten Svenska Tänd­sticks (heute Swe­dish Match) und schließt das Kopen­ha­ge­ner Werk. Die Blei­stift­fer­ti­gung bleibt davon nicht unbe­rührt, und so ver­la­gert man sie in das Aus­land; die Marke „Viking“ und der Ver­trieb gehen zunächst an Star­mark und spä­ter an die US-​amerikanische Esselte-​Gruppe. Das Kopen­ha­ge­ner Unter­neh­men Creas (vor­mals Teg­ne­cen­ter), das bereits einige Jahre mit Esselte zusam­men­ge­ar­bei­tet hat, über­nimmt Ende 2010 das Viking-​Sortiment und die Namens­rechte, wodurch die Marke nach vie­len Jah­ren wie­der zurück nach Däne­mark kommt. Im Jahr dar­auf beginnt Creas2 mit der Neu­ge­stal­tung und Erwei­te­rung des Viking-​Sortiments, zu dem auch der gelbe Sko­le­b­ly­an­ten 029, ein Klas­si­ker aus der Anfangs­zeit, gehört3.

Viking Skoleblyanten 029

Dut­zend­pa­ckung von Esselte (2009, links) und Creas (rechts)

Die Neu­ge­stal­tung hat dem Blei­stift mei­ner Ansicht nach sehr gut getan, denn in der matt­schwar­zen Ver­pa­ckung mit sil­ber­far­be­nem Reli­ef­druck und mit schwar­zem Prä­ge­druck, geschmack­vol­ler Typo­gra­fie4 sowie farb­lich pas­sen­dem Lack­käpp­chen sieht der in einem etwas dunk­le­ren Gelb gehal­tene neue Sko­le­b­ly­an­ten (Schul­blei­stift)5 rich­tig gut aus6.

Viking Skoleblyanten 029

Vari­ante von Esselte (oben) und Creas (Mitte und unten)

Die Falt­schach­tel trägt am unte­ren Ende ein Eti­kett mit Arti­kel­be­zeich­nung, Menge, Här­te­grad, GTIN und Strich­code (da der Stift nicht ein­zeln ver­kauft wird, hat er glück­li­cher­weise kei­nen). Auf der Rück­seite der Falt­schach­tel heißt es:

Danish design cul­ture since 1914.
At VIKING we believe in good design and excep­tio­nal qua­lity. We pro­mise to sup­port local indus­try and manu­fac­ture as respon­si­bly as pos­si­ble. Learn more at Viking1914.com.
Thank you for sup­port­ing us.
(Unter­schrift)
Jens Myren Thomsen
Owner of VIKING 

Mir gefällt, dass Creas auch auf die Gestal­tung gro­ßen Wert legt.

Viking Skoleblyanten 029

Vari­ante von Esselte (links) und Creas (rechts)

Der in Europa her­ge­stellte7 und nur in HB erhält­li­che Blei­stift hat die Stan­dard­länge von 17,5 cm, einen Durch­mes­ser von 7,5 mm und eine 2,3 mm dicke Mine. Die Qua­li­tät von Mate­rial und Ver­ar­bei­tung emp­finde ich trotz der bei genauem Hin­schauen erkenn­ba­ren klei­nen Unre­gel­mä­ßig­kei­ten im Lack eini­ger Exem­plare noch als sehr gut. Der Prä­ge­druck und das Lack­käpp­chen sind sau­ber auf­ge­bracht. – Es sieht so aus, als habe der neue Sko­le­b­ly­an­ten im Gegen­satz zum alten eine weiße Grundierung.

Viking Skoleblyanten 029

Vari­ante von Esselte (links) und Creas (rechts)

Der Blei­stift lässt sich im Hand- und im Kur­bel­spit­zer sehr gut spit­zen, ja sogar im pin­ge­li­gen Faber-​Castell Janus 4048, was auch für eine sehr gute Ver­lei­mung von Holz (ver­mut­lich Weihrauch-​Zeder, Calo­cedrus decur­rens) und Mine spricht.

Viking Skoleblyanten 029

Es macht mir Freude, die­sen Blei­stift zu benut­zen. Seine bemer­kens­wert bruch­sta­bile Mine, deren Här­te­grad zwi­schen HB und B des STAEDTLER Mars Lumo­graph liegt, glei­tet leicht über das Papier, hat eine sau­bere, recht spar­same Abgabe und schwärzt gut. Auch ihre Radier­bar­keit ist sehr gut8, und so muss der Sko­le­b­ly­an­ten den Ver­gleich mit Blei­stif­ten gro­ßer Her­stel­ler nicht scheuen.

Viking Skoleblyanten 029

Spit­zen: ab Werk, CARL Angel-​59 und Faber-​Castell Janus 4048

Der Viking Sko­le­b­ly­an­ten 029 kos­tet ohne Mehr­wert­steuer umge­rech­net etwa 5,25 Euro pro Dut­zend, d. h. 0,44 Euro-​Cent pro Blei­stift, und kann auf der Web­site von Creas bestellt werden.

Vie­len Dank an Jens M. Thom­sen von Creas für die Muster!

Nach­trag vom 3.2.23: Ich habe mir im März 2021 wei­tere Sko­le­b­ly­an­ten bestellt, weil ich einen klei­nen Vor­rat haben wollte. Zu mei­ner gro­ßen Über­ra­schung musste ich jedoch fest­stel­len, dass die Mine des neue­ren här­ter ist und nicht mehr so gut glei­tet. Die Mine des alten Sko­le­b­ly­an­ten war etwas beson­de­res, und so emp­finde ich das als einen Ver­lust. Unter­schiede in der Gestal­tung des Blei­stifts sind mir nicht auf­ge­fal­len, doch ich habe den Ein­druck, als seien der Lack und der Prä­ge­druck nicht mehr so sau­ber wie frü­her (aber das könn­ten auch Char­gen­schwan­kun­gen sein).

  1. Einige alte Viking-​Bleistifte gibt es bei Brand Name Pen­cils zu sehen.
  2. Neben den eige­nen Viking-​Artikeln ver­treibt Creas Pro­dukte vie­ler bekann­ter Her­stel­ler, dar­un­ter auch Hand­spit­zer von Möbius+Ruppert.
  3. Quel­len: His­to­rien om Bly­ant­fa­bri­ken Viking – fra tænds­tik­ker til bly­an­ter bei Creas, H.E. Gosch & Co. im Danish Match Museum und H.E. Gosch & Co. in der däni­schen Wiki­pe­dia.
  4. Bei dem Font könnte es sich um die Safety Text von Play­type han­deln.
  5. Zur Bezeich­nung: „Schul­blei­stift“ heißt im Däni­schen „Sko­le­b­ly­ant“, doch warum steht auf dem Blei­stift „Sko­le­b­ly­an­ten“, was „der Schul­blei­stift“ bedeu­tet? Wäh­rend man im Deut­schen den bestimm­ten Arti­kel dem Sub­stan­tiv vor­an­stellt, wird er im Däni­schen an das Sub­stan­tiv ange­hängt, vor­aus­ge­setzt, es steht allein. Der dazu benutzte Arti­kel ent­spricht dem unbe­stimm­ten, den es im Sin­gu­lar als „en“ für das Utrum und als „et“ für das Neu­trum gibt; im Plu­ral wird nur „ne“ ver­wen­det. Ver­mut­lich will man damit beto­nen, dass die­ser Blei­stift nicht irgend­ein, son­dern der Schul­blei­stift ist.
  6. Den alten Sko­le­b­ly­an­ten 029 gibt es hier zu sehen, zusam­men mit dem Skjol­dun­gen 400, den Creas eben­falls über­nom­men und neu gestal­tet hat (siehe dazu auch „Viking Skjol­dun­gen 400“ bei Blei­stift).
  7. Quelle: Viking – dansk design kul­tur siden 1914 bei Creas.
  8. Getes­tet mit Viking Ele­ment 10, STAEDTLER Mars pla­s­tic und Hinode­wa­shi Matomaru-​kun.
  9. Genauer: CARL Angel-​5 Royal mit dem Frä­ser des ein­fa­chen CARL Angel-​5.

Kurz notiert

  • Vor kur­zem wurde ein für STAEDTLER ein­ge­tra­ge­nes Gebrauchs­mus­ter veröffent­licht. Es beschreibt eine durch Extru­sion zu fer­ti­gende „Mine für Schreib-, Zeichen- und/​oder Mal­ge­räte“, die als Neu­heit Ten­side ent­hält. Der Wachs­ge­halt der extru­dier­ten Minen ver­bes­sert zwar die Schreib­ei­gen­schaf­ten und senkt den Extru­si­ons­druck, ver­rin­gert aber die Fes­tig­keit der Minen. Die Zugabe von Ten­si­den ver­bes­sert die Benet­zung der Füll­stoffe durch den Kunst­stoff und sorgt so für ein sta­bi­le­res Gefüge, wodurch die Fes­tig­keit steigt.
  • Holz­ge­fasste Blei­stifte sehe ich etwas anders als der Autor, aber sein gro­ßes Inter­esse an Druck­blei­stif­ten ist mir sym­pa­thisch: „I Can Never Have Too Many Mecha­ni­cal Pen­cils“.
  • Wer sich in die Nie­de­run­gen des Pri­vat­fern­se­hens begibt, sieht in „Ach­tung Kon­trolle“ ab 19:19 einen Ein­satz des Zolls auf der Paper­world 2015 und dabei die Beschlag­nahme von Kopien u. a. des STAEDTLER Mars Lumo­graph. – Danke an deh für den Hinweis!
  • Neu von Creas, Däne­mark: Der Viking Valg­bly­ant, ein dicker Blei­stift mit eben­sol­cher Mine, der sowohl an den däni­schen Staat zum Ein­satz in Wahl­lo­ka­len als auch an End­kunden ver­kauft wird. Mir gefällt die Gestal­tung die­ses Blei­stifts außer­or­dent­lich gut!
  • Unter „Stein: Span­nende Welt rund um den Blei­stift“ berich­ten die Für­ther Nach­rich­ten von Faber-​Castells Plä­nen für eine Erleb­nis­welt in Stein, die vor­aus­sicht­lich ab Som­mer 2016 jähr­lich rund 130.000 Besu­cher anzie­hen soll. – Danke an den zone­batt­ler für den Hinweis!

Granate 1925

Diese Post­karte aus dem Jahr 1925 mit auf­ge­kleb­ter Reklame für die „Gra­nate“ ist die älteste mir bekannte Erwäh­nung des klas­si­schen Handspitzers.

Granate 1925

Die Karte trägt auf der Rück­seite unvoll­stän­dige Mengen- und Preis­an­ga­ben zu Mus­ter­klam­mern, Büro­na­deln1, Clip­sen und Anfeuch­tern, was zusam­men mit dem geris­se­nen obe­ren Rand ver­mu­ten lässt, dass sie aus einem Kata­log für Büro­be­darf her­aus­ge­trennt wurde.

Granate 1925

Die „Kleine Anspitzer-​Fibel“ von Leon­hardt Ding­werth ent­hält eine sehr ähn­li­che Abbil­dung und nennt als Quelle den Kata­log eines Wilh. Schwei­zer um 1900, aber da Ding­werth auch angibt, der Fran­zose de Thierry habe am 16.4.1847 das Patent auf die „Gra­nate“ erhal­ten, was nicht stimmt, habe ich Zwei­fel an der Quel­len­an­gabe. Ding­werth nennt zudem Möl­ler & Breit­scheid als Her­stel­ler, doch die­ses Unter­neh­men war eine reine Ver­triebs­firma. – Bemer­kens­wert ist, dass das Waren­zei­chen „Gra­nate“ erst im Jahr 1939 für Möl­ler & Breit­scheid in Köln regis­triert wurde.

Diese Reklame führt uns zwar ein Stück wei­ter in die Geschichte der „Gra­nate“, sagt aber nicht, wann, wo und von wem die­ser Spit­zer zum ers­ten Mal her­ge­stellt und ange­bo­ten wurde. Die Suche geht weiter!

Nach­trag vom 30.4.15: Die „Gra­nate“ im Illus­trier­ten Haupt­ka­ta­log des Kauf­haus des Wes­tens aus dem Jahr 1913:

Granate 1913

Die­ser Spit­zer ist damit über 100 Jahre alt.

Nach­trag vom 15.5.15: Aus dem Sta­tio­nery Cata­lo­gue № 1 (1911–12) von W.J. Gage & Co. Limi­ted, Toronto:

Granate 1911

Die hier „Car­tridge“ genannte „Gra­nate“ gab es also bereits 1911 in Kanada.

  1. Gemeint sind damit Büro­klam­mern, wie die Abbil­dung belegt.

Kurz notiert

  • Ein sehr unge­wöhn­li­cher Spit­zer ist der Tsu­nago von Naka­jima Jukyudo1, denn er dient auch der Ver­län­ge­rung von Blei­stift­stum­meln. – Danke an Andreas Wein­ber­ger und Viola Voß für den Hinweis!
  • In mei­nen Augen pfif­fig und geschmack­voll ist der Pen­cil Shaving Desk Tidy, ein Kick­starter-​Projekt von Clive Roddy. – Danke an boo­me­rang für den Hinweis!
  • Nicht mehr neu, aber immer noch schön anzu­schauen ist das his­to­ri­sche Reklame- und Ver­pa­ckungs­ma­te­rial unter „Pen­cil Points“.
  • Bre­villier Urban & Sachs in Öster­reich wirbt damit, dass der Öko-​Schulstift von JOLLY aus hei­mi­scher Weymouth-​Kiefer gefer­tigt wird, und ein Fach­händ­ler in mei­ner Nähe konnte von einem Ver­triebs­mit­ar­bei­ter erfah­ren, dass das Holz aus dem Oden­wald kommt. Ich habe dabei gleich an das Säge­werk Monn­hei­mer in Gras­el­len­bach gedacht und Bre­villier Urban & Sachs dar­auf ange­spro­chen, aber lei­der keine Ant­wort bekom­men. Es wäre zwar schön gewe­sen, mal einen Blei­stift mit loka­lem Bezug zu nut­zen, doch ange­sichts der lei­der schlech­ten Mine des Öko-​Schulstifts ver­zichte ich gerne darauf.
  • Apro­pos Qua­li­tät: Auch auf die Gefahr, ein Que­ru­lant zu sein, habe ich Caran d’Ache auf die Qua­li­täts­män­gel der GRAFIK-​Bleistifte ange­spro­chen. Lei­der blieb diese Anfrage eben­falls ohne Reaktion.
  1. Wer sich auf der Web­site von Naka­jima Jukyudo umschaut und die bestimmt nicht ohne Grund unschar­fen Fotos in der Rubrik „OEM“ betrach­tet, fin­det u. a. einen Spit­zer, der dem Kut­suwa T’GAAL bemer­kens­wert ähn­lich sieht.

KUM Masterpiece

Vor gut einem Jahr hier erwähnt und seit kur­zem erhält­lich: Der neue Langkonus-​Spitzer „Mas­ter­piece“1 von KUM.

KUM Masterpiece

Der 9,25 Euro teure Spit­zer ist in einer Neo­pren­hülle und einer trans­pa­ren­ten Kunst­stoff­box verpackt.

KUM Masterpiece

Über den QR-​Code auf der Unter­seite der Box gelangt man zur Masterpiece-​Produktseite.

KUM Masterpiece

Der Spit­zer ist aus Magne­sium, Kunst­stoff2 und Edel­stahl gefer­tigt3 und 35 × 27 × 12 mm groß.

KUM Masterpiece

Die Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät des Magne­si­um­teils über­zeugt mich nicht. Warum hat man ihm – erst recht ange­sichts des hohen Prei­ses – nicht die glei­che Ober­flä­chen­be­hand­lung wie dem aktu­el­len KUM 400-​5L gegönnt? Auch die Kan­ten hätte man bes­ser ent­gra­ten kön­nen. Auf der Pro­dukt­seite heißt es, der KUM Mas­ter­piece durch­laufe acht Qua­li­täts­prü­fun­gen. Wie ging die­ses Finish durch? – Die Aus­sicht auf eine Mes­sing­ver­sion dürfte übri­gens sehr gering sein, denn KUM hat schon von eini­gen Jah­ren die Fer­ti­gung der Mes­sing­spit­zer eingestellt.

KUM Masterpiece

Der erste Stift­ein­lass hat einen Durch­mes­ser von 8,5 mm und nimmt so auch gering­fü­gig dickere Blei­stifte auf, was bei älte­ren und vie­len Stif­ten aus Japan nütz­lich ist; der zweite misst 6,8 mm. – Das Kunst­stoff­teil ist mit­tels Nut und Feder befes­tigt. Es sitzt fest genug, um sich nicht von selbst zu lösen, lässt sich aber gut ver­schie­ben und ganz abnehmen.

KUM Masterpiece

In dem Kunst­stoff­teil fin­den zwei Ersatz­mes­ser Platz.

KUM Masterpiece

Das Spit­zen mit dem Mas­ter­piece ist groß­ar­tig: Der Kraft­auf­wand ist gering, der Span mit durch­schnitt­lich 0,21 mm4 sehr dünn, die Holz­ober­flä­che sau­ber und der Blei­stift nadel­spitz (!). Bei kei­nem mei­ner zahl­rei­chen Ver­su­che ist das Holz gesplit­tert oder die Spitze abge­bro­chen, selbst bei wei­chen5 und Farb­stif­ten nicht. Ab und zu kam es vor, dass der zweite Stift­ein­lass einen Ring in das Holz gedrückt hat, doch die­sen konnte ich durch ein kur­zes Nach­spit­zen auf Stufe 1 entfernen.

KUM Masterpiece

Beim Pen­tel Black Poly­mer 999 H bleibt eine hauch­dünne Holz­schicht auf der Mine; ver­mut­lich ist letz­tere etwas dün­ner als der Stan­dard, für den der Spit­zer aus­ge­legt ist6. Diese Schicht kann man leicht durch ein etwas ver­kan­te­tes Spit­zen im ers­ten Loch ablö­sen, was jedoch nicht nötig ist, da sie im zwei­ten Spitz­vor­gang ent­fernt wird.

KUM Masterpiece

Von links: CARL Decade DE-​100, CARL Angel-​5, KUM 400-​5L, KUM Masterpiece.

Der Ver­gleich zeigt die deut­lich län­gere und sehr feine Spitze, die der Mas­ter­piece schnei­det. Mit mei­nen beschei­de­nen Mit­teln habe ich den beein­dru­cken­den Spitz­win­kel von 16° gemes­sen (der KUM Long Point Auto­ma­tic und der KUM 400-​5L kom­men auf 19°; Stan­dard sind 22°).

KUM Masterpiece

Da sich das die Minen­länge begren­zende Vor­der­teil ver­schie­ben lässt, kann man die Mine auch wei­ter freilegen.

KUM Masterpiece

Beim genauen Blick ist mir auf­ge­fal­len, dass die Mes­ser leicht konisch sind und die Schnei­den nicht par­al­lel zur Stift­achse ver­lau­fen; dies habe ich noch bei kei­nem ande­ren Hand­spit­zer gese­hen. Wel­chen Sinn das hat, weiß ich aller­dings nicht. Schnei­det das Mes­ser dadurch viel­leicht sauberer?

Geschichte

Die Idee, Holz und Mine getrennt zu spit­zen, ist nicht neu. Bereits 1931 hat sich Möbius+Ruppert einen zwei­ge­teil­ten Spit­zer paten­tie­ren7 las­sen (DE561385), des­sen Vor­der­teil gedreht wer­den konnte und so drei ver­schie­dene Spit­zen­for­men mög­lich machte. Die­ser Spit­zer war in den 1930er Jah­ren unter dem Namen Artena Nr. 64 erhält­lich8.

KUM Masterpiece

Aus der Patent­schrift „Blei­stift­spit­zer“ (DE561385, 1931)

In den 1940er Jah­ren hat man im Erlan­ger Unter­neh­men A. Kle­bes & Co. KG (spä­ter KUM) erkannt, dass das zwei­stu­fige Spit­zen die Qua­li­tät des Spit­z­er­geb­nis­ses ver­bes­sert, und sich 1948 einen Spit­zer mit – wie es spä­ter hei­ßen sollte – „Anschlag zur Begren­zung der freien Minen­länge“ paten­tie­ren las­sen (das Ori­gi­nal­pa­tent liegt mir nicht vor, aber GB665048 und US2642044 ver­wei­sen darauf).

KUM Masterpiece

Aus der Patent­schrift „Impro­ve­ments in or rela­ting to a pen­cil shar­pe­ner“ (GB665048, 1949)

Diese Form, die es mei­nes Wis­sens erst­mals 1950 mit dem Modell 64 von Had­i­nor und kurz dar­auf auch als Behäl­ter­spit­zer gab, lebt bis heute im KUM Auto­ma­tic Long Point wei­ter9.

KUM Masterpiece

Aus der Patent­schrift „Impro­ve­ments in or rela­ting to a pen­cil shar­pe­ner“ (GB665048, 1949)

1958 gab es eine Wei­ter­ent­wick­lung die­ses Spit­zers, wie das Patent DE1042427 belegt.

KUM Masterpiece

Aus der Patent­schrift „Schreib­stift­spit­zer mit Anschlag zur Begren­zung der freien Minen­länge“ (DE1042427, 1958)

Moti­va­tion für die Tren­nung von Spit­zer und Anschlag waren das Bemü­hen, die Fer­ti­gung zu ver­ein­fa­chen, sowie der Wunsch, auch einen län­ge­ren Minen­ab­schnitt frei­le­gen zu kön­nen. Bei allen in der Patent­schrift gezeig­ten Vari­an­ten grei­fen die bei­den Teile mit Nut und Feder zusam­men. Abbil­dung 5 zeigt die Aus­füh­rung, die es spä­ter als KUM Auto­ma­tic 3 gab und heute als Mas­ter­piece anzu­tref­fen ist.

KUM Masterpiece

Aus der Patent­schrift „Schreib­stift­spit­zer mit Anschlag zur Begren­zung der freien Minen­länge“ (DE1042427, 1958)

An die Unter­brin­gung von Ersatz­mes­sern im ver­schieb­ba­ren Anschlag hat man damals ebenso gedacht wie an die Siche­rung des Anschlags mit einem Stift (ob jedoch letz­tere jemals umge­setzt wurde, weiß ich nicht). – Anga­ben zu den Spitz­win­keln der älte­ren Modelle konnte ich bis jetzt lei­der nicht finden.

KUM Masterpiece

Fazit: Der ein­zig­ar­tige KUM Mas­ter­piece spitzt her­vor­ra­gend und lie­fert gran­diose Ergeb­nisse, ver­dient aber mei­ner Mei­nung nach ein bes­se­res Finish (z. B. durch Gleit­spa­nen). – Vie­len Dank an KUM für das Muster!

Anm.: Der Stoff im Hin­ter­grund ist ein soge­nann­tes Tenu­gui, ein tra­di­tio­nel­les japa­ni­sches Hand­tuch, mit dem soge­nann­ten Sei-​gai-​ha-​Muster (青海波), des­sen Geschichte bis in die späte Jōmon-​Zeit (1200–300 v. Chr.) zurück­reicht. In Japan gel­ten diese sym­bo­li­sier­ten end­lo­sen Wel­len als Glücksbringer.

Nach­trag vom 29.3.15: Mein Leser Wow­ter hat mich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das erwähnte erste Patent vom 1.10.1948 umge­schrie­ben wurde und jetzt unter DE1640996U vor­liegt. Ich bin zwar auch auf die­ses Patent gesto­ßen, habe es aber auf­grund des Datums auf dem Deck­blatt (17.7.1952) nicht für das erste gehal­ten. Die biblio­gra­fi­schen Daten beim DPMA nen­nen jedoch den 1.10.1948 als Anmel­de­da­tum und wei­sen es damit als das erste Patent für den Dop­pel­spit­zer aus, ein­ge­tra­gen auf die A. Kle­bes & Co. KG. Hier die Zeich­nun­gen dar­aus, die sich natür­lich nur unwe­sent­lich von der in GB665048 unter­schei­det, aber der Voll­stän­dig­keit hal­ber wie­der­ge­ge­ben sei:

KUM Masterpiece

Aus der Patent­schrift „Blei­stift­spit­zer“ (DE1640996U, 1948)

KUM Masterpiece

Aus der Patent­schrift „Blei­stift­spit­zer“ (DE1640996U, 1948)

Die­ses Patent erwähnt zudem den Vor­teil, dass man für beide Spitz­vor­rich­tun­gen die glei­chen Mes­ser benut­zen und sie so aus­tau­schen kann; einen wei­te­ren sah man darin, den Minen­spitz­ke­gel etwas spit­zer als den Holz­spitz­ke­gel aus­füh­ren zu kön­nen. – Danke an Wow­ter für den Hin­weis auf die Patentumschreibung!

Zwei unter­schied­li­che Spitz­ke­gel? Da lohnt der erneute Blick:

KUM Masterpiece

Lege ich die Spit­zen auf eine gerade Flä­che und schaue gegen das Licht, habe ich bei den meis­ten den Ein­druck, als gäbe es einen klei­nen Spalt in der Nähe des Über­gangs vom Holz zur Mine; dies könnte – ebenso wie das Foto – dafür spre­chen, dass auch der Mas­ter­piece mit zwei leicht unter­schied­li­chen Spitz­win­keln arbeitet.

Nach­trag vom 31.3.15: Noch nicht ein­gan­gen bin ich auf mög­li­che Unter­schiede zwi­schen dem Auto­ma­tic 3 und dem Mas­ter­piece. Da ich ers­te­ren lei­der nicht kenne (und noch nicht ein­mal weiß, wann er auf dem Markt war), kann ich nur spe­ku­lie­ren: Mög­lich wären klei­nere Spitz­win­kel, aber auch Ver­bes­se­run­gen an den Mes­sern wie z. B. eine andere Legie­rung, eine höhere Härte (aktu­ell: 62 hrc), eine andere Geo­me­trie (man denke nur an den Win­kel zwi­schen Schneide und Mes­ser­achse) und ein ande­rer Schliff. Auf der Pro­dukt­seite heißt es außer­dem „Die Span­ab­nahme ist auf ein TC-​System ein­ge­stellt (Thin Cut)“, und so ist es denk­bar, dass der Span des Auto­ma­tic 3 dicker war. – Die von KUM auch beim Mas­ter­piece bewor­bene Tech­nik „Dyna­mic Tor­sion Action“ beschreibt die Krüm­mung des Mes­ser nach oben, also gegen die Kraft der Schraube, die, so KUM, ein Aus­bre­chen der Stift­spitze ver­hin­dert. Dass es diese Tech­nik bereits beim Auto­ma­tic 3 gab, halte ich für frag­lich (die Wort­marke wurde erst 1998 ein­ge­tra­gen, aber das muss nichts heißen).

Nach­trag vom 13.4.15: KUM hat mir bestä­tigt, dass der Mas­ter­piece tat­säch­lich mit zwei unter­schied­li­chen Spitz­win­keln arbei­tet, wobei der für die zweite Stufe klei­ner ist. Ich konnte auch erfah­ren, dass der Auto­ma­tic 3 einen Spitz­win­kel von 20° hatte.

  1. Auf dem Spit­zer steht „The Mas­ter­piece“, doch ich wähle den ein­fa­che­ren Namen.
  2. Wel­cher Kunst­stoff das ist, weiß ich lei­der nicht.
  3. Das Mate­rial der Schrau­ben kenne ich nicht.
  4. Gemes­sen an Blei­stif­ten aus Weihrauch-​Zeder, Weymouth-​Kiefer, Kolorado-​Tanne und Jel­utong.
  5. Getes­tet bis STAEDTLER Mars Lumo­graph 4B. – Für den STAEDTLER WOPEX und den STAEDTLER Noris eco eig­net sich der Mas­ter­piece übri­gens nicht, denn für diese Blei­stifte braucht man einen Spit­zer, der einen dicke­ren Span abnimmt.
  6. Mit dem Koh-​I-​Noor № 1000 gab es einen zwei­stu­fi­gen Spit­zer, des­sen ers­tes Mes­ser durch ein Lang­loch ver­scho­ben und so an die Minen­di­cke ange­passt wer­den konnte.
  7. Ich kann nicht in allen Fäl­len sicher unter­schei­den, ob es sich um ein Patent oder um ein Gebrauchs­mus­ter han­delt und spre­che daher immer von einem Patent.
  8. Der heute noch erhält­li­che M+R 207 arbei­tet anders, pro­du­ziert aber ähn­li­che Spit­zen.
  9. Mit dem Had­i­nor Uni­ver­sal 63 lie­ßen sich auch Minen unter­schied­li­cher Stärke spit­zen; er war wohl der Vor­gän­ger des heu­ti­gen KUM Auto­ma­tic Long Point AS2M.
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